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2021 | Medizin allgemein | Buch

Das Osteoporose Manual

Biologie, Diagnostik, Prävention und Therapie

verfasst von: Prof. Dr. med. Reiner Bartl, Priv. Doz. Christoph Bartl

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Heute ist der Knochenschwund als früh diagnostizierbare und gut behandelbare Krankheit einzustufen. Ein tieferes Verständnis der komplexen Knochenbiologie, eine standardisierte Diagnostik der Osteoporose, leicht umsetzbare Vorsorgeprogramme, neue wirksame Medikamente und erprobte operative Verfahren zur Versorgung osteoporotischer Frakturen rechtfertigen diese optimistische Einschätzung. Alle diese Fortschritte sind in diesem Manual in systematisch aufgebauten, ausführlichen und reich bebilderten 61 Kapiteln mit berücksichtigt. „Key points“ am Anfang der Kapitel und Übersichten im Anhang verbessern den praktischen Nutzen zusätzlich.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Das Skelett

Frontmatter
1. Evolution des Skelettes
Zusammenfassung
  • Die Entwicklungsgeschichte des Skelettes – entscheidend für das Überleben von mehrzelligen Lebenswesen im Wasser und auf dem Lande.
  • Die „kambrische Explosion“ – die Geburtsstunde des Außenskelettes.
  • Die Entwicklung von Panzern und Greifarmen (Exoskelett) – ein ständiges Wettrüsten von Jägern und Gejagten, das Spiel von Jagen und Verstecken.
  • Die Entwicklung des Endoskelettes – ein entscheidender Vorteil für das Überleben.
  • Beide Körpergerüste – Außen- und Innenskelett – erlaubten den Tieren komplexere Körper auszubilden und damit schneller und größer zu werden und dadurch im Überlebenskampf zu bestehen.
  • Die Produktion harter Substanzen ermöglichte die Überwindung der Schwerkraft im Wasser und v. a. auf dem Lande.
  • Die Umstellung von Kalziumkarbonat auf Kalziumphosphat – das Material für den hochwertigen Knochenbaustoff Hydroxylapatit und für die hohe Belastbarkeit des Knochens.
  • Die Entwicklung der Wirbelsäule und des Muskelsystems – die Basis für schnelle Beweglichkeit.
  • Die Funktionseinheit „Knochen-Knochenmark-System“ – die Basis für den dynamischen Knochenumbau, die Selbstreparatur und die Blutbildung.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
2. Knochenstruktur
Zusammenfassung
  • Das Skelett wiegt etwa 8–10 kg, macht etwa 10–15 % des Körpergewichts aus und besteht – je nach Alter und Definition – aus etwa 220 Einzelknochen.
  • Das Skelett hat 4 Aufgaben zu erfüllen: Stützfunktion und Fortbewegung, Schutzfunktion innerer Organe, Kooperation mit dem Knochenmark und Mineraldepot.
  • Die komplexe Verbindung von Knochenmatrix und Kalziumphosphat bildet das belastbare Baumaterial, vergleichbar mit dem Baumaterial des Spannbetons („Zweiphasenkomponente“).
  • Der Knochen vereint als Baustoff die beiden wesentlichen Baueigenschaften Rigidität und Elastizität bei gleichzeitig niedrigem Gesamtgewicht.
  • Das Knochengewebe – „high tech“ vom makroskopischen Bereich (kortikaler und trabekulärer Knochen) über den mikroskopischen Bereich (Lamellierung) bis in den molekularen Bereich (Kollagenfibrillen, Einbau der Mineralien).
  • Im Gegensatz zu technischen Materialen kann der Knochen seine Struktur den mechanischen Belastungen anpassen, er kann sich selbst regenerieren, anpassen und reparieren.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
3. Knochenzellen
Zusammenfassung
  • Hauptakteure beim Aufbau sowie bei der Anpassung und Erneuerung des Knochens sind spezialisierte Zellen des Knochenmarks: Osteoklasten, Osteoblasten, Osteozyten und Lining Cells.
  • Osteoklasten (knochenabbauende Zellen) sind vergleichbar mit „Bagger“, die alten Knochen in nur wenigen Tagen abbauen.
  • Osteoblasten (knochenaufbauende Zellen) sind mesenchymalen Ursprungs und bauen den Knochen langsam über viele Wochen wieder auf. Ihre Hauptfunktion ist die Synthese von Knochenmatrix (überwiegend Kollagen).
  • Eine ungestörte Mineralisation der Knochenmatrix ist entscheidend für die mechanische Belastbarkeit des Knochens. Vitamin D- und Kalziummangel, Hormonersatztherapie (HRT), antiresorptive und osteoanabole Therapie beeinflussen die Mineralisation und damit das Frakturrisiko.
  • Osteozyten (knochenüberwachende Zellen) sind multifunktionale Zellen und entwickeln sich aus „eingemauerten Osteoblasten“. Sie dienen der Regulierung, Erneuerung, Anpassung und Versorgung des Knochengewebes. Über ein weitverzweigtes Kanalsystem („canaliculi“) sind sie untereinander und mit der Oberfläche verbunden und kontrollieren die Aktivität der Osteoblasten und Osteoklasten. Die Osteozyten spielen auch eine wesentliche Rolle bei der Entstehung bestimmter Krankheiten, z. B. bei der diabetischen Osteopathie und dem Wachstum von Tumorzellen im Knochen.
  • Endostzellen (Lining Cells, knochenschützende Zellen) bilden eine Schutzschicht auf der Knochenoberfläche während der „Ruhephase“ und haben eine wichtige Funktion in der Aktivierungsphase der Osteoklasten.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
4. Knochenumbau
Zusammenfassung
  • Knochenwachstum in der Kindheit (Modelling) und lebenslanger Knochenumbau (Remodelling) werden über Millionen von mikroskopisch kleinen Baueinheiten („bone modelling units“, BMU) gesteuert und ausgeführt.
  • Der Knochenumbau läuft über klar definierte Umbauphasen in etwa 150 Tagen ab im Zusammenspiel von Osteoklasten, Osteoblasten, Osteozyten und Lining Cells. Die Gesamtumbaurate des Skelettes beträgt 8 % pro Jahr.
  • Die maximale Knochendichte (Peak Bone Mass) im Alter von 25–30 Jahren bestimmt die Knochendichte im Alter und wird mit 65–80 % von genetischen Faktoren bestimmt.
  • Die Belastbarkeit des Knochens wird bestimmt von der Knochendichte und der Knochenqualität (Geometrie, Material, Mikrostruktur, Umbau).
  • Die Steuerung des Knochenumbaus erfolgt über Hormone, Zytokine und mechanische Faktoren. Die wichtigsten lokalen Signalwege sind das RANK-RANKL-Osteoprotegerin-System für die Aktivierung der Osteoklasten und das Wnt-LRP5/6-β-Catenin-System für die Aktivierung der Osteoblasten. Sklerostin wird von den Osteozyten produziert und hemmt die Osteoblasten.
  • Neue Ergebnisse zeigen, dass v.a. das ZNS (Leptin, vegetatives Nervensystem) und das Immunsystem (CD4- und CD8-T- und B-Lymphozyten) den Knochenumbau steuern.
Reiner Bartl, Christoph Bartl

Volkskrankheit Osteoporose

Frontmatter
5. Geschichte und Definition der Osteoporose
Zusammenfassung
  • Die Osteoporose ist keine Modekrankheit, sie konnte schon in alten ägyptischen Mumien nachgewiesen werden.
  • Die Osteoporose ist definiert durch eine niedrige Knochenmasse und eine Verschlechterung der Knochenqualität (Mikroarchitektur, Knochenumbau, Knochenmaterial und Mikrofrakturen).
  • Ein messtechnische Osteoporose liegt vor, wenn die Knochendichte einen T-Score <−2,5 SD aufweist (DXA-Messmethode an LWS und/oder Hüfte). Bei Vorliegen von einer oder mehreren Low-Trauma-Frakturen spricht man von manifester Osteoporose.
  • „Osteoporotische Frakturen“ treten bei verschlechterter Knochenstruktur auf und entstehen, obwohl die eingebrachte Kraft (Trauma) nicht ausreichen würde, um gesunden Knochen zu brechen.
  • Viele osteoporotische Frakturen verlaufen schleichend, symptomlos und unbemerkt (z. B. Wirbelkörpersinterungen bis hin zu einem totalen Zusammenbruch, sog. Plattwirbel).
  • Das Erreichen der maximalen Knochendichte (Peak Bone Mass) hängt von 4 Parametern ab: Genetik, Hormone, körperliche Aktivität und Ernährung.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
6. Pathogenese und Verlauf der Osteoporose
Zusammenfassung
  • Der Begriff „physiologischer Alterungsprozess“, eine Mischung genetischer und hormoneller Faktoren, prägte früher die Bezeichnung „primäre Osteoporose“.
  • Die Entstehung einer Osteoporose hängt von 2 Parametern ab: die Höhe der maximalen Knochendichte in Alter von 20 Jahren und der schonende Umgang mit diesem „Kapital“ in den folgenden Jahren.
  • Die „maximale Knochendichte“ wird von 5 Faktoren beeinflusst: Genetik, Hormone, körperliche Aktivität, Ernährung und Lebensstil.
  • Der trabekuläre Knochen ist bei Auftreten einer Osteoporose wegen seiner großen Oberfläche besonders empfindlich.
  • Ausmaß und Symptomatik einer Osteoporose hängen von quantitativen und qualitativen Veränderungen des Knochengewebes ab.
  • Die Sexualhormone sind der Schlüssel für einen geordneten Knochenumbau. Östrogen ist bei Frauen und bei Männern das entscheidende Hormon.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
7. Einteilung der Osteoporose
Zusammenfassung
  • Ätiologie, Pathogenese und Form der Osteoporose sind extrem vielseitig und komplex und umfassen sämtliche Disziplinen der Medizin. Man spricht daher besser von einem „Osteoporosesyndrom“.
  • Nach dem Befallmuster unterscheidet man lokale Formen des Knochenschwunds von der klassischen generalisierten Form, der „Osteoporose“. Beide Formen sind heute medikamentös gut behandelbar.
  • Der Grad des Knochenumbaus ist bei der Beurteilung und v. a. bei der Therapieindikation der Osteoporose von prognostischer Bedeutung („low turnover“ vs. „high turnover“).
  • Die Knochenbiopsie hat ihren Stellenwert in der Differenzialdiagnose einer Osteomalazie und im Ausschluss einer malignen Erkrankung.
  • Der Nachweis einer osteoporotischen Fraktur hat diagnostische wie therapeutische Bedeutung. Er erlaubt den Therapiebeginn auch ohne Vorliegen einer DXA-Knochendichtemessung.
  • Osteoporotische Frakturen treten häufig an Brust- und Lendenwirbelsäule sowie an Hüfte und Unterarm auf. Grundsätzlich aber weist bei einer niedrigen Knochendichte jeder Knochen ein höheres Frakturrisiko auf (z. B. Becken, Rippen, Oberarm).
Reiner Bartl, Christoph Bartl
8. Epidemiologie der Osteoporose
Zusammenfassung
  • Die Osteoporose ist keine Modekrankheit, sondern sie existiert seit es Säugetiere gibt.
  • Die Osteoporose gehört zu den 10 wichtigsten Volkskrankheiten und verursacht immer noch extremes Leid für den Patienten und gigantische Kosten für die Gesellschaft.
  • Ungefähr 10  % der Bevölkerung ist in Deutschland von der Krankheit Osteoporose betroffen (jede 3. Frau über 50 Jahre und jeder 5. Mann über 60 Jahre).
  • Eine von drei Frauen über 50 Jahre erleidet eine osteoporotische Fraktur.
  • Die Zahl osteoporotischer Frakturen werden sich nach neuen Berechnungen um 28 % von 3,5 Mio. (2010) auf 4,5 Mio. (2050) erhöhen.
  • Der praktizierte Standard der Osteoporosetherapie in Deutschland ist derzeit, dass Patienten mit Osteoporose ohne vorbestehende Wirbelfrakturen entweder gar nicht oder nur mit Kalzium und Vitamin D behandelt werden.
  • Seit mehreren Jahren (2008–2017) zeichnet sich weltweit sogar ein Rückgang der Verordnungen von Osteoporosemitteln ab („osteoporosis treatment gap“)!
  • Nahezu ein Viertel der älteren Patienten mit Oberschenkelbruch sterben innerhalb eines Jahres nach dem Bruch und die Hälfte der Patienten ist später pflegebedürftig und/oder sozial isoliert, mit enormen Kosten und Belastungen für die Angehörigen.
  • Die jährlichen Kosten osteoporotischer Frakturen für das Gesundheitssystem betragen 2019 in Deutschland etwa 4 Mrd. €.
Reiner Bartl, Christoph Bartl

Risikofaktoren und Prävention der Osteoporose

Frontmatter
9. Risikofaktoren der Osteoporose
Zusammenfassung
  • Die DXA-Knochendichtemessung sagt eine Fraktur zuverlässiger voraus als der Cholesterinwert den Herzinfarkt oder ein hoher Blutdruck den Schlaganfall.
  • Osteoporose sucht ihre Opfer nicht willkürlich aus. Wir müssen akzeptieren, dass einige Risikofaktoren nicht beeinflusst werden können. Andere wichtige Risikofaktoren sind aber beeinflussbar und können vermieden oder abgestellt werden!
  • Der FRAX-Risikotest in Kombination mit der Knochendichte (DXA) und dem Alter des Patienten erlauben eine verlässliche Voraussage osteoporotischer Frakturen.
  • Erbfaktoren beeinflussen die maximale Knochendichte, die Geometrie des Oberschenkelhalses, den Knochenumbau, den Zeitpunkt der Menopause und die Muskelstärke. Auch wichtige Signalwege des Knochenumbaus werden von einer Vielzahl von Genen gesteuert: der Östrogen- und Vitamin D-Signalweg, der Wnt-β-Catenin-Signalweg und das RANKL-RANK-OPG-System.
  • Rauchen ist der Knochenterrorist Nummer 1. Der Knochen vergisst keine Zigarette!
  • Mit einem einfachen Vorsorgeprogramm kann die Knochengesundheit bewahrt und ein Großteil osteoporotischer Frakturen bzw. Folgefrakturen vermieden werden. Nur, es muss konsequent umgesetzt werden!
Reiner Bartl, Christoph Bartl
10. Prävention der Osteoporose mit Vorsorgeprogramm (10 Tipps)
Zusammenfassung
  • Es ist nie zu früh und nie zu spät, den Kampf gegen Osteoporose zu starten.
  • Die Pflege des Knochens beginnt in der Kindheit mit dem Aufbau der „maximalen Knochendichte“. Eine normale Peak Bone Mass ist die Basis für einen gesunden Knochen im Alter.
  • Der Patient muss auch den Willen und die Energie aufbringen, lebenslang auf die Knochengesundheit zu achten.
  • Protein- und kalziumreiche Kost sowie Substitution von Vitamin D sind die Basis, können aber allein eine medikamentöse Therapie der Osteoporose nicht ersetzen.
  • Viele „Knochenräuber“ in der Ernährung entziehen dem Knochen Mineralien und führen häufig unbemerkt zu Osteoporose.
  • Angepasster Lebensstil, gesunde Ernährung und körperliche Aktivität sind entscheidend für beide Geschlechter und in jedem Alter.
  • Regelmäßige körperliche Aktivität in allen Lebensabschnitten reduzieren das Osteoporose- und Frakturrisiko durch die Optimierung der maximalen Knochendichte in jungen Jahren (v. a. in den peripubertalen Jahren), durch die Reduzierung des Knochenverlustes im Alter und durch die Reduzierung der Fallneigung.
  • Alle Medikamente und Krankheiten müssen auf ihre Schädlichkeit für den Knochen abgefragt werden!
  • Frohsinn und Optimismus lassen nicht nur das Leben leichter ertragen, sondern liefern auch einen wichtigen Beitrag zur Knochengesundheit. Fröhlichkeit braucht keinen besonderen Anlass, sondern ist einfach eine Lebenseinstellung.
  • Sturzprophylaxe und Hüftprotektoren schützen vor Hüftfrakturen im Alter.
Reiner Bartl, Christoph Bartl

Diagnostik der Osteoporose

Frontmatter
11. Anamnese und körperliche Untersuchung
Zusammenfassung
  • Anamnese und körperliche Untersuchung sind für den Arzt der Schlüssel zu einer rationalen, effektiven und kostenbewussten Diagnostik.
  • Die Familienanamnese gibt – wie bei allen genetisch beeinflussten Knochenkrankheiten – wichtige Hinweise für das Osteoporoserisiko.
  • Der FRAX-Risikotest in Kombination mit einer DXA-Knochendichtemessung ermöglicht eine standardisierte, zuverlässige Beurteilung des Frakturrisikos.
  • Eine ausführliche Anamnese gibt wertvolle Hinweise auf eine sekundäre Osteoporose. Begleitkrankheiten, Medikamente und Lebensstil müssen abgefragt werden.
  • Die körperliche Untersuchung beinhaltet eine gründliche Inspektion, Palpation und Funktionsprüfung.
  • Eine Abnahme der Körpergröße >4 cm ist verdächtig auf abgelaufene Wirbelkörperfrakturen und muss mittels Bildgebung abgeklärt werden.
  • Rückenschmerzen und „Kreuzschmerzen“ können viele Erkrankungen als Ursache haben und müssen interdisziplinär abgeklärt werden.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
12. Bildgebende Verfahren
Zusammenfassung
  • Das konventionelle Röntgen erlaubt zwar nicht die Frühdiagnose, aber es liefert wichtige Informationen bei der manifesten Osteoporose, z. B. das Vorliegen von Wirbelkörperfrakturen.
  • Die Graduierung der Wirbelkörperfrakturen nach Genant geht mit in die Indikationsstellung einer medikamentösen Therapie ein.
  • Der Grad der Rarefizierung der Trajektoren im Bereich des proximalen Femurs korreliert mit dem Bruchrisiko in diesem Bereich. Im Singh-Index werden 3 Normalstadien und 3 – 4 osteoporotische Schweregrade unterschieden.
  • Die Computertomografie (CT) wird v. a. zur Beurteilung der Knochenstruktur eingesetzt und ist bei ausgeprägten degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule sinnvoll.
  • Die Magnetresonanztomografie (MRT) ist die beste Methode zur Darstellung entzündlicher und maligner Knochenmarksläsionen.
  • Der quantitative Ultraschall (QUS) der Ferse ist wertvoll als Screening des Frakturrisikos, falls kein DXA-Gerät zur Verfügung steht.
  • Die Skelettszintigrafie (Bone Scan) wird zur Erkennung lokaler Knochenläsionen oder Frakturen eingesetzt. Ihr Vorteil liegt in einer raschen Beurteilung des gesamten Skeletts (polyostotische Läsionen).
Reiner Bartl, Christoph Bartl
13. Knochendichtemessung
Zusammenfassung
  • Die Diagnose der Osteoporose wird heute konventionell auf der Basis einer Knochendichtemessung der LWS und Hüfte mittels der DXA-Methode (Dual Energy X-Ray Absorptiometry) gestellt. Alle großen Therapiestudien haben die DXA-Methode eingesetzt. Osteoporose liegt dann vor, wenn die Knochendichte von LWS und/oder Hüfte um mehr als die 2,5-fache Standardabweichung (SD) unter der gesunder junger Erwachsenen (Referenzpopulation) liegt.
  • Die DXA-Messmethode ist einfach, nicht invasiv, schnell, preiswert, genau, strahlungsarm und steht heute flächendeckend zur Verfügung.
  • Bei einer Verlaufsmessung sollte möglichst das gleiche DXA-Gerät und das gleiche Messpersonal wie bei der Erstuntersuchung eingesetzt werden. Gleiche Messorte (identische Wirbelkörper, gleiche Femurseite) sind ebenfalls obligat.
  • Weitere klinische Anwendungsmöglichkeiten der DXA-Messung integrieren die Messung der gesamten seitlichen Wirbelsäule (vertebrale Frakturanalyse, VFA), die Analyse der Spongiosastruktur (Trabecular Bone Score, TBS) und den FRAX®-Risikotest.
  • Die QCT-Methode (quantitative Computertomografie) erlaubt eine getrennte Messung des spongiösen und kortikalen Knochens der Wirbelkörper. Es muss aber betont werden, dass die T-Werte der QCT-Methode bezüglich der Risikoabschätzung nicht mit den T-Werten der DXA-Messung gleichzusetzen sind!
  • Nach unserer Erfahrung lag der T-Score bei pQCT-Messungen im Vergleich zur DXA-Messung durchschnittlich um mehr als eine SD niedriger.
  • Die QUS (quantitativer Ultraschall) der Ferse kann als „Screening“ zur Frakturvorhersage verwendet werden. Sie erlaubt aber nicht die Diagnosestellung einer Osteoporose. Die T-Werte sind nicht mit denen der DXA-Methode gleichzusetzen!
Reiner Bartl, Christoph Bartl
14. Labordiagnostik
Zusammenfassung
  • Laborwerte sind zur Abklärung einer sekundären Osteoporose (20 % bei Frauen, aber 64 % bei Männern) nötig.
  • Knochenumbaumarker sind eine wertvolle Ergänzung der Knochendichtemessung und reflektieren die Progressivität einer Osteoporose. Sie erlauben aber nicht die Diagnosestellung der Osteoporose. Hohe Spiegel der Resorptionsmarker korrelieren mit dem Frakturrisiko.
  • Der Verlauf des Knochenresorptionsmarkers unter antiresorptiver Therapie („least significant change“, LSC) erlaubt eine kurzfristige Beurteilung für das Ansprechen der Therapie.
  • Genetische Faktoren sind bis zu 80 % bei der Ausprägung der maximalen Knochendichte verantwortlich. Zwillings- und Familienstudien belegen, dass hereditäre Faktoren einen starken Einfluss auf die Knochendichte und Frakturhäufigkeit haben. In Metaanalysen wurden 82 Loci in Assoziation mit der Knochendichte gefunden. Einige dieser Genloci betreffen Signalwege der Formation und Resorption des Knochens. Genetische Untersuchungen sind derzeit aber nur bei wenigen Individuen indiziert (z. B. Abklärung einer Osteogenesis imperfecta).
Reiner Bartl, Christoph Bartl
15. Knochenbiopsie
Zusammenfassung
  • Die Entnahme der Knochen(mark)biopsie erfolgt heute unproblematisch am hinteren Beckenkamm mittels der Jamshidi-Nadel. Gleichzeitig kann auch Knochenmark über die gleiche Nadel aspiriert werden.
  • Die Einbettung der Biopsie erfolgt idealerweise mittels Methylmetacrylat, um die Entkalkungsprozedur zu vermeiden und qualitativ hochwertige Semidünnschnitte herzustellen.
  • Indikationen für eine histologische Abklärung sind insbesondere gastroenterologische Osteopathien (Osteomalazie, sekundärer Hyperparathreoidismus), renale Osteopathien, hämatologische Systemerkrankungen (Osteomyelosklerose) und metastasierende Erkrankungen (Mammakarzinom).
  • Histologische Spezialfärbungen und Immunhistologie erlauben eine spezifische Diagnose zahlreicher maligner Erkrankungen des Knochens und des Knochenmarkes. Die früher verwendete Tetrazyklinmarkierung ist heute durch den Einsatz spezifischerAntikörper (z. B. Kollagentypisierung) ersetzt worden.
  • Quantitative Analysen zahlreicher Knochen- und Knochenmarkparameter (Histomorphometrie) werden v. a. in Therapiestudien durchgeführt. Diese sind aber zeitintensiv, geräteaufwändig und in der Praxis entbehrlich.
Reiner Bartl, Christoph Bartl

Therapie der Osteoporose

Frontmatter
16. Behandlungsstrategien der Osteoporose
Zusammenfassung
  • Die acht Säulen der Osteoporosebehandlung sind: Ernährung, körperliches Training, Sturzprophylaxe, Schmerztherapie, Kalzium und Vitamin D, Antiosteoporotika, Rehabilitation und Selbsthilfe.
  • Eine Vielzahl effektiver Medikamente, die nach ihrer antiresorptiven oder osteoanabolen Wirkung eingeteilt werden, steht zur Verfügung. Neuentwicklungen wie Romosozumab durchbrechen das „Coupling“ der Knochenzellen und wirken sowohl antiresorptiv als auch osteoanabol.
  • Mit der DXA-Knochendichtemessung und der Erfassung weniger Risikofaktoren (FRAX®) kann die Osteoporose noch vor Auftreten von Frakturen erfolgreich behandelt werden.
  • Goldstandard in der medikamentösen Therapie sind nach wie vor stickstoffhaltige Bisphosphonate (BP), wobei eine intravenöse Applikation der oralen vorzuziehen ist.
  • Langzeitnebenwirkungen der antiresorptiven Substanzen wie z. B. Kiefernekrosen oder Oberschenkelschaftfrakturen sind extrem selten, Möglichkeiten ihrer Vermeidung werden mit dem Patienten besprochen. Das Nutzen-Risiko-Profil einer Substanz muss wissenschaftlich fundiert und individuell erörtert werden.
  • Kriterien zur Indikation einer medikamentösen Therapie wurden erstmals 2014 vom Expertenkommittee der NOF (National Osteoporosis Foundation) veröffentlicht und später von den nationalen Osteoporoseverbänden leicht modifiziert übernommen.
  • Die Dauer der Medikamenteneinnahme sollte den Zeitraum umfassen, für den ein hohes Frakturrisiko besteht und grundsätzlich mindestens 3 – 5 Jahre betragen. Die Fortführung der Therapie nach 5 Jahren hängt vom aktuellen Schweregrad der Osteoporose und der klinischen Situation ab. Eine Therapiepause („drug holiday“) ist nach 5 Jahren zu diskutieren, aber nicht zwingend.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
17. Schmerztherapie
Zusammenfassung
  • Der Schmerz bei einer Brustwirbelfraktur kann mit dem Vernichtungsschmerz eines Herzinfarktes vergleichbar sein.
  • Die Schmerzwahrnehmung wird von vielen Faktoren beeinflusst. Der Patient bedarf einer individuellen Behandlung, die möglichst alle seine Probleme und Symptome berücksichtigt.
  • Das WHO-Stufenschema ist auch beim Frakturschmerz anzuwenden.
  • Geduld und Beharrlichkeit von Arzt und Patient sind nötig, um die „Schmerzspirale“ zu durchbrechen.
  • Ist der Schmerz nicht zufriedenstellend zu behandeln, sollte gemeinsam mit einem Schmerzzentrum ein individueller Behandlungsplan erarbeitet werden.
  • Im akuten Stadium ist zur Entlastung eine gelockerte Bettruhe sinnvoll, aber nur so lange, bis der akute Schmerz gelindert ist.
  • Im chronischen Stadium stehen die Mobilisierung und Kräftigung der Muskulatur (sporttherapeutische Maßnahmen) im Vordergrund.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
18. Kalzium und Vitamin D
Zusammenfassung
  • Eine Kalziumaufnahme von <400 mg/Tag wirkt sich desaströs auf das Knochenwachstum und die Integrität des normale Skelettes aus. Empfohlen wird mindestens 1 g Kalzium täglich, möglichst über die Ernährung und über Mineralwasser.
  • Die Vitamin D-Gabe allein ist in der Behandlung der manifesten Osteoporose nicht ausreichend, aber sie steigert die Wirksamkeit der Medikamente. Empfohlen werden heute 1000–2000 IE Vitamin D3 (Cholecalciferol) täglich, um das Sturz- und Frakturrisiko zu reduzieren. Ein Serumspiegel von >75 nmol/L (30 μg/L oder 30 ng/ml) 25-Hydroxyvitamin D ist im Rahmen einer Frakturprävention anzustreben.
  • Vitamin D3 ist biologisch inaktiv, 25(OH)Vitamin D (in der Leber hydroxyliert) dient dem Nachweis des Vitamin D-Mangels und ist gering aktiv, 1,25(OH)2Vitamin D (v. a. in der Niere hydroxyliert) ist die aktive Form des Vitamin D.
  • Der Vitamin D-Mangel ist in der älteren Population, aber auch bei jungen Patienten mit chronischen Erkrankungen häufig. Er ist ein wichtiger und leicht korrigierbarer Faktor bei Sturzneigung, im Rahmen der Frakturprävention und in der Rehabilitation von Patienten mit Osteoporose.
  • Die alternde Haut produziert bei Sonnenbestrahlung nur noch wenig Vitamin D. Wegen des Hautkrebsrisikos sollte im Alter grundsätzlich auf Sonnenbestrahlung verzichtet und Vitamin D ausreichend über Tabletten, Kapseln oder Öl substituiert werden.
  • Vitamin D hat auch wichtige extraossäre Wirkungen auf das Immunsystem, die Haut, den Blutdruck, die Muskelmasse und den Zucker- und Fettstoffwechsel. Außerdem senkt es das Risiko für Brust- und Dickdarmkrebs.
  • Unzureichende Speicher von Kalzium und Vitamin D vor und in der Schwangerschaft sind entscheidend für das Auftreten einer Schwangerschafts-assoziierten Osteoporose.
  • Der Einsatz von aktiven Vitamin D-Metaboliten ist nur bei Leber- und Nierenerkrankungen sowie bei transplantierten Patienten indiziert.
  • Weitere Mineralien, Vitamine und Spurenelemente sind für einen gesunden Knochen essenziell.
  • Die Hormone PTH und FGF23 verhindern eine Phosphatakkumulation.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
19. Hormonersatztherapie und selektive Östrogenrezeptormodulatoren
Zusammenfassung
  • Die Hormonersatztherapie (HRT) und selektive Östrogenrezeptormodulatoren (SERMs) haben bei Östrogenmangelsituationen einen positiven Effekt auf das Skelett, indem sie das Frakturrisiko bei postmenopausalen Frauen signifikant senken.
  • Der Einsatz von HRT ist allerdings wegen der bekannten Nebenwirkungen (z. B. Thromboseneigung, Brustkrebsrisiko) in der Behandlung der Osteoporose eingeschränkt. Daher gilt „for symptoms only“.
  • HRT gilt als erste Wahl für den Schutz der Knochengesundheit bei Mädchen mit Anorexia nervosa.
  • SERMs wie z. B. Raloxifen sind sinnvoll bei postmenopausalen Frauen mit gering ausgeprägter Osteoporose und erhöhtem Brustkrebsrisiko. Vor allem das Brustkrebsrisiko nimmt unter Raloxifen deutlich ab (54 – 74 %). Extravertebrale Frakturen werden jedoch nicht signifikant reduziert.
  • Eine Langzeittherapie mit HRT oder SERMs ist wegen möglicher Nebenwirkungen (z. B. kardiovaskuläre Erkrankungen) grundsätzlich zu vermeiden.
  • Testosteron ist die Therapie der Wahl beim Hypogonadismus des Mannes. Das Hormon kann kombiniert werden mit anderen Medikamenten zum Wiederaufbau der Knochendichte.
  • Die Anwendung von Anabolika ist sinnvoll bei muskelschwachen bis kachektischen Patienten. Die Behandlungszeit sollte auf 3 Jahre begrenzt bleiben.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
20. Bisphosphonate und Denosumab
Zusammenfassung
  • Bisphosphonate (BP) sind potente Inhibitoren der Knochenresorption, indem sie den Stoffwechsel des Osteoklasten hemmen.
  • Die modernen stickstoffhaltigen BP (z. B. Zoledronat, Ibandronat) sind heute immer noch erste Wahl („first line“) in der medikamentösen Behandlung der Osteoporose. Zoledronat hat die längste Wirkdauer der BP, Risedronat die kürzeste.
  • Die wöchentliche oder monatliche Einnahme von oralen BP haben die Einnahmetreue (Compliance) deutlich verbessert. Die intravenöse Gabe (z. B. 5 mg Zoledronat als Jahresinfusion) hat die Applikation nochmals vereinfacht, Nebenwirkungen bei der oralen Einnahme werden vermieden.
  • Denosumab als monoklonaler Antikörper gegen RANKL wirkt als antiresorptive Substanz, indem es die Rekrutierung der Osteoklasten hemmt.
  • Denosumab wird 2-mal jährlich subkutan gespritzt, wird gut vertragen, zeigt aber ein leicht erhöhtes Risiko für Infektionen (Eingriff in das Immunsystem).
  • Langzeitnebenwirkungen wie Kiefernekrosen oder Femurschaftfrakturen sind in der Behandlung der Osteoporose extrem selten und wurden bei BP wie bei Denosumab gleichermaßen berichtet.
  • Nach Absetzen von Denosumab kommt es zu einem raschen Abfall der Knochendichte. Die Fortsetzung der Therapie mit einer anderen antiresorptiven Substanz wie z. B. Zoledronat wird empfohlen. Damit können 70–80 % der mit Denosumab gewonnenen Knochendichte erhalten werden.
  • Denosumab kann auch bei Niereninsuffizienz ohne Dosisanpassung gegeben werden. Ein höheres Risiko für Hypokalzämie bei Therapiebeginn muss beachtet werden.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
21. Peptide der Parathormonfamilie und Romosozumab
Zusammenfassung
  • Das Parathormon (PTH) ist das erste „anabole“ Medikament in der Behandlung der Osteoporose. Es steigert sowohl die Formation als auch die Resorption des Knochens („coupling“), mit einem Überwiegen des Anbaus. Dies führt zu einer Zunahme der Knochenmasse und der kortikale Dicke sowie zu einer Verbesserung der Mikroarchitektur.
  • Teriparatid (humanes PTH 1–34, Forsteo®) in einer Dosis von 20 μg/Tag reduziert signifikant das Risiko für vertebrale und nonvertebrale Frakturen, während Preotact® (humanes PTH 1–84) nur vertebrale Frakturen signifikant reduziert.
  • Humanes PTH 1–84 (Preotact®) wird v. a. bei schwerer manifester Osteoporose in täglichen subkutanen Injektionen von 100 μg verabreicht.
  • Abaloparatid ist ein selektiver Aktivator des PTH-Typ-1-Rezeptors. In einer Placebo-kontrollierten Studie reduzierte die 18-monatliche Gabe von 80 μg subkutan täglich das Risiko für neue vertebrale und nichtvertebrale Frakturen signifikant. Die Substanz zeichnet sich gegenüber Teriparatid durch eine stärke Knochenformation und geringere Knochenresorption aus. Die Häufigkeit einer Hyperkalzämie war ebenfalls geringer. Die Substanz ist in den USA bereits zugelassen, aber noch nicht in Europa.
  • Romosozumab (Evenity®) ist eine neue Substanzklasse (Sklerostin-Antikörper) und wurde im Dezember 2019 in Europa zugelassen. Er bewirkt eine Blockierung des Sklerostin mit der Folge einer anabolen Wirkung in den ersten Monaten. Später überwiegt eine milde antiresorptive Wirkung (Fehlen des unerwünschten Coupling!).
  • Romosozumab wird in einer Dosis von 210 mg subkutan monatlich über 1 Jahr verabreicht. Das Risiko für vertebrale und nichtvertebrale Frakturen konnte in der FRAME-Studie signifikant gesenkt werden. Die Therapiestudien zeigen eine rasche, aber zeitliche beschränkte Zunahme der Knochendichte und eine länger anhaltende Reduktion der Knochenresorption und Frakturrate.
  • Nach 1 Jahr Therapie mit Romosozumab empfiehlt sich die Folgetherapie mit einem oalen BP, um die gewonnene Knochendichte zu konservieren.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
22. Weitere Antiosteoporotika
Zusammenfassung
  • Strontium ist eine knochenaffine Substanz mit einem doppelten Atomgewicht gegenüber Kalzium. Strontiumranelat (SR) erwies sich als effektiv in der Prävention vertebraler und nichtvertebraler Frakturen bei postmenopausalen Frauen. Aufgrund der Thromboseneigung und des höheren Risikos für kardiovaskuläre Erkrankungen wurde das Medikament vom Markt genommen.
  • Kalzitonin wird heute nur noch wegen des schnellen Ansprechens des Knochenschmerzes bei Wirbelkörperfrakturen eingesetzt.
  • Die Wirkung von Fluoriden auf Frakturen ist umstritten und konnte in Studien nie eindeutig belegt werden. Die mechanische Belastbarkeit des neu gebildeten Knochens ist mangelhaft, er kann sogar leichter frakturieren. Eine hohe Dosierung der Fluoride führt zwar zu einer messbar hohen Knochendichte, die Wirbelfrakturen nehmen aber trotzdem nicht signifikant ab. Ausgeprägte Fälle (Fluorose) sind im Röntgenbild als verwaschene Verdichtungen zu erkennen.
  • Bei Neuentwicklungen sind folgende Eigenschaften wünschenswert: stärkere Senkung der Frakturrate, einfache, problemlose Applikation, kein Auftreten von Kiefernekrosen oder atypischen Femurschaftfrakturen, Fehlen kardiovaskulärer Komplikationen, kein dramatischer Knochendichteverlust nach Absetzen des Medikamentes und ein Osteoanabolikum mit langfristiger Anwendungsmöglichkeit.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
23. Monitoring der medikamentösen Osteoporosetherapie
Zusammenfassung
  • Langzeittherapien chronischer Erkrankungen bedürfen regelmäßiger Kontrollen, Anpassungen der Therapie und Früherkennung möglicher Nebenwirkungen.
  • Die empfohlene Dauer einer Therapie mit Bisphosphonaten (BP) oder Denosumab beträgt je nach Schweregrad der Osteoporose mindestens 3–5 Jahre und sollte individuell fortgesetzt werden. Der Therapiezeitraum von 1 Jahr sollte nicht unterschritten werden.
  • Der Therapieerfolg wird kurzfristig (Monate) mit der Bestimmung von Knochenumbaumarkern und langfristig (Jahre) mit der DXA-Messung überprüft.
  • Heute wird von Osteoporoseexperten weltweit nach 5 Jahren Therapie mit einem antiresorptiven Medikament eine 1-jährige Pause („drug holiday“) empfohlen.
  • Therapieversager sind selten und bedürfen einer Überprüfung der Diagnose (z. B. sekundäre Ursachen), des Therapieschemas (z. B. störende Begleitmedikamente) und der Einnahmetreue (Compliance) des Patienten.
  • Nach Absetzen von Denosumab wird die Fortführung der Therapie nach einer Pause von einigen Monaten mit einem BP empfohlen, um den raschen Verlust der gewonnenen Knochendichte zu unterbinden.
  • Anabole Substanzen sollten möglichst vor potenten antiresorptiven Substanzen zum Einsatz kommen.
  • Die Zahl an Patienten, die in Europa ein Antiosteoporotikum erhielten, stieg bis 2008 kontinuierlich an und fiel dann nach einem Plateau stetig ab. Diese Behandlungslücke („osteoporosis treatment gap“) scheint sich derzeit in den USA und in Europa zu verschlimmern, mit der Folge, dass osteoporotische Frakturen und ihre Behandlungskosten für die Gesellschaft deutlich zunehmen.
Reiner Bartl, Christoph Bartl

Management osteoporotischer Frakturen

Frontmatter
24. Epidemiologie osteoporotischer Frakturen
Zusammenfassung
  • Etwa jede zweite 50-jährige Frau und jeder fünfte 50-jährige Mann wird im Laufe des Lebens eine Fraktur erleiden.
  • Die osteoporotische Fraktur tritt bei Frauen häufiger auf als Herzinfarkt, Schlaganfall und Brustkrebs zusammen!
  • In Deutschland wurden 2013 etwa 400.000 Personen über 65 Jahre aufgrund einer Fraktur an den Wirbelkörpern, der Hüfte und dem Becken, an Oberarm und Unterarm stationär behandelt (Statistisches Bundesamt). Etwa 75 % der Krankheitskosten für Osteoporose entfielen auf Frauen, dabei vorwiegend auf Frauen im Alter über 75 Jahre.
  • Osteoporotische hüftnahe Femurfrakturen haben heute immer noch eine Mortalität von 20–25 %.
  • Hüftfrakturen verursachen den Großteil der direkten und indirekten Versorgungskosten aller osteoporotischer Frakturen. Pflegebedürftige Personen haben ein deutlich erhöhtes Risiko für eine Hüftfraktur.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
25. Risikofaktoren und Risikoevaluation osteoporotischer Frakturen
Zusammenfassung
  • Die zentrale DXA-Messung ist in der Praxis die wichtigste Methode zur Risikoabschätzung einer osteoporotischen Fraktur. Bei Abnahme der Knochendichte im osteoporotischen Bereich um 1 SD verdoppelt sich das Frakturrisiko.
  • Neben der Knochendichte sind Knochenqualität, Mineralisation, Knochengeometrie, „microcracks“ und Knochenumbau wesentliche knochenspezifische Risikofaktoren für Frakturen.
  • Alter, Geschlecht und Genetik sind die wichtigsten nicht beeinflussbaren Risikofaktoren für Frakturen.
  • Rauchen ist ein wichtiger Risikofaktor für Frakturen, aber vom Patienten beeinflussbar!
  • Untergewicht (BMI <20) korreliert stark mit einer Reduktion der Knochendichte und einem erhöhten Frakturrisiko.
  • Der FRAX®-Algorithmus wurde entwickelt, um das Frakturrisiko zuverlässiger mittels DXA-Knochendichtemessung der Hüfte in Kombination mit einigen klinischen Risikofaktoren zu bestimmen.
  • Stürze sind das Resultat komplexer und dynamischer Interaktionen multipler Risikofaktoren.
  • Stürze bei älteren Personen sind verantwortlich für erhebliche Morbidität und Mortalität und Kosten mit sozioökonomischen Folgen.
  • Die beste Strategie zur Bekämpfung der Sturzneigung ist ein konsequentes, individuell abgestimmtes Trainingsprogramm zu Verbesserung der Muskelstärke und der Koordination, in Verbindung mit Vitamin D-Zufuhr.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
26. Frakturheilung
Zusammenfassung
  • Die Frakturheilung läuft in 4 kaskadenartig sich überlappenden Phasen ab und entspricht dem Prozess der embryonalen Ossifikation.
  • Frakturen mit einem begleitenden ausgeprägten Knochenmasseverlust bei osteoporotischen Patienten können ebenso ausheilen, vorausgesetzt die Frakturfixation ist ausreichend stabil.
  • Bisphosphonate verzögern per se den Remodellingprozess des Kallus, zeigen in den meisten klinischen Studien jedoch keine relevante Verzögerung der radiologischen Frakturheilung oder Pseudarthrosenrate und keinen negativen Einfluss auf das klinische Outcome.
  • Die positiven Einflüsse der osteoanabolen Substanzen (Teriparatid, Romosozumab) auf die Frakturheilung in experimentellen Studien konnten in den neuesten klinischen Studien noch nicht durchgehend bestätigt werden und zeigen in der Gesamtheit der Studien geringe, jedoch keine signifikanten Vorteile in der radiologischen Frakturheilung und in den klinischen Ergebnissen.
  • Einige Medikamente (z. B. Glukokortikoide) verzögern die Frakturheilung und müssen in dieser Zeit auf ihre Notwendigkeit abgefragt werden.
  • Das Immunsystem spielt für den geordneten Ablauf der Frakturheilung eine wichtige unterstützende Rolle. Diabetes mellitus und Rauchen sind dagegen erhebliche Störfaktoren der Frakturheilung.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
27. Behandlung osteoporotischer Frakturen
Zusammenfassung
  • Bei älteren Patienten sind über 80 % der operationspflichtigen Frakturen mit einer erniedrigten Knochendichte verbunden.
  • Bei geriatrischen Patienten müssen Komorbiditäten mit im perioperativen Management und in der Nachsorge berücksichtigt werden.
  • Frakturen des distalen Radius sind beim älteren Patienten in hohem Maße mit einer Osteoporose vergesellschaftet, wobei Frauen ab dem 60. Lebensjahr etwa 6-mal so häufig betroffen sind als Männer.
  • Proximale Femurfrakturen generieren den Großteil der Kosten aller osteoporotischen Frakturen, da sie immer mit einer Hospitalisierung, einer operativen Versorgung und einer aufwendigen Rehabilitationsphase verbunden sind.
  • Bei den Wirbelkörperfrakturen (WKF) handelt es sich meist um schleichende Sinterungsfrakturen, die symptomarm ablaufen und deshalb häufig nicht diagnostiziert und therapiert werden. Circa 50 % der WKF werden klinisch symptomatisch, sie können auch unerträgliche Schmerzen („Vernichtungschmerz“) auslösen.
  • In Metaanalysen konnte bei frischeren Frakturen ein Vorteil der Vertebroplastie/Kyphoplastie gegenüber einer alleinigen Schmerztherapie nachgewiesen werden. Mögliche Komplikationen sind eine Zementextrusion, Mikroembolien/Lungenembolien und vertebrale Anschlussfrakturen.
  • An die Frakturversorgung schließt sich die Rehabilitationsphase mit einer schrittweisen Mobilisierung, Maßnahmen zur Sturzprophylaxe und der Einleitung einer leitliniengerechten Therapie der Osteoporose an, um die Knochenstabilität zu verbessern und Folgefrakturen zu vermeiden.
Reiner Bartl, Christoph Bartl

Sonderformen der Osteoporose

Frontmatter
28. Fetales Skelett und schwangerschaftsassoziierte Osteoporose
Zusammenfassung
  • Das fetale Skelett wächst im dritten Trimester besonders schnell und benötigt einen hohen Bedarf an Mineralien, zur Verfügung gestellt vom mütterlichen Skelett.
  • Die Schwangerschaft ist nur dann ein Risikofaktor für Osteoporose, wenn Bettruhe, Sedativa, Muskelrelaxanzien, Heparine oder Glukokortikoide zum Einsatz kommen, oder wenn die Frau bereits mit einem Kalzium- und Vitamin D-Mangel in die Schwangerschaft startet.
  • Während der Schwangerschaft tritt eine leichte Abnahme der Knochendichte auf, die aber nach der Stillzeit schnell wieder kompensiert werden kann.
  • Während der Schwangerschaft und Stillzeit ist für eine ausreichende Versorgung mit Kalzium und Vitamin D zu sorgen.
  • Bisphosphonate (BP) sind in der Schangerschaft und Stillzeit kontraindiziert. Eine teratogene oder kanzerogene Wirkung der BP wurde beim Menschen aber bisher nicht berichtet. Ob BP überhaupt klinisch relevant plazentagängig sind und in der Muttermilch ausgeschieden werden, ist unzureichend untersucht worden.
  • Die transiente Osteoporose (schmerzhaftes Knochenmarködem im Hüftgelenk nach der Schwangerschaft) ist in der Regel zeitlich begrenzt und kann nach der Stillzeit mit antiresorptiven Medikamenten gut behandelt werden.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
29. Osteoporose bei Kindern und Jugendlichen
Zusammenfassung
  • Inzwischen gibt es ein Referenzkollektiv für Kinder, das zumindest die Knochendichte bei Kindern ab 5 Jahre beurteilen lässt und einen Altersvergleich (Z-Score) ermöglicht. Mit „Osteoporose bei Kindern“ ist ein Z-Score von <−2 vereinbar.
  • Knochendichtemessungen bei Kindern werden stark vom Alter und von der Körpergröße beeinflusst.
  • Spontane Remissionen der idiopathischen juvenilen Osteoporose (IJO) noch vor der Pubertät sind häufig und bedürfen anfangs nur einer kurzfristigen Überwachung.
  • Kinder mit Osteoporose benötigen eine interdisziplinäre Abklärung (z. B. endokrine Störungen, Adipositas, Anorexia nervosa, Malignome, Organtransplantation).
  • Die Gabe von Bisphosphonaten (BP) bei Kindern sollte in osteologischen Zentren entschieden und durchgeführt werden.
  • Differenzialdiagnostisch muss bei Kindern mit Frakturneigung immer eine Osteogenesis imperfecta (OI) ausgeschlossen werden (blaue Skleren?). Bisphosphonate und Vitamin D sind die Therapie der ersten Wahl.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
30. Prämenopausale Osteoporose
Zusammenfassung
  • Die prämenopausale Osteoporose resultiert aus einer zu niedrigen „maximalen Knochendichte“ oder aus einem zu starken Knochenabbau im Rahmen einer sekundären Osteoporose.
  • Die häufigsten Ursachen sind Östrogenmangel und der Einsatz von Glukokortikoiden (z. B. bei rheumatoider Arthritis, Organtransplantation).
  • Die messtechnische Diagnose wird auch bei dieser Sonderform mittels der DXA-Messung an der LWS und Hüfte gestellt. Eine Schwangerschaft muss vorher ausgeschlossen sein!
  • Eine medikamentöse Therapie ist nur bei vorliegenden osteoporotischen Frakturen oder bei High-Turnover-Osteoporose (z. B. unter Glukokortikoiden) indiziert. Die Indikation muss individuell gestellt werden. Vor allem die zugrundliegende Erkrankung muss behandelt werden.
  • Es gibt derzeit keine Zulassung für ein Antiosteoporotikum bei dieser Sonderform (Ausnahme Alendronat und Risedronat für die Glukokortikoid-induzierte Osteoporose). Die Indikationsstellung für eine medikamentöse Therapie sollte interdisziplinär in einem Osteoporosezentrum gestellt werden und die Therapiedauer so kurz wie möglich sein.
  • Ein späterer Kinderwunsch der Patientin mit prämenopausaler Osteoporose muss bei der Wahl des Medikamentes diskutiert und berücksichtigt werden. Zu den Risiken einer späteren Schwangerschaft nach Gabe eines Bisphosphonates (BP) gibt es keine für die Praxis verwertbaren Daten, teratogene Nebenwirkungen sind beim Menschen nicht berichtet worden.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
31. Osteoporose des Mannes
Zusammenfassung
  • Die Osteoporose des Mannes ist unterdiagnostiziert und untertherapiert!
  • Das Frakturrisiko bei Männern über 50 Jahre beträgt 20 %. Über 30 % aller Hüftfrakturen treten bei Männern auf. Beim Frakturrisiko im Alter hinken die Männer den Frauen um etwa 10 Jahre hinterher.
  • Männer mit Frakturen haben eine höhere Mortalität als Männer ohne Frakturen.
  • Nur 7 % der Männer mit osteoporotischen Frakturen erhielten ein Antiosteoporotikum und nur bei 1,1 % der Männer wurde eine DXA-Messung durchgeführt.
  • Sekundäre Ursachen einer Osteoporose sind bei Männern mit 64 % häufig, insbesondere Hypogonadismus, Glukokortikoide, Transplantation, Alkohol und multiples Myelom.
  • Orale und intravenöse Bisphosphonate (BP), Teriparatid und Denosumab sind für die Behandlung der Osteoporose des Mannes zugelassen.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
32. Senile Osteoporose
Zusammenfassung
  • Die Typ-II-Osteoporose (senile Osteoporose, Involutionsosteoporose) ist ein eigenständiges Krankheitsbild und hat alterungsbedingte, geschlechtsunabhängige Ursachen („Knochenatrophie“).
  • Histologisch auffallend sind eine Zunahme der Osteoklasten und des Osteoidvolumens sowie ein Ersatz der Osteoblasten durch paratrabekuläres Fettgewebe.
  • Ursachen für das erhöhte Frakturrisiko sind Sarkopenie, erhöhtes Sturzrisiko, Störungen des Vitamin D-Metabolismus und vielfältige endokrinologische Störungen.
  • Für die auffallende hohe Knochenbrüchigkeit sind neben der verminderten Knochenmasse auch altersbedingte Störungen der Kollagenproduktion, der Mineralisation und der Reparaturmechanismen verantwortlich.
  • Neben der medikamentösen Therapie muss besonders auf die genügende Supplementation von Vitamin D und Kalzium sowie auf die körperliche Aktivität (Vermeidung einer Sarkopenie) wertgelegt werden.
  • Speziell entwickelte operative Methoden und frühe postoperative Mobilisierung haben die Versorgung von Frakturen im hohen Alter entscheidend verbessert.
Reiner Bartl, Christoph Bartl

Sekundäre Osteoporosen

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33. Pathogenese und Monitoring sekundärer Osteoporosen
Zusammenfassung
  • Sekundäre Ursachen einer Osteoporose sind häufig und insbesondere bei Kindern, Männern und prämenopausalen Frauen zu erwarten.
  • Jede Osteoporose, die rasch und überraschend auftritt oder auf eine medikamentöse Therapie nicht anspricht, muss auf eine zugrundeliegende Erkrankung abgeklärt werden (z. B. multiples Myelom, Metastasen).
  • Eine Osteoporose mit begleitendem generalisiertem Knochenschmerz ist verdächtig auf das Vorliegen einer Osteomalazie oder auf ein zugrundeliegendes Malignom.
  • Bei der Abklärung einer unklaren Osteoporose kommt das gesamte Spektrum internistischer, gynäkologischer und orthopädischer Krankheiten in Frage („Osteoporose-Syndrom“).
  • Die Therapie aller sekundären Osteoporosen – unabhängig von der Grundkrankheit – basiert auf dem Einsatz einiger weniger antiresorptiver und osteoanaboler Substanzen.
  • Bei alten Patienten mit der Diagnose „idiopathische Involutionsosteoporose“ dürfen „sekundäre“ Begleiterkrankungen und knochenschädliche Medikamente nicht übersehen werden! Auf die Sturzvermeidung ist besonderer Wert zu legen.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
34. AIDS-Osteomyelopathie
Zusammenfassung
  • Die Auswertung der Knochen(mark)biopsien von Patienten mit Aquired Immune Deficiency Syndrome (AIDS) ergab charakteristische histologische Merkmale, zusammengefasst als „AIDS-Osteomyelopathie“ [1].
  • Ursachen des Knochenschwunds bei AIDS-Patienten sind einerseits Störungen des Immunsystems, andererseits die Nebenwirkung der HAART („highly active antiviral therapy“). Entzündliche Veränderungen des Knochenmarks tragen ebenfalls zur Entstehung der Osteopathie bei.
  • Die AIDS-Osteopathie besteht aus einer Mischung von verminderter Knochendichte, erhöhter osteoklastischer Aktivität und Mineralisationsstörungen.
  • Die Knochendichte der AIDS-Patienten sollte regelmäßig mittels der DXA-Methode kontrolliert und bei Bedarf – noch vor Auftreten einer Fraktur – mit einem stickstoffhaltigen Bisphosphonat (BP) und mit Vitamin D behandelt werden.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
35. Primärer Hyperparathyreoidismus
Zusammenfassung
  • Patienten mit primärem Hyperparathyreoidismus (pHPT) und Vitamin D-Mangel gehen mit einem schweren Knochenverlust („bone disease“) einher, während Patienten mit pHPT und normalem Vitamin D-Spiegel überwiegend Nierensteine bei weitgehend normalem Knochenstatus entwickeln („stone disease“).
  • Der klassische Skelettbefund beim pHPT ist die „Ostitis fibrosa generalisata cystica“, die von Recklinghausen 1891 erstmals beschrieben hat.
  • „Braune Tumore“ sind Einblutungen und Siderinablagerungen in zystische Bereiche des spongiösen Knochens.
  • Für die operative oder konservative Therapie des pHPT gibt es inzwischen klare Empfehlungen. Sollte eine Operation nicht möglich bzw. nicht erfolgreich sein, so empfiehlt sich eine intravenöse BP-Therapie in Abhängigkeit vom Kalziumspiegel.
  • Bei Vorliegen einer Ostitis fibrosa cystica kommt es nach/unter Therapie zu einem massiven Einstrom von Kalzium in den geschädigten Knochen („hungry bone syndrome“). Zusätzliche Gaben von Vitamin D und Kalzium sind daher sinnvoll zur geordneten Mineralisation.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
36. Diabetische Osteomyelopathie
Zusammenfassung
  • Die diabetische Osteomyelopathie umfasst charakteristische entzündliche Reaktionen des Knochenmarks, eine Markatrophie und eine Low-Turnover-Osteoporose.
  • Patienten mit Typ-2- und v. a. mit Typ-1-Diabetes haben ein höheres Frakturrisiko, verursacht durch eine niedrigere Knochendichte und durch qualitative Veränderungen der Knochenmatrix (Kollagen).
  • Antiosteoporotika können bei diabetischen Patienten ebenfalls effektiv eingesetzt werden, ohne Zunahme von Nebenwirkungen.
  • Antidiabetika können Hypoglykämien und damit Stürze verursachen. Maßnahmen zur Verminderung des Sturzrisikos sind daher besonders bei älteren Diabetikern angezeigt.
  • Glitazone erhöhen zusätzlich das Frakturrisiko über eine Inhibierung der Osteoblastenrekrutierung.
  • Bei länger bestehendem und schlecht eingestelltem Diabetes mellitus tritt die diabetische (neurogene) Osteoarthropathie auf, charakterisiert durch Osteolysen, Destruktionen und Deformierungen im Fußbereich.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
37. Osteoporose bei Störungen der Hypophyse und Schilddrüse
Zusammenfassung
  • Funktionsstörungen der Hypophyse und der Schilddrüse sind häufige Ursachen einer sekundären Osteoporose. Die Patienten benötigen in der Regel eine lebenslange Substitution.
  • Die Folgen dieser Störungen auf das Skelett können in zwei Gruppen unterteilt werden: im Kindesalter Störungen des Skelettwachstums und im Erwachsenenalter die Osteoporose.
  • Sowohl eine Über- als auch ein Unterfunktion der Schilddrüse beeinflussen Quantität, Qualität und Umbau des Knochens und führen zum Knochenschwund.
  • Eine manifeste wie auch eine subklinische Hyperthyreose führen zu einem deutlichen Knochenmassenverlust von 10–20 % und zu einem 3- bis 5-fach erhöhten Frakturrisiko (High-Turnover-Osteoporose).
Reiner Bartl, Christoph Bartl
38. Osteoporose bei Leber- und Magen-Darm-Erkrankungen
Zusammenfassung
  • Lebererkrankungen verursachen Störungen des Vitamin D-Metabolismus mit der Folge einer Osteoporomalazie.
  • Entzündliche Erkrankungen des Darmes (M. Crohn), bei denen sich ein Malabsorptionssyndrom ausbildet, sind häufig Ursache einer schweren Osteomalazie mit Knochenschmerzen.
  • Patienten mit einer alkoholischen Leberzirrhose weisen in 30 % der Fälle Frakturen auf.
  • Eine Gastrektomie ist in der Regel mit einer klassischen Osteoporose, aber nicht mit einer Osteomalazie vergesellschaftet.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
39. Osteomalazie und Rachitis
Zusammenfassung
  • Die Osteomalazie („weicher Knochen“) hat zwar eine normale Masse an Knochenmatrix, aber wegen des Vitamin D-Mangels eine defekte Mineralisation.
  • Die klinischen Schlüsselbefunde der Osteomalazie sind generalisierter Knochenschmerz, Hypokalzämie und eine erhöhte alkalische Phosphatase.
  • Das Röntgenbild des Skelettes zeigt eine verwaschene Spongiosastruktur mit erhöhter Strahlentransparenz. Charakteristisch sind die Looserʼschen Umbauzonen („Milkmanʼs fractures“).
  • Die DXA-Knochendichtemessung ergibt signifikant niedrige Werte, die nicht als „Osteoporose“ interpretiert werden dürfen.
  • Die Therapie der Osteomalazie mit hochdosiertem Vitamin D3 ist mit der gleichzeitigen Gabe von Kalzium zu kombinieren, um im Rahmen der rasch einsetzenden Mineralisation eine symptomatische Hypokalzämie zu vermeiden („hungry bone syndrome“).
  • Bei der Rachitis (Osteomalazie im Kindesalter) kommen zahlreiche typische Deformierungen des Skelettes hinzu.
Reiner Bartl, Christoph Bartl

Osteoporose und andere Organe/Gewebe

Frontmatter
40. Osteoporose und Knochenmark
Zusammenfassung
  • Die blutbildenden Gewebe und das Knochengerüst stellen eine anatomische Einheit dar, die sich gegenseitig unterstützen und beeinflussen – das Knochen-Knochenmark-System.
  • Eine spezifische Mikroumgebung („niche“) des Knochenmarkes ist für die Aufrechterhaltung und Regulation der Hämatopoiese und deren Stammzellen notwendig. Selbst die Matrix und andere Sekretionsprodukte der Knochenzellen sind an der Regulierung der hämatopoietischen Stammzellen und der Lymphopoiese (B-Zellen) beteiligt.
  • Nach den Entstehungsmechanismen unterscheidet man folgende myelogene Osteopathien: markatrophische Osteoporose (Markaplasie), ischämische Osteopathie (Marknekrose), Suppressionsosteoporose (Metastasen), hämatische Osteodysplasie (Hyperplasie der Erythropoiese, Leukämien) und Osteomyelosklerose-Syndrom.
  • Myelogene Osteopathien können herdförmig lytisch und/oder generalisiert osteoporotisch auftreten, abhängig von der Ausdehnungsform der jeweiligen Knochenmarkerkrankung (z. B. Mastozytose, multiples Myelom).
  • Ein ausgeprägter Knochenschwund findet sich vor v. a. bei Erkrankungen mit hyperplastischer Erythropoiese (hämolytische Anämien), bei chronischen Leukämien und bei Speicherkrankheiten.
  • Die systemische Mastozytose ist charakterisiert durch eine pathologische Akkumulation von Mastzellen in bindegewebigen Strukturen und v. a. im vaskulären Stroma. Befallen sind hauptsächlich die Haut, der Knochen und der Magen-Darm-Trakt.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
41. Osteoporose und Gelenke
Zusammenfassung
  • Im Mittelpunkt aller Gelenkerkrankungen steht die Knorpeldestruktion.
  • Zahlreiche reaktiv-entzündliche Gelenkprozesse befallen auch das Skelett und erzeugen typischerweise eine lokalisierte und generalisierte Knochenresorption. Beispiele dafür sind die rheumatoide Arthritis (RA) und die ankylosierende Spondylitis (AS).
  • Periartikulärer und generalisierter Knochenschwund bei der RA hat drei Ursachen: schmerzbedingte Immobilität, Aktivierung der Osteoklasten durch Lymphozyten und entzündliche Zytokine, Langzeittherapie mit Glukokortikoiden.
  • Subchondrale Zysten entstehen im Rahmen einer Arthrose oder durch eine Verletzung des Gelenkknorpels (Sportverletzungen).
  • Das SAPHO-Syndrom, das die Symptome Synovitis, Akne, Pustulosis, Hyperostose und Osteitis beinhaltet, geht mit einem schmerzhaften Knochenmarködem einher und ist erfolgreich mit intravenösen Bisphosphonaten (BP) zu behandeln.
  • Die Osteoporose bei systemischem Lupus erythematodes (SLE) ist bedingt durch eine hohe Osteoklastenaktivität, verursacht durch proinflammatorische Zytokine und durch ein gestörtes RANKL/OPG-System.
  • Die Osteochondrosis dissecans (OD) wird von einem schmerzhaften, mit BP aber gut behandelbaren Knochenmarködem begleitet.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
42. Osteoporose und zentrales Nervensystem
Zusammenfassung
  • Der Knochen wird u. a. vom zentralen Nervensystem (ZNS) gesteuert. Es reguliert den Blutfluss im Knochenmark, die Reifung der Hämatopoiese, das Immunsystem, die Mikroumgebung („microenvironment“) und den Knochenumbau.
  • Sympathische Nerven (Norepinephrin) fördern den Knochenabbau, parasympathische Nerven (Azetylcholin) dagegen die Knochenformation.
  • Leptin ist ein Peptidhormon, das von Fettzellen (Adipozyten) produziert wird. Es stimuliert das sympathische Nervensystem und damit den Knochenabbau.
  • Neuropsychiatrische Erkrankungen und ihre Begleitumstände (z. B. Depression, Anorexia nervosa, Medikamente) führen zu Knochenschwund mit erhöhtem Frakturrisiko.
  • Etwa jeder2. Patient mit Epilepsie bekommt langfristig eine Osteopathie. Die Osteopathia epileptica entspricht einem Mischbild von Osteoporose und Osteomalazie und wird v. a. durch bestimmte Antiepileptika ausgelöst. Das hohe Frakturrisiko erklärt sich auch durch die erhöhte Sturzneigung.
  • Das hohe Fraktur- und Osteoporoserisiko bei der multiplen Sklerose ist bedingt durch das hohe Sturzrisiko, den Einsatz von Glukokortikoiden und durch die Krankheit selbst. Der frühe Einsatz von Zoledronat zur Vermeidung von Frakturen wird in der EXALT-Studie derzeit untersucht.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
43. Osteoporose und Muskulatur
Zusammenfassung
  • Sarkopenie ist ein altersbedingter Verlust an Muskelmasse und Muskelstärke, der zu Osteoporose, Sturzneigung, Frakturen und Immobilisation führt.
  • Muskel- und Knochenmasse korrelieren und bilden eine funktionelle Einheit.
  • Die Stärkung der Muskulatur ist die wichtigste Vorsorgemaßnahme zur Verhinderung der Osteoporose. Die begleitende Verbesserung der Koordination ist ein weiterer wichtiger Faktor zu Vermeidung von Frakturen.
  • Astronauten haben in der Schwerelosigkeit ein 10-fach erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer Osteoporose. Sie verlieren pro Monat etwa 1 % der Knochenmasse.
  • Bettruhe verursacht einen rasanten Knochenverlust. Daher sollte die postoperative Bettruhe so kurz wie möglich gehalten werden. Physiotherapie und antiresorptive Medikamente können in diesem Zeitraum den Knochenschwund minimieren.
  • Körperliche Aktivität ist eine einfache, aber effektive Methode, den Knochen zu stärken und das Frakturrisiko zu senken.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
44. Osteoporose und Immunsystem
Zusammenfassung
  • Es besteht ein enges Zusammenspiel zwischen den Immun- und Knochenzellen, das den Knochenumbau im Gleichgewicht hält, aber auch zur Knochenzerstörung führen kann.
  • Vor allem die T-Zellen (CD4- und CD8-positive) und B-Zellen des Knochenmarks sind über Sekretion von Effektorzytokinen an der Steuerung des Knochenumbaus beteiligt.
  • Immunzellen steuern den Wnt-Signalweg und das RANK/RANKL/OPG-System. Beide Systeme regulieren den Knochenumbau.
  • Bei der HIV-Infektion sind nicht nur die Medikamente, sondern auch die Defekte des Immunsystems selbst für den Knochenschwund verantwortlich.
  • Bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen des Knochens und der Gelenke spielen Immunzellen eine wichtige Triggerfunktion beim ungeregelten Knochenabbau.
  • Auch die Parodontose („periodontitis“) führt zu einer lokalen wie systemischen Entzündung mit Produktion von RANKL und TNF und mündet schließlich in einen lokalen wie systemischen Knochenschwund.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
45. Osteoporose und Fettgewebe
Zusammenfassung
  • Fettzellen (Adipozyten) sind hormonell hochaktiv und produzieren Östrogen, aber auch den Gegenspieler Leptin.
  • Fettzellen und Osteoblasten leiten sich von einer gemeinsamen mesenchymalen Stammzelle (MSC) ab und können sich gegenseitig ersetzen (z. B. im Alterungsprozess).
  • Glukokortikoide verursachen eine Fettgewebszunahme (v. a. viszerales Fettgewebe) auf Kosten der Osteoblastendifferenzierung.
  • Adipöse Patienten zeigen zwar ein höhere Knochenmasse, aber eine unterschiedliche Verteilung im Skelett. Diese Änderungen der Knochenarchitektur führen zu einem höheren Frakturrisiko in bestimmten Skelettregionen wie z. B. im Humerus und Sprunggelenk.
  • Niedriges Körpergewicht und Gewichtsverlust im Alter sind dagegen mit einer niedrigeren Knochenmasse und einem höheren Frakturrisiko im Hüftbereich verknüpft.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
46. Osteoporose und Niere
Zusammenfassung
  • Die Störungen des Mineral- und Knochenhaushaltes bei chronischer Nierenerkrankung („chronic kidney disease related mineral and bone disorders“, CKD-MBD) werden heute als Systemerkrankung mit Beteiligung von Niere, Skelett, Epithelkörperchen, Fettgewebe und kardiovaskulärem System eingestuft. Die Begriffe „renale Osteodystrophie“ oder „renale Osteopathie“ beziehen sich vorwiegend auf die histologischen Knochenveränderungen.
  • Fibroblast Growth Factor 23 (FGF23) ist eine wichtige Substanz bei der Regulierung der Phosphathomöostase und bei der Entstehung von Gefäß- und Weichteilverkalkungen. Sie wird in den Osteozyten produziert und stellt einen unabhängigen Risikofaktor für die gesteigerte Mortalität bei Patienten mit CKD-MBD dar.
  • Die renale Osteodystrophie (ROD) setzt sich aus drei unterschiedlich ausgeprägten histologischen Merkmalen zusammen: Knochenumbau, Knochenmineralisation und Knochenmasse. Sie ist eine wesentliche Ursache für Morbidität, reduzierte Lebensqualität und hohes Frakturrisiko.
  • In der Knochenbiopsie werden folgende Typen von ROD unterschieden: Osteitis fibrosa generalisata, Osteomalazie, adynamer Knochen, gemischte urämische Osteodystrophie, Amyloidose und Osteoporose (High oder Low Turnover).
  • Im Gegensatz zu den Bisphosphonaten (BP) wird Denosumab nicht renal ausgeschieden: ein entscheidender Vorteil bei Osteoporosepatienten mit Niereninsuffizienz.
  • Die Nierentransplantation ist mit einem hohen Frakturrisiko verbunden.
  • Nephrolithiasis ist zwar keine „Osteopathie“, trotzdem gibt es enge Beziehungen dieser Erkrankung mit Störungen der Mineralhomöostase und v. a. mit einem systemischen Knochenschwund (Osteoporose und/oder primärer Hyperparathyreoidismus [pHPT]).
Reiner Bartl, Christoph Bartl

Osteoporose und Medikamente/Transplantation/Strahlentherapie/toxische Substanzen

Frontmatter
47. Glukokortikoid-induzierte Osteoporose
Zusammenfassung
  • Alle Medikamente müssen konsequent auf ihre Knochenschädlichkeit abgefragt werden. Bei vorliegenden Interaktionen mit dem Knochen reichen häufig einfache Maßnahmen zur Prävention eines Knochenschadens: knochenfreundliche Ernährung, Rauchen einstellen, körperliche Aktivität und Vitamin D-Gabe.
  • Glukokortikoide (GC) werden immer noch häufig verschrieben: bis zu 5 % der postmenopausalen Frauen nahmen in den letzten 2 Jahren GC ein. Der Glukokortikoid-induzierte Knochenverlust ist die häufigste sekundäre Osteoporose.
  • Bei 30–50 % der Patienten unter Langzeit-GC-Gabe treten Frakturen auf. Eine schwerwiegende Komplikation stellen Osteonekrosen dar.
  • Die Wirkung der Glukokortikoide auf das Knochengewebe ist umfassend. Betroffen sind Osteoblasten, Osteozyten, Osteoklasten, Chondrozyten, Adipozyten und intraossäre Blutgefäße. Glukokortikoide vermindern die Knochenfestigkeit stärker als die Knochenmasse.
  • Prävention und Therapie der Glukokortikoid-induzierten Osteoporose sind effektiv und umfassen körperliche Aktivität, Kalzium und Vitamin D sowie eine antiresorptive oder osteoanabole Substanz. Der Therapiebeginn sollte möglichst früh erfolgen.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
48. Transplantations-induzierte Osteoporose
Zusammenfassung
  • Das Frakturrisiko nach einer Nierentransplantation ist 4-mal höher als bei einer vergleichbaren gesunden Population. Besonders betroffen sind die Wirbelkörper von Frauen mit Diabetes mellitus als Empfänger (Angaben bis zu 160-fach!).
  • Bei Patienten, die für eine Transplantation vorgesehen sind, soll eine DXA-Messung durchgeführt und falls nötig noch vor der Transplantation mit einer medikamentösen Therapie begonnen werden.
  • Nach einer Knochenmarktransplantation kommt es im ersten Jahr zu einer Abnahme der Knochendichte um 1 SD Z-Score, wobei die größten Verluste in den ersten 6 Monaten auftreten.
  • Etwa 10 % Verlust der Knochenmasse ist bedingt durch den Einsatz von Glukokortikoiden und anderen Immunsuppressiva. Das Ausmaß des Knochenschwunds korreliert mit der kumulativen Glukortikoiddosis.
  • Bei Patienten mit Nieren- oder Lebertransplantaten kommt neben des Verlustes an Knochenmasse noch eine Mineralisationsstörung hinzu (Osteoporomalazie).
  • Wegen des gesteigerten Knochenabbaus sind intravenöse Bisphosphonate (BP) in Kombination mit aktiven Vitamin D-Metaboliten (Calcitriol) die Therapie erster Wahl.
  • Bei Patienten mit Herztransplantation wirkt sich die verminderte körperliche Aktivität vor und nach Transplantation zusätzlich ungünstig auf die Knochenmasse aus.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
49. Tumortherapie-induzierte Osteoporose
Zusammenfassung
  • Jede Chemotherapie, die einen Hypogonadismus erzeugt, führt zu einer sekundären Osteoporose.
  • Bei Sexualhormon-abhängigen Neoplasien wie das Mamma- und Prostatakarzinom ist der Hypogonadismus Teil der Behandlungsstrategie.
  • Die Aromatasehemmer der 3. Generation hemmen bei postmenopausalen Frauen das Östrogen im Serum um weitere 80–90 %.
  • Die antiandrogene Therapie beim Prostatakarzinom verursacht eine Zunahme des Frakturrisikos um 50 %.
  • Therapieprotokolle bei hämatologischen Neoplasien beinhalten häufig Glukokortikoide, die zu einer sekundären Osteoporose beitragen.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
50. Antiepileptika-induzierte Osteopathie
Zusammenfassung
  • Studien belegen, dass sich bei jedem zweiten Patient mit Epilepsie langfristig eine medikamentös-induzierte Osteopathie entwickelt. Dabei sind Mischbilder von Osteoporose und Osteomalazie die Regel.
  • Die Pathogenese der Antiepileptika-induzierten Osteopathie ist komplex und betrifft v. a. den Vitamin D-Stoffwechsel, aber auch intestinale, renale und hormonale Störungen des Knochenstoffwechsels sind bekannt.
  • Bei Patienten mit Epilepsie sollte vor Beginn der Antiepileptikatherapie die Knochendichte mittels DXA-Methode und der Vitamin D-Stoffwechsel im Serum abgeklärt werden.
  • Neben der Prophylaxe sollte die medikamentöse Therapie einer Osteopathie eingeleitet werden, wenn eine solche messtechnisch vorliegt, also vor Auftreten einer Fraktur.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
51. Andere Medikamente mit Wirkung auf den Knochen
Zusammenfassung
  • Bestimmte Antidepressiva führen zu einer Abnahme der Knochendichte und zu einer Zunahme an Frakturen. Allerdings müssen bei der Interpretation der Ergebnisse der direkte Einfluss der Krankheit Depression sowie Nebenwirkungen der selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Orthostase, Schwindel, Synkopen, Bradykardie und Rhythmusstörungen mit dem Symptom der Fallneigung berücksichtigt werden.
  • Neben der direkten Heparin-Langzeitwirkung tragen v. a. die Grundkrankheiten zum Knochenschwund bei. Cumarinderivate blockieren Vitamin K und haben v. a. in der Langzeittherapie eine knochenschädigende Wirkung.
  • Die Osteoporosegefahr unter Protonenpumpenhemmern lässt sich allein durch eine konsequente Prophylaxe mit Kalzium und Vitamin D minimieren.
  • Zahlreiche Medikamente für unterschiedliche Krankheiten haben in neueren Studien eine knochenschädigende Wirkung gezeigt. Fluoride und Etidronat, die früher gegen Osteoporose eingesetzt wurden, haben wegen Langzeitschäden am Knochen ihre Zulassung verloren.
  • Einige Medikamente wie Statine, Thiazide und Betablocker haben als „Nebenwirkung“ einen knochenaufbauenden Effekt!
  • Medikamentösinduzierte Osteonekrosen treten unter Glukokortikoiden und unter potenten antiresorptiven Medikamenten auf.
  • Zahlreiche Medikamente können die Frakturheilung hemmen, aber auch fördern.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
52. Strahlentherapie und Verbrennungen mit Wirkung auf den Knochen
Zusammenfassung
  • Ionisierende Strahlen schädigen Knochenmark und Knochen, bis hin zur Entstehung von Osteonekrosen, Osteolysen und Osteosarkomen.
  • An der Manifestation von radiogenen Skelettveränderungen und Frakturen wirken außer einer direkten Schädigung der Knochenzellen die verschlechterte Blutversorgung, die geschädigte Hämatopoiese und zusätzliche Infektionen mit.
  • Nach einer ausgedehnten Verbrennung ist bei Kindern wie Erwachsenen das Risiko für Osteoporose und Frakturen erhöht. Der größte Verlust an Knochenmasse mit 10 % wurde im Bereich der Lendenwirbelsäule beobachtet.
Reiner Bartl, Christoph Bartl

Osteoporose und skelettale Komplikationen bei Tumorkrankheiten

Frontmatter
53. Tumor und Skelettkomplikationen
Zusammenfassung
  • Hyperkalzämie, Knochenschmerz, Osteolysen und Osteoporose bei Tumorpatienten werden unter dem Begriff „skeletal related events“ (SREs) zusammengefasst. Eine statistische Reduzierung dieser Ereignisse wird als Wirksamkeit des Medikamentes interpretiert.
  • Die Therapie der tumorinduzierten Hyperkalzämie (TIH) umfasst eine symptomatische Behandlung der Hyperkalzämie zur Vermeidung lebensbedrohlicher Komplikationen und die Behandlung der Grundkrankheit zur Vermeidung späterer Rezidive.
  • Zur Differenzialdiagnose des Knochenschmerzes gehören ganz unterschiedliche Erkrankungen, die vor einer symptomatischen Therapie abgeklärt werden müssen.
  • Tumorinduzierte Knochenschmerzen (TIBP) sind das häufigste Symptom bei Knochenmetastasen, beim multiplen Myelom, bei der systemischen Mastozytose und bei der Osteomyelosklerose.
  • Die Basistherapie der TIH und des TIBP umfasst intravenöse Bisphosphonate (BP) oder Denosumab. Die Gefahr einer symptomatischen Hypokalzämie unter Denosumab und einer Hyperkalzämie nach Absetzen von Denosumab („rebound“) ist zu beachten.
  • Tumorbedingte Osteolysen spiegeln das Wachstumsverhalten des metastatischen Prozesses wider. Mischbilder von Osteoporose und Osteolysen im Röntgenbild sind die Regel.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
54. Osteoporose und Osteolysen bei hämatologischen Neoplasien
Zusammenfassung
  • Patienten mit chronischen myeloproliferativen Erkrankungen entwickeln im Verlauf eine Osteoporose. Nur bei Beteiligung der Megakaryopoiese am proliferativen Prozess entwickelt sich ein Osteomyelosklerose-Syndrom.
  • Maligne Lymphome haben v. a. im Rahmen einer Therapie mit Glukokortikoiden ein höheres Osteoporoserisiko. Der Skelettbefall bei Morbus Hodgkin zeigt wie bei anderen granulomatösen Erkrankungen ein buntes Bild von Osteolysen bis hin zu sklerotischen Reaktionen.
  • Das multiple Myelom ist ein klassisches Beispiel für eine Knochenmark- und Knochenkrankheit. Die Proliferationsmuster und die Aggressivität der Myelomzellen im Knochenmark bestimmen die Form der Knochenzerstörung (Osteoporose vs. Osteolysen).
  • Die Behandlungsstrategie der Skelettkomplikationen („skeletal-related events“, SREs) beim multiplen Myelom umfasst potente antiresorptive Substanzen (Zoledronat, Ibandronat oder Denosumab).
Reiner Bartl, Christoph Bartl
55. Knochenmetastasen und Knochenreaktionen
Zusammenfassung
  • Bei etwa 70 % der Patienten mit Mamma- und Prostatakarzinom werden post mortem Knochenmetastasen nachgewiesen.
  • Bei der Ausbreitung von Tumorzellen kommt dem Knochenmark mit dem speziellen Gefäßsystem eine Schlüsselrolle zu.
  • Bei Patienten mit Knochenmetastasen trägt die osteoklastische Knochenresorption wesentlich zu den skelettalen Komplikationen („skeletal-related events“, SREs) bei und führt daher im klinischen Management zu einem präventiven wie therapeutischen Einsatz von antiresorptiven Substanzen.
  • Bei einer Knochenmetastasierung sind Bisphosphonate (BP) und Denosumab effektiv zur Prävention medikamentös-induzierten Knochenschwunds und zur Therapie skelettaler Komplikationen.
  • Die bewährte hormonelle Therapie des Mamma- und Prostatakarzinoms ist mit Osteoporose und erhöhtem Frakturrisiko verbunden – ein Argument für den präventiven Schutz des Skelettes.
  • BP und Denosumab sind effektiv in der Verhütung von medikamentös-induziertem Knochenschwund und in der Behandlung der SREs bei metastasiertem Karzinom.
  • Wegen der hohen Dosierung antiresorptiver Medikamente bei Malignomen ist eine enge Überwachung zur Vermeidung von Kiefernekrosen und anderen Komplikationen nötig. Die Zusammenarbeit der Onkologen und Osteologen mit den Zahnärzten und Kieferchirurgen ist obligat.
Reiner Bartl, Christoph Bartl

Lokale Osteopathien mit Knochenschwund

Frontmatter
56. Formenkreis der Knochenläsionen
Zusammenfassung
  • Der Nachweis einer „Knochenläsion“ im Röntgenbild bedarf einer raschen klinischen, bildgebenden und histologischen Abklärung.
  • Die beiden wichtigsten Fragen bei Vorliegen einer Knochenläsion sind: Ist die Läsion solitär oder multipel, benigne oder maligne?
  • Lokalen Osteopathien können vielfältige Ursachen und Mechanismen zugrunde liegen.
  • Bei ödematösen Knochenläsionen ist die Therapie mit antiresorptiven Substanzen erfolgversprechend, da bei ihrer Entstehung hyperaktive Osteoklasten die Schlüsselrolle spielen.
  • Viele entzündliche Osteopathien münden entweder in eine atrophische Osteoporose (sowohl lokal als auch generalisiert) oder in eine Osteonekrose (z. B. Hüftkopfnekrose).
Reiner Bartl, Christoph Bartl
57. Morbus Paget des Knochens
Zusammenfassung
  • Der Morbus Paget des Knochens ist eine mono- oder polyostotische Erkrankung mit genetischer Prädisposition. Auch chemische Noxen und Virusinfektionen werden als mögliche Kofaktoren angesehen.
  • Die Prävalenz des Morbus Paget betrug in Deutschland bei über 50-jährigen Personen etwa 1–2 %. Es gibt ein gehäuftes Auftreten in prädisponierten Familien. Im Verlauf der letzten 30 Jahren hat die Häufigkeit des Morbus Paget aber deutlich abgenommen.
  • Lokal erhöhte, unkontrollierte und chaotische Knochenumbauvorgänge führen zu Knochenverformungen, Schmerzen und Frakturen. In der Regel liegt ein Mischbild aus lytisch/osteoporotischen und sklerotischen Bezirken vor. Neurologische und kardiovaskuläre Komplikationen kommen hinzu.
  • Die alkalische Phosphatase im Serum ist der wertvollste Laborwert für die Diagnosestellung und Verlaufsbeurteilung, Szintigrafie, CT und/oder MRT belegen die Ausdehnung und die Schwere der Erkrankung.
  • Zoledronat ist heute die Therapie der Wahl. Häufig bedarf es nur eine einzige Infusion, um beschwerdefrei zu werden. Denosumab kann auch bei eingeschränkter Nierenfunktion gegeben werden, ist aber noch nicht für die Therapie des Morbus Paget zugelassen. Cave Hypokalzämie!
Reiner Bartl, Christoph Bartl
58. Knochenmarködem-Syndrom und komplexes regionales Schmerzsyndrom
Zusammenfassung
  • Das führende Symptom eines Knochenmarködems (KMÖ) sind dumpfe, tiefe Knochenschmerzen, auch in Ruhe.
  • In der Pathogenese des Knochenmarködems kommt dem hyperaktiven Osteoklasten eine Schlüsselrolle zu. Der frühe Einsatz moderner antiresorptiver Substanzen kann die Kaskade entzündlicher Reaktionen und überstürzten osteoklastischen Knochenabbaus stoppen und die Erkrankung heilen.
  • Die Pathogenese des Knochenmarködem-Syndroms ist vielfältig und umfasst traumatische, ischämische und reaktive Ursachen.
  • Antiresorptive Substanzen wie Ibandronat, Zoledronat oder Denosumab sind heute die First-Line-Therapie. In der Regel reicht eine kurzfristige Stoßtherapie (z. B. 3 Infusionen mit Ibandronat 6 mg). Schmerzerleichterung und MRT-Kontrollen bestimmen die Therapiedauer. Auch vasoaktive Substanzen zur Verbesserung der intraossären Durchblutung (Prostazykline-Iloprost) werden eingesetzt.
  • Das komplexe regionale Schmerzsyndrom (Complex Regional Pain Syndrome, CRPS I und II, früher als Morbus Sudeck bezeichnet) zeigt einen chronischen schmerzhaften Verlauf über drei klinische Stadien und mündet in der Regel in eine Knochenatrophie (lokale Osteoporose). Auch bei dieser entzündlichen Erkrankung spielt der hyperaktive Osteoklast die Hauptrolle in der Pathogenese. Antiresorptive Substanzen werden zur Schmerzlinderung und Wiederherstellung der lokalen Knochensubstanz eingesetzt.
  • Die transiente Osteoporose, in Wirklichkeit ein Knochenmarködem im Bereich der Hüfte, tritt im letzten Trimenon der Schwangerschaft auf. Falls sich keine Spontanremission nach der Geburt einstellt, können nach der Stillzeit antiresorptive Substanzen mit Erfolg eingesetzt werden.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
59. Osteopathien mit lokaler Knochenzerstörung
Zusammenfassung
  • Avaskuläre Osteonekrosen treten bei Jugendlichen und Erwachsenen auf. Sie sind im Frühstadium bei Vorliegen eines Knochenmarködems mit antiresorptiven Substanzen gut behandelbar. Hervorzuheben sind Osteonekrosen unter Glukokortikoiden und Kiefernekrosen unter antiresorptiver Therapie (sehr selten, v. a. unter hoher Dosierung und Langzeittherapie bei Tumorpatienten).
  • Bei der bakteriellen Osteomyelitis führen osteodestruktive Vorgänge und Durchblutungsstörungen zur Sequesterbildung. Im Röntgenbild imponieren zentral im Knochen gelegene und scharf begrenzte, zystische Läsionen mit Randsklerose („Totenlade“).
  • Bei der fibrösen Dysplasie des Knochens und dem McCune-Albright-Syndrom wird Knochen und Knochenmark durch fibröses Gewebe ersetzt, der benachbarte Knochen wird durch aktivierte Osteoklasten abgebaut.
  • Das Gorham-Syndrom („vanishing bone disease“) zeichnet sich durch eine lokale progressive Knochenzerstörung aus. Es ist die ultimative osteoklastische Knochenzerstörung ohne Anzeichen eines Coupling.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
60. Periprothetische Osteoporose und aseptische Prothesenlockerung
Zusammenfassung
  • Der periprothetische Knochenschwund wird nach einem Gelenkersatz beobachtet und ist eines der Hauptprobleme in der Endoprothetik.
  • Bei vielen Patienten, die wegen Arthrose zu einem Gelenkersatz anstehen, liegen gleichzeitig eine nicht diagnostizierte systemische Osteoporose (25 %) und/oder ein nicht beachteter Vitamin D-Mangel (22 %) vor.
  • Für eine Prothesenlockerung kommen zahlreiche Ursachen in Frage. Beweisend für eine Implantatlockerung ist der radiologische Nachweis einer periprothetischen lytischen Knochenresorption und von Lockerungssäumen („radiolucent lines“).
  • Der präventive Einsatz antiresorptiver Substanzen zeigt vielversprechende Ergebnisse mit einer verbesserten periprothetischen Knochendichte und einer niedrigeren Implantatrevisionsrate.
Reiner Bartl, Christoph Bartl
61. Alveolärer Knochenschwund
Reiner Bartl, Christoph Bartl
Backmatter
Metadaten
Titel
Das Osteoporose Manual
verfasst von
Prof. Dr. med. Reiner Bartl
Priv. Doz. Christoph Bartl
Copyright-Jahr
2021
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-62528-6
Print ISBN
978-3-662-62527-9
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-62528-6

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