Rasant ansteigende Corona-Infektionen und sich füllenden Krankenhausbetten bereiten den Intensivmedizinern große Sorgen. Personalmangel könnte die intensivmedizinische Versorgung an ihre Grenzen bringen, so die Befürchtung.
Mit einem YouTube-Video wendet sich der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Professor Uwe Janssens, daher an die Bevölkerung. Seine Botschaft: Die Infektionskurve muss wieder abfallen.
„Wir Intensivmediziner befürchten, bei weiter steigenden Infektionszahlen die intensivmedizinische Versorgung in Deutschland bald nicht mehr in vollem Umfang gewährleisten zu können!“, so Janssens.
Mehrere Tausend Intensivpflegekräfte fehlen
Bisher hatte die DIVI stets betont, dass Deutschland durch zusätzlich geschaffene Betten- und Beatmungskapazitäten gut vorbereitet sei auf einen Anstieg der Infektionszahlen. Jetzt verweist die Fachgesellschaft auf den Faktor Mensch: Es gebe zwar aktuell noch genug freie Intensivbetten, aber die Anzahl des Pflegepersonals auf den Intensivstationen und auch der Ärzte habe in den letzten Monaten nicht zugenommen, heißt es im Video. Janssens: „Bei den Intensivpflegekräften kämpfen wir immer noch mit den gleichen Engpässen wie vor der Covid 19-Pandemie.“
Erst gestern hatte die DIVI darauf verwiesen, dass in Deutschland geschätzt 3.500 bis 4.000 Intensivpflegekräfte fehlen. „Ausreichend Intensivbetten und Beatmungsgeräte helfen nicht weiter, wenn wir kein Personal haben, um die Patienten zu versorgen.“, hieß es in einem Tweet.
Angesichts der dramatisch steigenden Infektionszahlen befürchtet die DIVI neben Ansteckungen bei Risikopatienten auch Infektionen von Pflegepersonal und Ärzten im privaten Umfeld. Wenn diese Mitarbeiter, wie vorgeschrieben, in Quarantäne geschickt würden, müsse man sich auf eine „bedrohliche Personalunterversorgung“ einstellen, so Janssens.
Appell an die Bevölkerung
Stellvertretend für mehr als 3.000 Intensivmediziner und Pflegekräfte auf deutschen Intensivstationen bittet der DIVI-Präsident daher die Bevölkerung, sich jetzt strikt an die Regeln zur Minimierung des Infektionsrisikos zu halten. Die Menschen sollten Kontakte minimieren, größeren Veranstaltungen fernbleiben, die Teilnahme an Festen vermeiden und nicht zuletzt die "AHA+L+A Regel" beachten.
„Nur wenn wir alle an einem Strang ziehen, wird es uns gelingen, die Kurve der derzeit steigenden Infektionszahlen wieder flach zu halten – und damit den Druck aus den Krankenhäusern, und hier insbesondere den Intensivstationen, herauszunehmen!“, bekräftigt Janssens. (ne)