Die COVID-19-Pandemie hat die Langzeitpflege in den Fokus gerückt. Sie war stärker vom Infektionsgeschehen betroffen als jeder andere Sektor. Die räumliche Nähe, gemeinsame Essenszeiten und weitere Aktivitäten machten Pflegeheime zu potenziellen Hotspots für die Ausbreitung des SARS-CoV-2 Virus. Zudem trifft der Erreger in stationären Pflegeeinrichtungen auf eine besonders vulnerable Gruppe mit vielen gesundheitlichen Problemen.
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Alte und pflegebedürftige Menschen sind meistens körperlich geschwächt, oft immunsupprimiert und zudem mehrfach vorerkrankt. Damit sind sie besonders anfällig für schwere COVID-19 Krankheitsverläufe [1,2]. So verwundert es nicht, dass die Zahl der COVID-19-bedingten Hospitalisierungen in der Gruppe der über 80-Jährigen deutschlandweit zur Zeit der Pandemie am höchsten war [3]. Außerdem zeigen Untersuchungen, dass vor allem Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen an Corona erkrankten und mehr als die Hälfte der in der ersten und zweiten Welle mit COVID-19 Verstorbenen in Deutschland Heimbewohnende waren [4].
Pflegende: Emotional stark gefordert
Das Pflegepersonal musste deshalb nicht nur die üblichen Pflegeaufgaben bewältigen, sondern auch strikte Hygiene- und Infektionsschutzmaßnahmen umsetzen und emotional oft an seine Grenzen gehen. Strenge Besuchsregelungen, Quarantäne- und Infektionsschutzmaßnahmen wurden eingeführt, um Bewohnerinnen und Bewohner zu schützen. Diese litten unter der Isolation und dem fehlenden direkten Kontakt zu ihren Angehörigen, was von den Pflegekräften bestmöglich aufgefangen werden musste. Aber sie mussten auch mit ansehen, wie Bewohnerinnen und Bewohner an COVID-19 erkrankten und daran verstarben. Deren Begleitung sowie die Unterstützung der Angehörigen wurde zu einem festen Bestandteil einer ohnehin immens belastenden Arbeit. Ein Spagat zwischen physischer und psychischer Überforderung [4,5].
Trotz aller Herausforderungen konnten auch Lehren aus der Pandemie gezogen werden, die die Langzeitpflegeinrichtungen zukünftig auf mögliche Ausbrüche vorbereiten und die Arbeit des dortigen Personals erleichtern sollen. An oberster Stelle steht die bestmögliche Prävention durch hohe Impfquoten bei Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohnern und Personal, geeignete Hygienemaßnahmen und das frühzeitige breite Testen bei ersten Verdachtssymptomen [6,7,8]. Aber auch eine Impfung schützt nicht sicher vor einer Infektion. Eine geimpfte Person wird aufgrund ihrer Impfung mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht so schwer an COVID-19 erkranken, man muss jedoch im Hinterkopf behalten, dass auch geimpfte Menschen, insbesondere die ein erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-19 Verlauf haben, nach wie vor an COVID-19 infolge einer Corona-Infektion schwer erkranken können [9-12]. Ebenso entscheidend: die schnelle Reaktion auf ein Infektionsgeschehen und damit verbunden eine frühzeitige medikamentöse COVID-19 Therapie der Patienten [10]. Geeignete Digitalisierungsmaßnahmen könnten pflegerische Arbeitsabläufe und Dokumentationspflichten weiter vereinfachen und auch kurzfristige Videokonsultationen mit Ärzten zur Abstimmung geeigneter Therapiemaßnahmen sicherstellen. Zudem ermöglichen sie den virtuellen Kontakt von Betroffenen zu ihren Angehörigen [13].
Was bringt der Winter 2023/24?
Die offiziellen COVID-19 Fallzahlen in Deutschland steigen derzeit wieder an. Die bundesweite 7-Tage-Inzidenz lag Anfang September 2023 laut Robert Koch-Institut (RKI) bei 6 COVID-19-Fällen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner Deutschlands und damit 10 % höher als in der Vorwoche. In der Altersgruppe ab 80 ist der Wert am höchsten, dieser lag bei 17 [14].
Experten schätzen die Dunkelziffer hoch ein, weil Erkrankte trotz Symptomen nicht zum Testen gehen oder keine Symptome zeigen und die Infektion nicht bemerken [15,16]. Der Erreger zirkuliert also oft unbemerkt weiter und so kommt es immer wieder zu vereinzelten Ausbrüchen, auch in Langzeitpflegeeinrichtungen [17]. Was im Herbst und Winter auf Deutschland zukommt, bleibt abzuwarten. Ein erster Blick nach Australien zeigt, dass dort die COVID-19-bedingten Krankenhauseinweisungen im Herbst und zu Beginn des Winters wieder steigen [18]. Dies könnte bedeuten, dass auch auf der nördlichen Halbkugel in diesem Herbst mit einem weiteren Anstieg der Fallzahlen zu rechnen ist. Grund genug, gut vorbereitet zu sein!
Autorin: Birke Dikken