Skip to main content

2021 | Physiotherapie | Buch

Entspannungstechniken in der Physiotherapie

Strategien für psychische, psychosomatische und physische Beschwerden

verfasst von: Christoph Burch

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Dieses Praxisbuch liefert Physiotherapeuten eine Vielzahl an evidenzbasierten Entspannungstechniken. Sie wollten schon immer wissen, wie Embodiment wirkt? Welche Entspannungstherapien können die Behandlung eines Tinnitus aurium unterstützen? Und welchen Stellenwert hat Schlaf in unserem täglichen Leben? Hier finden Sie die Antworten!
Aus dem Inhalt:• Grundlagenwissen zu Stressreaktionen und Entspannungstherapie• Konkrete Entspannungsmethoden wie z. B. Progressive Relaxation, Biofeedback und Achtsamkeit• Anwendung bei spezifischen psychischen, psychosomatischen und physischen Beschwerdebildern
Plus: Videos veranschaulichen die praktische Umsetzung optimal!
Erweitern Sie Ihr Wissen und verhelfen Sie sich und Ihren Patienten zu einem besseren Behandlungsergebnis!

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Stress und Entspannung – die zwei Seiten der Medaille

Frontmatter
1. Die Stressreaktion und ihre Auswirkungen
Zusammenfassung
Stress zeigt sich in Alltagssituationen, die körperlich oder psychisch fordernd, belastend oder ängstigend sind. Ist eine Person resilient, besitzt sie die Fähigkeit, mit solchen Stressoren positiv-regulierend umgehen zu können. Im Gegensatz zur Resilienz beschreibt die Vulnerabilität eine „Verletzlichkeit“ gegenüber der Einwirkung von Stress. Das Hirn ist von zentraler Bedeutung bei der Beurteilung und Bearbeitung von potenziellen Stressoren. Durch den Prozess der Allostase wird in Anforderungssituationen mittels physiologischer Anpassungen die Stabilität der Körpersysteme gewährleistet. Die körperliche Stressreaktion läuft über zwei Achsen ab: Der schnelle Aktivierungsvorgang über den Sympathikus sowie der langsame hormonale Weg über die HPA-Achse. Langfristiger Stress kann krank machen. Die Regulationssysteme werden dabei in ihrer Struktur und Funktion verändert. Die Folgen sind eine allostatische Überlastung und letztendlich psychische und körperliche Beschwerden. Die intrauterine und frühkindliche Phase ist der Entwicklungszeitraum mit der höchsten Vulnerabilität gegenüber Stress. Chronischer Stress über die verschiedenen Lebensphasen fördert zusätzlich die Etablierung gesundheitsschädlicher Verhaltensweisen.
Christoph Burch
2. Entspannungstherapie – Definition und Wirkungsmechanismen
Zusammenfassung
Seit Jahrhunderten werden religiöse Methoden gelehrt, die der inneren Sammlung und Meditation dienen. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts haben sich verschiedenste Entspannungstechniken, fernöstlicher und westlicher Prägung, etabliert. Dabei bildeten sich zwei große Strömungen aus. Zum einen die klassischen Entspannungstechniken. Sie basieren zu einem großen Teil auf der Arbeit von Edmund Jacobson. Zum anderen die fernöstlich geprägten achtsamkeitsbasierten Techniken, die heute mehrheitlich in säkularer Form praktiziert werden. Auf dieser Grundlage entstanden strukturierte Entspannungsverfahren, welche systematisch erlernt werden und einen generalisierten Entspannungszustand bewirken. Systemische unterscheiden sich von den lokalen Entspannungstechniken durch ihren nicht-strukturbezogenen Ansatz: Die Entspannung wird nicht eigentlich gemacht, sondern sie stellt sich ein, wenn Technik, Kognition und Umfeld dies ermöglichen. Vermittelt wird der Zustand der Entspannung durch das autonome Nervensystem mit seinen peripheren Akteuren, dem Sympathikus und dem Parasympathikus. Achtsamkeitsbasierte und klassische Entspannungsverfahren entwickeln ihre Wirkung auf biologischer, psychologischer und einer verhaltensbezogenen Ebene. In der Entspannungstherapie ist das unmittelbare Zusammenwirken von Körper und Geist offensichtlich: Stress, Angst oder Depression wirken sich „top-down“ auf den Körper aus, und körperliche Zustände wie Schmerz oder Muskelspannung beeinflussen ihrerseits „bottom-up“ die Emotion und Kognition. Achtsamkeitsbasierte und klassische Methoden vermögen diese Wechselbeziehung darzustellen und zu beeinflussen.
Christoph Burch

Entspannungsmethoden

Frontmatter
3. Progressive Relaxation – Technik und Weiterentwicklung
Zusammenfassung
Entspannungstherapie und der Name Edmund Jacobson sind zwei Begriffe, die fast untrennbar zusammengehören. Jacobson entwickelte die Entspannungsmethode Progressive Relaxation in den 30er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Seither wurde die Technik mehrmals überarbeitet. Die Progressive Relaxation gehört zu den weltweit bekanntesten Entspannungsverfahren. Die bestechende Einfachheit dieser Technik ist ohne Zweifel der Grund hierfür. Neuere Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung der zentralen, kortikalen Vermittlung der Muskelentspannung. Die aktuell durchgeführte Einzel- und Gruppentherapie mit Progressiver Relaxation basiert auf einem strikten Übungsablauf. Die Standardvariante der Progressiven Relaxation ist jedoch nicht für alle Patienten und Krankheitsbilder gleichermaßen geeignet. Im Einzeltherapie-Setting macht es Sinn, das Entspannungsprogramm patientenspezifisch anzupassen. Individualisierung lässt sich durch die Auswahl der Muskelgruppen und der Körperabschnitte erreichen. Zusätzlich führt die Integration taktiler Techniken zu einer verbesserten Körperwahrnehmung und erleichtert die Aktivierung der Muskulatur. Die Wirkung der Progressiven Relaxation entfaltet sich immer auf einer physischen und psychologischen Ebene. Dadurch kann sie einen Beitrag sowohl zur körperlichen wie auch mentalen Gesundheit leisten.
Christoph Burch
4. Biofeedback – wahrnehmen und beeinflussen
Zusammenfassung
Biofeedback beschreibt den Prozess, bei welchem durch Wahrnehmungsverstärkung bisher unbewusste Körperfunktionen gezielt beeinflussbar gemacht werden. Ziel ist die verbesserte Selbstkontrolle über physiologische und autonome Funktionen. Die Effekte von Biofeedback werden vor allem durch operante Konditionierung vermittelt. Biofeedback führt zu einer Stärkung der Körperwahrnehmung und zu verbesserter Entspannungsfähigkeit. Die Erhöhung der Selbstwirksamkeit lässt den Patienten eigene Möglichkeiten zur Beeinflussung des Beschwerdebildes besser erkennen. Bei der manuellen Myofeedback-Technik, einer Adaptation des EMG-Biofeedbacks, wird die einfachste Form der biologischen Rückmeldung, nämlich die Hand, als Sensor benutzt. CT oder C-taktile Fasern sind unmyelinisierte, langsam leitende Nervenfasern der Haut. Durch langsame, mit wenig Druck applizierte Hautbewegung können diese Fasern optimal aktiviert werden. Die Stimulation C-taktiler Fasern führt zu einer Aktivitätssteigerung im parasympathischen System und weiterführend zu einer verbesserten systemischen Entspannung. Manuelle Myofeedback-Techniken sind „Wegbereiter“ für Hands-off-Verfahren und für den kontinuierlichen Übergang zu einem effektiven Selbstmanagement.
Christoph Burch
5. Imagination – die Kraft der Vorstellung
Zusammenfassung
Gedanken und Überzeugungen sind stete Begleiter und formen unser Verhalten, unsere Emotionen und unseren Körper. Anhaltendes negatives Denken führt zu einer Beeinträchtigung des mentalen und körperlichen Wohlbefindens. Die positive Psychologie setzt der traditionellen, defizitorientierten Seelenkunde ein Modell gegenüber, welches auf den positiven Aspekten des Menschseins und der individuellen Stärke beruht. Das Umformulieren negativer Gedanken und das Ausrichten der Aufmerksamkeit auf positive Aktivitäten können der Gesundheit zuträglich sein. Übertrieben und zwanghaft praktiziert kann positives Denken jedoch seine Wirkung verlieren und schaden.
Geschichten erzählen oder sich eine gute Geschichte erzählen lassen gehört zu den essenziellen Erfahrungen, die uns vom Kindes- bis ins Erwachsenenalter prägen. Bei der Technik der Imaginativen Entspannung werden vorgegebene oder eigene Geschichten oder Szenen genutzt, um einen systemischen Entspannungszustand zu erzeugen. Motorische Vorstellung ist eine Technik, die im Sport seit Längerem zur Anwendung kommt. In der Entspannungstherapie wird sie genutzt, um mittels gezielter Visualisierung eine verbesserte Lockerung der Muskulatur zu erreichen. Wird die Technik der motorischen Vorstellung im Sinne der Progressiven Relaxation auf ganze Körperabschnitte übertragen, tritt neben der lokalen auch eine systemische Entspannung ein.
Christoph Burch
6. Atmung – das Tor zum Vegetativum
Zusammenfassung
Die Atmung unterscheidet sich von anderen autonomen Funktionen wie dem Herzschlag durch die Möglichkeit der willentlichen Kontrolle. Dem Atem kommt dadurch ein bedeutender Stellenwert bei der therapeutischen Beeinflussung des autonomen Nervensystems zu. Riechen ist das verbindende Element zwischen der Atmung und den Emotionen. Die phylogenetisch geformte Beziehung zwischen Atmung, Kognition und Emotionalität lässt sich in der Atemtherapie gezielt nutzen. Psychologischer Stress, Angst oder Depression wirken sich direkt und nachhaltig auf die Atmung aus. Andererseits lassen sich durch eine Veränderung der Atemtechnik Stress und Emotionen positiv beeinflussen. Psychische Belastungen führen zur Ausbildung charakteristischer Atemstereotypen. Zu Beginn sind diese funktioneller Natur – persistiert jedoch der Stereotyp, können sich strukturelle Adaptionen und Beschwerden bilden. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass die Entspannungswirkung von Atemübungen vornehmlich durch das Hirn vermittelt wird. Die bedeutendsten Techniken hierfür sind die Verlangsamung der Atmung, die Veränderung der Atemrichtung und die Anpassung der Inspirations- respektiv Exspirationsdauer. Heute praktizierte evidenzbasierte Atemtechniken sind zu einem großen Teil aus fernöstlichen, achtsamkeitsbasierten Methoden hervorgegangen.
Christoph Burch
7. Embodiment – Interaktion von mentalen und physischen Prozessen
Zusammenfassung
Emotionen sind durch Wahrnehmungen, Gedanken oder Erinnerungen ausgelöste Gemütsbewegungen. Die emotionale „Bewegung“ zeigt sich sowohl durch mentale Zustandsänderungen als auch durch körperliche Reaktionen. Die mentalen und körperlichen Äußerungen der Emotion bedingen sich gegenseitig. Der Ausdruck von Emotionen durch Körperhaltung oder Mimik ist für die soziale Interaktion von großer Bedeutung: Über die Hälfte der zwischenmenschlichen Informationen wird auf nonverbalem Weg durch Körpersprache übertragen. Unsere Überzeugungen, unser Denken und unsere Emotionen prägen in einem Top-down-Mechanismus körperliche Prozesse. Demgegenüber lassen sich über körperliche Zustände in einem Bottom-up-Mechanismus mentale Vorgänge wie das Denken oder die Gemütslage beeinflussen. Die Embodiment-Forschung befasst sich mit der Wechselbeziehung dieser Ebenen. Bezüglich des Bewegungssystems sind vor allem Muskelaktivitäten, Gesichtsausdruck, Körperhaltung, Gangtyp, Augenbewegungen und Atemstereotypen in diese Interaktion eingebunden. Embodimentübungen stützen sich in ihrer Konzeption auf die Erkenntnisse der Embodiment-Forschung. Sie basieren auf der Theorie, dass sich sowohl die Kognition als auch Emotionen mit spezifischen körperlichen Übungen modulieren lassen.
Christoph Burch
8. Achtsamkeit – Gewahrsein im gegenwärtigen Moment
Zusammenfassung
Das Gewahrsein im gegenwärtigen Moment und die Praxis von Akzeptanz sind die essenziellen Eigenschaften einer achtsamen Grundhaltung. In einem größeren Kontext lassen sich fünf weitere Merkmale von Achtsamkeit definieren. Dies sind Nicht-Urteilen, Mitgefühl, Offenheit für Erfahrungen, Nicht-Anhaften und die Orientierung nach persönlichen Werten. Unterschiedlich variiert bilden diese Merkmale die philosophische Grundlage der Mehrzahl der Achtsamkeitskonzepte. Die Wirkung von Achtsamkeit lässt sich anhand charakteristischer psychologischer und neurobiologischer Effekte erklären. Achtsamkeitsinterventionen tragen mit diesen Wirkungsmechanismen sowohl zur psychischen wie auch körperlichen Gesundheit bei. Achtsam-Sein ist keine eigentliche Übung, sondern eine Grundhaltung. Egal, was wir gerade tun – wir können es im Bewusstsein von Achtsamkeit durchführen. Achtsam im Sinne eines bewussten Einfindens im gegenwärtigen Moment und einer akzeptierenden und nicht-wertenden Grundhaltung. Ein solcher Transfer in den Alltag gilt als informelle Praxis. Demgegenüber sind spezifische Achtsamkeitsinterventionen wie die Meditation sowie körperorientierte Techniken wie Yoga oder Tai-Chi formelle Praktiken.
Christoph Burch
9. Körperliches Training als Entspannungstechnik
Zusammenfassung
Körperliche Aktivität, aerobes Ausdauer- oder lokales Krafttraining sind per Definition keine eigentlichen Entspannungstechniken. Sie zeigen aber in vielen Bereichen ähnliche Effekte wie die bekannten klassischen Entspannungsverfahren. Eine überwältigende Evidenz deutet darauf hin, dass körperliches Training weit größere und umfassendere Auswirkungen hat als bisher gedacht. Neben dem Bewegungsapparat werden viele andere Organsysteme und dabei insbesondere das Gehirn positiv verändert. Verantwortlich hierfür sind neuroendokrine und molekulare Prozesse, die sich auf die Funktion und Struktur des Hirns auswirken. In ihrer Kombination bewirken sie die charakteristischen Effekte auf die Kognition, die Stimmungslage und das Verhalten. Erhöhte körperliche Aktivität und aerobes Training lindern Angstsymptome und dämpfen chronischen Stress. Der Einsatz von regelmäßiger körperlicher Aktivität und Sport bei Depressionen hat in aktuellen Behandlungsrichtlinien einen hohen Stellenwert und ist robust mit Evidenz untermauert. Zu den charakteristischen psychosozialen Effekten körperlicher Aktivität zählen die Beeinflussung des Selbstbildes, eine Steigerung der Selbstwirksamkeitserwartung sowie vermehrte soziale Kontakte.
Christoph Burch
10. Schlaf – Fundament der Entspannung
Zusammenfassung
Genügend lang und erholsam schlafen zu können gilt als elementarer Bestandteil des persönlichen Wohlbefindens und der Lebensqualität. Das Unvermögen, den Schlaf willkürlich auslösen oder kontrollieren zu können, unterscheidet diesen grundsätzlich von anderen Alltagsaktivitäten. Der physiologische Schlaf-Wach-Rhythmus bildet sich aus einem Zusammenspiel der „äußeren Uhr“ und der körpereigenen „inneren Uhr“. Bereits leichte Verschiebungen in diesen Systemen können Schlafstörungen verursachen. Der Schlaf verläuft in Zyklen, die sich während einer Nacht mehrmals wiederholen. Es lassen sich zwei typische Schlafphasen erkennen, der REM-Schlaf und der Non-REM-Schlaf. Die Frage, wie viel Schlaf der Mensch braucht, um gesund zu bleiben, wird kontrovers diskutiert. Die benötigte Schlafdauer hängt maßgeblich vom Lebensalter ab. Bei Erwachsenen sind große individuelle Unterschiede hinsichtlich der benötigten Schlafzeit erkennbar. Der Begriff Schlafreaktivität beschreibt das Ausmaß der Vulnerabilität des Schlafprozesses gegenüber einwirkenden Faktoren. Die Anfälligkeit für Schlafstörungen ist individuell unterschiedlich ausgeprägt. Schlaf beeinflusst nachhaltig die Homöostase von Körperfunktionen, und eine beeinträchtigte biologische Funktion kann sich wiederum nachteilig auf die Entwicklung des Schlafs auswirken –eine Interaktion, die sich besonders bei Stress, chronischen Schmerzen und psychischen Krankheiten wie der Depression oder Angststörungen zeigt.
Christoph Burch

Einsatz von Entspannungstechniken bei spezifischen Beschwerdebildern

Frontmatter
11. Entspannung als Therapie – einige Grundsätze
Zusammenfassung
Die Qualität der therapeutischen Beziehung beeinflusst das Resultat der Therapie maßgeblich. Die Adhärenz zum gewählten Therapieverfahren lässt sich mit partizipativer Entscheidungsfindung stärken. Entspannung erfordert vom Patienten das Zulassen von Schwäche und dosiertem Kontrollverlust. Vertrauen in die Therapiemethode, den Therapeuten und die Umgebung sind Voraussetzungen hierfür. Aktives Zuhören basiert auf dem Grundsatz einer empathischen Grundhaltung, einem authentischen Auftreten und der positiven Akzeptanz des Patienten. Der Glaube, etwas bewirken und auch in schwierigen Situationen selbstständig handeln zu können, geht mit einer hohen Selbstwirksamkeitserwartung einher. Das Ausmaß der Selbstwirksamkeit entscheidet schlussendlich darüber, ob und wie oft eine Entspannungstechnik durchgeführt wird. Entspannungsmethoden sind ein zentraler Bestandteil von Selbstmanagementprogrammen. Der Begriff Selbstmanagement steht für die nötigen Kompetenzen, um den Auswirkungen einer chronischen Erkrankung aktiv begegnen zu können. Die kognitive Verhaltenstherapie geht davon aus, dass die Art und Weise, wie wir denken und Dinge bewerten, entscheidend dafür ist, wie wir uns fühlen, verhalten und körperlich reagieren. Die Beeinflussung von Denkgewohnheiten und Überzeugungen bildet die Grundlage für nachhaltige Verhaltensänderungen. Entsprechende Instrumente der kognitiven Verhaltenstherapie fördern die Effektivität der Entspannungstherapie.
Christoph Burch
12. Bedeutung der Entspannung bei körperlichen Krankheiten
Zusammenfassung
Das biopsychosoziale Modell von Krankheit und Gesundheit geht davon aus, dass Faktoren auf allen drei Ebenen – biologisch, psychologisch und sozial – die Entstehung und den Verlauf von Krankheiten bestimmen. Chronische nicht-übertragbare Krankheiten entstehen durch eine Kombination genetischer, physiologischer, umwelt- und verhaltensbezogener Faktoren. Psychosoziale Einflüsse wirken sich wesentlich auf die Genese und den Verlauf körperlicher Erkrankungen aus. Neben Angst und Depression ist chronischer Stress hierbei der gewichtigste Faktor. Insbesondere muskuloskelettale Beschwerden werden durch typische psychologische Prozesse beeinflusst. Das Angstvermeidungsverhalten, posttraumatischer Stress und Überaktivität sind die bedeutendsten. In Anbetracht dessen ist es überaus sinnvoll, emotionale Aspekte wie psychischen Stress, Ängste oder Gemütsschwankungen in der körperorientierten Rehabilitation zu berücksichtigen. Hilfreich dabei sind eine patientenzentrierte Kommunikation, die Berücksichtigung verhaltenstherapeutischer Ansätze und die Integration angepasster Entspannungstechniken.
Christoph Burch
13. Psychosomatische Krankheiten und Entspannungstherapie
Zusammenfassung
Grundlage des biopsychosozialen Modells ist die allgemeine Systemtheorie. Sie versteht den menschlichen Organismus als Einheit verschiedenster Teilsysteme. Hierbei ist der Prozess der Selbstregulation von entscheidender Bedeutung. Er ermöglicht es dem Organismus, krankmachenden Einflüssen zu widerstehen und positive Ressourcen zu nutzen. Die Unterstützung und Förderung dieses Prozesses ist das Ziel von systemorientierten Verfahren wie der Entspannungstherapie. Der Fachbereich der Psychosomatik stellt den Zusammenhang zwischen körperlichen Krankheitsbildern und der Psyche dar. Die Psyche hat einen erheblichen Einfluss auf den Verlauf somatischer Beschwerdebilder. Bei etlichen somatischen Krankheiten liegt der primäre Auslöser in psychosozialen Prozessen. Ein übertrieben strukturbezogener Behandlungsansatz kann dabei die Somatisierung und Chronifizierung psychosomatischer Krankheiten fördern. Demgegenüber ermöglicht die Integration systemorientierter Therapieansätze eine angemessene Beeinflussung der psychosozialen Auswirkungen. Chronische Kopf- und Rückenschmerzen sowie chronischer Tinnitus werden oftmals durch psychosomatische Prozesse beeinflusst. Neben diesen sind etliche weitere psychosomatische und somatoforme Beschwerdebilder in der Physiotherapiepraxis anzutreffen. Sie zeigen meist eine ausgeprägte biopsychosoziale Kopplung – Faktoren wie Stress, Angst oder Depression tragen zur Entstehung und Chronifizierung bei. Entspannungstechniken sind bei diesen Krankheitsbildern ein wesentlicher Bestandteil eines ressourcen- und systemorientierten Therapieansatzes.
Christoph Burch
14. Psychische Krankheitsbilder und Entspannungstherapie
Zusammenfassung
Die Grenzen zwischen „normalem“ Verhalten und psychischen Störungen sind fließend. Für die Definition psychischer Krankheit sind sowohl medizinische als auch gesellschaftliche Normen ausschlaggebend. Physiotherapeutische Methoden sind auch für psychisch Kranke von Bedeutung. Systemische Behandlungsansätze wie körperliches Training, Entspannungstechniken, Körperwahrnehmung und Verhaltensaktivierung vermögen direkt die mentalen Symptome der Krankheit zu beeinflussen. Die Depression geht mit einer charakteristischen Antriebs- und Motivationsschwäche einher. Dies führt zu einem schrittweisen Verlust an Aktivitäten, welche die Stimmung positiv verstärken. Demgegenüber ist Angst eine überlebenssichernde Emotion, die uns vor möglichen Gefahren schützt. Nimmt die Angst jedoch infolge einer Sensibilität überhand, kann sie die Gedanken dominieren, sich verselbstständigen und im Endeffekt auch zur Krankheit werden. Außergewöhnlich starke und einschneidende Lebensereignisse führen zu psychischem Stress. Anpassungs- und Belastungsstörungen sind die Folge. Sie müssen nicht zwangsläufig „krankhaft“ sein. Bestimmen die Gedanken an das Ereignis aber den Alltag und kommen maladaptive Verhaltensänderungen hinzu, entwickelt sich anhaltender Leidensdruck. Bei Depression, Angst und posttraumatischem Stress und etlichen weiteren psychischen Störungen sind Entspannungstechniken ein bedeutender Bestandteil des Managements. Da die meisten psychischen Störungen auch zu körperlichen Beschwerden führen, sind auch in der allgemeinen Praxis tätige Physiotherapeuten oftmals mit diesen Krankheitsbildern konfrontiert.
Christoph Burch
Backmatter
Metadaten
Titel
Entspannungstechniken in der Physiotherapie
verfasst von
Christoph Burch
Copyright-Jahr
2021
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-63513-1
Print ISBN
978-3-662-63512-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-63513-1