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22.12.2023 | Hebammen | Online-Artikel

2023: Ein ereignisreiches Jahr für Hebammen

Neue Entwicklungen, wissenschaftliche Fortschritte, aber auch viele Herausforderungen – in unserem Jahresrückblick lassen wir die Ereignisse, die die Geburtshilfe und die Hebammenarbeit in 2023 geprägt haben, noch einmal Revue passieren.

Blickt man auf das vergangene Jahr zurück, kann man sich die privaten Höhen und Tiefen, das Weltgeschehen oder auch die wichtigsten Momente der eigenen Berufsgruppe nochmal in Erinnerung rufen. Gerade für Hebammen war 2023 ereignisreich – egal ob es um Diskussionen zur Krankenhausreform, die sinkende Geburtenrate oder die Würdigung durch die UNESCO ging. Wir haben uns die wichtigsten Stationen noch einmal in Erinnerung gerufen:

Januar bis März: Viele Forderungen, hohe Kaiserschnittrate und neue Leitlinien

Das Jahr 2023 beginnt mit verschiedenen Forderungen: Der Deutsche Hebammenverband (DHV) wünscht sich eine Sonderstellung der Geburtshilfe im Rahmen der anstehenden Krankenhausreform und formuliert deshalb ein Positionspapier zur flächendeckenden Versorgung mit Hebammenhilfe. Auf dem Weltwirtschaftsforum vom 16. bis 18. Januar wird über mehr Investitionen in die Frauengesundheit diskutiert, um geschlechtsspezifische Unterschiede endgültig auszugleichen. Und am 6. und 7. März streiken neben den Berliner Pflegekräften auch die Hebammen; gefordert werden 10,5% mehr Lohn. 
Eine laut DHV „besorgniserregende Fehlentwicklung“ ist die ansteigende Kaiserschnittrate. Im Jahr 2021 hat fast ein Drittel der Frauen ihr Kind per Sectio auf die Welt gebracht, berichtet das statistische Bundesamt. Das ist doppelt so viel wie noch vor 30 Jahren. Zum internationalen Frauentag setzt sich der DHV deshalb dafür ein, dass bereits Schwangere bezüglich des Geburtsmodus gezielt aufgeklärt und beraten werden. 
Generell braucht es für gute Beratungen verlässliche und evidenzbasierte Standards. Zu diesen gehören seit Anfang des Jahres die S3-Leitlinie „Fetale Überwachung in der Schwangerschaft“ und die S2k-Leitlinie zum Schwangerschaftsabbruch im ersten Trimenon. Mit letzterem Thema setzt sich seit 31. März auch die Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin auseinander. Die 18 Expert*innen des interdisziplinären Gremiums beschäftigen sich außerdem mit der Legalisierung der Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft. 

April bis Juni: Welthebammentag, Kongresszeit und weniger Babys

Seit 1991 wird am 5. Mai die Arbeit von Hebammen gewürdigt und auf ihre Bedeutung für die Gesellschaft aufmerksam gemacht. Zum diesjährigen Welthebammentag stellt der DHV unter dem Motto „Alle Fragen. Eine Antwort: Hebamme!“ acht zentrale Versorgungsbereiche vor. Analog dazu berichten acht Mütter in Videostatements von ihren Erfahrungen. 
Bei zwei weiteren Ereignissen stehen Hebammen ebenfalls im Vordergrund: Zum ersten Mal seit vier beziehungsweise sechs Jahren findet der Deutsche Hebammenkongress und die Konferenz der International Confederation of Midwives (ICM) wieder in Präsenz statt. Auf beiden Veranstaltungen kommen mehrere tausend Hebammen zusammen, um sich über neue Entwicklungen und innovative Projekte auszutauschen. Auf Bali wird Sandra Oyarzo Torres aus Chile zur neuen ICM-Präsidentin gewählt. Und in Berlin schließen sich 15 Hochschulen unter dem Vorsitz von Prof. Melita Grieshop zum Hebammenwissenschaftlichen Fachbereichstag zusammen. So sollen Studium und Lehre, Wissenschaft und Forschung sowie der Wissenstransfer über Fort- und Weiterbildung an den Hochschulen gefördert werden.
Eine Meldung gibt zu denken: In Deutschland werden immer weniger Babys geboren; im Jahr 2022 waren es „nur“ rund 739.000. Damit sank die Geburtenrate gegenüber dem Jahr 2021 um 7,1%. Eine Begründung dafür liegt in der rückläufigen Zahl der Frauen im Alter von Ende 20 bis Ende 30 Jahren, also der Altersspanne, in der die meisten Frauen Kinder zur Welt bringen.

Juli bis September: Geschlossene Kreißsäle, Hebammengutachten und kleine Lichtblicke

Die am 10. Juli vorgestellten Eckpunkte der Krankenhausreform werden von den Hebammen mit Enttäuschung aufgenommen. Eine eigene Leistungsgruppe für die physiologische, hebammengeleitete Geburt ist nicht vorgesehen und Kliniken werden zu 40% über diagnosebezogene Fallgruppen (DRG) finanziert. So steht immer noch die Rentabilität anstelle des optimalen Outcomes für Mutter und Kind im Vordergrund. 
Unter diesen Umständen sind weitere Schließungen von Geburtskliniken nicht zu vermeiden. Zu den bereits inaktiven Kreißsälen gesellen sich in diesem Jahr die geburtshilflichen Abteilungen im Krankenhaus Weilheim-Schongau/Bayern, und in der Dill-Klinik/Hessen; weitere sechs Kreißsäle sind aktuell bedroht. In den meisten Fällen stehen wirtschaftliche Gründe oder der Personalmangel im Vordergrund. Kein Wunder, wenn man das am 4. September veröffentlichte Hebammengutachten Brandenburg betrachtet: Ein Drittel der Hebammen erreicht in den nächsten zehn Jahren das Rentenalter, zwei Drittel arbeiten mehr als gewünscht und fast alle Angestellten machen in der Klinik regelmäßig Überstunden.
Doch ein Silberstreif am Horizont zeigt sich in Form verschiedener kleiner Nachrichten: So ist zum Beispiel der berufliche Versicherungsschutz für Mitglieder des DHV bis Mitte 2027 gesichert, die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA lässt das erste orale Medikament für die Behandlung von postpartalen Depressionen zu und die Stuhlfarbkarte wird Bestandteil des „Gelben Hefts“. Außerdem erteilt die EU-Kommission einem Impfstoff gegen das respiratorische Synzitial-Virus (RSV) erstmals die Zulassung. Durch eine Impfung in der Schwangerschaft sind Babys bis zum Alter von sechs Monaten passiv geschützt.

Oktober bis Dezember: Für und Wider, außerklinische Geburten und immaterielles Kulturerbe

Das Jahr endet, wie es begonnen hat – mit einigen lebhaften Diskussionen. Dazu gehört insbesondere die Kritik des Hebammenwissenschaftlichen Fachbereichstags an der fachfremden Besetzung von hebammenwissenschaftlichen Professuren. Daneben warnt der DHV vor einer sinkenden Patientensicherheit durch die partielle Berufszulassung von Hebammen aus dem Ausland. Diese ist nach dem neuen Pflegestudiumstärkungsgesetz vorgesehen. 
Andere Angelegenheiten finden dagegen mehr Anklang, zum Beispiel die auf 25 angehobene Mindestfallzahl von Frühgeborenen unter 1.250 Gramm in Kinderkliniken oder außerklinische Geburten. Denn die hohe Qualität und Versorgungssicherheit für Entbindungen zu Hause oder in hebammengeleiteten Einrichtungen belegt auch der diesjährige Bericht der Gesellschaft für Qualität in der außerklinischen Geburtshilfe (QUAG). Außerdem gibt es laut GKV-Spitzenverband aktuell so viele freiberuflich tätige Hebammen wie noch nie, nämlich 18.652. Dafür sinkt die Zahl der Geburtshäuser rapide: Während im Jahr 2010 noch 139 von Hebammen geleitete Einrichtungen bestanden, sind es in der neuesten Erhebung nur noch 114.
Eine der letzten Meldungen des Jahres bringt Hebammen auf der ganzen Welt in Feierlaune: Zum 6. Dezember hat die UNESCO das Hebammenwesen in die Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Damit erfahren nicht nur die Kenntnisse, Fähigkeiten und Praktiken, sondern auch die kulturelle Vielfalt dieses Berufs globale Anerkennung. Wenn das nicht mal ein positiver Jahresabschluss ist! (lst)

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