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2017 | Medizin allgemein | Buch

Stimmtherapie mit Erwachsenen

Was Stimmtherapeuten wissen sollten

verfasst von: Sabine S. Hammer, Anna Teufel-Dietrich

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Praxiswissen Logopädie

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Über dieses Buch

Dieses Praxisbuch zeigt Logopäden und Stimmtherapeuten die Grundlagen für die professionell durchgeführte Stimmtherapie.

Es vermittelt verständlich und kompakt aufbereitete Fachkenntnisse über Anatomie, Physiologie und Pathophysiologie des Stimmapparates. Die erfahrenen Autorinnen beschreiben das systematische Vorgehen bei der Anamnese und Diagnostik und geben einen Überblick über die aktuellen Therapiekonzepte. Sie erläutern zudem die Bedeutsamkeit des Verhältnisses zwischen Therapeut und Patient in der Therapie.

Lernen Sie, wie Sie strukturiert zu einem methodenübergreifenden und zeitgemäßen Therapieansatz gelangen und wie Sie bei den einzelnen Störungsbildern konkret vorgehen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung und Überblick
Zusammenfassung
In der Stimmtherapie finden mittlerweile schätzungsweise 40 verschiedene Arbeitsansätze Anwendung. Dabei handelt es sich um stimmpädagogische Übungsmethoden und um sog. ganzheitliche stimmtherapeutische Konzepte. Zum Einsatz kommen ebenfalls Methoden fachverwandter Bereiche wie der Atem- oder Körpertherapie. Dieses Lehrbuch fasst erstmalig alle wissenswerten Grundlagen zum Thema Stimme, Stimmerkrankungen, Diagnostik und Therapie zusammen und vermittelt Studierenden und praktisch tätigen Stimmtherapeutinnen ein umfassendes Basiswissen. In diesem Kapitel wird ein kurzer Abriss über Inhalt und Aufbau des Buches und der einzelnen Kapitel gegeben.
Sabine S. Hammer
2. Grundlagen der Stimmfunktion
Zusammenfassung
Die menschliche Stimme bildet die Grundlage sprachlicher Äußerung. Das gesprochene Wort entsteht durch das Zusammenwirken von Stimmgebung (Phonation) und Lautbildung (Artikulation). Dazu müssen die drei Organsysteme Atemapparat, Kehlkopf und Ansatzrohr koordiniert werden. Eine gesunde Stimmfunktion setzt eine optimale Funktion und ein optimales Zusammenspiel dieser Organsysteme voraus. Der Stimmklang entsteht im Kehlkopf, durch die Schwingung der Stimmlippen. Erzeugt wird diese Schwingung durch Atemluft, die aus der Lunge strömt. Der an den Stimmlippen gebildete Primärklang wird in den Räumen oberhalb der Stimmlippen (Rachen-, Mund- und Nasenraum), dem sog. Ansatzrohr oder Vokaltrakt, verstärkt und geformt. Dadurch entsteht einerseits der spezifische Klangcharakter einer Stimme, andererseits werden hier einzelne Laute gebildet. Das Resultat der Stimmgebung, der Stimmklang, ist physikalisch betrachtet ein Schallereignis. Das heißt, dass durch die Schwingung der Stimmlippen Luftteilchen in eine wellenförmige Bewegung versetzt werden, die vom Gehör als Schallempfindung aufgenommen wird. Während der Phonation werden das Stimmresultat und die Muskelfunktionen durch das phonatorische Kontrollsystem überwacht. Das heißt, Funktion und Ergebnis werden mit der erforderlichen Leistung verglichen und dieser angepasst. Der Kehlkopf verfügt über eine Primär- und eine Sekundärfunktion. Als Primärfunktionen werden Organfunktionen bezeichnet, die entweder angeboren sind oder ohne „fremde“ Hilfe im Laufe der Entwicklung erlernt werden, wie z. B. das Atmen, Schlucken oder das Kauen. Im Gegensatz dazu stehen die Sekundärfunktionen, die sich nur durch entsprechende Sozialkontakte, Vorbilder und Erziehung entwickeln. Zu den Sekundärfunktionen gehört auch die Stimmfunktion. Die Stimme ist in unterschiedlichen Lebensaltern zahlreichen Veränderungen unterworfen. Diese hängen vorwiegend mit den Veränderungen der anatomischen Verhältnisse im Laufe der Entwicklung zusammen.
Sabine S. Hammer, Anna Teufel-Dietrich
3. Stimme und Einflussfaktoren
Zusammenfassung
Die Voraussetzungen für eine gesunde Stimme sind die einwandfrei funktionsfähigen Strukturen von Kehlkopf, Atemapparat und Ansatzrohr. Die Stimme unterliegt jedoch einer Vielzahl weiterer Einflüsse, die sich direkt oder indirekt auf das Phonationssystem auswirken. Indifferenzlage und Stimmgattung ergeben sich aus der Länge der Stimmlippen, der individuelle Klangcharakter hängt von der Form des Ansatzrohrs ab. Im Zusammenhang mit der Größe des Stimmapparates steht das mögliche Klangvolumen einer Stimme, für die Leistungsfähigkeit spielt auch die Kapazität der Lungen eine Rolle. Auch Körperhaltung, -bewegung und -tonus nehmen indirekt Einfluss auf die Stimmfunktion. Die physiologischen Funktionen stehen unter anderem in Abhängigkeit von der Persönlichkeit des Sprechers, seinem Charakter, psychosozialen sowie soziokulturellen Bedingungen, und der jeweiligen Lebens- und Sprechsituation.
Sabine S. Hammer
4. Stimmerkrankungen
Zusammenfassung
Jede Einschränkung der stimmlichen Leistungsfähigkeit ist als Erkrankung zu bewerten, sofern sie den Betroffenen in der Kommunikation im Alltag oder der Ausübung seines Berufes beeinträchtigt. Ursachen, Symptome und Folgen einer Stimmerkrankung sind unterschiedlich und vielschichtig. Grob unterscheiden lassen sich funktionell, organisch und psychogen bedingte Stimmstörungen, wenngleich den unterschiedlichen Störungsbildern oft ein multifaktorielles Bedingungsgefüge zugrunde liegt. Das folgende Kapitel beschreibt die Entstehung, Ursachen und Symptome aller für die therapeutische Praxis relevanten Formen von Stimmstörungen.
Sabine S. Hammer, Anna Teufel-Dietrich
5. Patient und Therapeutin in der Stimmtherapie
Zusammenfassung
Von einer Stimmstörung können Männer wie Frauen unterschiedlichen Alters und in den verschiedensten Lebenssituationen betroffen sein. Fast immer entsteht eine Stimmstörung allmählich und wird oft lange nicht als solche wahrgenommen. Ein Betroffener sucht erst dann Hilfe, wenn er sich in seiner Berufsausübung oder im Kontakt mit anderen beeinträchtigt fühlt oder wenn er mehrfach auf eine Besonderheit seiner Stimme aufmerksam gemacht wurde. Der subjektive Leidensdruck entsteht dabei unabhängig von objektivierbaren Symptomen. Er hängt vielmehr von der Wahrnehmungsfähigkeit für die eigene Stimme ab und davon, in welchem Maß sie jeweils eingesetzt werden muss. Die Stimme und mögliche Störungen sind eng verknüpft mit Aspekten der Persönlichkeit und der Lebenssituation des Betroffenen. In diesem Zusammenhang steckt eine Kernproblematik der Stimmtherapie: Einerseits müssen in ein ganzheitliches Therapiekonzept Lebensumstände und Persönlichkeit mit einbezogen werden. Andererseits kann eine Stimmtherapeutin keine Aufarbeitung konfliktreicher Lebenssituationen oder Veränderungen einer Persönlichkeitsstruktur leisten. In der Stimmtherapie ergibt sich so automatisch eine Gratwanderung zwischen stimmtherapeutischer und psychologischer Intervention. Dabei stellt sich die Frage, wie weit genau die Qualifizierung einer Stimmtherapeutin reicht und an welcher Stelle ihre Kompetenzen überschritten werden.
Sabine S. Hammer
6. Anamnese
Zusammenfassung
Zu Beginn einer stimmtherapeutischen Therapie steht neben der Diagnostik ein ausführliches Anamnesegespräch. Es ist davon auszugehen, dass dieses Gespräch nicht wirklich innerhalb der ersten Therapiesitzungen abgeschlossen werden kann. Dies betrifft besonders die Frage nach möglichen Ursachen, möglichen Faktoren, die die Störung aufrechterhalten und die Einschätzung der eigenen Stimme und ihrer Veränderungen. Die Anamnese ist demnach ein Prozess, der sich durch den gesamten Verlauf der Therapie zieht. Orientierung für das Gespräch bietet ein Anamnesebogen. Dieser sollte alle Domänen der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) berücksichtigen. Die Ergebnisse der Anamnese dienen zusammen mit den diagnostischen Daten der Formulierung von Therapiezielen und der Planung der Intervention. Während des anfänglichen Anamnesegesprächs kann die Stimmtherapeutin einen ersten Höreindruck der Stimme in der spontanen Sprechsituation gewinnen. Nicht zuletzt kann ein gelungenes Anamnesegespräch ein guter Einstieg in eine vertrauensvolle Beziehung zwischen Patient und Therapeutin sein.
Sabine S. Hammer, Anna Teufel-Dietrich
7. Diagnostik
Zusammenfassung
Nach Abschluss der Diagnostik sollte die Stimmtherapeutin in der Lage sein, die stimmliche Leistungsfähigkeit des Patienten und sein Kommunikationsverhalten einzuschätzen. Auf Grundlage von Anamnese und Diagnostik fällt die Entscheidung, ob eine Stimmtherapie angezeigt ist oder nicht. Die Diagnostik liefert Daten, anhand derer eine grobe Planung der Therapie möglich ist. Zur Datenerhebung in der Stimmdiagnostik kann die Therapeutin auf objektive und subjektive Verfahren zugreifen. Die mehrdimensionale Stimmdiagnostik sollte möglichst objektive und subjektive Verfahren beinhalten und sollte sich am ELS-Basisprotokoll der European Laryngological Society orientieren.
Sabine S. Hammer, Anna Teufel-Dietrich
8. Therapie: Methoden und Konzeption
Zusammenfassung
Zur Therapie von Stimmstörungen existiert kein vereinheitlichtes Verfahren. Es werden unterschiedlichste Ansätze und Vorgehensweisen angewendet und gelehrt. Grob unterscheiden lassen sich dabei rein funktionelle (übende) Verfahren und Verfahren, die sich darum bemühen, in der Stimmtherapie auch den psychosomatischen Aspekten der Stimme und ihrer Therapie gerecht zu werden. Durchgesetzt hat sich inzwischen die Ansicht, dass eine Stimmtherapie ganzheitlich sein muss. Gemeint ist Ganzheitlichkeit bezogen auf den Körper (Funktion) sowie auf die Person. Nachfolgend werden die Entwicklung stimmtherapeutischer Ansätze und die Frage der Methodenwahl erläutert. In der Stimmtherapie sollte es in erster Linie darum gehen, Ansatzpunkte zu finden, die sowohl für den Patienten und sein Störungsbild als auch für die Therapeutin eine größtmögliche Effizienz bieten. Aus diesem Grund tendiert die Entwicklung der Stimmtherapie dahin, aus den unterschiedlichen Methoden einzelne Elemente patienten- und therapeutinnengerecht auszuwählen und in eine Therapiemaßnahme zu integrieren.
Sabine S. Hammer, Anna Teufel-Dietrich
9. Die fünf Therapiebausteine
Zusammenfassung
Die Stimmtherapie kann in fünf Bausteine gegliedert werden: Tonus, Haltung, Bewegung; Atmung; Artikulation; Phonation; Person. Im Bereich Tonus, Haltung, Bewegung findet in der Stimmtherapie der Zustand des gesamten Bewegungsapparates Berücksichtigung. Besonders wichtig sind dabei die Muskelgruppen, die in unmittelbarer Nähe zum Kehlkopf liegen, d. h. Hals-/Nacken- und Schultermuskulatur. Im Bereich Atmung wird in der Stimmtherapie je nach Methode entweder unmittelbar, d. h. durch absichtsvolle Veränderung (z. B. „in den Bauch atmen“), oder mittelbar, z. B. über Körperübungen, an der Atmung gearbeitet. Aufgrund der unmittelbaren funktionellen Verbindung zwischen Atmung und Stimmgebung stellt die Atemfunktion einen wichtigen Teilbereich der Stimmtherapie dar. Der Bereich Artikulation muss in der Stimmtherapie deshalb berücksichtigt werden, weil mit den Organen des Ansatzrohrs artikuliert wird. Entsprechenden Einfluss nimmt die Artikulation auf die Resonanzbildung. Weiterhin wirkt sich die Formung des Vokaltraktes auf Kehlkopfstand und -spannung aus. Auch Rückwirkungen auf die Atemfunktion ergeben sich. Da die Stimme stets im Mittelpunkt der Therapie stehen sollte, ist der Baustein Phonation am wichtigsten und sollte den größten Raum in der Stimmtherapie einnehmen. Deshalb gilt letztendlich jede Übung in der Therapie als Stimmübung, zumindest kann sie auf ihren Einfluss auf die Stimme hin überprüft werden. Für den Therapiebereich Person ist es besonders wichtig, die Aufgaben der Stimmtherapeutin genau zu definieren. Als Grundregel gilt dabei: Alle Arbeit an der Person geht vom Patienten aus, die Stimmtherapeutin leitet lediglich zur Selbstbeobachtung an.
Sabine S. Hammer
10. Stimmtherapie praxisnah
Zusammenfassung
Wie lange eine Stimmtherapie dauert und ob sie zum Erfolg führt, kann nicht allgemein beantwortet werden, sondern ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Betroffene sollten sich darauf einstellen, dass eine Stimmtherapie mindestens ein halbes Jahr dauert und dass ihr persönlicher Einsatz der entscheidende Faktor für einen erfolgreichen Verlauf ist. Auch eine sorgfältige und für den Patienten transparente Therapieplanung, die patientengerechte Vermittlung der Übungen und die regelmäßige Durchführung der Hausaufgaben tragen wesentlich zum Erfolg der Therapie bei. Beim Einsatz von Bewegungs-, Haltungs- oder Entspannungsübungen können in der Stimmtherapie Schwierigkeiten auftauchen, die meist aus der mangelnden Koordinations- oder Entspannungsfähigkeit des Patienten resultieren. In diesen Fällen muss die Therapeutin Geduld aufbringen und die Übungen patientengerecht verändern. Schwieriger ist der Umgang mit besonderen Körperbereichen wie Bauch oder Becken und die Frage des Körperkontaktes zwischen Therapeutin und Patient. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Stimmtherapeutin, überweisendem Arzt und Psychotherapeutin ist in der Stimmtherapie unumgänglich, um professionelles und effizientes Arbeiten zu ermöglichen. Darüber hinaus gibt es weitere Berufsgruppen, zu denen im Einzelfall Kontakt gesucht werden sollte.
Sabine S. Hammer
11. Therapie spezieller Störungsbilder
Zusammenfassung
Das im praktischen Teil beschriebene Vorgehen zur Behandlung von Stimmstörungen gilt weitestgehend für alle Störungsbilder. Übungsprogramme störungsbildspezifisch zu planen ist in den meisten Fällen nicht sinnvoll. Vielmehr sollte die Auswahl des Übungsprogramms patientenspezifisch und nicht allein nach Störungsbild erfolgen. Jede einzelne Übung muss immer dahin gehend kontrolliert werden, ob sie im Einzelfall zum bestmöglichen Ergebnis führt. Unterschiedliche Störungsbilder bringen unterschiedliche Besonderheiten mit sich, die im Folgenden beschrieben werden und in der Behandlung berücksichtigt werden sollten.
Sabine S. Hammer, Anna Teufel-Dietrich
12. Qualitätssicherung in der Stimmtherapie
Zusammenfassung
Zur Qualitätssicherung in der Stimmtherapie trägt u. a. auch das Clinical Reasoning bei. Therapeutinnen wenden bei der klinischen Arbeit zahlreiche Denk- und Entscheidungsprozesse an. Sie nutzen dafür ihr Fachwissen, ihre therapeutische Erfahrung, ihre kognitiven und didaktischen Fähigkeiten sowie ihre ethischen Wertvorstellungen. Diese vielfältigen Prozesse können anhand des Clinical Reasonings bewusst gemacht, beschrieben und (interdisziplinär) kommuniziert werden. Auch die Evidenzbasierte Praxis (EBP) leistet einen Beitrag zur Qualitätssicherung in der Medizin. In der stimmtherapeutischen Praxis existiert aktuell eine Vielzahl an Methoden. Die Stimmtherapeutin muss also die schwierige Aufgabe lösen, eine Methode auszuwählen, die den größten therapeutischen Erfolg verspricht. Die Kriterien der Evidenzbasierten Praxis unterstützen die Therapeutin in dieser Entscheidung.
Anna Teufel-Dietrich
Backmatter
Metadaten
Titel
Stimmtherapie mit Erwachsenen
verfasst von
Sabine S. Hammer
Anna Teufel-Dietrich
Copyright-Jahr
2017
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-53977-4
Print ISBN
978-3-662-53976-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-53977-4