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2019 | Pflegepraxis | Buch

Fixierungen vermeiden

Alternativen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen in der Pflege

verfasst von: Michael Thomsen

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Freiheitsentziehende Maßnahmen sind mit einer eklatanten Einschränkung der Lebensqualität verbunden, in erster Linie natürlich für jene Personen, denen die Freiheit entzogen wird aber auch für das Fachpersonal, das die entsprechenden Entscheidungen trifft bzw. durchführen muss. Das Buch beschreibt praxisnah, wie Fixierungen im Pflegealltag vermieden werden können und zeigt zahlreiche Impulse und Ideen zur Vermeidung von freiheits- und bewegungseinschränkenden Maßnahmen auf, wobei die Rolle der Pflegenden und der Verfahrenspfleger deutlich hervorgehoben wird. Insbesondere geht der Autor auf die Phänomene Sturzgefahr und Hinlauftendenz bei Demenzerkrankten ein. Zudem wird auf die aktuelle Rechtsgrundlage, bisherige Praxis und Expertenstandards und die Wichtigkeit der Dokumentation eingegangen. Das Buch richtet sich an Pflegefachkräfte, Altenbetreuer, Verfahrenspfleger und andere Pflegedienstleistungen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Freiheitsentziehende Maßnahmen vermeiden – eine pflegerische Herausforderung
Zusammenfassung
Die Vermeidung von Freiheits- und Bewegungseinschränkungen ist Herausforderung und Kernaufgabe professioneller Pflege.
Mitarbeiter brauchen neben Fortbildungen eine gute Teamkultur sowie motivierte und fachkundige Leitungsmitarbeiter. Neben der Arztassistenz und der Durchführung notwendiger Präventionen sorgen Pflegende stets für eine individuelle und empathische Betrachtung des Einzelfalls. Das „fixierungsfreie“ Heim anzustreben, ist ein lohnenswertes Ziel, das sowohl die Lebensqualität der Bewohner verbessert als auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Entscheidend sind die gemeinsame Bewertung des Falls und die passgenaue Lösung des Problems. Dabei ist nicht immer eine sichernde und damit die Bewegung einschränkende Maßnahme amtsrichterlich genehmigungspflichtig.
Michael Thomsen
Kapitel 2. Die bisherige Praxis
Zusammenfassung
Die bisherige Praxis in Bezug auf die Gefahren einer Selbst- oder Fremdgefährdung, z.B. durch Stürze, ist geprägt von Unsicherheit, vorauseilendem Gehorsam und Angst vor Regressansprüchen und Haftung. Es fehlt im Pflegebetrieb oft an systematischer Reflexion von Einzelfällen. Eine bloße Sturzgefahr darf nicht dazu führen, dass eine Fixierung per se als Sturzprophylaxe angesehen wird. Die Risiken von FEMs sind vielfältig und werden in der alltäglichen Routine oft verdrängt oder übersehen.
Bewegung ist die beste Medizin! Diese Erkenntnis leitet den Expertenstandard „Erhaltung und Förderung der Mobilität“. Sturzereignisse nehmen mit zunehmendem Alter zu und sind nicht gänzlich zu vermeiden. Der Schwerpunkt pflegerischer Intervention sollte darin bestehen, Mobilität zu fördern und Sturzfolgeschäden zu minimieren. Im Fall einer körpernahen Fixierung, insbesondere bei Bauchgurtfixierung, bedarf es ausreichender Überwachung bzw. Zusicht auf den Betroffenen.
Michael Thomsen
Kapitel 3. Rechtliche Aspekte
Zusammenfassung
Das Kapitel analysiert die rechtliche Situation bei Fixierungen in Altenheimen in Österreich, Deutschland und in der Schweiz unter anderem anhand von einzelnen richtungsweisenden Rechtsentscheidungen sowie den jeweiligen Rechtsnormen der drei Länder. Obwohl diese drei Länder in Sprache und Kultur sehr ähnlich sind, ergeben sich erstaunliche Unterschiede auf diesem Rechtsgebiet.
De facto wird die Rechtsmaterie jedes einzelnen Landes anhand der jeweiligen Rechtsnormen erörtert und am Ende des Kapitels im Ländervergleich bewertet. Hierbei wird das Rechtsgebiet der Unterlassung und der Haftung mit eingeschlossen. Zudem wird die besondere Position der Verfahrenshelfer betrachtet sowie kurz der Werdenfelser Weg skizziert. Es wird dabei ausnahmslos auf die rechtliche Situation in österreichischen, deutschen und Schweizer Altenheimen eingegangen.
Schlussendlich zeigt sich, dass in der Schweiz das Phänomen der Fixierungen in Altenheimen am wenigsten von allen drei Ländern lückenlos normiert wurde und de facto das höchste Potenzial für inhumane Freiheitsbeschränkungen im deutschsprachigen Raum aufweist.
Michael Thomsen
Kapitel 4. Fixierungsbedarfe aus Sicht der Pflege
Zusammenfassung
Die häufigsten Anlässe zur Anwendung bewegungseinschränkender Maßnahmen sind selbst- oder fremdgefährdendes Verhalten. Bei Sturzgefahr ist eine bewegungseinschränkende Maßnahme kontraproduktiv, wenn Mobilität erhalten oder gefördert werden soll. Immer muss eine genaue und gewissenhafte Abwägung und Bewertung der Risiken vorgenommen werden.
Bei Weglauftendenzen gilt es, eine differenzierte Angebotspalette an baulichen, konzeptionellen und personellen Lösungen im Rahmen der stationären Pflege systematisch aufzubauen. Dabei sind sowohl pharmakologische als auch bewegungseinschränkende Lösungen erst gerechtfertigt, wenn Alternativen oder mildere Mittel der Gefahrenabwehr ausscheiden.
Eine wertschätzende Grundhaltung und die gemeinsame Reflexion der Beziehungsgestaltung sowie die Einbeziehung aller Beteiligten kann die Chancen erhöhen, dass auf dem Boden einer diskursiven Risikoabwägung eine gemeinsam getragene Entscheidung zum Wohle und im Sinne des betroffenen Bewohners gefunden wird.
Die Sorgen von Angehörigen und Bewohnern müssen sehr ernst genommen werden. Sachargumente allein sind nicht immer zielführend, um zu einer gemeinsam getragenen Entscheidung zu gelangen.
Michael Thomsen
Kapitel 5. Unumgängliche Fixierungsmaßnahmen
Zusammenfassung
Pflegekräfte sind nur bei akuter Gefahr (Notstand, Notwehr) berechtigt, Bewohner oder Patienten vorläufig zu fixieren. Die Fixierungsmaßnahme ist immer die letzte und möglichst befristete Lösung bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung. Ein ärztliches Attest ist bei einer freiheitsentziehenden Maßnahme immer erforderlich und unverzüglich einzuholen. Bei freiheitsentziehenden Maßnahmen besteht eine besondere Sorgfalts-, Beobachtungs- und Dokumentationspflicht. Es sollten regelmäßige Absetzversuche erprobt, dokumentiert und dem Betreuer rückgemeldet werden.
Die Beteiligten müssen genau prüfen, ob trotz eingeschränkter Kognition noch Einwilligungsfähigkeit vorliegt. Nicht jede die Bewegung einschränkende Maßnahme ist amtsrichterlich genehmigungspflichtig. Intrinsische Bewegungsunfähigkeit erfordert keine richterliche Genehmigung, ist aber gegenüber Prüfinstanzen begründend darzulegen.
In komplexeren Fällen kann eine Fallbesprechung zielführend sein, um Lösungswege aufzutun und Entscheidungen auf eine breite Grundlage zu stellen.
Michael Thomsen
Kapitel 6. Der Verfahrenspfleger
Zusammenfassung
Der Verfahrenspfleger ist dem Wohl des Betroffenen verpflichtet und braucht zu einer sachgerechten Stellungnahme vielfältige Informationen, um die Angemessenheit der Maßnahmen und die Erforderlichkeit einer amtsrichterlichen Genehmigung darlegen zu können. Eine gute Vorbereitung und die kompetente Auskunft der Pflegefachkraft sind für alle Beteiligten von Vorteil! Im Rahmen von Erprobungen milderer Mittel oder Alternativen sind auch bei größtmöglicher Sorgfalt und Kontrolle Unfälle oder Schäden nicht immer zu vermeiden. Ein Restrisiko bleibt, wenn man eine Lösung finden will. Erfolgt eine FEM ad hoc bzw. ungeplant und darüber hinaus nicht über einen längeren Zeitraum oder regelmäßig, also absehbar wiederkehrend, ist sie i.d.R. nicht genehmigungspflichtig. Der Einzelfall sollte nach Möglichkeit extern abgeklärt werden. Pflegedienste müssen sicherstellen, dass die gesetzlichen Vertreter bei Menschen ohne Einwilligungsfähigkeit zeitnah über die Vergabe von Medikamenten oder die Durchführung therapeutischer oder vorsorglicher Maßnahmen unterrichtet werden.
Michael Thomsen
Kapitel 7. Hilfen zur Entscheidungsfindung
Zusammenfassung
Um die Notwendigkeit einer freiheitseinschränkenden Maßnahme zu konstatieren, sind als Einflussgrößen bei der Entscheidungsfindung einige Punkte zu klären: kognitiver Status (Einwilligungsfähigkeit), (mutmaßlicher) Wille, Mobilitätsstatus, tatsächliches Verhalten.
Michael Thomsen
Backmatter
Metadaten
Titel
Fixierungen vermeiden
verfasst von
Michael Thomsen
Copyright-Jahr
2019
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-57552-9
Print ISBN
978-3-662-57551-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-57552-9