Skip to main content

2022 | Ratgeber | Buch

Fit und gesund von 1 bis Hundert mit Ernährung und Bewegung

Aktuelles medizinisches Wissen zur Gesundheit

verfasst von: Dr. Dietger Mathias

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Ernährung und Bewegung bilden die Grundpfeiler für unsere Gesundheit. Doch warum eigentlich? Was bewirken Kraftsport und Ausdauersport genau? Und wie beeinflussen bestimmte Nahrungsmittel unseren Stoffwechsel? Wie entsteht eigentlich Muskelkater?

Der Autor als Chemiker und Arzt erklärt verständlich zum einen die Funktionsweise des Körpers und den Einfluss von Ernährung und Bewegung auf unsere Gesundheit. Gleichzeitig stellt er die Zusammenhänge anhand von aktuellen Studien, u.a. Interventions- und Langzeitstudien, wissenschaftlich dar. Verständlich beschreibt er die Wechselwirkungen von Ernährung und Bewegung auf das Körpergewicht, den Stoffwechsel, auf Fettgewebe und Hormone, das Herz-Kreislauf-System sowie den Knochenbau und das Immunsystem. Jedes Thema wird übersichtlich auf jeweils einer Seite beschrieben. Ein Sachbuch für alle Interessierten, die gezielt etwas für Ihre Gesundheit machen möchten und wissen wollen, warum.

Die 5. Auflage wurde vollständig aktualisiert, an den aktuellen Wissensstand angepasst und um folgende Themen erweitert: Kräuter und Gewürze, Ausdauersport und Hormonstörungen bei Frauen, Sport und Schmerzmittel, nachachhaltige Ernährung und viel Bewegung gegen den Klimawandel.

Plus: Glossar zum Nachschlagen von medizinischen Fachgegriffen und ausführliche Literaturangaben rund um Studien zu Ernährung, Bewegung und Gesundheit

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Ernährung

Frontmatter
1. Einführung
Zusammenfassung
Weltweit sind nach Ergebnissen der Global Burden of Disease Study 2,1 Milliarden Menschen übergewichtig. Seit 1980 hat sich damit dieses Problem bei Erwachsenen um 28 % und bei Kindern sogar um 47 % verstärkt (Ng et al. 2014). Nach Daten von 19,2 Millionen Personen aus 200 Ländern nahm dabei speziell die Fettleibigkeit schon seit 1975 auf dem gesamten Globus enorm zu, von 6 % auf 15 % bei Frauen und von 3 % auf 11 % bei Männern (NCD Risk Factor Collaboration 2016). Landbewohner sind von dieser Entwicklung nach den Daten von über 112 Millionen Erwachsenen stärker betroffen als die Stadtmenschen (NCD Risk Factor Collaboration 2019). Für Deutschland zeigt der Bericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (2019), dass 2017 in ihrem mittleren Alter 43 % der Frauen und 62 % der Männer übergewichtig waren, mit einem zu erwartenden deutlichen Anstieg dieser Werte jeweils zum Ende ihrer Berufsleben.
Dietger Mathias
2. „Wer nichts weiß, muss alles glauben“
Zusammenfassung
Das Wissen über Grundprinzipien der Ernährung ist immer von hohem Nutzen. Um davon auf Dauer auch profitieren zu können, müssen die hier mit tiefen Emotionen verbundenen Gewohnheiten mitbedacht werden. Denn Essen ist mehr als nur Nahrungsaufnahme, es ist Erinnerung, Ritual, Unterhaltung, oft Belohnung – und manchmal Qual. Gelingt es aber, erworbenes Wissen in die Bahnen der Vernunft zu lenken, hat das meist auch die gewünschten nachhaltigen Auswirkungen auf die Gesundheit.
Dietger Mathias
3. Bedeutende Langzeitstudien
Zusammenfassung
Auch der größte behauptete Unsinn wird häufig damit begründet, es gäbe hierzu eine Studie. Allein für das Gebiet Ernährung erscheinen aber in der medizinischen Fachliteratur weltweit pro Jahr mehrere tausend Artikel, so sind das täglich eine Vielzahl von „Studien“. Der Hinweis auf eine solche ist deshalb zunächst nicht sehr aussagekräftig, schon gar nicht dann, wenn es sich offenbar um eine interessengesteuerte Studie der Industrie handelt. Von Bedeutung sind dagegen immer die Ergebnisse angesehener Arbeitsgruppen von renommierten Universitäten oder Instituten, publiziert in Fachzeitschriften mit hohen Impact-Faktoren (Anhang). Hier sind besonders die großen, internationalen Interventions- und Beobachtungsstudien mit Zeiträumen von vielen Jahren und zehntausenden Freiwilligen hervorzuheben (Tab. 3.1). Selbst deren Ergebnisse können zwangsläufig nicht die Aussagekraft von Naturgesetzen haben, sie verbessern jedoch stetig und verlässlich unsere Kenntnisse über die vielen Details der physiologischen Zusammenhänge von Ernährung, Bewegung und Gesundheit. Sie sind Grundlage der Ausführungen in den folgenden Kapiteln.
Dietger Mathias
4. Der menschliche Organismus – eine riesige chemische Fabrik
Zusammenfassung
Die heutigen Zivilisationskrankheiten haben ihren Ursprung häufig schon in der veränderten Lebenswelt der Jugendlichen. Verlust der Straßenkindheit durch den vermehrten Autoverkehr, Verschwinden sonstiger freier Bewegungsräume und die enorme Anziehungskraft der elektronischen Medien sind hierfür wichtige Ursachen. Nährstoffdefizite durch Verkennung der Bedeutung einer optimierten Mischkost und die ausgeprägte Präferenz für Fast Food verschlechtern den Gesundheitsstatus der Menschen weiter (Abb. 4.1).
Dietger Mathias
5. Unsere Nahrung – die Energieträger
Zusammenfassung
Der wünschenswerte, tägliche Nahrungsanteil der Energieträger beträgt jeweils für
Dietger Mathias
6. Die Energiegewinnung
Zusammenfassung
In den Mitochondrien der Zellen beginnt die Energiegewinnung mit einem Kreisprozess, dem Citratzyklus, für dessen Funktion der Baustein Pyruvat aus dem Abbau der Kohlenhydrate notwendig ist. Wird das Pyruvat knapp, weil beispielsweise die begrenzten Kohlenhydratspeicher durch starke körperliche Belastungen entleert sind, können Fette (und Proteine) nur noch sehr eingeschränkt verstoffwechselt werden (Kap. 7).
Dietger Mathias
7. Die Energiegewinnung bei Nahrungsmangel
Zusammenfassung
Obwohl Glucose ständig verbraucht wird, bleibt der Blutzuckerspiegel bei begrenzter Nahrungskarenz, z. B. nachts, dank der Glucagonwirkung konstant. Drei Viertel der unter diesen Bedingungen von der Leber abgegebenen Glucose stammt aus Glycogen und der Rest aus einer Neusynthese. Geht der Zustand der vorübergehenden Nahrungskarenz in Fasten über, verstärken sich die Anpassungsprozesse des Stoffwechsels. Das ist auch notwendig, denn die Glycogenreserven der Leber reichen in Ruhe nur für knapp 24 Stunden. Danach beginnt der Blutglucosespiegel doch langsam auf etwa 2/3 des Normalbereiches zu sinken, darf aber nicht unter 40 mg/100 ml abfallen, weil dann das Gehirn seine Funktion einstellen würde. Auch die roten Blutkörperchen und das Nebennierenmark sind strikt auf Glucose als Brennstoff angewiesen.
Dietger Mathias
8. Energieverbrauch I – Grundumsatz
Zusammenfassung
Selbst in völliger Ruhe benötigt der Organismus zur Aufrechterhaltung von minimalen körperlichen Aktivitäten und der Körpertemperatur sowie für die verschiedenen Zellfunktionen eine Mindestmenge an Energie. Dieser Grundumsatz macht unter Alltagsbelastungen etwa zwei Drittel des Gesamtenergieverbrauchs aus. Über 80 % davon verteilen sich allein auf
Dietger Mathias
9. Energieverbrauch II – Wärmebildung
Zusammenfassung
Prinzipiell entsteht die Wärme als Nebenprodukt aus der Energiegewinnung für den Grund- und Leistungsumsatz (Kap. 8 und 10). Durch ihre lenkenden Wirkungen auf den Stoffwechsel sind dabei die jodhaltigen Schilddrüsenhormone die Hauptregulatoren der Wärmeproduktion. Diese läuft überwiegend in der Muskulatur ab.
Dietger Mathias
10. Energieverbrauch III – Leistungsumsatz
Zusammenfassung
Zum Grundumsatz kommt für jede weitere Leistung, die ein Mensch vollbringt, sei es Muskeltätigkeit oder konzentrierte Gehirnarbeit, der Leistungsumsatz hinzu. Bei leichter Arbeit sind dies pro kg Körpergewicht und Stunde 0,5–1 kcal, bei mittelschwerer Arbeit 1–2 kcal, bei schwerer Arbeit 2–12 kcal und bei Schwerstarbeit deutlich mehr als 12 kcal. Im Alltagsleben finden diese Bewertungen ihren Niederschlag in den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. In ihnen wird die tägliche Kalorienzufuhr in Abhängigkeit von der Muskelarbeit angegeben. So betragen diese Richtwerte für Personen mit einem normalen Body-Mass-Index (BMI) und mittleren körperlichen Aktivitäten 2100 kcal pro Tag für Frauen und entsprechend 2700 kcal für Männer, jeweils für das Alter zwischen 25 und 50 Jahren (Tab. 10.1). Als Vergleichsgrößen für mittlere körperliche Aktivitäten gelten die Arbeiten von Hausfrauen, Kellnern oder Handwerkern.
Dietger Mathias
11. Physical Activity Level
Zusammenfassung
Es ist übersichtlicher und wird international auch häufig praktiziert, den durchschnittlichen täglichen Energiebedarf für körperliche Aktivitäten anteilig am Grundumsatz darzustellen. Dieser Wert für den Leistungsumsatz heißt dann „physical activity level“ (PAL).
Dietger Mathias
12. Die Steuerung des Energieumsatzes im Gehirn
Zusammenfassung
Die Regulation des Energieumsatzes durch Hunger und Sättigung wird im Gehirn gesteuert. Der Hypothalamus, ein Teil des Zwischenhirns, spielt bei diesem überaus komplexen Vorgang die dominierende Rolle (Nguyen et al. 2011; Nakajima et al. 2016). Die Hormone Neuropeptid Y (NPY) und Agouti-related-Protein (AGRP) stimulieren den Appetit und drosseln den Energieverbrauch im Grundumsatz. Gegenspieler von NPY und AGRP sind das α-Melanozyten stimulierende Hormon (α-MSH) sowie das Cocaine- and amphetamine-regulated transscript (CART). Beide dämpfen den Appetit und erhöhen den Energieverbrauch. NPY/AGRP wirken also auf den Appetit wie ein Gaspedal und α – MSH/CART wie eine Bremse (Abb. 12.1).
Dietger Mathias
13. Die Steuerung des Energieumsatzes durch Körperhormone
Zusammenfassung
Auch wichtige Körperhormone wirken regulierend auf das hypothalamische Steuerungssystem und stehen mit ihm in enger Wechselwirkung. Eine ganz entscheidende Rolle spielt hierbei das Ende 1994 entdeckte Leptin, das überwiegend in den Fettzellen in Abhängigkeit der dort stattfindenden Fettaufnahme gebildet wird. In höherer Konzentration aktiviert das aus 167 Aminosäuren bestehende Molekül den Appetit zügelnden α – MSH/CART – Strang und in niedriger Konzentration regt es die Appetit stimulierenden Hormone NPY und AGRP an. Leptin ist so in der Lage, über die Höhe seiner Spiegel die hypothalamischen Esszentren aus- oder anzuschalten. Im Gegensatz zur Glucose ist Leptin dabei eher für die längerfristige Energiebilanz über Wochen zuständig.
Dietger Mathias
14. Die Steuerung des Energieumsatzes – das Belohnungssystem
Zusammenfassung
Die meisten Menschen definieren Ernährung ziemlich archaisch nur über die Verben essen, trinken und genießen. Begriffe wie Esskultur, Kochkünste, Köstlichkeiten, schmausen oder schlemmen zeugen von dem hohen gesellschaftlichen Rang, der mit dem Nachgeben des Nahrungstriebs verbunden ist. In der Tat erhöht gutes Essen die Lebensfreude und kann, in vernünftigen Mengen genossen, allein schon über die Aufhellung der Psyche den Gesundheitszustand verbessern.
Dietger Mathias
15. Ungesättigte Fettsäuren
Zusammenfassung
Fettsäuren sind langkettige Kohlenwasserstoffverbindungen. Ist bei ihnen die maximale Zahl der Wasserstoffatome nicht vorhanden, spricht man von ungesättigten Fettsäuren. Fehlen z. B. der in Tier- oder Pflanzenfetten häufig vorkommenden und 18 Kohlenstoffatome enthaltenden Stearinsäure 2 Wasserstoffatome, dann liegt eine Doppelbindung vor und die resultierende Säure ist die Ölsäure. Die sich von ihr ableitenden Linolsäure (Omega-6) und Linolensäure (Omega-3) haben zwei bzw. drei Doppelbindungen. Die Omega-Bezeichnungen geben an, nach welchem C-Atom sich die erste Doppelbindung befindet.
Dietger Mathias
16. Trans-Fettsäuren
Zusammenfassung
Nicht alle Fette sind für hohe Brattemperaturen von 130–180 °C geeignet. Wasser im Fett wie z. B. in der Butter verdampft bei 100 °C und beginnt dann zu spritzen. Begleitstoffe aus dem Fruchtfleisch kalt gepresster Öle können sich beim Erhitzen über 150 °C verändern und einen unangenehmen Geruch oder Geschmack entwickeln. Gute Bratfette enthalten also wenig Wasser, sind frei von Geruchs- und Geschmacksstoffen und haben einen hohen Rauchpunkt. Beispiele hierfür sind Butterschmalz, Palmfett oder raffiniertes Rapsöl.
Dietger Mathias
17. Cholesterin
Zusammenfassung
Cholesterin ist Vorstufe für die Bildung von Vitamin-D3 in der Haut, von Gallensäuren und Steroidhormonen in der Leber und ähnlich wie die Fettsäuren ein wesentlicher Bestandteil von Zellmembranen. Es wird zu etwa zwei Dritteln in fast allen Zellen gebildet und zu einem Drittel mit der Nahrung zugeführt. Genetische Faktoren spielen bei der Regulation der Cholesterinspiegel eine wichtige Rolle. Mehr als 120 Genorte mit biologischer und klinischer Relevanz dafür sind bisher bekannt (Blattmann et al. 2013).
Dietger Mathias
18. Cholesterin und Arteriosklerose
Zusammenfassung
Die Innenauskleidung der Gefäße, das Endothel, ist eine komplizierte Schaltstation, die Gefäßspannung, die Konzentrierung von Entzündungszellen oder die Gerinnungsabläufe moduliert und dabei Signale aus der Blutzirkulation verwendet. Eine der Ursachen für Fehlfunktionen des Endothels und damit für ein gesteigertes Arterioskleroserisiko sind hohe Spiegel des LDL – Cholesterins (Ference et al. 2017). Denn der Versuch der Makrophagen, dieses Low Density Lipoprotein-Cholesterin durch oxidative Verdauungsprozesse aus dem Bereich der Gefäßläsionen zu entfernen, geht mit einer permanenten Freisetzung sehr reaktiver Sauerstoffverbindungen einher. Diese energiereichen Radikale inaktivieren aber das vom Endothel gebildete und für die normale Gefäßfunktion bedeutende Stickstoffmonoxid (Kap. 59). Differenziert man hierbei die LDL-Moleküle zusätzlich nach ihrer Größe, dann sind es eher die ganz kleinen und ganz großen Partikel, die besonders risikoreich sind (Grammer et al. 2014).
Dietger Mathias
19. Cholesterin und die Alzheimer Krankheit
Zusammenfassung
Hohe Cholesterinspiegel begünstigen auch die Entstehung der Alzheimer-Krankheit (Ngandu et al. 2015). Diese ist weltweit die am häufigsten vorkommende Form von Demenz, an ihr leiden in Deutschland unter den insgesamt etwa 1,7 Millionen Demenzkranken ca. 1,2 Millionen Menschen (Kap. 44 und 63). Neben funktionsuntüchtigen Tau-Proteinen in den neurofibrillären Bündeln sind es besonders die Ablagerungen des 42 Aminosäuren langen ß-Amyloid-Peptids A-Beta-42, die ursächlich für die Erkrankung sind und die vor allem im Limbischen System, Neocortex und Hippocampus vorkommen (Bateman et al. 2012). Im Hippocampus werden z. B. die wichtigen Informationen vom Kurz.- ins Langzeitgedächtnis übertragen (Kap. 102). Das A-Beta-42-Peptid entsteht durch Spaltung eines membrangebundenen Amyloid-Vorläuferproteins in Gegenwart des Enzyms Gamma-Sekretase. Das „gamma-secretase-activating-protein“ steigert die Aktivität der Gamma-Sekretase (He et al. 2010), aber auch membrangebundenes Cholesterin tut dies mit der Folge, dass erhöhte Cholesterinspiegel oft mit einer vermehrten Amyloid-Plaque-Bildung einhergehen (Habchi et al. 2018).
Dietger Mathias
20. Lipoprotein(a)
Zusammenfassung
Lipoprotein(a) ist ein Eiweiß, das den Transport von Fetten und Cholesterin im Blut ermöglicht. Es wird in der Leber gebildet und besteht aus einem LDL-Molekül, das über eine Disulfidbrücke an Apolipoprotein(a) gebunden ist. Dieser Proteinanteil hat eine außerordentlich große strukturelle Ähnlichkeit mit dem Gerinnsel auflösenden Plasminogen, ohne jedoch selbst diese wichtige Funktion ausüben zu können. Vielmehr bewirkt Lipoprotein(a) durch kompetitive Hemmung umgekehrt eine verminderte Auflösung eventuell gebildeter Blutgerinnsel in den Gefäßen. Deshalb gilt Lipoprotein(a) als eigenständiger Risikofaktor für die Entwicklung einer Arteriosklerose und muss medikamentös behandelt werden (Kamstrup et al. 2013; Saeedi und Frohlich 2016; Willeit et al. 2018; Pare et al. 2019). Lp(a) existiert in über 30 genetisch bedingten Isoformen. Die Gene bestimmen auch das Maß seiner Synthese. Dabei bleibt bei Männern die Menge an Lipoprotein(a) ein Leben lang relativ konstant, bei Frauen kann diese in der Menopause stärker ansteigen. Etwa ein Drittel der Bevölkerung hat Lp(a)-Konzentrationen im Serum oberhalb der Norm (Abb. 20.1).
Dietger Mathias
21. Mineralstoffe
Zusammenfassung
Mineralstoffe werden in unserem Organismus weder produziert noch abgebaut. Sie werden über verschiedene Mechanismen ausgeschieden und müssen immer wieder mit der Nahrung zugeführt werden.
Dietger Mathias
22. Spurenelemente
Zusammenfassung
Mineralstoffe mit einem Tagesbedarf von unter 100 mg werden als Spurenelemente bezeichnet (Tab. 22.1). Zu ihnen gehört beispielsweise Eisen. Es nimmt für den Sauerstofftransport eine zentrale Stellung im Hämoglobinmolekül ein. Männer haben etwa 50 mg Eisen pro kg Körpergewicht, Frauen ca. 40 mg. Wichtige Eisenquellen sind Fleisch, Fisch und Hülsenfrüchte.
Dietger Mathias
23. Vitamine
Zusammenfassung
Der Tagesbedarf an Vitaminen verändert sich etwas in Abhängigkeit von Lebensalter, körperlichen Belastungen, Schwangerschaft oder Krankheiten (Tab. 23.1). Fettlösliche Vitamine können im Körper gespeichert werden. Sie benötigen bei einer medikamentösen Zufuhr für die Aufnahme im Verdauungsprozess den gleichzeitigen Verzehr von fetthaltiger Nahrung. Eine Besonderheit stellt das Vitamin D dar. Es hat den Charakter eines Hormons (Kap. 24).
Dietger Mathias
24. Das Vitamin-D3-Hormon
Zusammenfassung
Die meisten Gewebe tragen Rezeptoren für das Vitamin-D3-Hormon und sind damit empfänglich für seine vielseitigen Steuerungssignale. Auf die Aktivität von mindestens 200 Genen hat es eine regulierende Funktion. Eine wichtige Aufgabe des Hormons liegt im Knochenstoffwechsel (Kap. 84) und in der Optimierung der neuromuskulären Koordination. Weil 1,25-Dihydroxy-Vitamin-D3 an spezielle Zellkern-Rezeptoren koppelt, werden von ihm erhöhte Zellteilungsraten gebremst und die Zelldifferenzierung gefördert. Deshalb spielt Vitamin D vermutlich auch eine entscheidende Rolle bei der Verminderung des Risikos für viele chronische Erkrankungen. So wird in zahlreichen Studien immer wieder der Zusammenhang zwischen ausreichenden Vitamin-D3-Spiegeln und einem geringerem Auftreten verschiedener Typen von Krebs beschrieben (Jenab et al. 2010; Schöttker et al. 2014; Yao et al. 2017; Budhathoki et al. 2018). Bei hohen Vitamin-D3-Konzentrationen ist ferner das Diabetesrisiko halbiert und der Blutdruck eher normal (Parker et al. 2010, Bröndum-Jacobsen et al. 2012). Im Immunsystem sind die Funktionen von Monozyten, Makrophagen und T-Lymphozyten optimiert (Kap. 70), die Immuntoleranz gesteigert und bei älteren Menschen die geistigen Leistungen stabilisiert (Llewellyn et al. 2010; Littlejohns et al. 2014; Miller et al. 2015; Martineau et al. 2017). Der Beweis aber, dass Vitamin D wirklich immer all diese Wirkungen verursacht, steht noch aus. Denkbar wäre, dass z. B. Krebserkrankungen die Vitamin-D-Spiegel senken, niedrige Spiegel also Folge der bösartigen Tumoren und nicht deren Ursache sind (Autier et al. 2014). So fanden sich denn auch in der in Boston laufenden VITAL-Langzeitstudie mit knapp 26.000 Teilnehmern bisher keine positiven Wirkungen einer zusätzlichen Gabe von Vitamin D bezüglich Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Manson et al. 2019). Bezogen nur auf die kardiovaskulären Risiken wird das in einer weiteren sehr großen Studie bestätigt (Barbarawi et al. 2019).
Dietger Mathias
25. Sekundäre Pflanzenstoffe
Zusammenfassung
Unsere Nahrungs- und Genussstoffe bestehen neben den bekannten Hauptkomponenten häufig noch aus vielen weiteren bioaktiven Stoffen (Tab. 25.1). Ihre Anzahl wird auf etwa 100.000 Einzelsubstanzen geschätzt. Die Phytochemikalien in den verschiedenen Gemüse.- und Obstsorten entstanden in den langen Zeiträumen der Evolution, um Pflanzen bei ihrem Wachstum vor UV-Strahlungen, Schädlingen und Fehlregulierungen zu schützen.
Dietger Mathias
26. Ballaststoffe
Zusammenfassung
Ballaststoffe finden sich vornehmlich in Gemüse, Obst, Getreide und Hülsenfrüchten. Für die Menschen sind sie unverdaulich. Ihr hoher Faseranteil ist aber unentbehrlich für eine normale Darmtätigkeit, denn durch Wasseraufnahme quellen sie auf und bewirken eine Anregung der Darmmotorik. Die Kontaktzeit von Schadstoffen mit der Darmwand ist dadurch verkürzt. Die Ballaststoffe binden außerdem Cholesterin und Gallensäuren und beeinflussen positiv unsere Bakterienflora im Darm (Kap. 37).
Dietger Mathias
27. Antioxidanzien
Zusammenfassung
Für die Energiegewinnung der lebenden Organismen sind Verbrennungsprozesse unabdingbare Voraussetzung. Bei diesen Vorgängen treten sog. „reactive oxygen species“ (ROS) auf. Sie entstehen aber auch durch Umweltgifte, Zigarettenrauch oder Arzneimittel. Die reaktiven Sauerstoffverbindungen liegen in Radikalform vor und besitzen in diesem Zustand ein extrem hohes Energiepotenzial.
Dietger Mathias
28. Einfluss der Ernährung auf die Immunität
Zusammenfassung
Ständig und massenhaft nehmen wir mit der Atmung, der Nahrung oder durch Körperkontakte kleinste Teilchen aus dem Mikrokosmos auf, können diese aber nur sehr bedingt erkennen - in verdorbenen Speisen etwa dank unserer Geruchs- und Geschmackssinne. Die als Antigene bezeichneten Teilchen sind jedoch eine permanente Bedrohung für die Gesundheit und unser Leben, weil sie im Organismus auf vielfältigste Art und Weise das sensible Gleichgewicht der physiologischen und biochemischen Reaktionen stören können. Es bedarf deshalb zu ihrer Kontrolle unabhängig arbeitender Abwehrmechanismen. Diese sind in unserem Immunsystem organisiert. Weil Antigene an jeder beliebigen Stelle in den Körper eindringen können oder dort entstehen, sind die rund 2 Billionen Immunzellen im gesamten Organismus verteilt. Etwa 1 % dieser Zellen patrouillieren fortwährend innerhalb unseres Körpers. Ihre Zirkulationsgeschwindigkeit ist für eine einzelne Passage durch alle Organe mit 30 Minuten beachtlich kurz. So kann die Immunabwehr jede Körperstruktur kontrollieren und alles eliminieren, was sie als fremd erkennt. Das Immunsystem bestimmt also ganz entscheidend den Grad unseres Wohlbefindens, von vollkommener Gesundheit über banale Erkältungen bis zu lebensbedrohlichen Erkrankungen wie beispielsweise solche durch das Corona-Virus.
Dietger Mathias
29. Functional Food
Zusammenfassung
„Eure Nahrungsmittel sollen eure Heilmittel, und eure Heilmittel sollen eure Nahrungsmittel sein“. Dieser von Hippokrates überlieferte Satz reflektiert die uralten Träume der Menschen, durch bestimmte Nahrungsmittel Krankheiten zu heilen oder gar zu vermeiden. Functional Food, in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Japan und den USA als Begriff etabliert, bezeichnet Lebensmittel, die mit unterschiedlichen Substanzen oder Mikroorganismen angereichert werden und deren spezifischer gesundheitsfördernder Nutzen wissenschaftlich hinreichend belegt sein muss. Sie erfreuen sich wegen des steigenden Gesundheitsbewusstseins in der Bevölkerung immer größerer Beliebtheit. Populäre Produkte sind z. B. mit Pflanzensterinen angereicherte Margarinesorten, die die Aufnahme von Cholesterin aus dem Darm blockieren und damit den LDL-Cholesterinspiegel im Blut senken können oder probiotische Milchprodukte, mit widerstandsfähigen Milchsäurebakterien versetzt, die das Immunsystem stärken und die Darmflora verbessern sollen. Zusatz von Calcium zu Obstsäften, Eier mit einem besonders hohen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren, Brot mit Linolensäure oder die allgemeine Anreicherung von Nahrungsmitteln mit verschiedenen Vitaminen sind weitere Beispiele.
Dietger Mathias
30. Chemie in pflanzlichen Lebensmitteln
Zusammenfassung
Aus unserer heutigen industriellen Landwirtschaft sind Pflanzenschutzmittel (Pestizide) nicht mehr wegzudenken. Allein in Deutschland waren das 2019 etwa 276 Wirkstoffe in ca. 932 zugelassenen Mitteln, von denen jährlich über 27.000 Tonnen eingesetzt werden. In Europa sind rund 800 Wirkstoffe in etwa 20.000 Präparaten auf dem Markt. Am häufigsten finden Fungizide und Herbizide (z. B. Glyphosat) Verwendung (Tab. 30.1). Der breite Einsatz von Spritzmitteln führt von Jahr zu Jahr zu immer größeren Schadstoffbelastungen von Böden und Grundwasser.
Dietger Mathias
31. Pflanzengifte in natürlichen Lebensmitteln
Zusammenfassung
Anders als die von Menschen versprühten Pflanzenschutzmittel (Kap. 30) enthalten Pflanzen oft auch eigene Gifte. Diese Phytotoxine gehören zu den unerwünschten Bestandteilen in unserer natürlichen Nahrung. Klassische Beispiele sind Solanin in grünen Teilen von Tomaten oder in rohen Kartoffeln, Phasin in rohen Bohnen, Blausäure in Aprikosenkernen oder Cumarin im Zimt. Interessant sind ferner Sambunigrin im Holunder, Anthrachinon und Oxalsäure in rohem Rhabarber und Nikotin in grünen Teilen der Aubergine. Manche Kräutertee-Sorten sind mit den krebserregenden Pyrrolizidinalkaloiden belastet. Kein starkes Gift, aber auch problematisch ist Morphin im Mohn.
Dietger Mathias
32. Zusatzstoffe
Zusammenfassung
Chemie findet heute auch in vielen nichtpflanzlichen Nahrungsmitteln statt. Damit deren positive Eigenschaften wie u. a. der Geschmack, eine möglichst lange Haltbarkeit, ihre Zusammensetzung oder die Farbe nicht verloren gehen, werden sie mit den unterschiedlichsten Zusatzstoffen versetzt. Diese Lebensmittelzusatzstoffe können zwar auch pflanzlicher oder tierischer Natur sein, werden aber meist synthetisch hergestellt. Etwa die Hälfte aller Lebensmittelrohstoffe enthält solche Zusätze. Die hierfür erlaubte Menge wird in Europa so bemessen, dass bei ihrem lebenslangen, täglichen Verzehr (mg pro kg Körpergewicht) keine Gesundheitsschäden auftreten sollen (The European Food Information Council). Die dem zu Grunde liegenden ADI-Werte („acceptable daily intake“) gelten allerdings nur für Erwachsene. Werte für Kinder existieren nicht. Auch gibt es keine ausreichenden Erfahrungen über eventuelle Wechselwirkungen, wenn gleichzeitig mehrere dieser Chemikalien vorliegen. Beispiele für häufig verwendete Zusatzstoffe sind:
Dietger Mathias
33. Geschmacksverstärker
Zusammenfassung
In der EU sind 320 verschiedene Zusatzstoffe für Lebensmittel zugelassen (2017). Besonders umstritten sind die häufig verwendeten Geschmacksverstärker. So wird speziell das Glutamat u. a. mit dem Entstehen der Alzheimer Krankheit, des Morbus Parkinson oder des China-Restaurant-Syndroms (Kopfschmerzen, Übelkeit, Taubheit im Nacken, Druckgefühl im Brustkorb und Brennen der Haut) in Verbindung gebracht. Weil hierzu die wissenschaftliche Datenlage aber sehr unzureichend ist, empfehlen weder nationale Fachgesellschaften noch internationale Institutionen wie die WHO ein Verbot für Glutamatzusätze (Mortensen et al. 2017). Zur Lebensmittelherstellung wird von der Industrie meist das Mononatriumglutamat eingesetzt.
Dietger Mathias
34. Kräuter und Gewürze
Zusammenfassung
Die bereits seit Jahrtausenden verwendeten Kräuter und Gewürze lassen sich aus unterschiedlichen Pflanzenteilen wie Blätter, Blüten, Früchten, Rinden, Samen oder auch aus Wurzeln gewinnen. Die Definitionsgrenze zwischen Kräutern und Gewürzen ist deshalb sehr fließend. Am häufigsten von ihnen werden heute Pfeffer, Anis, Dill, Fenchel, Kapern, Kümmel, Knoblauch, Koriander, Rosmarin und Zimt verwendet. Sehr teure Gewürze sind Vanille und Kardamom, am teuersten ist Safran. Weil letzteres nur in sehr kleinen Mengen aus den Blüten der Safran-Pflanze (Crocus sativus, ein Schwertliliengewächs) gewonnen werden kann, kosten bereits 10 g oft schon mehr als 100.- €.
Dietger Mathias
35. Nahrungsmittelunverträglichkeiten
Zusammenfassung
Verdauungsprozesse sind zeitmäßig lange Vorgänge (Magen 2–6 Std., Dünndarm 6–8 Std., Dickdarm 10–20 Std. und Mastdarm 20–60 Std). Diese Zeiten variieren individuell und hängen sehr stark von der Nahrungszusammensetzung ab. Trotz der langen Dauer kann es passieren, dass nicht alle mit der Nahrung aufgenommenen Stoffe in unserem Körper optimal verarbeitet werden. Wenn es diesbezüglich immer wieder zu Problemen kommt, spricht man von Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Es wird geschätzt, dass ca. 5–10 % aller Menschen in Europa und den USA an einer solchen Verwertungsintoleranz von Nahrungsmitteln leiden. Aber etwa 20 % der Menschen geben an, dass sie glauben, bestimmte Nahrungsmittel nicht zu vertragen (Gupta et al. 2019).
Dietger Mathias
36. Nahrungsmittelhygiene
Zusammenfassung
Im Jahr 2015 veröffentlichte die WHO einen sehr umfangreichen Bericht über die Folgen des Verzehrs von verdorbenen Speisen (WHO 2015a). An den Untersuchungen hierzu haben weltweit mehr als 100 Fachleute über 10 Jahre gearbeitet. Danach erkranken auf unserem Globus jedes Jahr rund 600 Millionen Menschen, weil sie verunreinigte Lebensmittel konsumieren. 420.000 von ihnen sterben, darunter 125.000 Kinder unter fünf Jahren. In Afrika und Südostasien sind Lebensmittelinfektionen am häufigsten. Dagegen ist in Europa das Risiko, sich eine solche zuzuziehen, deutlich geringer. Doch auch hier erkranken pro Jahr rund 23 Millionen Menschen durch verunreinigtes Essen oder kontaminierte Getränke. 5000 von ihnen sterben an den Folgen dieser Krankheiten.
Dietger Mathias
37. Das Darmmikrobiom
Zusammenfassung
Bakterien gibt es nicht nur in verdorbenen Lebensmitteln, sie sind universal verbreitet. Diese kleinen, einzelligen Strukturen können sehr viele, verschiedene Infektionskrankheiten auslösen. Manche von diesen verlaufen so schwer, dass sie im ungünstigen Fall sogar zum Tode führen. Die Pest (Bakterium Yersinia pestis), Tuberkulose (u. a. Mykobakterium tuberculosis), Typhus (Bakterium Salmonella typhi) oder blutige Durchfallerkrankungen (EHEC = enterohämorrhagische Escherichia coli) sind hierfür klassische Beispiele.
Dietger Mathias
38. Gesundheitsgefahren durch Erhitzen der Nahrung I
Zusammenfassung
Unsere Standardnahrung kann durch vielfältige Prozesse mit Schadstoffen belastet sein. Pflanzenschutzmittel, Aflatoxine aus Schimmelpilzen, Solanin (Kap. 32), Antibiotika in der Tiermast oder Dioxine in Fleisch und Eiern sind dafür einige in der Öffentlichkeit immer wieder Besorgnis auslösende Beispiele. Offenbar weniger im Rampenlicht der Diskussionen über gesundheitsbewusste Ernährung stehen Gifte, die sich durch unsere Art der Zubereitung von Mahlzeiten bilden können, beim Erhitzen bestimmter Nahrungsmittel etwa (Parada et al. 2017; Fiolet et al. 2018) (Abb. 38.1).
Dietger Mathias
39. Gesundheitsgefahren durch Erhitzen der Nahrung II
Zusammenfassung
Es ist hauptsächlich rotes Fleisch (Rind, Schwein, Lamm), das durch Erhitzen zur Quelle mehrerer karzinogener Stoffe wird. Neben polyzyklischen Kohlenwasserstoffen und heterozyklischen aromatischen Aminen gehören dazu auch die Nitrosamine. Zusätzlich wird zurzeit der Hypothese nachgegangen, ob ein artspezifischer Faktor speziell bei europäisch-asiatischen Milchkühen hier ebenfalls eine Rolle spielen könnte (zur Hausen und de Villiers 2015; zur Hausen et al. 2019). Mehrere Studien, u. a. auch 2 Auswertungen der prospektiven NIH-AARP-Studie aus den USA mit über 500.000 Personen im Alter von 50–71 Jahren zeigen, dass tägliches Verspeisen von bereits 50 g rotem Fleisch oder dessen Verarbeitungsprodukten wie Wurst, Schinken, Hamburger, Döner etc. das Risiko für Krebs der Speiseröhre, Lunge, Leber und des Darms erhöht (Sinha et al. 2009; Cross et al. 2007, 2010; Keszei et al. 2012; WHO 2015b). Und nach den Ergebnissen weiterer großer Studien ist der häufige Konsum von verarbeitetem rotem Fleisch auch mit einer Steigerung des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Micha et al. 2010; Zhong et al. 2020) und bei Frauen zusätzlich mit einem Endometriose-Risiko verbunden (Yamamoto et al. 2018).
Dietger Mathias
40. Äthanol – kleines Molekül, starkes Gift
Zusammenfassung
Alkohole sind chemisch Kohlenwasserstoffe, bei denen ein Wasserstoffatom durch die funktionelle Hydroxylgruppe (-OH) ersetzt ist. Für Menschen genießbar ist nur der Äthylalkohol. Er leitet sich vom Äthan ab, ist also eine 2-Kohlenstoff-Verbindung (Abb. 40.1).
Dietger Mathias
41. Allgemeine Ernährungsempfehlungen für gesunde Menschen
Zusammenfassung
Zu den Grundsätzen der Ernährung für gesunde Menschen gehören:
Dietger Mathias
42. Die empfohlenen Trinkmengen
Zusammenfassung
Frauen bestehen im mittleren Alter durchschnittlich zu ca. 55 % aus Wasser, Männer zu 60 %. Diese Werte können im höheren Alter oder bei Fettleibigen auf ~50 % sinken. Täglich verlieren wir über Haut, Nieren, Darm und Atemluft 1,5–2,5 Liter Wasser, bei körperlichen Aktivitäten, in warmer Umgebung oder bei Fieber bzw. Diarrhö deutlich mehr davon. Die Verluste werden durch Aufnahme von Wasser aus der festen Nahrung (500–700 ml pro Tag) bzw. dem Stoffwechsel (200–300 ml pro Tag) und durch Getränke ausgeglichen. Die Trinkmengen unter Alltagsbedingungen sollten dabei etwa 20 ml pro kg Körpergewicht betragen, bei Personen, die älter als 65 Jahre sind, 15 ml. Harntreibende Flüssigkeiten wie Kaffee oder Tee werden mitgezählt. Zwar hemmt das in diesen Getränken enthaltene Koffein in den Tubuli der Nieren die Natrium- und Wasserresorption, aber bei regelmäßiger Koffeinzufuhr tritt schnell ein Gewöhnungsprozess ein. Einen positiven Effekt speziell zum Trinken von Kaffee zeigen sehr große Studien mit mehreren Millionen Personen. Danach verlängern eine bis acht Tassen Kaffee pro Tag das Leben (Ding et al. 2015; Loftfield et al. 2018; van Dam et al. 2020). Ob aber der Kaffee tatsächlich lebensverlängernd wirkt oder sein Konsum nur ein Marker für eine grundsätzlich gesunde Lebensführung ist, bleibt bisher noch offen. Auf jeden Fall sollten die Trinktemperaturen immer unter 65 °C liegen, um nicht das Risiko von Speiseröhrenkrebs zu erhöhen (Okaru et al. 2018; Islami et al. 2019). Im Gegensatz zum Kaffee haben Softdrinks, einen halben Liter pro Tag getrunken, einen lebensverkürzenden Effekt (Mullee et al. 2019). Der Grund hierfür ist seit längerem bekannt, es sind die darin enthaltenden Süßungsmittel. Neben Übergewicht und Diabetes erhöhen diese auch nach den Ergebnissen der Framingham-Heart-Studie u. a. die Triglyceridspiegel und senken die Serumkonzentrationen des guten HDL-Cholesterins (Haslam et al. 2020; Kap. 18) (Abb. 42.1).
Dietger Mathias
43. Die Evolution mästet ihre Kinder
Zusammenfassung
Millionen von Jahren unserer Evolution zeichneten sich durch limitierte Nahrungsressourcen aus. Nahrungsmangel war deshalb stets viel häufiger als Nahrungsüberfluss und die optimale Verwertung der Nahrung immer ein Überlebensvorteil.
Dietger Mathias
44. Fettverteilungsmuster, ihre Messgrößen und das Demenzrisiko
Zusammenfassung
Standardgröße für die Gewichtsbewertung ist der Body-Mass-Index. Er errechnet sich aus Körpermasse (kg) dividiert durch Körpergröße (m2), Tab. 44.1.
Dietger Mathias
45. Fettgewebe als Syntheseort von Hormonen und Botenstoffen
Zusammenfassung
Übergewicht bewirkt eine Vergrößerung der Fettzellen. Aus dem besonders problematischen Bauchfettgewebe werden erleichtert Fettsäuren und die unterschiedlichsten Zelltypen, die speziell in diesem Fettanteil vorkommen, freigesetzt. Diese bilden ihrerseits Dutzende Hormone, Zytokine und entzündungsfördernde Botenstoffe mit jeweils weitreichenden systemischen Folgen.
Dietger Mathias
46. Warum Übergewicht zum Typ-2-Diabetes führen kann
Zusammenfassung
In Europa leiden nach Angaben der WHO ca. 60 Millionen Erwachsene an Typ-2-Diabetes, weltweit wird diese Zahl auf etwa 422 Millionen geschätzt. In Deutschland sind dies knapp 7,5 Millionen Menschen mit etwa 500.000 Neuerkrankungen jährlich. Übergewicht bereits in der Kindheit begünstigt diese negative Entwicklung (Bjerregaard et al. 2018). In der großen Studie mit knapp 63.000 Jungen konnte allerdings auch gezeigt werden, dass ein Wiedererreichen des Normalgewichts noch vor der Pubertät diese Gefahr deutlich vermindert. Global verursachte die Massenerkrankung 2018 Kosten von rund 2 Billionen Dollar, bis 2030 könnten diese auf ca. 2,2 Billionen Dollar pro Jahr steigen (Bommer et al. 2018) (Abb. 46.1).
Dietger Mathias
47. Glykämischer Index und glykämische Last
Zusammenfassung
Der glykämische Index (GLYX) beschreibt die direkte Wirkung von Kohlenhydraten aus der Nahrung auf die Blutzuckerkonzentration. Mit ihm lässt sich grob abschätzen, wie schnell
Dietger Mathias
48. Übergewicht und Krankheitsrisiko
Zusammenfassung
Der Überlebensvorteil in früheren Zeiten, große Fettreserven im Körper anlegen zu können, wandelt sich in unserer heutigen Gesellschaft mit ihren fast unbegrenzten Nahrungsressourcen in sein Gegenteil. Übergewicht und Adipositas sind Ursachen von etwa 60 sehr ernsten Folgekrankheiten. Zu ihnen gehören u. a. die Altersdemenz (Kap. 44), Arthrose im fortgeschrittenen Alter (Hunter und Bierma-Zeinstra 2019), Krebs (Kyrgiou et al. 2017; Po-Hong et al. 2019), Bluthochdruck (Jayedi et al. 2020), Diabetes, chronische Niereninsuffizienz, sowie ein gehäuftes Auftreten arteriosklerotischer Komplikationen wie Herzinfarkt und Schlaganfall (Lu et al. 2014; Chang et al. 2016; Lauby-Secretan et al. 2016; O’Donnell et al. 2016; Campbell et al. 2016; Lassale et al. 2017; Finocchiaro et al. 2018; Chang et al. 2019). Dabei steigt das Risiko speziell für koronare Herzkrankheiten nach den Studiendaten von 302.296 Personen in Europa und den USA mit Beobachtungszeiten von 6–35 Jahren um 17 %, wenn der BMI zwischen 25 und 29,9 liegt und um 45 % bei einem BMI über 30. Diese Angaben wurden bereits um die Risiken erhöhter Blutdrucke und Cholesterinwerte bereinigt (Bogers et al. 2007).
Dietger Mathias
49. Übergewicht und Sterberisiko
Zusammenfassung
Nach Daten vieler großer Studien ist deutliches Übergewicht mit einem erhöhten Sterberisiko verknüpft (Greenberg 2013; Global BMI Mortality Collaboration 2016; Twig et al. 2016; Dobszai et al. 2019; Jayedi et al. 2020). In einer Metaanalyse aus älteren prospektiven Studien zu dieser Problematik wurden Alter, Geschlecht und Raucherstatus von 894.576 Teilnehmer gesondert berücksichtigt (Whitlock et al. 2009). Die Ergebnisse zeigten dann, dass Fettleibigkeit mit einem Body-Mass-Index zwischen 30 und 35 die Lebenserwartung um 2–4 Jahre reduziert. Und es sind gar 8–10 verlorene Lebensjahre, wenn das Gewicht der Menschen zu einem BMI zwischen 40 und 45 führt. Letztere Einschränkung der Lebenserwartung entspricht etwa dem Effekt des Rauchens. Weitere große Metaanalysen liefern ähnliche Ergebnisse. So die Auswertungen von 19 prospektiven Studien mit Daten von fast 1,5 Millionen Erwachsenen europäischer Herkunft und Beobachtungszeiten von 5–28 Jahren durch das US-National Cancer Institute (Gonzales et al. 2010) und die Messwerte von mehr als 10 Millionen Menschen aus 4 Kontinenten (The Global BMI Mortality Collaboration 2016).
Dietger Mathias
50. Beabsichtigte Gewichtsabnahmen
Zusammenfassung
Gewichtsreduktionen müssen langsam und kontinuierlich erfolgen. Denn unser Körper weiß nichts von der absichtlichen Diät. Er reagiert auf die Nahrungsverknappung wie auf eine Hungersnot und senkt erst einmal spontan den Energiebedarf für die Grundfunktionen der Organe (Kap. 8). Schnelle Gewichtsverluste halten in aller Regel nur kurz an und führen fast immer zu gesundheitsgefährdenden Gewichtsschwankungen (Bangalore et al. 2017; Kim et al. 2018b). Solche Jo-Jo-Effekte lassen sich nach den Ergebnissen großer Studien gut durch kalorienarme und etwas eiweißangereicherte Diäten minimieren (Larsen et al. 2010; Brown und Leeds 2019). Die wichtige Rolle einer leicht erhöhten Eiweißaufnahme bei Programmen zur Gewichtsabnahme wurde auch in einer Übersichtsarbeit der American Society for Nutrition beschrieben (Leidy et al. 2015).
Dietger Mathias
51. Besonderheiten bei Diäten
Zusammenfassung
Statistisch betrachtet verspeisen Deutsche tagtäglich 130–150 g Fett, aber je nach dem individuellen Kalorienbedarf sind nur rund 90–110 g auf Dauer gesundheitlich vertretbar. Eine solche Begrenzung einzuhalten fällt jedoch oft schwer. Denn in vielen Lebensmitteln oder im Kantinenessen ist der Fettgehalt häufig nicht deklariert. Und eine Menge Fett ist dort versteckt, wo man es gar nicht vermutet, allein bis zu 8 % im Vollkornbrot. Wir essen aber nicht nur zu viel Fett, wir verspeisen überwiegend tierisches Fett und mit den darin vorkommenden gesättigten Fettsäuren das falsche Fett.
Dietger Mathias
52. Essstörungen
Zusammenfassung
Immer häufiger wird im Medizinbereich über Essstörungen diskutiert (Schmidt et al. 2016; Cohrdes et al. 2019). Eine solche ist z. B. die Anorexia nervosa, die eine Magersucht zur Folge hat (Eating Disorders, National Institute of Mental Health, 2015). Hier liegen psychosoziale Störungen verbunden mit leichten genetischen Veränderungen vor, die das Essverhalten der betroffenen Menschen so lenken, dass bei ihnen der Wille zur Gewichtsabnahme die zentrale Rolle im täglichen Leben spielt (Watson et al. 2019). Diese Menschen haben ein stetes Verlangen nach einer immer noch dünneren Figur und mindern deshalb fortwährend ihre Nahrungsaufnahme. Von dieser Form der Magersucht sind in Deutschland etwa 1,1 % der Frauen – zu über 90 % ältere Mädchen und junge Frauen – und 0,3 % der Männer betroffen. Dieses Verhaltensmuster der Menschen ist mit einem hohen Risiko für chronische Verläufe behaftet und bietet ernste medizinische Probleme. Zu ihnen gehören u. a. Stoffwechselstörungen, niedriger Blutdruck, Herzrhythmusstörungen und ständige Müdigkeit (Donghwi et al. 2017; Mitchell und Peterson 2020). Magersucht führt auch zu einer drastischen Schrumpfung der Hirnrinde (King et al. 2015). Bei erfolgreicher Therapie ließ sich aber eine vollständige Wiederherstellung der Schichtdicke beobachten. Anorexia athletica ist eine sportbedingte Essstörung.
Dietger Mathias
53. Vegane Ernährung
Zusammenfassung
Diese Ernährungsform ist eine besondere Lebensart von Menschen, mit der sie Grausamkeiten an Tieren für die Beschaffung von Nahrung und Kleidung vermeiden möchten. Vegan lebende Menschen verzichten im Vergleich zu Vegetariern auch auf tierische Produkte wie Eier und Milch. Die Bezeichnung „vegan“ wurde in England 1944 von Donald Watson geprägt.
Dietger Mathias
54. Nutrigenomik
Zusammenfassung
An die Ernährungsmöglichkeiten passt sich jeder Körper anders an. Spannend wird deshalb die Zukunft, wenn sich die Nutrigenomik, ein noch relativ junger Forschungszweig, voll etabliert hat (Miae und Yangha 2015; Neeha und Kinth 2013; Reddy et al. 2018). Ziel hier ist herauszufinden, wie bestimmte Nahrungsbestandteile die individuelle Genregulation beeinflussen. Offenbar greifen Nährstoffe evolutionsbedingt in die Genaktivitäten und damit in die an sie gekoppelten Proteinbiosynthesen ein. Die veränderten Eiweißsynthesen des Individuums wiederum wirken auf seinen Stoffwechsel in Leber, Darm oder Muskel zurück, machen vielleicht krank oder sorgen umgekehrt für eine robuste Gesundheit (Sales et al. 2014).
Dietger Mathias

Bewegung

Frontmatter
55. No sports?
Zusammenfassung
Ein Hauptproblem heute ist der Bewegungsmangel in unserer veränderten Lebenswelt mit dem ständigen zu langem Sitzen am Arbeitsplatz und in der Freizeit (Kap. 94). Nach einer Studie der WHO ist jetzt schon ein Viertel der erwachsenen Weltbevölkerung körperlich zu wenig aktiv, in Deutschland sind es gar 42 % der Erwachsenen (Guthold et al. 2018). Immerhin ist unsere Skelettmuskulatur ja nicht nur für die Bewegung zuständig, sie ist zugleich auch ein wichtiges Stoffwechselorgan. Nach Schätzungen der WHO ist unser Lebensstil für etwa 70 % aller Krankheiten mitverantwortlich.
Dietger Mathias
56. Die überragende Stellung der Ausdauer
Zusammenfassung
Die aerobe dynamische Langzeitausdauer mit gleichmäßigem Wechselspiel von Kontraktion und Entspannung der arbeitenden Muskulatur ist fast immer Grundlage für den sportlichen Erfolg, egal ob Spitzensportler um Medaillen kämpfen oder sich Breitensportler zum Vergnügen und Mehrung ihrer Fitness mühen. Es ist heute sehr populär, sich beachtenswerten Ausdauerleistungen zu unterziehen, z. B. beim Laufen, Wandern, Walking, Rad fahren, Rudern, Schwimmen, Inline-Skating, Bergwandern, Skilaufen oder Tanzen.
Dietger Mathias
57. Ausdauersport und das Herz
Zusammenfassung
Nach der European Cardiovascular Disease Statistics 2019 sind in Europa allein 41 % aller Todesfälle auf Herzkrankheiten zurückzuführen. Regelmäßige körperliche Aktivitäten sind deshalb wegen der vielen positiven Effekte auf das Herz eine optimale Maßnahme der Prävention. Denn der Herzmuskel kann sich je nach Trainingsleistung von 300 g bis auf 500 g vergrößern und das Herzvolumen sich von 600 ml bis auf 1300 ml erweitern. Die Kammerwände erfahren eine Verstärkung bis zu 20 % und das Herzminutenvolumen erhöht sich von 5 Liter bis auf 20 Liter. Diese Ökonomisierung der Herzarbeit führt in der Summe zur Blutdrucksenkung und zur Abnahme der Herzfrequenz.
Dietger Mathias
58. Ausdauersport und die Herzfrequenz
Zusammenfassung
Die direkt nach der Nachtruhe noch im Liegen gemessene Herzfrequenz gilt als Ruhepuls. Allein schon bei seiner Betrachtung zeigt sich gut die Faszination der Herzleistung. Bei einem dauerhaften Puls von 60 Schlägen/Minute wären das bereits 31.556.952 Herzschläge/Jahr (= Sekunden unseres Gregorianischen Kalenderjahres; 365 Tage, 5 Stunden, 48 Minuten, 46 Sekunden). Bei Erwachsenen beträgt aber selbst der Ruhepuls schon etwa 70 Schläge pro Minute. Ausdauertraining führt hier zu einer Pulsverlangsamung, auf etwa 60 Schläge bei Breitensportlern, 50 Schläge bei Leistungssportlern und oft nur 35–40 Schläge bei Hochleistungssportlern. Fieber steigert die Herzfrequenz, ein Grad Temperaturerhöhung macht etwa 10 zusätzliche Herzschläge aus. Die Messung des Ruhepulses eignet sich deshalb auch als Kontrolle des aktuellen Gesundheitszustands. Ist der morgendliche Ruhepuls um mehr als 8 Schläge pro Minute erhöht, sollten körperliche Belastungen reduziert oder ganz ausgesetzt werden.
Dietger Mathias
59. Ausdauersport und die großen Gefäße
Zusammenfassung
Pro Minute fließen schon in Ruhe 5 bis 6 Liter Blut durch den Körper eines Erwachsenen, das sind täglich etwa 7000 Liter. Die ständigen Bewegungen und regelmäßiger Sport gehen dann in den Arterien und Venen mit einer weiteren Erhöhung der transportierten Blutmenge einher. Die Fließeigenschaft des Blutes nimmt zu, weil die Konzentrationen von Gerinnungsfaktoren wie z. B. die des Fibrinogens unter diesen Bedingungen sinken und der Gehalt an gewebespezifischem Plasminogenaktivator steigt. Der Sauerstofftransport und die Wärmeregulation sind verbessert (Abb. 59.1).
Dietger Mathias
60. Ausdauersport und die Kapillaren
Zusammenfassung
Wichtige positive Effekte des Sports sind:
Dietger Mathias
61. Ausdauersport und der Blutdruck
Zusammenfassung
Der Blutdruck ist das Resultat aus dem geordneten Zusammenspiel von Herz und Gefäßen. Er wird hormonell über das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System reguliert und unterliegt deutlichen Schwankungen, ist z. B. bei körperlichen Belastungen höher als in Ruhe oder nachts niedriger als am Tage. Der Blutdruck besteht aus zwei Phasen, der Systole, während der sich der Herzmuskel zusammenzieht und der Diastole, in der sich der Herzmuskel entspannt. Wenn der Blutdruck im arteriellen Gefäßsystem dauerhaft erhöht ist, liegt eine arterielle Hypertonie vor, im täglichen Sprachgebrauch Bluthochdruck genannt. Laut Definition der WHO ist das der Fall bei einem systolischen Druck von mehr als 140 mmHg oder einem diastolischen Druck von mehr als 90 mmHg. Nach den Ergebnissen einer schwedischen Studie mit 1,2 Millionen Männern und einer Beobachtungszeit von 24 Jahren steht bei jungen Erwachsenen eher der diastolische Wert als Risikofaktor im Vordergrund, bei den älteren Menschen ist es der systolische Blutdruck (Sundström et al. 2011). Der Unterschied beider Risikowerte ist hier aber gering (Flint et al. 2019). Liegen kardiovaskuläre Risikofaktoren vor, sollte bereits ein hoch-normaler Blutdruck behandelt werden (Wright et al. 2015). Diese strenge Regelung gilt aber offenbar nicht für Diabetiker. Sie profitieren eher, wenn der systolische Wert nicht unter 140 mmHg abgesenkt wird (Brunström und Carlberg 2016).
Dietger Mathias
62. Ausdauersport und die Lunge
Zusammenfassung
Wichtige positive Effekte des Sports sind:
Dietger Mathias
63. Ausdauersport und das Gehirn
Zusammenfassung
Schon bei moderaten körperlichen Aktivitäten ist die Gehirndurchblutung um etwa 30 % gesteigert. Anstrengende Belastungen sind der stärkste Reiz für den Erhalt der ca. 86 Milliarden Hirnzellen und für den Ausbau ihrer Funktionsfähigkeit durch Knüpfen immer neuer, vielfältiger Synapsen. Dabei hat bei Erwachsenen jede einzelne Nervenzelle im Mittel rund 1000 solcher wechselnden Kontaktstellen zu anderen Nervenzellen. Die Gesamtzahl dieser Synapsen beträgt so fast 100 Billionen. Alle Nervenbahnen eines Gehirns summieren sich zu einer Stecke von knapp 6 Millionen km. Durch sportliche Betätigungen werden Denkprozesse erleichtert, die Intelligenz sowie Lern- und Gedächtnisleistungen werden optimiert. Und der Hippocampus, zentrales Hirnareal für das Gedächtnis und die räumliche Orientierung, verliert dann altersbedingt weniger an Größe. Die positiven Effekte von Sport bleiben im Alter erhalten, vorausgesetzt, auch die Älteren sind regelmäßig und ausreichend körperlich aktiv (Northey et al. 2018) (Abb. 63.1).
Dietger Mathias
64. Ausdauersport und das Fettgewebe
Zusammenfassung
Wichtige positive Effekte des Sports sind:
Dietger Mathias
65. Ausdauersport und Hormone
Zusammenfassung
Der von der Natur vorgegebene Sinn des Stoffwechsels liegt in der Bereitstellung von Energieäquivalenten in Form von ATP-Molekülen (Kap. 6) und in der Synthese von Bausteinen für die Vielzahl der biochemischen Zellprozesse. Das hierfür sehr komplizierte Netzwerk von Reaktionen wird durch unterschiedliche Steuerungsmechanismen gelenkt. Wichtige Elemente bei diesen Koordinationsvorgängen sind die Hormone. Sie fungieren als körpereigene Signalstoffe, die in die Blutbahn abgegeben werden und innerhalb von Sekunden bis Stunden große biologische Wirkungen erzielen. Die Hormone werden je nach Bedarf in den sieben endokrinen Drüsen oder in speziellen Geweben gebildet. Sie wirken nur auf bestimmte Organe oder Gewebe. Allein diese jeweiligen Erfolgsorgane enthalten Rezeptoren, die Hormone binden und deren Wirkungen vermitteln. Unvorstellbare kleine Mengen von oft weniger als einem hunderttausendstel Gramm pro Liter reichen dafür aus.
Dietger Mathias
66. Leistungsstoffwechsel und die Adrenalinwirkung
Zusammenfassung
Am Anfang körperlicher Belastungen erreichen Signale sowohl von den Schaltzentralen im Gehirn, speziell im Hypothalamus, als auch von den beanspruchten Muskeln das hormonelle System und setzen dessen Aktivierung in Gang. Das bedeutet in der Hypophyse Ausschüttung von ACTH (adrenocorticotropes Hormon), STH (Wachstumshormon) sowie ADH (antidiuretisches Hormon) oder im Nebennierenmark über Aktivierung des Sympathikus Sekretion der Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin.
Dietger Mathias
67. Leistungsstoffwechsel und die Insulinwirkung
Zusammenfassung
Während die Adrenalinausschüttungen belastungsabhängig verschieden hoch ausfallen, bleiben die Insulinspiegel beim Sport zunächst im Normalbereich und sinken bei länger andauernden Aktivitäten ab. Da jedoch leistungsbedingt der Glucosedurchsatz erheblich angehoben ist, kommen trainierte Menschen für den Verbrauch einer bestimmten Glucosemenge offenbar mit weniger Insulin aus. Das liegt einmal daran, dass durch regelmäßige körperliche Anstrengungen Insulin wegen einer dann verbesserten Ansprechrate der in den Muskelzellen lokalisierten Insulinrezeptoren eine höhere Effektivität besitzt. Und zum anderen werden unter Belastung für die Einschleusung von Glucose in die Zellen hormonunabhängige Transportmechanismen begünstigt.
Dietger Mathias
68. Ausdauersport und Störungen der Hormonfunktionen bei Frauen
Zusammenfassung
Gerät der Organismus von Frauen vom Zustand der Ruhe in eine Belastungssituation, dann ist das je nach Grad dieser Belastung mit einer mehr oder weniger starken Veränderung des Stoffwechselmilieus verbunden. Bei muskulären Tätigkeiten ist so die sofortige Anpassung des Leistungsstoffwechsels gefordert. Aber auch andere Bereiche des Organismus sind berührt und das gilt hier in besonderem Maße für die Funktionen der Sexualhormone der Frauen (z. B. Östrogen, Progesteron), die sich in Störungen des Menstruationszyklus ausdrücken (La Vignera et al. 2018).
Dietger Mathias
69. Energieoptimierung für hohe Leistungsanforderungen
Zusammenfassung
Die für sportliche Ausdaueraktivitäten immens wichtigen Glycogenspeicher reichen im Allgemeinen bis zu 1,5 Stunden aus. Für hohe Leistungsanforderungen müssen von den täglichen Ernährungsgewohnheiten abweichende Wege beschritten werden. Dazu gehört einmal eine leichte Steigerung des Kohlenhydratanteils in der Nahrung auf 60–65 %, um die Glycogenreserven konstant zu halten. Gilt es darüber hinaus, sich auf ganz besondere Aufgaben vorzubereiten, z. B. auf einen Marathonlauf, kann versucht werden, durch spezielle Diäten die Kohlenhydratspeicher in Leber und Muskeln zu erhöhen. Das gelingt recht gut, wenn man sich nach einigen Tagen mit relativ eiweiß- und fettreicher Ernährung dann 4 Tage vor dem sportlichen Ereignis entweder einer erschöpfenden Belastung aussetzt oder einen Fastentag einlegt und sich darauf folgend 3 Tage lang überwiegend von schwerer aufschließbaren Kohlenhydraten wie Reis, Getreide, Gemüse und Obst ernährt.
Dietger Mathias
70. Ausdauersport und Immunität
Zusammenfassung
Wichtige positive Effekte des Sports sind:
Dietger Mathias
71. Gemäßigter Ausdauersport und unspezifische Immunabwehr
Zusammenfassung
Unter diesen Bedingungen kommt es in den ersten etwa 20 Minuten zum Anstieg von natürlichen Killerzellen und einem geringeren Monozytenanstieg. Die NK-Zellen werden nicht in größerer Zahl gebildet, sondern erfahren eine vermehrte Ablösung von den inneren Gefäßwänden. Stimulans hierfür ist der das Herzzeitvolumen steigernde Katecholamineinfluss. Nach dem Belastungsende durchschreitet ihre Zahl das Ausgangsniveau nach unten und bleibt für wenige Stunden auf einem etwas niedrigeren Level. In Ruhe steigen die NK-Zellzahlen wieder und sind bei regelmäßigem Ausdauertraining mittlerer Intensität dauerhaft erhöht. Die Granulozytenzahl nimmt dagegen erst nach einer guten Stunde zu, ihre Vermehrung hält dafür aber ca. 24 Stunden an und ihr Aktivierungszustand ist erhöht (Abb. 71.1).
Dietger Mathias
72. Leistungssport und unspezifische Immunabwehr
Zusammenfassung
Bei anstrengenden Ausdauerübungen steigt die Ausschüttung von Cortisol um das 2- bis 3-Fache an und überlagert dann die Wirkung der Katecholaminfreisetzung. Die Zahl der NK-Zellen wird dadurch bis zum 9-Fachen des Ausgangswertes angehoben und stürzt nach Belastungsende für mehrere Stunden auf etwa 50 % des Ursprungswertes ab. Zusätzlich ist ihre zytotoxische Aktivität, gesteuert von dem jetzt von den Monozyten vermehrt produzierten Prostaglandin E2, eingeschränkt (Abb. 72.1).
Dietger Mathias
73. Sport und Optimierung der Immunabwehr
Zusammenfassung
Moderat betriebenes Ausdauertraining im aeroben Bereich fördert die Leistungs- und Regenerationsbereitschaft der Immunabwehr (Abb. 73.1).
Dietger Mathias
74. Die Immunologie des Überlastungssyndroms
Zusammenfassung
Vom Überlastungssyndrom sind üblicherweise meist unerfahrene Sporttreibende mit einem hohen Ehrgeizpotenzial betroffen. Zunächst fällt den Betroffenen ihre rapide nachlassende körperliche Leistungsfähigkeit auf. Dann folgen gesundheitliche Beeinträchtigungen, die erhebliche Ausmaße annehmen können.
Dietger Mathias
75. Ausdauersport und Tumorimmunologie
Zusammenfassung
Die bisher bekannten physiologischen Grundlagen machen einen positiven Einfluss des Ausdauertrainings auf die Risikosenkung von Tumorerkrankungen wahrscheinlich. Dafür sprechen z. B. die unter gemäßigten körperlichen Belastungen vermehrte Mobilisierung der natürlichen Killerzellen mit einer damit verbundenen höheren zytotoxischen Gesamtkapazität wie auch die unter diesen Bedingungen verbesserte Phagozytosefähigkeit der Granulozyten (Kap. 71). Dadurch können die in unserem Körper ständig entartenden Zellen vom Immunsystem leichter beseitigt werden.
Dietger Mathias
76. Ausdauersport als Rehabilitationsmaßnahme bei Krebs
Zusammenfassung
Sowohl die Tumorerkrankungen selbst als auch die notwendigen Chemotherapien oder Bestrahlungen führen bei der Mehrzahl der Patienten zu erheblichen körperlichen Leistungseinbußen und zu permanenter Müdigkeit. Harmlose alltägliche Verrichtungen werden zu quälenden Belastungen, ein Zustand, der Monate manchmal sogar Jahre anhalten kann. Die rasche Erschöpfbarkeit verleitet regelmäßig zur Schonung. Körperliches Training beginnt, wenn überhaupt, meist erst viele Wochen nach Abschluss der Therapie. Damit geht wertvolle Zeit der Rehabilitation verloren.
Dietger Mathias
77. Geschwindigkeit der Energiefreisetzung I – aerobe Muskelausdauer
Zusammenfassung
Je nach Intensität und Dauer der Kontraktionsarbeit der Muskulatur werden unterschiedliche Qualitätsansprüche an die Energieversorgung gestellt. Sofort und ohne Sauerstoffbedarf stehen zunächst die im Muskel gespeicherten, aber nur in geringen Konzentrationen vorhandenen Adenosintriphosphat-Moleküle zur Verfügung. Ihre Bedeutung besteht darin, dass sie, gewissermaßen aus dem Stand, große Leistungen ermöglichen (Kap. 6 und 78).
Dietger Mathias
78. Geschwindigkeit der Energiefreisetzung II – anaerobe Muskelausdauer
Zusammenfassung
Wächst die Intensität der Belastung, so erhöht sich der Energiegewinn aus dem Kohlenhydratstoffwechsel nicht gleichmäßig, sondern steigt überproportional mit der Intensitätszunahme. Der Anteil der Fettverbrennung nimmt entsprechend ab. Sehr hohe Intensitäten sind schließlich nur noch durch Kohlenhydratabbau aufrechtzuerhalten. Dabei spielt die Geschwindigkeit der Energiebereitstellung die entscheidende Rolle. Zwar findet in einem Belastungsbereich von 50–80 % der maximalen Sauerstoffaufnahme die Sauerstoffanflutung in den Zellen noch schnell genug statt, damit die Kohlenhydrate vollständig zu Kohlendioxid und Wasser verbrannt werden können, also noch unter aeroben Bedingungen.
Dietger Mathias
79. Der Mythos von der anstrengungslosen Fettverbrennung
Zusammenfassung
Sich ausgesprochen langsam bewegen, um möglichst viel Fett abzubauen, ist eine häufig praktizierte Übung von Sporttreibenden in Fitnessstudios. Aber ein solches „Fettverbrennungstraining“ macht physiologisch keinen Sinn, weil der Kohlenhydratabbau zeitlich immer der Verstoffwechselung der Fette vorangeht. Für die geringere energetische Flussrate von Fettsäuren ist deren energetisches Äquivalent verantwortlich. Bezogen auf einen Liter Sauerstoff beträgt nämlich die Energieausbeute der Fette trotz ihres mehr als doppelt so hohen Energiegehalts nur 4,7 kcal, die der Kohlenhydrate aber 5,1 kcal (Kap. 5). Dieser bei gleichem Sauerstoffverbrauch knapp 10 % höhere Energiegewinn aus Kohlenhydraten und deren schnellerer Abbauweg begründen die Vorrangstellung der Kohlenhydrate am Energieumsatz.
Dietger Mathias
80. Ausdauersport und die Temperaturregulation
Zusammenfassung
Körperliche Leistungen gehen immer mit einer erhöhten Wärmeentwicklung einher, weil die chemische Energie der Nahrungsstoffe lediglich mit einem Wirkungsgrad von gut 40 % in Arbeit umgewandelt werden kann (Kap. 6). Da wir nur in einem eng geregelten Temperaturbereich überlebensfähig sind, muss das Zuviel an Wärme umgehend wieder abgeführt werden. Bei körperlichen Anstrengungen oder hohen Umgebungstemperaturen spielen Strahlung oder Konvektion hierfür nur eine untergeordnete Rolle. Wichtiger sind dann vielmehr die Gefäßerweiterungen und die Schweißproduktion in den 2–4 Millionen ekkrinen Schweißdrüsen mit angeschlossener Verdunstungskühlung. Auf Letztere entfallen unter diesen Umständen bis zu 70 % der Wärmeabgabe. Pro Stunde können 1–2, in extremen Situationen bis 2,5 Liter Schweiß gebildet werden. Etwa die Hälfte des produzierten Schweißes verdunstet und entzieht pro Liter dem Körper bei trockener bis mäßig wasserdampfhaltiger Luft Wärme in der Größenordnung von 575 kcal.
Dietger Mathias
81. Die Biomechanik des Laufens
Zusammenfassung
Barfuß oder mit dünnem Schuhwerk laufende Menschen setzen eher mit dem Vor- oder Mittelfuß auf. Erst durch die heute verbreiteten gepolsterten Laufschuhe wurden viele Jogger zu Fersenläufern und sind dadurch vermehrt Überlastungsschäden ausgesetzt (Liebermann et al. 2010; Almeida et al. 2015; van der Worp et al. 2016). Durch die Polsterung sind die Kollisionskräfte auf den Vorfuß geringer als jene auf die Ferse.
Dietger Mathias
82. Anforderungen an die Laufschuhe
Zusammenfassung
Die enormen Belastungen von Gelenken, Muskeln und Bindegeweben bei der Fortbewegung zeigen auf, welche große Bedeutung dem Schuhwerk zukommt. Ein falscher Schuh kann schnell Beschwerden verursachen, ebenso aber kann bei laufbedingten Schmerzen ein Wechsel der Laufschuhe Wunder bewirken. Leider gibt es nicht den Einheitsschuh für jeden Läufertypen. Gewicht, eventuelle Fuß- und Beinfehlstellungen oder falsche Fußführung sind Beispiele, warum immer die individuelle Auswahl getroffen werden muss. Grundsätzlich sollte ein Laufschuh den Fuß in seinen natürlichen Bewegungsabläufen so wenig wie möglich behindern. Eine flexible Sohle gewährleistet ein optimales Abrollen des Schuhs und damit eine gute Kraftübertragung vom Fuß auf den Boden. Steife Sohlen hebeln dagegen den Fuß und können zu Überlastungsschäden führen, weil vermehrt Arbeit auf die Zehen übertragen wird.
Dietger Mathias
83. Sport und das Knochengerüst
Zusammenfassung
Wichtige positive Effekte von Kraft- und
Dietger Mathias
84. Ständige Knochenerneuerungen
Zusammenfassung
Der Knochen ist ein hoch stoffwechselaktives Gewebe. Die in ihm ablaufenden biochemischen Prozesse zielen alle auf die Aufrechterhaltung einer ausreichenden organischen Grundsubstanz und deren normaler Mineralisierung. Das Knochengrundgerüst besteht zu 90 % aus dem Protein Kollagen, daneben noch aus Osteocalcin und mehreren anderen Eiweißen. Die Mineralisierung erfolgt vorwiegend durch Einlagerung von Calciumsalzen, die dem Knochen seine Stabilität geben (Abb. 84.1).
Dietger Mathias
85. Osteoporose
Zusammenfassung
Osteoporose ist eine systemische Skeletterkrankung. Sie zeichnet sich durch eine niedrige Knochenmasse und Verlust der Mikroarchitektur aus (Baum und Peters 2008; Compston et al. 2013). Die maximale Knochenmassedichte im Leben erreicht der knochengesunde Mensch im jungen Erwachsenenalter etwa mit 20–25 Jahren. Besonders hoch ist sie dann nach einer optimalen Ernährung mit Calcium und Vitamin-D3, häufiger Sonnenbestrahlung und viel Bewegung. Mit steigendem Lebensalter nimmt das Risiko, an einer Osteoporose zu erkranken, deutlich zu. Weitere Risikofaktoren sind familiäre Vorbelastungen, Bewegungsmangel, calciumarme Kost, hohe Protein- bzw. Phosphatzufuhr, Nikotin- bzw. Alkoholmissbrauch, Untergewicht (Compston et al. 2014), bei Frauen eine frühe Menopause oder Medikamente wie Glucocorticoide, Laxanzien, Antiepileptika und Schilddrüsenhormone (Abb. 85.1).
Dietger Mathias
86. Krafttraining
Zusammenfassung
Ausdauer, mehr aber noch Kraftsport führen zu Muskelwachstum und Kraftzuwachs.
Dietger Mathias
87. Mögliche Muskelbelastungen
Zusammenfassung
Die meisten Muskeln sind funktionell als Paar angelegt. Wenn ein Muskel beispielsweise eine Beugung durchführt (Agonist), dann kann diese durch seinen Gegenspieler (Antagonist) in Form der Streckung wieder rückgängig gemacht werden. Dabei hängt die vom betreffenden Nerv-Muskel-System ausgeübte Kraft von Anzahl, Querschnitt und Struktur der einzelnen Muskelfasern ab. Auch die optimale Koordination der jeweils zusammenwirkenden Muskeln und die effiziente Energiebereitstellung spielen eine wichtige Rolle (Abb. 87.1).
Dietger Mathias
88. Steigerung der Kraftausdauer
Zusammenfassung
Ein ausgewogenes Muskeltraining sollte 2- bis 4-mal pro Woche erfolgen und sich an Belastungen orientieren, die im Sport und Alltag verlangt werden. Von den einzelnen Übungen werden jeweils 3–5 Serien bestritten. Es ist sinnvoll, die Anstrengungen immer wieder zu variieren und die Übungsreihenfolge zu ändern, um neue Trainingsreize zu setzen. Dabei empfiehlt es sich, Belastungen bezüglich Umfang und Intensität nur moderat zu steigern. Wenn man an aufeinander folgenden Tagen trainiert, ist es vernünftig, mit anderen Muskelgruppen als am Vortag zu arbeiten. Um akute Verletzungen zu vermeiden, werden die Krafteinsätze in gleichmäßigem Tempo langsam durchgeführt. Ruckartige Bewegungen können sehr schnell Muskulatur und Bindegewebe schädigen.
Dietger Mathias
89. Gewichtszunahme durch Muskelabbau
Zusammenfassung
Muskelabbau durch körperliche Inaktivitäten (Kap. 86) macht nicht nur schlapp und möglicherweise krank, sondern auch dick. Dazu folgende Beispielrechnung:
Dietger Mathias
90. Muskuläre Ungleichgewichte
Zusammenfassung
Die Muskeln werden entwicklungsgeschichtlich in phasische, tonische und gemischte Muskeln unterteilt. Rein phasische Muskeln übernahmen ursprünglich die Bewegungsarbeit und neigen zur Abschwächung. Die tonischen Muskeln hatten nur Haltearbeit zu leisten und neigen zur Verkürzung. Die gemischte Form findet sich heute in der menschlichen Skelettmuskulatur (Tab. 90.1). Das Überwiegen der Faserart entscheidet dabei, ob der Muskel eher als phasisch oder als tonisch eingeordnet werden muss.
Dietger Mathias
91. Vorsichtsmaßnahmen beim Krafttraining
Zusammenfassung
Starke Kraftübungen sind in Bezug auf die Gesundheit nicht risikofrei. Der Hauptgrund hierfür ist die Pressatmung beim Arbeiten mit hohen Gewichten. Die Ausatmungsbewegung erfolgt in diesem Fall gegen geschlossene Atemwege, es bauen sich im Brustraum erhöhte Drucke von 100–200 mmHg auf. Die Wirbelsäule wird zwar dadurch stabilisiert und die Muskulatur findet einen festeren Ansatz. Gleichzeitig werden jedoch innere Venen abgedrückt und die Hals- und Stirnvenen stark gestaut. Die Gesichtsfarbe verändert sich zum Rot als Zeichen des ansteigenden Blutdrucks. Armbelastungen führen dabei zu höheren Amplituden als Kraftübungen mit den Beinen. Diese Abläufe sind für gesunde Menschen ungefährlich. Bei Risikopersonen mit einem vorgeschädigten Herz-Kreislauf-System können sie aber Herzrhythmusstörungen oder Schlaganfälle auslösen. Eine sportärztliche Beratung vor Aufnahme eines Krafttrainings ist für solche Personen Pflicht.
Dietger Mathias
92. Beweglichkeitsübungen
Zusammenfassung
Die Beweglichkeit wird durch die beiden Komponenten Gelenkigkeit und Dehnfähigkeit bestimmt. Für erstere ist die individuelle Ausprägung der Gelenke und Bandscheiben verantwortlich und für die Dehnfähigkeit sind es die Muskeln, Bänder und Sehnen. Bei Kindern ist normalerweise eine sehr gute Beweglichkeit vorhanden, aber ohne Training ist sie schon bei Jugendlichen deutlich eingeschränkt und nimmt mit steigendem Alter weiter ab. Frauen sind wegen ihrer etwas geringeren Muskelmasse meist beweglicher als Männer. Eine gute Beweglichkeit spricht für eine optimale Entspannungsfähigkeit der Muskulatur. Die Belastungsverträglichkeit ist erhöht. Kraft und Beweglichkeit sollten möglichst parallel trainiert werden (Abb. 92.1).
Dietger Mathias
93. Gleichgewichtstraining
Zusammenfassung
Der Gleichgewichtssinn ist für die richtige Orientierung und Körperhaltung im Raum unerlässlich und bei jungen Menschen in der Regel optimal ausgebildet. Mit dem Älterwerden kommt es dann meist neben einem Gewinn an Übergewicht zu einem Verlust an Gleichgewicht. Regelmäßige Balance-Übungen sind deshalb in jedem Lebensalter sinnvoll, einen besonders hohen Stellenwert haben sie aber für Menschen im Seniorenalter (El-Khoury et al. 2015; Miko et al. 2018). Schon ständig praktizierte Beweglichkeit fördert ganz nebenbei auch das Koordinationsvermögen und erweitert die Vielfalt autonomer Bewegungsmuster. Unfälle aus Gründen von Ungeschicklichkeit können eher vermieden oder besser abgefangen werden. Wie wichtig eine optimale Gleichgewichtsschulung ist, zeigen die diversen Sportarten (Abb. 93.1).
Dietger Mathias
94. Wer viel sitzt ist länger tot
Zusammenfassung
Die vorangegangenen Kapitel zeigen auf, welche positiven gesundheitlichen Effekte durch regelmäßige sportliche Betätigungen zu erzielen sind. Ausdauerbetonte Aktivitäten wirken besonders gesundheitsfördernd und lebensverlängernd (Schnohr et al. 2013, 2015; Gebel et al. 2015; Mok et al. 2019; Stamatakis et al. 2019). Größere sportliche Leistungen erhöhen dabei den Gesundheitseffekt (Kap. 56). Das bestätigen auch die Ergebnisse einer großen Studie mit 661.137 Personen (Arem et al. 2015a). Dauerhaft extreme Anstrengungen sind aber zu vermeiden.
Dietger Mathias
95. „Sport ist Mord“ oder der plötzliche Herztod
Zusammenfassung
Ob Churchill beim Hantieren an einem klemmenden Fenster wirklich vom mordenden Sport sprach, ist nicht sicher belegt. Aber Sport assoziierte Todesfälle sind leider Wirklichkeit (Abb. 95.1).
Dietger Mathias
96. Sportverletzungen und die natürliche Schmerzabwehr
Zusammenfassung
Drohende oder bereits bestehende Gewebeschäden werden durch spezielle Sinnesfühler für Schmerzen erkannt. Diese sog. Nozizeptoren finden sich als Enden der dünnen A- und C-Nervenfasern in allen Organen außer im Zentralnervensystem. Über diese Fasern gelangen Schmerzreize zunächst zu den Wide dynamic range – Neuronen im Hinterhorn des Rückenmarks und werden von dort über Zwischenneurone zum Gehirn weitergeleitet. Hier erst entsteht der Sinneseindruck „Schmerz“. Bleiben Schmerzen unbehandelt, geraten die WDR – Neurone unter Dauerbeschuss ständiger Impulse und die beschriebenen Abläufe schaukeln sich auf. Die Leitung von Schmerzsignalen wird durch Neubildung von Rezeptoren und Ionenkanälen vervielfacht. Auch zuvor unterschwellige Aktionspotenziale werden jetzt registriert, sogar Spontanentladungen dieser Nervenzellen ohne Schmerzmeldungen der betroffenen Nozizeptoren sind möglich. Aus allem resultiert eine verstärkte Schmerzwahrnehmung.
Dietger Mathias
97. Sport und Schmerzmittel
Zusammenfassung
Wie im vorangegangenem Kapitel beschrieben, können Verletzungen oder Überlastungsschäden beim Sport zu längeren Schmerzperioden, oft kombiniert mit Schonhaltungen und weiteren, veränderten Schmerzzuständen führen. Auch im täglichen Leben gibt es häufig Schmerzprobleme. Diese treten beispielsweise bei Erkältungen auf oder auch bei den verschiedensten Verdauungsstörungen. Lästige Kopfschmerzen sind nicht selten und ebenso sind es Schmerzen durch Fehlhaltungen bei zu langem Sitzen. Viele weitere Schmerzarten sind bekannt. Die heute dafür erhältlichen Schmerzmittel sollen die Schmerzempfindungen unterdrücken, ohne dabei die sensorische Wahrnehmung zu beeinflussen. Weil viele Schmerzmittel wie z. B. Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen oder Paracetamol rezeptfrei zu erwerben sind, verordnen sich die Betroffenen dann diese Medikamente schnell mal selbst, ohne dabei die möglichen Nebenwirkungen im Blick zu haben. So geht inzwischen schon jedes zweite dieser Medikamente ohne Rezept über die Theke. Etwa 1,6 Millionen Menschen in Deutschland sind abhängig von Schmerzmitteln. Im Alltagsleben muss eben alles gut funktionieren und im Sport soll stets die Leistungsfähigkeit bedacht werden. Wenn das Schmerzempfinden jedoch einige Tage andauert oder dessen Ursprung nicht zuzuordnen ist, sollte unbedingt der ärztliche Rat gesucht werden.
Dietger Mathias
98. Muskelkater
Zusammenfassung
Nach ungewohnten oder besonders intensiven sportlichen Übungen stellen sich häufig Schmerzen in der beanspruchten Muskulatur ein. Die betroffenen Muskeln werden als kraftlos, hart und druckempfindlich wahrgenommen. Als Ursache für den Muskelkater (ehemals Muskelkatarrh) gelten Einrisse bei einem Teil der Muskelfasern speziell im Bereich der Z-Scheiben. Durch die leicht geschädigten Muskelfasern dringt langsam Wasser ein, die Fasern schwellen an und diese Dehnungen lösen Schmerz aus. Zusätzlich führen die Dehnungen zu Gefäßeinengungen mit Verschlechterungen der Durchblutung und weiterer Schmerzsteigerung. So dauert es 1–3 Tage, bis das Schmerzempfinden seinen Höhepunkt erreicht und dann langsam wieder abklingt. Als Folge des Abbaus der zerstörten Fasern kommt es zu sterilen Entzündungen. Die jetzt einsetzenden Reparaturmechanismen hinterlassen einen etwas stärkeren Muskel. Nach etwa 3 erhöhten Beanspruchungen hat sich der betroffene Muskel so an die neuen Anforderungen angepasst, dass der „Katarrh“ ausbleibt (Abb. 98.1).
Dietger Mathias
99. Sportmedizinische Vorsorgeuntersuchungen
Zusammenfassung
Sie sind notwendig, damit sportliche Aktivitäten nicht die Gesundheit gefährden und besonders angeraten (Abb. 99.1)
Dietger Mathias
100. Sport und Luftverschmutzungen – Feinstäube
Zusammenfassung
92 % der Weltbevölkerung lebt nach Schätzungen der WHO (2018) in Bereichen zu hoher Luftverschmutzung. Besonders problematisch sind hier die Feinstäube. Solche mit einer Partikelgröße unter 10 Mikrometer (PM10) werden von der Lunge aufgenommen, was sich zu einer durchschnittlichen Resorption von 5–7 Gramm pro Jahr addieren kann. Zum Vergleich: ein menschliches Haar hat einen Durchmesser von 40–100 Mikrometer. Sehr tückisch verhalten sich die 1–2,5 (PM 2,5) kleinen Teilchen, die bis in die Lungenbläschen vordringen (Wei et al. 2019). Dort werden sie zwar abgebaut, die Ausscheidungsprozesse können aber mehrere Monate dauern. In der Zwischenzeit führen diese Feinstäube zu einer vermehrten Ausschüttung von entzündungsfördernden Botenstoffen. Sie bewirken damit arteriosklerotische Prozesse (Adar et al. 2013; Kaufman et al. 2016; Münzel et al. 2018), altersabhängige Makuladegenerationen (Chua et al. 2021) sowie chronische Veränderungen der Atemwege, die ungünstigenfalls in Asthma oder gar in Lungenkrebs übergehen (Chen und Goldberg 2009; Andersen et al. 2011; Raaschou-Nielsen et al. 2013) (Abb. 100.1).
Dietger Mathias
101. Sport und Luftverschmutzungen – Ozon
Zusammenfassung
Unser lebensnotwendiges Sauerstoffmolekül ist aus zwei Sauerstoffatomen (O2) zusammengesetzt, in dem für die Atmung schädlichen Ozonmolekül sind drei Sauerstoffatome aneinander gebunden (O3). Verantwortlich für erhöhte Konzentrationen von bodennahem Ozon bei sonnigem, warmen Wetter ist eine starke Verkehrsdichte, denn für die Ozonbildung ist Stickstoffdioxid erforderlich (NO2 + O2 => NO + O3) und dieses NO2 stammt überwiegend aus den Verbrennungsprozessen in den Kraftfahrzeugen. Schwächt sich abends die Sonneneinstrahlung ab, zerfällt ein Teil der Ozonmoleküle in einer Rückreaktion wieder (NO + O3 => NO2 + O2). Das hierfür notwendige Stickstoffmonoxid - auch wieder aus den Autoabgasen – fällt jetzt aber in geringerer Menge an, weil der Straßenverkehr abends und nachts meist stark zurück geht.
Dietger Mathias
102. Schlaf und Gesundheit
Zusammenfassung
Das Gehirn braucht ausreichend Schlaf. In dieser scheinbaren Ruhephase ist es aber sehr aktiv und regelt wichtige Körperfunktionen wie Herzrhythmus, Atmung, den Stoffwechsel oder das Immunsystem. Die 4 Schlafstadien im Elektroenzephalogramm sind die Einschlafphase (~10 % der Nacht), der leichte Schlaf (~50 % der Nacht), der Übergang in den Tiefschlaf mit anschließendem Tiefschlaf (~20 % der Nacht) und der Traumschlaf, auch als REM-Schlaf bezeichnet (~20 % der Nacht). Ein uralter Schutzmechanismus bewirkt, dass wir nachts mehrmals kurzfristig wach werden. Sind solche normalen Schlafunterbrechungen aber sehr häufig und längerdauernd, dann können sie zu Herzrhythmusstörungen führen (Christensen et al. 2018).
Dietger Mathias
103. Tabak oder Gesundheit
Zusammenfassung
Sport wird nicht in verrauchten Hinterzimmern getrieben. Aber gerade am Tabakrauch lässt sich besonders gut darstellen, wie sehr die Menschen unter dem Gesundheitsaspekt immer auf reine Luft angewiesen sind (Strandberg et al. 2008; Yeh et al. 2010). Denn Tabakqualm ist an vielen Orten die bedeutsamste Noxe der Innenraumluft. Er besteht aus dem Nebenstromrauch der glimmenden Zigarette und dem von Rauchern ausgeatmeten Hauptstromrauch. Diese Luftverschmutzungen enthalten neben Feinstäuben (Kap. 100) mehr als 9000 verschiedene Substanzen, von denen mindestens 250 giftig sind. Über 70 dieser giftigen Inhaltsstoffe sind krebsverursachend (Alexandrov et al. 2016). Die zahlreichen Substanzen können miteinander in Wechselwirkung treten und sich dadurch gegenseitig verstärken. Die große Lungenoberfläche von bis zu 140 m2 fördert nachhaltig die Aufnahme all dieser schädlichen Substanzen.
Dietger Mathias
104. Mit nachhaltiger Ernährung und viel körperlicher Bewegung gegen den Klimawandel
Zusammenfassung
Das Klima auf unserer Erde wird entscheidend durch wichtige Treibhausgase wie Luftfeuchtigkeit, Kohlendioxid (CO2), Lachgas (N2O) oder Methan (CH4) geprägt. Sie absorbieren die Sonnenstrahlung und damit wird die untere Atmosphäre so erwärmt, dass menschliches Leben überhaupt erst möglich ist. Ohne diese natürlichen Treibhausgase wäre die mittlere Temperatur auf unserem Globus um etwa 32 Grad C niedriger.
Dietger Mathias

Serviceteil

Frontmatter
105. Resümee
Zusammenfassung
Abwechslungsreiche Ernährung und viel Bewegung sind entscheidende Faktoren für eine gesunde Lebensweise. Durch reichlichen Verzehr von Gemüse, Obst und Vollkornprodukten sowie sparsamen Verbrauch von Fleisch und Fleischprodukten, durch Vermeidung von Fettleibigkeit, mit körperlichen Aktivitäten von mindestens 2,5 Stunden pro Woche sowie dem Nichtrauchen und der Zurückhaltung beim Alkoholkonsum sinkt nach den Daten großer internationaler Studien das Risiko für schwere Erkrankungen wie Diabetes, Krebs, Herzinfarkt und Schlaganfall um mehr als die Hälfte. 40-Jährige, die sich so verhalten, werden 14 Jahre (Frauen) bzw. 17 Jahre (Männer) älter als der Durchschnitt der diesbezüglich ungesund lebenden Personen (Li et al. 2014). Diese deutlich längere Lebenserwartung durch ein vernünftiges Verhalten wurde speziell auch für die US-amerikanische Bevölkerung bestätigt (Li et al. 2018b).
Dietger Mathias
Backmatter
Metadaten
Titel
Fit und gesund von 1 bis Hundert mit Ernährung und Bewegung
verfasst von
Dr. Dietger Mathias
Copyright-Jahr
2022
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-64209-2
Print ISBN
978-3-662-64208-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-64209-2