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Erschienen in: Pflegezeitschrift 6/2022

01.05.2022 | Interview Zur Zeit gratis

Nachgefragt ... bei Julia Maier

Erschienen in: Pflegezeitschrift | Ausgabe 6/2022

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Die Klimakrise ist eine Gesundheitskrise, warnt die AWO. Die Einrichtungen und Dienste in der Pflege müssen sich dagegen wappnen, sagt Julia Maier, Referentin für Klimaschutz in der Sozialen Arbeit beim Arbeiterwohlfahrt Bundesverband e.V. in Berlin. Wir haben sie gefragt, welche Auswirkungen vor allem die steigenden Temperaturen auf die Gesundheit haben, und was sich hinter dem Begriff "Klimafreundlich pflegen" verbirgt.
Frau Maier, Sie warnen eindrücklich vor den Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit der Menschen. Welche sind dies und wie bedrohlich sind sie?
Maier: Zunächst einmal ist festzustellen, dass die Auswirkungen der Klimakrise schon heute spürbar sind. Für Deutschland heißt das laut dem Weltklimarat: mehr Hochwasser, mehr Dürre und mehr Hitzewellen. Für den Bereich der Pflege sind die Auswirkungen von Hitze auf die Gesundheit besonders relevant. Die steigenden Temperaturen in Kombination mit hohen bodennahen Ozonkonzentrationen können bei älteren Menschen sowie Menschen mit Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen schwerstwiegende gesundheitliche Folgen haben. Bereits für das Jahr 2018 geht man davon aus, dass in Deutschland mehr als 20.000 über 65-Jährige in Zusammenhang mit Hitze gestorben sind.
Was heißt für Sie "klimafreundlich pflegen", mit dem sich die AWO im Rahmen des gleichnamigen Projekts befasst?
Maier: Bei "klimafreundlich pflegen - überall!" geht es vorrangig um Klimaschutz, wenngleich auch die Klimaanpassung in Workshops, Fachtagen oder Schulungen adressiert wird. Die Projekteinrichtungen erheben zu Beginn ihren CO2-Fußabdruck. Durch eine ganzheitliche Erfassung können wir zeigen, dass nicht nur Aspekte der Energie, sondern beispielsweise auch die Verpflegung relevant sind für die Höhe der Emissionen, die eine Senioreneinrichtung verursacht. Gemeinsam mit der Einrichtung vor Ort versuchen wir, deren CO2-Fußabdruck in allen Bereichen zu verringern. Wir sind es, die den Pflegebedürftigen ein klimafreundliches Leben ermöglichen können! Damit dies gelingt, muss sich viel ändern. Das Beispiel Verpflegung zeigt: Wir können den Pflegebedürftigen durch Veränderungen im Einkauf und bei der Speiseplangestaltung eine gesündere, schmackhaftere und klimafreundlichere Kost anbieten, bei der wir am Ende des Tages zudem weniger wegschmeißen. Unsere Bemühungen klimafreundlicher Pflege kommen auch bei den Mitarbeiter*innen und Bewerber*innen gut an. Insbesondere jungen Menschen ist eine nachhaltige Arbeitsstelle wichtig. Wir bemerken bereits jetzt einen Wettbewerbsvorteil auf dem Fachkräftemarkt.
Hitzewellen nehmen seit Jahren zu. Welche Schutzmaßnahmen können Einrichtungen und Pflegende ergreifen?
Maier: Ich konzentriere mich hier auf den Hitzeschutz in der Pflege: Auf Einrichtungsebene sorgen bauliche Veränderungen - wie Verschattungen, energetische Sanierungen oder die Gestaltung von Außenanlagen mit mehr Grün und Blau - für eine kühlere Senioreneinrichtung. Hitzeaktionspläne auf allen Ebenen unter Einbindung aller relevanten Akteure sorgen dafür, dass eine Senioreneinrichtung frühzeitig und adäquat in einer Akutsituation handeln kann. Besonders gefährdete Menschen können zum Beispiel in Cooling Centern untergebracht werden. Zudem gilt es, das Personal zu sensibilisieren, damit es auch durch wasserreiches Obst und Gemüse bei den Bewohner*innen für eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sorgt und Hitzesymptome richtig deuten kann. Wir müssen aber auch an die Pflegekräfte denken, die körperlich hart arbeiten und somit selbst von Hitze betroffen sind. Auch sie sollten auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten. Zur Abkühlung kann man zum Beispiel leichte Kühlwesten unter der Arbeitskleidung tragen.
Sie kooperieren mit der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG). Was möchten Sie damit erreichen?
Maier: Wir sind sehr froh, dass wir mit der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit einen kompetenten Partner gefunden haben, um gemeinsam das Ziel der Klimaneutralität im Gesundheits- und Sozialsektor voranzutreiben. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Hitzeschutz für vulnerable Bevölkerungsgruppen. Wir möchten das Thema viel stärker im Verband verankern und das Bewusstsein dafür schärfen. Die Zusammenarbeit mit KLUG hat uns gezeigt, dass Deutschland nicht ausreichend auf Hitze vorbereitet ist. Es fehlt an funktionierenden kommunalen Strukturen und Akutmaßnahmenplänen in Verbindung mit dem Katastrophenschutz. Die AWO kann mit ihren vorhandenen Strukturen helfen, ein lokales Hitzenetzwerk aufzubauen und Mitarbeiter*innen zu schulen, um auf den Ernstfall vorbereitet zu sein. Ein solches Netzwerks soll nicht nur den Bewohner*innen von AWO-Einrichtungen, sondern auch Menschen aus dem Quartier zugutekommen.
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Metadaten
Titel
Nachgefragt ... bei Julia Maier
Publikationsdatum
01.05.2022
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Pflegezeitschrift / Ausgabe 6/2022
Print ISSN: 0945-1129
Elektronische ISSN: 2520-1816
DOI
https://doi.org/10.1007/s41906-022-1278-9

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