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Erschienen in: Hebammen Wissen 5/2023

01.09.2023 | Schon gehört?

Schon gehört?

Erschienen in: Hebammen Wissen | Ausgabe 5/2023

Berufstätigkeit und Wohlbefinden

Arbeit und Kinder unter einen Hut zu bringen ist für viele Mütter nicht immer einfach. Trotzdem steigt ihr Wohlbefinden, wenn sie arbeiten gehen - das zeigt eine Studie der Max-Planck-Gesellschaft. Allerdings wirkt sich die Berufstätigkeit unterschiedlich aus, je nachdem, ob die Mütter allein oder in Partnerschaft leben und in welchem Alter die Kinder sind. Bei alleinerziehenden Müttern in Vollzeit ist der positive Effekt am größten. Die Forschenden nehmen an, dass der Anstieg des Haushaltseinkommens der Hauptgrund dafür ist. Bei Müttern von Kindern unter fünf Jahren zeigt sich hingegen ein gegenteiliges Bild: Sowohl für Frauen mit einem Partner als auch für Single-Mütter hat die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit negative Effekte.

Die unsichtbaren Aufgaben der Frauen

Einkaufslisten machen, Essen planen, den Nachwuchs abholen und an die Unterlagen für die Steuererklärung denken: All das und noch viel mehr gehört zur Alltagsorganisation, die eine Menge Zeit und Nerven kosten kann. Der Löwenanteil dieser unsichtbaren Denkarbeit, auch "Mental Load" genannt, wird von Frauen geleistet - und das, selbst wenn sie einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Den Ergebnissen einer aktuellen Studie zufolge liegt die Wahrscheinlichkeit, notwendige Alltagsaufgaben im Haushalt zu planen, organisieren und an sie zu denken für Frauen bei 62 %, für Männer lediglich bei 20 %. Noch unwahrscheililcher sei eine gleichmäßge Aufteilung, wenn Kinder im Haushalt leben. Der Mental Load sei eine zentrale Dimension geschlechtsspezifischer Ungleichheit, der auf verschiedenen Ebenen begegnet werden müsse, so die Forscher*innen.

Kinderspielzeug voller Schadstoffe

Online gekauftes Kinderspielzeug stellt eine hohe Gesundheitsgefahr dar: Es kann Chemikalien wie Plastikweichmacher, krebserregende Nitrosamine oder Bisphenol A in hohen Konzentrationen enthalten und verstößt so gegen die Vorschriften in der EU. Dies geht aus einem aktuellen Gutachten des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hervor. Demnach hinkt die Überwachung des Marktes dem rasanten Anstieg des Online-Handels hinterher. Kontrollen seien bei der gegenwärtigen Praxis nicht möglich. Laut BUND fehle es an klaren gesetzlichen Vorgaben für Produktkontrollen und Sanktionen, der Ausstattung der Überwachungsbehörden mit den notwendigen Mitteln und landesübergreifender Zusammenarbeit.
bund.​net

Meinung

Sabine Kroh, Hebamme, Gründerin von "Call-a-midwife" in Berlin
Die Pflege hat gestreikt und auch wir Hebammen waren wieder mit dabei. Dieses Mal war ich vom Streik ganz anders betroffen - als Patientin. In meiner Brust schlugen deshalb zwei Herzen: Die Hebamme in mir schloss sich den Streikenden an. Als Patientin, die drei Wochen auf eine Operation warten musste und unter der teils unsanften Behandlung in der Klinik litt, schimpfte ich leise vor mich hin. Welcher der beiden Teile der größere ist? Ich kann es nicht sagen. Nach dieser Erfahrung ist mir aber klar: Nur weil man im Gesundheitssystem arbeitet, bedeutet das nicht, dass man sich gut in Patient*innen hineinversetzten kann. Ich bin ich dankbar in einem Land zu leben, in dem jeder Zugang zu medizinischer Versorgung hat, auch wenn wir gern an allem herumnörgeln. Aber dennoch kommt das System mit vielen Mängeln daher, unter denen sowohl Patient*innen als auch Mitarbeitende leiden. Zu oft scheint einzig der Profit zu zählen - paradoxerweise nicht der Mensch. Für mich bedeutet das: Ich werde weiter für die Belange der im Gesundheitssystem Tätigen einstehen. Aber ich werde auch bei meinen Frauen noch besser hinschauen, zuhören, fragen, mir Zeit nehmen - und sicher nie wieder mit einem Krankenbett auf dem Weg aus dem OP gegen die Wand stoßen.

Das Geschlecht macht den Unterschied

Frauen und Männer reagieren unterschiedlich auf Belastungen und Stress. Das zeigt eine Umfrage der Würzburger Universitätsmedizin, an der sich 2.890 Menschen - 1.520 Frauen und 1.370 Männer - beteiligt haben. Dabei gingt es um das erste Jahr der Corona-Pandemie. Konkret haben sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dafür interessiert, in welchem Verhältnis Sorgen um den Arbeitsplatz und um andere Menschen mit eigenen psychischen Problemen wie Angst und Depression und der Lebensqualität allgemein stehen. Auch wurde danach gefragt, welchen Einfluss die Unterstützung im Freundeskreis oder am Arbeitsplatz hat - und, ob es hier Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt.
Klares Ergebnis: In dem Netzwerk unterschiedlicher Variablen und Einflussfaktoren stand Angst absolut im Mittelpunkt. Dabei zeigten sich eindeutige geschlechtsspezifische Unterschiede: Bei Männern stieg die Angst in zunehmenden Maß mit der Sorge um den Arbeitsplatz, bei Frauen fand sich dieser Effekt nicht. Dafür konnte bei Frauen eine Zunahme der Angstwerte parallel mit einer Zunahme der Sorgen um Familie und Freunde registriert werden. Zusätzlich zeigte die Studie, dass Frauen positiv auf die Unterstützung durch Freunde und Familie in solchen Zeiten reagieren, indem sie ein Plus an Lebensqualität empfinden. Bei Männern zeigte sich dieses Phänomen nicht. Die Beobachtung, dass Männer stärker mit der Arbeit und Frauen stärker mit Familie und Freunden in Verbindung gebracht werden, könnte auf traditionelle Geschlechternormen und -rollen zurückgeführt werden. Die Ergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, bei therapeutischen Maßnahmen soziale Aspekte zu berücksichtigen, um die psychische Gesundheit von Frauen und Männern zu verbessern, so die Forschenden.

Freundin als Hebamme betreuen?

Saskia Selleng:
Enge Freundinnen oder gute Kolleginnen unter der Geburt oder im Wochenbett zu begleiten, ist für mich selbstverständlich. Eine Freundin oder Kollegin würde mich niemals um Begleitung in der Schwangerschaft bitten, wenn sie nicht das Gefühl hätte, dass ich ihr guttue, sie stärke und wir gemeinsam Geburt und Wochenbett durchlaufen können. Das ist ein großes Zeichen von Vertrauen und Wertschätzung mir gegenüber. Gerade im Kollegium kennt man sich teilweise seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten. Man weiß, wie man arbeitet, was einem wichtig ist und kennt die Stärken und Schwächen des jeweils anderen. Man spürt eine tiefe Verbundenheit, von der beide Seiten profitieren. Natürlich kann diese Situation auch Schattenseiten haben: Tatsächlich ist die Arbeit psychisch viel intensiver als mit anderen Frauen. Emotionen lassen sich nie einfach ausschalten - erst recht nicht, wenn es jemanden ist, der einem nahe steht. Doch diese Emotionalität kann wertvolle Erinnerungen schaffen und noch enger zusammenschweißen. Freudentränen nach der Geburt gehören in solchen Fällen für mich dazu. Natürlich ist mir auch bewusst, dass sich unter der Geburt Pathologien entwickeln können. Solche Fälle sind bei mir schon vorgekommen. Aber auch diese Erfahrungen waren für mich in keiner Weise negativ oder traumatisierend. Hier habe ich die Möglichkeit, meiner Freundin stärkend zur Seite zu stehen. Insgesamt bin ich dankbar für alle Geburten, bei denen ich Freundinnen, Hebammen und ärztliche Kolleginnen begleiten durfte. Diese Erfahrungen machen mich glücklich und waren jedes Mal etwas ganz Besonderes.
Naemi Beck:
Eine gute Freundin durch die Schwangerschaft und das Wochenbett zu begleiten, kann zunächst aufregend und sehr schön klingen. Unter der Voraussetzung, dass die Erwartungen beider Seiten erfüllt werden, kann sich zwischen der werdenden Mutter und der Hebamme aus einer solchen Betreuungssituation eine noch engere Freundschaft entwickeln. Dabei sind jedoch verschiedene Aspekte zu beachten, die Schwangeren und Fachfremden oft nicht sofort bewusst sind: Ein tiefes Vertrauen, das auf Gegenseitigkeit beruht, ist eine wesentliche Grundlage der Betreuung. In dieser Zeit wird es immer wieder zu intimen Situationen kommen. Damit müssen sich beide Seiten wohl fühlen. Darüber hinaus muss ich es als Hebamme schaffen, objektiv zu bleiben: Zum einen, um Entscheidungen unabhängig von der Freundschaft treffen zu können, zum anderen aber auch, um mich selbst und meine psychische Gesundheit zu schützen. Neben der fachlichen Betreuung verbringen Freundinnen im Normalfall auch einen Teil ihrer Freizeit miteinander. Hier sollte es mir als Hebamme gelingen, mich nicht in die Gewohnheiten meiner Freundin einzumischen. Genauso sollten auf der anderen Seite gewisse Grenzen eingehalten werden. Es gilt also, Berufliches und Privates zu trennen. Gelingt dies nicht, läuft man Gefahr, dass die Freundschaft zerbricht. In Anbetracht dieser Überlegungen, die vor Abschluss eines Behandlungsvertrages unbedingt geklärt werden sollten, wird schnell klar: Was auf den ersten Blick wunderbar erscheint, kann sich auf den zweiten oder dritten Blick als nicht mehr so positiv erweisen.
Metadaten
Titel
Schon gehört?
Publikationsdatum
01.09.2023
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Hebammen Wissen / Ausgabe 5/2023
Print ISSN: 2730-7247
Elektronische ISSN: 2730-7255
DOI
https://doi.org/10.1007/s43877-023-0801-6

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