Jedes Jahr fasten Muslime auf der ganzen Welt zum Ramadan. Obwohl Menschen aus gesundheitlichen Gründen von der Tradition befreit werden können, machen viele von dieser Ausnahme keinen Gebrauch. So auch zahlreiche schwangere Muslima. Worauf kommt es bei der Betreuung von Mutter und Kind in der Fastenzeit an?
Einmal jährlich findet der Ramadan statt. Während einer Zeit von 29 oder 30 Tagen verzichten viele gläubige Muslimas und Muslime tagsüber auf Speisen und Getränke. Es gibt allerdings Ausnahmen – für diese Menschen in besonderen Lebenslagen gilt die Fastenzeit nicht:
- Schwangere
- stillende Frauen
- Kinder
- Kranke
- Reisende
Dennoch halten auch diese Personengruppen die Praxis aufgrund ihrer familiären und religiösen Traditionen häufig ein. Für schwangere Muslima kann das zu besonderen Herausforderungen führen, da sie sich neben ihrer eigenen Gesundheit auch um die ihres ungeborenen Kindes sorgen müssen. Ihre Betreuung erfordert deshalb neben einem besonderen Augenmerk auf potenzielle Risikofaktoren auch Sensibilität im Umgang mit der Kultur der Frauen.
Initiative ergreifen und aufklären
Laut einer Forschergruppe der Universität Mainz bespricht nur die Minderheit der Schwangeren ihr Verhalten im Ramadan gezielt mit ihrer Gynäkologin oder Hebamme. Proaktiv angesprochen werden sie vom Fachpersonal selten. Sinnvoll erscheint es den Forschenden deshalb, Gynäkolog*innen und Hebammen für mögliche gesundheitliche Risiken der Fastenzeit zu sensibilisieren, damit Frauen gezielt angesprochen werden können. Denn während der Schwangerschaft zu fasten kann Probleme verursachen: Mehrere Studien belegen einen Zusammenhang zwischen einer mütterlichen Diät während der Schwangerschaft und deren Effekt auf die Gesundheit des Kindes im weiteren Leben. Insgesamt ist die Studienlage jedoch nicht eindeutig. Die Entscheidung über eine Teilnahme am Ramadan muss deshalb individuell und unter Berücksichtigung der möglicher Schwangerschaftsrisiken getroffen werden. Dabei ist es von entscheidender Bedeutung, dass medizinische Fachkräfte die religiösen Überzeugungen der Frauen anerkennen und respektieren.
Vorsicht im ersten Trimester
Wichtige Studien zu den Auswirkungen des Fastens während der Schwangerschaft hat die britisch-islamische medizinische Gesellschaft (BIMA) in einem Kompendium zusammengefasst. In der ersten Phase der Schwangerschaft reagiert der Körper besonders empfindlich auf Umweltfaktoren. So könnte sich eine Unterversorgung mit Nährstoffen oder eine Hypoglykämie aufgrund des Ramadan-Fastens während des ersten Trimesters nachteilig auf den sich entwickelnden Embryo auswirken. Deshalb sollten auch gesunde Schwangere während des ersten Trimesters nicht oder nur mit Unterbrechungen am Ramadan teilnehmen. Diese Empfehlung wird durch Belege aus Tierstudien gestützt, in denen über schädliche Auswirkungen des Fastens während der Embryogenese berichtet wurde. So gebe es Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Fehlgeburten, ein geringeres Gewicht des Fötus, fetale Wachstumsbeschränkung und Veränderungen bei der Verknöcherung.
Hohes Risiko bei gesundheitlichen Vorbelastungen
In einigen Fällen kann es erforderlich sein, dass schwangere Frauen vollständig auf das Fasten verzichten, insbesondere wenn sie medizinische Probleme haben und ihre Gesundheit gefährdet werden könnte. Frauen mit Vorerkrankungen sollten vor dem Ramadan von einer qualifizierten medizinischen Fachkraft umfassend untersucht werden, um ihr Risiko als sehr hoch, erhöht oder gering einzustufen. Frauen mit sehr hohem Risiko sollten ausdrücklich nicht fasten. Auch Frauen mit erhöhtem Risiko sollte vom Fasten abgeraten werden.
Auch bei gesunden Schwangeren engmaschig betreuen
Entwarnung gibt die BIMA bei unkomplizierten Schwangerschaften: Hier kann im zweiten und dritten Schwangerschaftsdrittel gefastet werden. Die meisten klinischen Studien fanden keine schädlichen Auswirkungen des Fastens auf das Wohlbefinden gesunder Mütter oder ihrer Babys. Dennoch sollten auch gesunde Schwangere intermittierendes Fasten in Betracht ziehen, zum Beispiel an abwechselnden Tagen. Zudem sollten sie ermutigt werden, nicht weiter zu fasten, wenn sie dies als übermäßig anstrengend empfinden. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Ramadan in den Sommer fällt und die Fastenzeit bei heißem Wetter sehr lange dauert. In jedem Fall sollten schwangere Frauen während des Ramadans eng mit ihrer ärztlichen Betreuung sowie einer Hebamme zusammenarbeiten und regelmäßige Untersuchungen durchführen lassen, um sicherzustellen, dass sie und ihr Baby gesund bleiben. (jr)
(Der Artikel wurde im Februar 2024 aktualisiert.)
Weiterführende Informationen: