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28.06.2023 | Politik | Nachrichten

Policy Brief zur Krankenhausreform

Pflegefachliches Potenzial entfalten

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Pflegeverbände sehen die umfassende Expertise von Pflegefachpersonen bei der anstehenden Krankenhausstrukturreform nicht berücksichtigt. In einem Policy Brief zeigen sie auf, weshalb die Entfaltung des pflegefachlichen Potenzials für ein Gelingen der Reform so wichtig ist.

Pflegerin mit Patientin  © Tempura / Getty Images / iStockDas pflegefachliche Potenzial muss für eine zukunftsfähige und gute Patientenversorgung umfassend genutzt werden, fordern führende Pflegeverbände. 

In dem am Dienstag veröffentlichten Papier wenden sich der Deutsche Pflegerat (DPR), der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), der Verband der Schwesternschaften vom Deutschen Roten Kreuz und der Bundesverband Pflegemanagement an die gesundheitspolitischen Entscheidungsträger*innen in Bund und Ländern.

Die aktuelle Form der vorgeschlagenen Eckpunkte reicht aus Sicht der Verbände nicht aus, um die Hauptziele der Krankenhausreform – Versorgungssicherheit, Behandlungsqualität und Entbürokratisierung – zu erreichen. Die ursprünglichen „vielversprechenden Reformvorschläge“ der Regierungskommission würden bisher nicht berücksichtigt. Dies sei ein „großer Fehler“.

Für eine gelingende Krankenhausstrukturreform, in der das pflegefachliche Potenzial entfaltet werden kann, müssen aus Sicht der Verbände drei Forderungen erfüllt sein:

  1. Primärversorgungszentren bzw. Level-Ii-Krankenhäuser schließen eine Versorgungslücke und sind deshalb notwendig. Ihr Versorgungsschwerpunkt liegt wesentlich auf komplexen Pflegebedarfen. Eine Leitung durch qualifizierte Pflegefachpersonen muss möglich sein.
  2. Die Qualitätskriterien in den Leistungsgruppen müssen die pflegerische Leistung spiegeln und einen bedarfsgerechten Personalschlüssel sowie den notwendigen Qualifikationsmix für die Pflegeberufe beinhalten.
  3. Die Heilkundeübertragung auf Pflegefachpersonen muss im Sinne einer Substitution geregelt werden, damit sie eigenverantwortlich ihre Kompetenzen einsetzen und die Basisversorgung sichern können.

Die Verbände verweisen auf die trotz hoher Kosten im OECD-Vergleich vergleichsweise schlechten Behandlungsergebnisse im deutschen Gesundheitssystem. Als Ursache sehen sie in erster Linie Fehlversorgungen in der Primärversorgung. Zudem sei bessere Gesundheitsversorgung auf angemessene Personalschlüssel und mehr hochqualifiziertes Pflegepersonal angewiesen. Ohne grundlegende Veränderungen der Strukturen im Gesundheitswesen, sei eine Verschärfung des Personalmangels weder durch Ausbildungsoffensiven noch durch Anwerbungen aus dem Ausland aufzuhalten.

Neuorganisation und Neuverteilung der Aufgaben

„Die Fakten zur Versorgungssituation liegen seit Jahren aus dem Tisch, während der Reformdruck immer weiter steigt“, erklärte die Bundesgeschäftsführerin des DBfK Bernadette Klapper. Aus Sicht der Verbände bietet die Krankenhausstrukturreform jetzt die Chance, bestehende und zukünftige Probleme anzugehen.

DPR-Präsidentin Christine Vogler machte deutlich: „Wir sollten es uns nicht mehr leisten, dass die vorhandenen Kompetenzen der einzelnen Berufsgruppen nicht effektiv eingesetzt werden. Es muss zu einer Erweiterung der Verantwortungsbereiche in den jeweiligen Berufen kommen.“ Generell sei eine Neuorganisation und Neuverteilung der Aufgaben unabdingbar.  

Die Verbände sehen derzeit nicht, dass die pflegerische Expertise „explizit und in ausreichendem Maße“ in die Entscheidungsprozesse mit einfließt. Wichtige Versorgungsaspekte würden dadurch nicht ausreichend berücksichtigt. Notwendig sei eine konsequente Einbindung der Pflege in die Entscheidungsgremien auf Bundesebene.

Der Bundesverband Pflegemanagement betonte, die vorgeschlagene Reform verkenne nahezu völlig, dass die Gesundheit stationärer Patienten von dem Zusammenspiel zwischen Pflege, Medizin und anderen Gesundheitsberufen abhänge. Pflege sei 24/7 der Garant für ein funktionierendes Gesundheitssystem. Der derzeit rein medizinische Fokus könne dies nicht garantieren. „Eine Krankenhausreform, die ohne die tatsächliche Einbeziehung der Pflegefachpersonen, ohne ihre Handlungsautonomie und ohne eine kompetenzorientierte Abstimmung aller Gesundheitsfachberufe untereinander umgesetzt wird, ist bereits bei ihrem Inkrafttreten reformbedürftig und zum Scheitern verurteilt“ heißt es.

Alle Akteure einbeziehen

Unterstützung für die Forderungen im Policy Brief kommt auch von der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz. Kammerpräsident Markus Mai betonte: „Für eine gelungene zukunftsorientierte Krankenhausreform ist es entscheidend, dass wir diese gemeinsam gestalten und vor allem praxisorientiert umsetzen. Dies kann nur gelingen, wenn alle Akteure des Gesundheitswesens mit einbezogen werden.“

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will voraussichtlich am Donnerstag die mit den Ländern abgestimmten Eckpunkte zur Krankenhausreform veröffentlichen. Über den Sommer soll der Gesetzentwurf dann fertiggestellt werden. (ne)

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