Einleitung und Hintergrund
Der Altersaufbau in Deutschland wird sich künftig weiter in Richtung alter und hochalter Bevölkerungsgruppen verschieben (vgl. Robert Koch Institut, RKI
2015; Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklungen im Gesundheitswesen, SVR
2014). Gemäß Prognosen des Statistischen Bundesamtes (vgl. Robert Koch Institut, RKI
2015) geht man davon aus, dass besonders die Zahl der Hochaltrigen künftig auf ca. 6,5 Mio. im Jahr 2060 weiter anwachsen wird, was einem Anstieg von 48 % entspräche. In direktem Zusammenhang mit dem hier erwähnten demografischen Wandel steht die Veränderung des Krankheitsspektrums hin zu eher nichtübertragbaren, häufig chronischen Erkrankungen einerseits (RKI
2015) und einem Anstieg von Pflegebedürftigkeit in der Bevölkerung andererseits (Schaeffer und Kuhlmey
2007; Nowossadeck
2013). Vor diesem Hintergrund gehen Prognosen davon aus, dass die Zahl der Pflegebedürftigen bei gleichbleibenden Pflegequoten bis zum Jahr 2030 auf bis zu 3,5 Mio. steigen könnte (RKI
2015). Erschwert werden diese Entwicklungen durch einen drohenden regionalen Versorgungsmangel v. a. im ländlichen Raum, u. a. aufgrund der sinkenden Zahl an Hausarztpraxen, der z. T. schlechten Erreichbarkeit von Einrichtungen der gesundheitlichen Versorgung, des Fachkräftemangels in den Pflege- und Gesundheitsberufen und der mangelnden Integration zwischen der ambulanten und stationären Versorgung (Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklungen im Gesundheitswesen, SVR
2012; Albrecht et al.
2014; RKI
2015; World Health Organisation, WHO
2016). Außerdem fehlt es an flächendeckenden, gut aufeinander abgestimmten Maßnahmen zur Krankheitsprävention, zur frühen Förderung der Gesundheitskompetenz und Unterstützung von pflegenden Angehörigen (u. a. Schaeffer und Kuhlmey
2007; Prümel-Philippsen und Grossmann
2021).
In Anbetracht dieser Entwicklung und der damit verbundenen Herausforderungen ist die Berufsgruppe der Pflegefachpersonen vielleicht mehr denn je gefordert, sich aktiv an der Entwicklung kosteneffizienter, qualitativ hochwertiger und innovativer Versorgungsangebote, die für alle Bürger*innen zugänglich sind, zu beteiligen (Zotti et al.
1996; Korzilius
2006; RKI
2015; DBfK
2018). Insbesondere akademisch ausgebildete, gemeindenah tätige Pflegende im Sinne des Community Health Nursing (CHN) können eine wichtige Rolle in einer solchen gemeindenahen und teilhabe- bzw. lebensweltorientierten Gesundheitsversorgung spielen und diese, in einem interdisziplinären System, effektiv ergänzen (Dahrouge et al.
2014; RKI
2015; DBfK
2018; WHO
2017; Schaeffer
2017; Burgi und Igl
2021).
Diese Entwicklungen führen dazu, dass im deutschsprachigen Raum seit einiger Zeit neben den Advanced Practice Nurses (APN) in der Rolle der Nurse Practitioner (NP) auch CHN diskutiert und als zukunftsträchtiges Modell in einer sektorübergreifenden, gemeindenahen Gesundheitsversorgung angesehen wird (Gesundheit Österreich
2021; DBfK
2018; Ullmann et al.
2015). So werden gemeindenahe Zentren zur personenzentrierten Primärversorgung als Modellprojekte initiiert, die konzeptuellen und curricularen Grundlagen für die Etablierung von CHN in Deutschland geschaffen (v. a. Agnes-Karll-Stiftung und Robert-Bosch-Stiftung) und in Kooperation mit etablierten Hochschulen (u. a. KSH München oder Universität Witten/Herdecke) Masterstudiengänge zur Ausbildung von Community Health Nurses entwickelt, in welchen Expert*innen für die gemeindenah ausgerichtete und lebensweltorientierte Pflege und Versorgung ausgebildet werden sollten.
Auch wenn in diesem Zusammenhang einige konzeptuelle Arbeiten in Bezug auf CHN erfolgten (DBfK
2018), fehlt es hier leider an konzeptueller Feinheit bzw. der Differenzierung der unterschiedlichen Subrollen (im Sinne von Dimensionen des CHN) innerhalb dieser Konzeptualisierung. Konkret bedeutet dies, dass die konzeptuellen Beschreibungen und auch die curricularen Inhalte zwar unter dem Label „Community Health Nursing“ laufen, jedoch unterschiedliche Inhalte und Rollen beschrieben bzw. gelehrt werden. Während die einen unter CHN eher die Public-Health-Aspekte subsumieren, vertreten die anderen vorwiegend die Inhalte einer gemeindenah und vorwiegend im primären Gesundheitssektor arbeitenden Pflegefachperson im Sinne der Nurse Practitioner (NP). Neben einer politischen Anerkennung und Verankerung ist eine theoretische Grundlage mit entsprechender Abgrenzung bereits (im internationalen Kontext) etablierter Rollen wesentlich für die langfristige und adäquate Etablierung von Community Health Nurses im deutschsprachigen Raum. Daher möchten wir den theoretisch-konzeptuellen Diskurs weiter vorantreiben und ebendiese Subrollen bzw. Dimensionen des CHN differenziert beschreiben und konzeptuell voneinander abgrenzen.
Methode
Vor dem Hintergrund der beschriebenen Zielsetzung wurde eine umfassende, jedoch nicht systematisch aufgebaute Recherche in den elektronischen Datenbanken PubMed/Medline und CINAHL sowie in Google bzw. Google-Scholar durchgeführt. Hierzu wurden folgende Suchworte verwendet: „Community Health Nursing“; „Community-oriented Nursing“; „Public Health Nursing“; „Community-based Nursing“; „Community Health Nurse“; „Public Health Nurse“; „Community-based Nurse“; „gemeindenahe Pflege“; „Gemeindepflege“; „Gemeindeschwester“. Ergänzt wurde die Suche mittels Handsuche in den virtuellen Bibliothekskatalogen der Universitäten Heidelberg und Mannheim bzw. des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit sowie durch das sog. Schneeballsystem, indem die Literaturverzeichnisse der identifizierten Quellen auf etwaige weitere Treffer analysiert wurden. Recherche und Analyse der Literatur erfolgten parallel im Zeitraum von Juli 2020 bis August 2021.
Für die vorliegende Literaturübersichtsarbeit wurden Texte gesucht, welche nachfolgenden Kriterien entsprechen: in deutscher oder englischer Sprache verfasste Originaltexte (keine Übersetzungen), welche sich konzeptionell mit CHN auseinandersetzen und nach 1990 publiziert wurden. Hierbei wurden Originalarbeiten aus thematisch relevanten Fachzeitschriften, Theoriearbeiten sowie Lehr‑/Fachbücher bzw. Lehr‑/Fachbuchkapitel berücksichtigt. Die Auswahl und Bewertung der Literatur folgte keinen spezifischen und systematischen Methoden.
Die Analyse der durch Bewertung der Titel und Abstracts als relevant identifizierten und im Anschluss sorgfältig als Volltext studierten Literatur erfolgte im Sinne einer konzeptuellen Literatursynthese in Anlehnung an die strukturierende und zusammenfassende Inhaltsanalyse nach Mayring (
2015). Die Literatursynthese dient dazu, neue Ideen in Bezug auf ein bestehendes Phänomen oder Konzept zu entwickeln und neue Erkenntnisse zu identifizieren, die zur theoretischen Entwicklung und terminologisch-konzeptuellen Abgrenzung beitragen können (Walker und Avant
2011; Chinn und Kramer
1996). Ziel der zusammenfassenden Inhaltsanalyse nach Mayring ist es, „das Material so zu reduzieren, dass die wesentlichen Inhalte erhalten bleiben, durch Abstraktion einen überschaubaren Korpus zu schaffen, der immer noch das Abbild des Grundmaterials ist“ (Mayring
2015, S. 65). Die Strukturierung der Daten erfolgte vor dem Hintergrund nachfolgender vorab definierter Strukturelemente: (a) Begrifflichkeit und definitorische Abgrenzung; (b) Ebenen und Fokus der gemeindenahen und kommunalen Pflegepraxis; (c) Arbeitsfelder und Rollenprofile der gemeindenahen und kommunalen Pflegepraxis.
Die Analyse der Daten erfolgte durch einen Pflegewissenschaftler und wurde innerhalb des Autor*innenteams diskutiert. Etwaige Differenzen zwischen den Autor*innen hinsichtlich der Ergebnisse der Analyse wurden so lange diskutiert, bis ein gemeinsamer Konsens erreicht wurde.
Diskussion
Die vorliegende Arbeit konnte zwei Arten der gemeindenahen bzw. kommunalen Pflege, das Public/Community Health Nursing (P/CHN) sowie das Community-based Nursing (CBN), konzeptuell aufbereitet und differenziert miteinander in Beziehung setzen. Die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale zeigen sich darin, dass P/CHN eine erweiterte und spezialisierte Fachrichtung der Pflege im Sinne der Advanced Nursing Practice (ANP) darstellt, welche entsprechend im Idealfall auf Masterniveau praktiziert wird. P/CHN bezieht sich auf eine gemeindenahe und bevölkerungsorientierte Pflegepraxis, welche die Gesundheitswissenschaften (Public Health) und die Pflegewissenschaft anwendet. P/CHN arbeiten – vom internationalen Kontext her gesehen – vorwiegend gesundheitsfördernd und präventiv bzw. auf strategischer, administrativer und/oder politischer Ebene und haben somit einen systemorientierten, populations- bzw. gemeindebezogenen Fokus. In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind diese Aufgaben noch nicht so in der Pflege angekommen, wie es in anderen – v. a. angloamerikanischen und skandinavischen – Ländern der Fall ist. Hierzulande trägt eine Vielzahl von Akteur*innen auf Bundes‑, Landes- und kommunaler Ebene zur Prävention und Gesundheitsförderung bei (RKI
2015; BAG
2020). Die Pflege ist in diesen Bereichen bisher, wenn überhaupt, nur am Rande beteiligt, und dann auch nur sehr selten auf akademischem Niveau. Die Pflege lebt hier eher einen „integrativen“ Ansatz im Sinne von „Public Health in Nursing“ statt „Public/Community Health Nursing“ im traditionellen, eben beschriebenen internationalen Sinne. Brieskorn-Zinke (
2008) meint damit, dass Pflegende in Deutschland eher einige wenige „Public-Health“-Aspekte innerhalb ihrer Pflegetätigkeiten betreiben, statt „Public Health Nursing“ im traditionellen international beschriebenen Sinne. Dabei sind die Potenziale pflegerischer Berufe in den Bereichen Prävention und Gesundheitsförderung auch für den deutschsprachigen Raum gut beschrieben (Hasseler
2006).
CBN hingegen beschreibt eine Philosophie der Pflege im gemeindenahen Raum, wobei hier jegliche Qualifikationsebenen von „basic“ bis „advanced nursing“ vertreten sein können. Der Schwerpunkt der CBN-Praxis liegt dabei vorwiegend in den Bereichen Krankenversorgung bzw. Krankenpflege sowie Kranken- und/oder Versorgungsmanagement, was wiederum eher auf der individuellen bzw. Familienebene stattfindet. In Deutschland und der Schweiz findet diese Art der gemeindenahen bzw. kommunalen Pflege v. a. auf berufsfachschulischem, also pflegerischem „Basic“-Niveau im Bereich der ambulanten Pflege oder der Pflege in gemeindenahen Einrichtungen wie psychosozialen Rehabilitationseinrichtungen oder psychiatrischen Wohnheimen statt. Erst vereinzelt sind Pflegende mit akademischer Ausbildung (auf sowohl Bachelor- als auch Master-Niveau) als APN bzw. Nurse Practitioner in ambulanten Pflegediensten, in Hausarztpraxen oder freiberuflich tätig (Ambrosch et al.
2020). Wie in den bereits erwähnten konzeptuellen Ausarbeitungen beschrieben (z. B. DBfK
2018; Robert Bosch Stiftung
2020), wird CBN – hier häufig synonym als CHN beschrieben – zukünftig v. a. auf Master-Niveau angestrebt, und entsprechende Community Health Nurses werden im Sinne von Nurse Practitioner (NP) auf erweitertem akademischem Niveau ausgebildet.
In diesem Zusammenhang sind in Deutschland entsprechende Modell- und Forschungsprojekte gestartet, die solche Pflegende auf Master-Niveau einsetzen und deren Einsatz entsprechend evaluieren, wie es beispielsweise im Rahmen der patientenorientierten Zentren zur Primär- und zur Langzeitversorgung (kurz PORT, Robert Bosch Stiftung
2020) oder aber im Rahmen des an der Katholischen Hochschule in Mainz angesiedelten FAMOUS-Projektes („Fallbezogene Versorgung multimorbider Patient/innen in der Hausarztpraxis durch Advanced Practice Nurses“; Ströhm und Stemmer
2020) der Fall ist. Diese Modellprojekte sind sehr wichtig, um erste Erfahrungswerte hinsichtlich des Einsatzes von CHN zu sammeln und CHN im übergeordneten Sinne – v. a. als erweiterte bzw. spezialisierte Pflegepraxis – mittel- bis langfristig in der Regelversorgung zu etablieren. Hierbei ist es allerdings unabdingbar, es nicht bei Modellprojekten mit befristeter Laufzeit zu belassen, sondern die innerhalb der Modellprojekte gewonnenen Erkenntnisse hinsichtlich der Weiterentwicklung der Pflege und Versorgung und für entsprechende Änderungen von Gesetzen auf Bundes‑, Landes- und kommunaler Ebene zu nutzen. Dies kann jedoch nur dann adäquat angedacht und umgesetzt werden, wenn die derzeit vorherrschenden „Governance-Strukturen und -Prozesse“ aufgebrochen werden und die Pflege und deren Interessenvertretung (z. B. Pflegekammern, Berufsverbände) sowohl auf Bundes‑, Landes- als auch auf kommunaler Ebene Einfluss auf berufs- und gesundheitspolitische Entscheidungen erhalten (Knieps
2021).
Führt man sich weiter die international konsentierten Kernmerkmale einer APN vor Augen (u. a. ICN
2020; Schober und Affara
2008), so ist es fragwürdig, ob man derzeit überhaupt – adäquat ausgebildete – Pflegefachpersonen rekrutieren kann, die eben diese Merkmale erfüllen und die Kompetenzen zur Ausübung einer erweiterten Pflegepraxis im APN-Sinne vorweisen können. Denn neben beispielsweise der Berufszulassung als Pflegefachperson, einer akademischen Qualifizierung bzw. der Fokussierung auf bestimmte Patient*innengruppen und/oder Familiensysteme wird eine entsprechende – nicht näher definierte – Berufserfahrung in dem angestrebten pflegebezogenen Fachgebiet vorausgesetzt. Da sie erst seit einigen Jahren auf hochschulischer Ebene ausgebildet werden, bringen die momentan zur Verfügung stehenden Pflegefachpersonen diese nötigen Kompetenzen und die entsprechende Erfahrung kaum mit. Hierauf aufbauend müssten nun Strukturen etabliert werden, in welchen die frisch ausgebildeten gemeindenah bzw. kommunal arbeitenden Pflegefachpersonen, z. B. im Sinne des CBN, die Möglichkeit haben, ihre Erfahrungen und eine entsprechende Berufserfahrung und Expertise im Benner-Sinne zu sammeln (Benner
2012) aufzubauen.
Diskussionswürdig erscheint in diesem Zusammenhang v. a. auch die Frage nach der Integration der beschriebenen kommunalen bzw. gemeindenahen Pflegerollen in die Gesundheitssysteme der deutschsprachigen Länder, so wie es bereits seit einigen Jahren im Zusammenhang mit dem Einsatz von APN bzw. NP in die Pflegepraxis der Fall ist (z. B. Robert Bosch Stiftung
2018; Scheydt et al.
2020,
2021). Um dies langfristig erreichen zu können, ist ein Konsens über die konzeptuellen Inhalte und charakteristischen Merkmale der unterschiedlichen CHN-Rollen unabdingbar. Denn derzeit herrscht im deutschsprachigen Raum, wie auch in Bezug auf den APN-Diskurs, kein konzeptueller Konsens über die konkrete Berufsbezeichnung, deren konkrete Inhalte oder die Aufgaben und Tätigkeiten, die von den entsprechenden Rolleninhaber*innen übernommen werden könnten. In diesem Zusammenhang sind formale Entscheidungen, v. a. auf berufs- und gesundheitspolitischer Ebene, notwendig.
Weiter werden die – zumindest aus dem internationalen Kontext her theoretisch beschriebenen – Aufgaben und Tätigkeiten bzw. Praxisbereiche der P/CHN bzw. CBN im deutschsprachigen Raum ursprünglich auch von anderen Berufsgruppen, v. a. von Mediziner*innen, Sozialarbeiter*innen oder Gesundheitsökonom*innen, bedient. Das heißt, sie agieren in einem stark interdisziplinären Feld mit ausgewiesenen Schnittmengen zu anderen Berufsgruppen. Dies ist im Sinne einer zukünftig angestrebten integrierten Versorgung zwar wünschenswert, allerdings birgt dies auch die Gefahr von professionellen Grabenkämpfen. Um diesen zu begegnen und den Fokus, eine adäquate und bedarfsgerechte Versorgung zu gestalten, nicht aus den Augen zu verlieren, müssen sowohl P/CHN als auch akademisch qualifizierte CBN selbstbewusst emanzipatorisch vorgehen und eine sensitive, empathische, v. a. aber professionell begründete Vorgehensweise zur ganzheitlich-systemischen Steuerung und Gestaltung des (v. a. auch kommunalen) Gesundheitswesens wählen. Ein wichtiges Kernmerkmal der Pflege i. Allg. ist es, dass sie auf den unterschiedlichsten Ebenen bestimmte Zusammenhänge erkennt, steuert und verändert. Hierbei erscheint es unabdingbar, dass die CHN im übergeordneten Sinne eine systemisch orientierte bzw. ganzheitliche Perspektive vor dem Hintergrund des transdisziplinären Paradigmas einnimmt. Damit kann sie die biopsychosoziale Komponente der Versorgung wahren und als Interessenvertretung der unterschiedlichen Anspruchsgruppen (z. B. die Gemeinde, die in der Gemeinde lebenden Individuen und Familien, aber auch die involvierten Gesundheitsfachpersonen) koordinierend und beratend wirken und entsprechende Versorgungsprozesse und Versorgungsströme steuern. Die vorliegende Publikation wird sicherlich ebenfalls einen Teil hierzu beitragen.
Limitationen
Einschränkend muss erwähnt werden, dass es sich im Rahmen der vorliegenden Arbeit um eine unsystematische Literaturrecherche handelt; dennoch ist von einer konzeptuellen Sättigung zumindest im Bereich der Definition und Begriffsabgrenzung auszugehen. Für den deutschsprachigen Raum liegt so gut wie keine Evidenz vor, was sich jedoch innerhalb der nächsten Jahre ändern könnte, betrachtet man die derzeitige Projektlage im Kontext von Community Health Nursing (z. B. im Rahmen von PORT oder den Projekten zur „Gemeindeschwester 2.0“). Daher müssen die vorliegenden Ergebnisse kontinuierlich überprüft und gemäß der generierten Evidenz angepasst werden. Ein weiterer wichtiger Faktor, welcher aufgrund der verwendeten Literatur nicht berücksichtigt werden konnte, ist die Bedarfslage der Bevölkerung im deutschsprachigen Raum. Es ist unabdingbar, diese zu ermitteln und mit den bereits vorgehaltenen (gemeindenahen) Versorgungsangeboten – auch anderer Berufsgruppen – abzugleichen.
Schlussfolgerungen
Die vorliegende Arbeit verdeutlicht die Wichtigkeit, die etwaigen Vorbehaltsaufgaben im ANP-Sinne auf kommunaler und gemeindenaher Ebene gut zu durchdenken, entsprechend zu definieren und zu konsentieren bzw. adäquat zu kommunizieren, um zu verhindern, dass statt pflegefachlich begründeter Aufgaben im „Advanced“-Bereich delegierte Aufgaben zur Entlastung der anderen Berufsgruppen übernommen werden. Somit sind Rollenklärungen auch vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Rechtsgrundlagen (in Deutschland z. B. Heilberuferecht, Leistungs- und Leistungserbringungsrecht oder Haftungsrecht; Burgi und Igl
2021) notwendig. Dies ist aber generell als nicht einfach umsetzbar zu deklarieren, bedenkt man, dass CHN innerhalb der Konzertierten Aktion Pflege – wenn überhaupt – nur am Rande der Berichterstattung erwähnt wird (Bundesministerium für Gesundheit
2021). CHN muss mit allen Facetten v. a. auch auf bundes- als auch landespolitischer Ebene als wichtige Weiterentwicklung eines sich in Schräglage befindenden Versorgungssystems betrachtet und entsprechend in den Agenden der Regierungen verankert werden.
Um diese wichtigen Aspekte umzusetzen, sind v. a. die Interessenvertreter*innen der Pflege, sprich die (in Deutschland leider noch sehr lückenhaft etablierten) Pflegekammern und auch die pflegerischen Berufsverbände und Fachgesellschaften, aufgefordert, die Interessen der gemeindenah tätigen Pflegenden gemäß den konzeptuellen und rechtlich-ökonomischen Empfehlungen auf Landes- und Bundesebene durchzusetzen und entsprechende Strukturen und Rahmenbedingungen zu schaffen. Zu klären wäre hierbei v. a. auch, inwieweit es konkrete Bereiche der Versorgung gibt, in welchen P/CHN bzw. CBN besonders gut geeignet wären, v. a. auch vor dem Hintergrund des Konzeptes der erweiterten und spezialisierten Pflegepraxis. Neben den bereits theoretisch und konzeptuell durchgeführten Schritten wäre ein wichtiger nächster Schritt, diese theoretischen und konzeptuellen Überlegungen zu P/CHN und CBN an die Bedarfs- und Rechtslage anzupassen und systematisch zu implementieren, zu evaluieren, im Sinne der Prozessevaluation zu optimieren, die Ergebnisse entsprechend zu publizieren und somit empirisch belegte, bedarfs- und bedürfnisorientierte sowie pflegetheoretisch begründbare Handlungsempfehlungen abzuleiten.
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