"Das keimfreie Klo gibt es nicht!"

Ist das "stille Örtchen" in Restaurants, auf Bahnhöfen oder Autobahnraststätten ein Keimpfuhl, den man meiden sollte? Und wie sinnvoll sind Bemühungen, sich vor Ansteckung zu schützen? Ein Blick hinter die Tür öffentlicher Klos mit dem Rostocker Hygieneexperten Prof. Andreas Podbielski. Wie gefährlich ist es, sich auf einer öffentlichen Toilette hinzusetzen? Podbielski: Immer wieder gibt es von Medien beauftragte Untersuchungen zum Keimvorkommen in öffentlichen Toiletten. Und wie erstaunlich: Man findet überall menschliche Darmkeime. Die keimfreie öffentliche Toilette gibt es nicht. Wer vermeiden will, mit Erregern in Kontakt zu kommen, darf sich nicht auf die Brille setzen; da muss man zusehen, wie man sonst sein Geschäft erledigt … … also im Hocken, ohne die Brille zu berühren? Podbielski: Sagen Sie mal einem älteren oder gebrechlichen Menschen oder jemandem mit starkem Übergewicht, er soll sich da nicht hinsetzen. Solche Empfehlungen werden rasch unrealistisch. Und es bleibt das Problem mit dem Spülknopf und der Waschbeckenarmatur. Prof. Andreas Podbielski ist Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene, Krankenhaushygieniker der Universitätsmedizin Rostock Was nützt Toilettenpapier, das man auf die Klobrille drapiert? Podbielski: Bei komplett trockenen Oberflächen und trockener Haut mag das ein gewisser Schutz sein, aber sobald es durchfeuchtet ist, gehen die Keime durch das bisschen Papier durch. Außerdem kann man es kaum so hinlegen, dass es sich nicht verschiebt. Letztlich kann man nicht sagen, was all das bringt, denn wir haben keine Ergebnisqualitätsuntersuchungen, sprich, wir verfolgen die Toilettenbenutzer nicht nach, um zu sehen, wie häufig sie zum Beispiel im nächsten Monat an Infektionen erkranken. Und was wäre dann eine sichere Vergleichsgruppe? Wie ist es in Ausbruchssituationen? Viele Menschen haben ja vor allem Angst, sich auf der Toilette mit Norovirus zu infizieren … Podbielski: Man weiß natürlich nie, ob man an eine Toilette gerät, die im Fokus einer Ausbruchssituation steht, das sieht man ihr nicht an. In Nicht-Ausbruchssituationen ist die Ansteckung jedenfalls ein vernachlässigbares Risiko. Würden Sie zu Desinfektionsspray raten? Das müsste man immer dabei haben, aber mit was will man sich denn noch belasten? Und es müsste suffizient sein, sprich, in relativ kurzer Zeit wirken, und das Haltbarkeitsdatum darf nicht abgelaufen sein. Wenn man den Toilettengang in der Öffentlichkeit vermeiden kann, sollte man das tun. Aber wenn man muss, dann muss man eben, und dann bleibt immer ein kleines, letztlich nicht beherrschbares Restrisiko. Dieses ist aber offenbar nicht so hoch, dass wir in Deutschland erschreckend hohe Erkrankungszahlen im Zusammenhang mit Toilettennutzungen sehen würden. Wie steht es mit Harnwegsinfekten oder der Übertragung von Geschlechtskrankheiten? Podbielski: Für den Harnwegsinfekt müsste man sich die Erreger schon in die Harnwege hineinschmieren. Das ist bei Frauen aber eher ein persönliches Hygieneproblem, weil es hier um die eigene Mikroflora geht und nicht um die Fremdflora. Was Geschlechtserkrankungen angeht: Meine frühere Chefin sagte auf die Frage, ob man sich solche auf der Toilette holen kann: "Ja, aber es ist sehr umständlich." Alle typischen Erreger sind stark menschenadaptiert, sprich, sobald sie austrocknen oder nicht mehr 37 Grad Celsius Umgebungstemperatur haben, sterben sie sehr rasch ab. Für eine Geschlechtserkrankung muss man in der Regel direkten Verkehr oder zumindest engen Körperkontakt haben. Und Grippeerreger? Podbielski: Hierfür ist die Gefahr auf der Toilette nicht höher als überall sonst, wo ich etwas anfasse. Wenn ich mich im Bus am Haltegriff festhalte, habe ich das gleiche Risiko. Und in der Toilette habe ich ja immerhin die Möglichkeit, die Armatur mit einem Papiertuch anzufassen und mir die Hände zu waschen. Das heißt, ich habe anschließend wahrscheinlich sauberere Hände als nach einer Busfahrt. Interview Dr. Elke Oberhofer Empfehlung der Redaktion 01.02.2017 | Hygiene | PflegeKolleg Desinfizieren: Was, wann, womit? Die Verbreitung von Krankheitserregern zu verhindern und somit Infektionsketten zu unterbrechen, ist Aufgabe der Desinfektion. Desinfektionsmaßnahmen können chemische und thermische sowie als Kombination von beiden chemothermische Verfahren …

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