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2021 | Management | Buch

Innovative Personalentwicklung im In- und Ausland

Für Einrichtungen im Gesundheitswesen

herausgegeben von: Prof. Dr. Renate Tewes, U. Christiane Matzke

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Personalentwicklung ist ein wichtiger Baustein für eine nachhaltige Mitarbeiterstruktur in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen. Diese Buch bietet Personalverantwortlichen einen Blick über den nationalen Tellerrand und zeigt innovative Konzepte aus dem In- und Ausland.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Innovative und mutige Personalentwicklung im Gesundheitswesen
Zusammenfassung
Die Gesellschaft und mit ihr das Gesundheitssystem befindet sich derzeit in einem sich anbahnenden grundlegenden Wandel. Die Themen sind in den meisten Industrienationen sehr ähnlich, fast vergleichbar, und dies trotz großer Diversität in Aufbau, Struktur und Finanzierung der Gesundheitssysteme. Damit werden die großen Treiber für eine innovative und mutige Personalentwicklung der Zukunft wie Demographie, Globalisierung, Wissensgemeinschaft, Klimawandel, Digitalisierung und weitere Technologieentwicklung sowie sich global auswirkende Krisen wie die derzeitige Corona-Pandemie eine gemeinsame Aufgabe innerhalb einer Region oder Nation, doch vieles wird nur gemeinsam zu lösen sein, in einer kooperierenden Weltgemeinschaft. Das Kapitel führt zunächst theoriegeleitet in die aktuelle Situation des Gesundheitssystems in Deutschland ein, setzt sich mit dem allgemein gängigen und zumeist technologieaffinen Begriff der Innovation auseinander, um einerseits rasante medizintechnische Innovationen im Gesundheitssystem zu würdigen und gleichermaßen die Notwendigkeiten sozial-organisationaler Innovationen für Gesundheitseinrichtungen, in denen Menschen für und mit Menschen zusammenarbeiten, hervorzuheben. In einem dritten Strang werden die Ausrichtung von Personalentwicklung im Gesundheitswesen in jüngster Vergangenheit und Gegenwart betrachtet sowie sich radikal verändernde Herausforderungen in der Zukunft herausgearbeitet. Vor dieser theoretischen Reflexion werden im praxisorientierten Teil des Kapitels die nationalen und internationalen Projekte zur Personalentwicklung in folgenden fünf Clustern eingeführt: Culture Change: Weitblick mit Ausblick – Mutig sein: Emotionale Intelligenz zahlt sich aus – Keine Angst vor Technik: Potenziale neuer Technologien proaktiv erschließen – New Generation: vorausschauend qualifizieren – Dream Team: Separation der Berufsgruppen und Sektorendenken überwinden. Im Fazit wird auf das Abschlusskapitel „Mutige Zukunft der Personalentwicklung im Gesundheitswesen“ als potenzielles Tor in die Zukunft mit vielfältigen Möglichkeiten verwiesen.
U. Christiane Matzke
2. Culture Change: Weitblick mit Ausblick
Zusammenfassung
Das international erfolgreiche Programm Relationship-Based CareTM wird von vielen Kliniken verwendet, die sich auf den Magnet-Status vorzubereiten. Hier wird die Qualität der Arbeitsbeziehungen in den Mittelpunkt gerückt. Im Zuge der Einführung des Programmes Relationship Based CareTM wurden zwei innovative Workshops entwickelt, um das Engagement der Führungskräfte und Mitarbeiter von Gesundheitseinrichtungen mit Herz und Verstand einzubinden. Die Workshops wurden entworfen, um neue innovative Lehrmethoden zu integrieren. Im Mittelpunkt stand dabei ein Grundsatz der Erwachsenenbildung, bei welchem der Respekt für das Wissen und die Erfahrung des Lernenden die Basis bilden sollte. Die Lernenden nahmen an verschiedenen Aufgaben und reflexionsorientierten Übungen teil, um die Inhalte anzuwenden und zu verinnerlichen. Der Fokus lag hierbei deutlich auf den Kompetenzen der Beziehungsbildung, nicht auf den klinisch-technischen Fähigkeiten der Teilnehmer. Pflegepraktiken für sich selbst, für Mitarbeiter, für Patienten und Familien wurden in Verhaltensweisen umgesetzt. Die Kursteilnehmer lernten Wege, therapeutische und gleichzeitig empathische Beziehungen mit Anderen zu entwickeln. Organisations- und fachbereichsbezogene Messverfahren zeigten die positiven Auswirkungen der Workshops. Festgestellt wurden ein deutlicher Rückgang der Personalfluktuation ermittelt von den Personalabteilungen sowie eine gestiegene Patientenzufriedenheit, die mittels Fragebogen erhoben wurde. In diesem Artikel werden die Inhalte der beiden sehr erfolgreichen Workshops erstmals einem öffentlichen Publikum zugänglich gemacht.
Lernen ist wie Rudern gegen den Strom, sobald man aufhört, fällt man zurück (chinesisches Sprichwort). Ähnlich ist es bei der Personalentwicklung, einem mächtigen Fundament, das vieles ermöglichen und Barrieren überwinden kann. Die Autoren Michael Shannon, Geraldine Shaw und John Lawson zeigen, dass gleichwohl Gesundheitsversorgungsstrategien und Personalentwicklungsprojekte im beruflichen Alltag des Gesundheitswesens weit verbreitet und akzeptiert sind, organisatorische Strategien wertlos bleiben ohne den Einsatz von versierten Methoden, die die Mitarbeiter in den Mittelpunkt rücken. In diesem Abschnitt fokussieren wir auf die Wirkung von zwei unterschiedlichen Methoden der Personalentwicklung und deren Effizienz für das Gesundheitswesen. Zunächst untersuchten wir die Nationalen Klinischen Programme der Schlaganfallversorgung in Irland als ein methodisches Beispiel, um Mitarbeiter des Gesundheitswesens für eine verbesserte Patientenversorgung zu engagieren. Insbesondere erforschten wir, wie sich die Einbeziehung und Entwicklung des Personals auf die Implementierung der Schlaganfallversorgung auswirkte. Die Ergebnisse untermauern die große Bedeutung der Beteiligung und Entwicklung von Mitarbeitern für eine erfolgreiche Implementierung und verdeutlichen, welche kollektiven Folgen dieses Lernen für die Entwicklung des Personals hat. Als nächstes haben wir das Potenzial von Action Learning als Methode exploriert, als wir diese Methode im Mittleren Osten bei Master-Studenten leitender Medizin anwendeten. Wir untersuchten dessen Passung als eine Etappe im Studium sowie die Vorteile für die Entwicklung der Gesundheitsmanager, indem die kritische Selbstreflexion als ein Instrument der täglichen Arbeitsroutine eingeführt wurde. Um die Entwicklungserfolge der teilnehmenden Medizinmanager und der Prozesse zu maximieren, fanden verpflichtende monatliche Action-Learning-Gruppentreffen statt. Durch das Stellen von tiefgehenden Fragen beim Action Learning wurde jedes Gruppenmitglied herausfordert, und strategische Prozesse konnten besser durchdrungen werden. Dieses Vorgehen erwies sich als wertvolle Technik für die persönliche Entwicklung der Teilnehmer. Dies war ein großer Unterschied zum bisherigen Lernen, bei dem die Selbstreflexion keine Rolle spielte. Trotz der Vorbehalte von Teilnehmerseite für diese Methode zeigte sich am Ende, dass gerade die Führungsfähigkeiten sich hierdurch besonders entwickelten.
Betrachtet man die Entwicklung und Einführung von Führungsleitlinien als ein Projekt, dann bieten sie die Gelegenheit, einen innovativen Ansatz zu wählen, der das Projektdesign an systemischen Grundlagen auszurichtet. Es lassen sich sowohl in der Entwicklung von Führungsleitlinien als auch bei der Einführung zirkuläre Kommunikations- und Interaktionsprozesse nutzen, um alle Ebenen der Organisation zu involvieren und zu irritieren. So entsteht die Möglichkeit zum Perspektivwechsel und zu neuem Handeln. Der Artikel beschreibt, wie ein Projekt ein System von Führungskräften – aber auch alle anderen – bewusst mit „Störungen“ in das Vorhandene hinein konfrontiert. Er erläutert die gewählten Kommunikationsformate, die als ungewöhnlich angesehen wurden. Im Weiteren beschreibt er, wie das Ziel verfolgt worden ist, eine Veränderung nicht nur zu ermöglichen, sondern sie von Anfang an erlebbar, sichtbar, spürbar werden zu lassen. Als wichtige Aspekte werden dabei beleuchtet, dass die Veränderung einer Organisation nach dem Verständnis der AutorInnen immer bedeutet, die Menschen zu verändern: ihr Verhalten, ihre Haltung, die Kommunikation etc. Dafür braucht es viel eigenes Erleben, was anders funktionieren kann, wie anders miteinander gesprochen werden kann, wie anders zugehört werden kann, wie anders reagiert werden kann etc. Bevor der Artikel zu einer Rückbetrachtung kommt, erläutert und bewertet er, wie die Menschen vom Spüren zum Anders-Machen begleitet wurden, um abschließend (selbst)kritisch zu bewerten, wo die Chancen und die Grenzen lagen, um gut zu üben und nachhaltig zu verändern.
2017 wagte das irische Gesundheitswesen einen großen Sprung und etablierte ein einzigartiges natonales Projekt. Zweck des Projekts: 2017 wurde in Irland ein nationales Programm vom irischen Gesundheitsdienst eingeführt, um personenzentrierte Kulturen in allen Bereichen der Gesundheits- und sozialen Versorgung zu ermöglichen. Es gab ein zweifaches Ziel: 1) Ausbildung multiprofessioneller Moderatoren, um innerhalb ihrer eigenen Tätigkeitsfelder eine Veränderung in Richtung personenzentrierte Kultur zu erwirken, 2) Bereitstellen von Mitteln, um personenzentrierte Versorgung einzubetten in die täglichen Abläufe, damit diese zur Norm wird, wie dort gearbeitet wird. Methoden und Forschungsdesign: Um den Teilnehmern zu ermöglichen, die Realitäten und Möglichkeiten ihrer Arbeitsplatzkultur aufzudecken, kommen kognitive und kreative, transformationale Moderation und Praxisentwicklungsmethoden zum Einsatz. Durch aktives Lernen und Arbeiten mit personenzentrierten Prinzipien erlernen die Teilnehmer Fähigkeiten des kritischen Reflektierens und können damit überholte Praktiken hinter sich lassen. Die Ergebnisse dieses Programms zeigten nach einem Jahr Auswirkungen auf: Bewusstseinsentwicklung; Transformation des Selbst; Entwicklung von Kenntnissen und Erfahrungen im Moderieren; gemeinsame Verantwortung für Personenzentriertheit; Lernen und Umsetzen. Es zeigten sich Fortschritte bezüglich strategischer Selbstverpflichtung („commitment“) und Unterstützung für diesen systematischen Zugang, um personenzentrierte Kulturen zu ermöglichen. Auswirkungen: Dieses Programm ermöglicht das Lernen mithilfe von Fokussierung. Methodologie, Einfluss und erhebliche Unterstützung sind notwendig, um einen programmatischen und nationalen Kulturwandel zu vollziehen.
Das Gesundheitswesen in den Vereinigten Staaten (USA) entwickelt sich derzeit mit einem historisch noch nie dagewesenen Fortschritt. Die verstärkte Nutzung von integrativen Heilungsmethoden (sog. Integrative Service) zum persönlichen Wohlbefinden war ein wesentlicher Faktor bei der Expansion von Gesundheitsorganisationen in den USA. Die Entwicklung, Implementierung und Bewertung von Programmen zu integrativen Heilverfahren im Akutbereich erfordern aufmerksame Führungskräfte und Teams. In diesem Abschnitt erläutern die Autoren eine schrittweise Beschreibung der Entwicklung des komplexen Gesundheitsmodells „Healing Healthcare Model“ innerhalb eines kleinen Gemeindekrankenhauses in Minnesota. Außerdem beschreiben die Autoren die Entwicklung, Implementierung und Bewertung eines holistischen Versorgungsmodells im Akutbereich des Klinikums sowie die Entwicklung des ganzheitlichen Modells im komplexeren System. Es werden Möglichkeiten für eine verstärkte Integration von Konzepten der holistischen Versorgung in akademische Programme vorgeschlagen, um eine angemessene Vorbereitung neuer medizinischer Fachkräfte mit den grundlegenden Fähigkeiten und Kenntnissen sicherzustellen und der wachsenden Nachfrage nach diesen Dienstleistungen gerecht zu werden.
Mary Koloroutis, Susan Wessel, Jayne Felgen, Michael Shannon, Geraldine Shaw, John Lawson, Ute Grießhaber-Paule, Bernhard Heuvelmann, Brendan McCormack, Lorna Peelo-Kilroe, Margaret Codd, Debbie Baldie, Emily Witrak Nowak, Val Lincoln
3. Mutig sein – Emotionale Intelligenz zahlt sich aus
Zusammenfassung
In diesem Kapitel können Sie u. a. lesen, wie der Humor hilfreich sein kann, die vielseitigen Herausforderungen der Pflege zu meistern. Entgegen dem weit verbreiteten deutschen Missverständnis ist Humor überhaupt nicht oberflächlich – vielmehr ist er die heitere Gelassenheit, die Doppelbödigkeit des Seins zu akzeptieren. Seit den Anfängen der Humorarbeit, dem gemeinsamen Lachen durch Clowns im Krankenhaus, rückt nun die Pflege immer mehr in den Fokus, denn nur an wenige Professionen werden derart hohe Anforderungen an die Fähigkeit zur Stressbewältigung und psychischen Widerstandskraft gestellt. Um die Pflege auf diesem Gebiet zu unterstützen hat die Stiftung HUMOR HILFT HEILEN in Zusammenarbeit mit der Universität Zürich die größte Studie zu Humor in der Pflege durchgeführt: Teams haben gemeinsam mit ausgebildeten Humortrainern zu den Themen Achtsamkeit, Resilienz und Präsenz geübt, reflektiert und ihre Erfahrungen in den Alltag transferiert – mit positivem Ergebnis.
Die Pflege und Begleitung von Patienten und Patientinnen bringt Pflegende häufig in emotional herausfordernde Situationen. Nicht immer gelingt es den Pflegenden dabei, mit ihren eigenen Gefühlen und Bedürfnissen in Kontakt zu sein. Dies aber ist eine der Quellen für Erschöpfung und den Verlust der Berufsmotivation. Oder aber Pflegende zeigen nach außen andere Gefühle als die, die sie im Inneren verspüren, um die Mitarbeit von Patienten und Patientinnen zu erreichen. Dieses Phänomen wird auch als „emotionale Dissonanz“ beschrieben und als einer der Hauptbelastungsfaktoren für Pflegeberufe gesehen. Pflege ist eine Interaktionsarbeit, die neben der Kooperationsarbeit und dem subjektivierenden Arbeitshandeln vor allem auch Gefühlsarbeit und Emotionsarbeit umfasst. Patienten und Patientinnen in existenziell bedrohlichen Situationen handeln meist nicht rational und konsistent. Daher muss sich Pflege immer wieder auf neue Situation einstellen und situativ die beste Reaktionsmöglichkeit finden. Durch den ökonomischen Druck auf Krankenhäuser und stationäre und ambulante Anbieter und um die Qualität abzusichern, werden zunehmend standardisierte Qualitätsanforderungen formuliert. Dies wiederum engt den Spielraum von Pflegenden für subjektivierendes Handeln ein, Gefühlsarbeit und Emotionsarbeit geraten ins Hintertreffen. Gefühlsarbeit ist wesentlich, damit Pflegende die Gefühle der Person, die sie pflegen, richtig erkennen, respektieren und auf sie eingehen. Gefühlsarbeit ist wiederum abhängig davon, dass die Pflegenden ihre eigenen Emotionen regulieren können. Hier genau setzt das empCARE-Training an. Pflegende lernen im empCARE-Training, in herausfordernden Situationen mit sich und ihren Gefühlen in Kontakt zu sein. empCARE – ein empathiebasiertes Entlastungskonzept – trägt nachweislich zur Gesunderhaltung von Pflegenden bei. Das Projekt wurde vom BMBF im Rahmen des Programms „Präventive Maßnahmen für die sichere und gesunde Arbeit von morgen“ gefördert, und die positiven Auswirkungen von empCARE wurden wissenschaftlich nachgewiesen. Zur Umsetzung des Konzeptes in Krankenhäusern und ambulanten und stationären Einrichtungen braucht es förderliche Rahmenbedingungen und die Unterstützung der obersten Leitung und Führungskräfte.
In den Vereinigten Staaten, wie in so vielen anderen Ländern der Welt, bilden Pflegefachkräfte die größte Berufsgruppe im Gesundheitswesen. Es wird geschätzt, dass über 3 Mio. Pflegefachkräfte in den unterschiedlichsten Bereichen angestellt sind wie Krankenhäusern, Kliniken, Public Health, und gemeindenahen Einrichtungen wie Schulen oder Seniorenpflegeheimen. Die Pflegefachkräfte sind dabei tätig als Führungskräfte, Pädagogen und Wissenschaftler und oft verantwortlich für die Gesundheit der Angestellten sowie Initiativen zum Wohlbefinden. Im Gegensatz zu vielen anderen westlichen Ländern gibt es in den Vereinigten Staaten kein nationales Gesundheitsversicherungswesen, welches die Zugänge der Bürger zum Gesundheitssystem sichert. Öffentlich geförderte Gesundheitsprogramme beschränken sich auf Senioren (Medicare), Menschen mit geringem Einkommen und Menschen mit Behinderungen (Medicaid) sowie Veteranen, welche versorgungsberechtigt sind durch Einrichtungen der Veteranen-Verwaltung. Während die USA große Fortschritte im Gesundheitswesen erzielte und über die modernsten Einrichtungen und die fortschrittlichsten Technologien der Welt verfügt, bestehen signifikante Gesundheits-Disparities, sodass die USA bezüglich Sterblichkeit und Morbidität lediglich im Mittelfeld der industrialisierten Staaten liegen. 2008 förderte die Robert Wood Johnson Foundation (RWJF) in Zusammenarbeit mit dem Institute of Medicine (IOM) eine zweijährige Initiative zur Zukunft der Pflege. Die Ausgangsituation für diese Initiative war die Erkenntnis, dass der Pflegeberuf vor einigen Herausforderungen steht, um das Versprechen des reformierten Gesundheitssystems zu halten und die nationalen Bedürfnisse zu befriedigen. Das Ziel der Initiative war es, einen Bericht zu erstellen, der Empfehlungen für aktionsorientierte Blueprints über die Zukunft der Pflege enthält und Veränderungen öffentlicher und institutioneller Politik auf nationaler, bundesstaatlicher und lokaler Ebene einbezieht. Während der Arbeit an dem Bericht zur Zukunft der Pflege entwickelte das verantwortliche Komitee eine Vision für ein transformiertes Gesundheitswesen. Das zukünftige System wurde folgendermaßen beschrieben: „Ein zukünftiges System ermöglicht den Zugang zu qualitativer Versorgung für diverse Populationen der USA, unterstützt Wohlbefinden und Krankheitsprävention, fördert zuverlässig Gesundheits-Outcomes und stellt ambitionierte Versorgung während der gesamten Lebensspanne sicher. In dieser Zukunft sind die primäre Versorgung und Prävention zentrale Treiber des Gesundheitssystems.
Ein weiterer Abschnitt beschreibt ein Projekt, in welchem Trainer für den eintägigen Workshop Revitalising CareTM qualifiziert wurden. Der Workshop und die damit verbundene Unterstützung durch Einzelunterricht zielt darauf ab, Stress zu reduzieren, Resilienz aufzubauen, er hilft dem Personal, sich wertgeschätzt und energetisiert zu fühlen, fördert die Zusammenarbeit im Team und ermutigt zur Gestaltung eines harmonischen Arbeitsumfeldes. Pflege in Großbritannien sieht sich vor vielerlei Herausforderungen gestellt, zu denen auch der Erhalt von Personal zählt. Der Workshop schließt Coaching-Methoden ein, integrierte Atemmethoden, positive Psychologie und verwendet das Biofeedbackgerät emwave2®, um das Personal zu unterstützen, proaktiv mit Stresssituationen umzugehen. Das Projekt wurde für die Zeit von 2013–2015 von der Schottischen Regierungsdirektion für Gesundheitsberufe (Scottisch Government’s Directoreate for the Chief Nursing Officer, Patients, Public and Health Professions, CNOPPP) in Auftrag gegeben. Der Evaluationsbogen „Personal and Organisational Quality Assessment“ (POQA), entwickelt vom Institute für HeartMath (IHM), wurde an 127 Teilnehmern vor und nach dem Workshop verteilt. Damit konnte die Wirksamkeit des Projekts unter Beweis gestellt werden. Eine Zusammenfassung des Gelernten aus dem Projekt sowie eine Anleitung für Personalentwickler, die ähnliche Projekte starten wollen, ist beigefügt. Der Abschnitt endet mit einem Zukunftsausblick. Mittels einer App auf dem Mobiltelefon und einem Ohrsensor lässt sich sowohl der eigene Stresslevel messen als auch die Zusammenarbeit, das Konfliktmanagement und die Entscheidungsfindung von Teams, die sich gemeinsam online auf dieser Plattform anmelden.
Ziel eines weiteren Projekts: Auswerten, Verbessern und Überwachen der Arbeitsbedingungen an der Akdeniz Universitätsklinik, um die Arbeitszufriedenheit der dortigen Pflegefachkräfte zu reflektieren. Konstruktion und Methoden: Es wurde eine Langzeitstudie durchgeführt, um 11 Aspekte der Arbeitszufriedenheit von Pflegefachkräften zu untersuchen, einschließlich 4 sozialer Aspekte (sich um den Patienten kümmern, Arbeitsbeziehungen zu den Mitarbeitern, was Pflegefachkräfte, Ärzte/Ärztinnen, Stationsleitungen und weiteres Personal beinhaltet) und 7 technischen Aspekten (Autonomie, Arbeitspensum, Führung, berufliche Entwicklung, Organisationsgerechtigkeit, Dienstplanerstellung und Personalressourcen). Diese Untersuchung vergleicht die Ergebnisse von 2017 (n = 241) und 2019 (n = 408). Daten wurden mit der Gesundheitsumgebungsstudie-Türkei (Healthcare Environment Survey HES-TR) gesammelt. Ergebnisse: Alle 11 Aspekte verbesserten sich von 2017 bis 2019, und alle zeigten eine statistisch signifikante Verbesserung (p < 0,05), außer Zufriedenheit bei Verteilungsgerechtigkeit und Personalressourcen. Die 3 Bereiche mit der höchsten Zufriedenheit der HES in beiden Jahren waren die Beziehungen zu Mitarbeitern, professionelle Patientenversorgung und partizipatives Management. Sowohl 2017 als auch 2019 war Verteilungsgerechtigkeit der Bereich mit der höchsten Unzufriedenheit, gefolgt von Ressourcen. Schlussfolgerung: Die Berufszufriedenheit von Pflegefachkräften kann erhöht werden durch genaue Messungen der Gesundheitsumgebung und die darauf folgende gemeinsame Suche der Manager und Arbeitskräfte nach Lösungen.
Krankenhäuser sollten heilsame Orte, Schulen lern- und entwicklungsförderlich sein, Altersheime würdige Begegnungs- und Abschiedsmöglichkeiten bieten. Alle diese Orte sind durch ein ausgeprägtes Machtgefälle zwischen Beschäftigten und Schutzbefohlenen gekennzeichnet und werden selten gerne und häufig nicht freiwillig aufgesucht. Wer dieses Machtgefälle zu eigenen Zwecken ausnutzen will, dem bieten sich zahlreiche Gelegenheiten. Der Autor findet, dass Gewaltfreiheit in sozialen Institutionen eine Notwendigkeit, eine Schlüsselkompetenz und eine Voraussetzung zum Gelingen und Erfüllen aller an sie gestellten Aufträge darstellt.
Eckart von Hirschhausen, Ludwig Thiry, Vera Lux, Mary Jo Kreitzer, Sue Smith, Gavin John Andrews, Sebahat Gözüm, John Nelson, Harald Schickedanz
4. Keine Angst vor Technik – Potenziale neuer Technologie und Digitalisierung proaktiv erschließen
Zusammenfassung
Pflegefachkräfte sollten mit den stetigen Veränderungen Schritt halten und Innovation in ihre Arbeit integrieren, um effektive und attraktive Ergebnisse zu erzielen. Die Aktivierung innovativer Prozesse in der Pflege führt zur Senkung der Kosten sowie einer Verbesserung der pflegerischen Qualität. Material und Methoden: Um den Innovationsprozess in der Pflege am Zeynep Kamil-Krankenhaus in Istanbul zu beginnen, mussten einige Vorbereitungen getroffen werden. Zunächst wurde der Wissensstand der Pflegefachkräfte durch regelmäßige Schulungen verbessert. Eine individuelle Beratung mittels Coaching wurde eingeführt, und es wurden Wettbewerbe organisiert, um den Prozess interessanter zu gestalten. Die Teilnehmerrate wurde durch Anwendung eines Belohnungssystems erhöht. Durch Umsetzung dieser Punkte wurde eine Innovationskultur geschaffen. Ergebnisse: Während der Aktivierung des innovativen Prozesses, welcher 2012 eingeleitet wurde, wurden am Zeynep Kamil-Krankenhaus Wettbewerbe durchgeführt sowie Symposien abgehalten. Während der 7-jährigen Periode schlossen die Pflegefachkräfte dieser Klinik 376 innovative Projekte ab. Jedes dieser Projekte hatte einen schöpferischen Charakter, und die Pflegefachkräfte waren durch diese Projekte in der Lage, neue und kreative Aktivitäten zu unterstützen, welche die Qualität der Pflege steigerten. Für 50 innovative Projekte wurde der Patentierungsprozess abgeschlossen. Des Weiteren wurden weitere Studien initiiert, um neue Erfindungen zu erschaffen. Fazit: Regelmäßige Übung, Vorbilder und wissenschaftliche Aktivitäten, die in den Prozess der Innovationsentwicklung einführen, lassen diesen interessanter werden und machen ersichtlich, dass Pflegefachkräfte äußerst wichtig sind, um den Innovationsprozess in der Pflege einzuleiten.
Die digitale Transformation schreitet auch im Gesundheitswesen voran und lässt neue Fachdisziplinen wie die Präzisionsonkologie entstehen. Diese erfordern oftmals die Zusammenarbeit von Personen mit unterschiedlichem Fachwissen, die komplexe Probleme aus interdisziplinärer Perspektive betrachten und zur Lösung neue Wege beschreiten. Am MOLIT-Institut für personalisierte Medizin entwickeln Ärzte, Biologen und Informatiker in einem agilen Arbeitsumfeld in crossfunktionalen Expertenteams innovative Softwarelösungen für die Präzisionsonkologie. Die Implementierung von Agilität in diesen Teams erfordert jedoch nicht nur eine veränderte Denk- und Arbeitsweise der Mitarbeiter, sondern auch einen grundlegenden Wandel in der Organisationsstruktur und im Führungsverständnis. Zu den Herausforderungen gehört, in solchen Expertenteams neben alternativen Karrieremodellen auch einen coachenden und moderierenden Führungsstil zu etablieren, der auf Top-down-Entscheidungen verzichtet.
Rasante technische Entwicklungen prägen nicht nur die Gesellschaft, sondern auch das Gesundheits- und Pflegewesen und die Berufsgruppe der Pflegenden. Aufgrund der Breite der Aufgabenbereiche ist es zunehmend herausfordernd, die richtigen Techniken auszuwählen und in die Pflegepraxis einzuführen. Neben der Bewertung der Kostenstrukturen von technischen Hilfen muss immer auch eine enorme Bildungsarbeit geleistet werden. Darüber hinaus müssen Arbeitsprozesse umgestaltet und mit den beteiligen Berufsgruppen neu abgesprochen werden. Technische Hilfen erfordern sehr oft ein neues, damit verbundenes Dienstleistungsangebot. Pflege muss hier konzeptionell tätig werden, damit der Nutzen für die Patienten und Bewohner auch tatsächlich realisiert werden kann. Ziel dieses Beitrags ist es, einen systematischen Überblick über technische Hilfen und Neuerung in der Pflege zu geben und dabei die Herausforderungen insbesondere bei der Anschaffung und Implementierung für alle Beteiligten auf den verschiedenen Ebenen zu benennen.
Yeliz DOĞAN MERiH, Sylvia Bochum, Christian Fegeler, Uwe Martens, Astrid Elsbernd
5. New Generation – Vorausschauend qualifizieren
Zusammenfassung
Die steigende Zahl Pflegebedürftiger, die in stationären Einrichtungen der Altenhilfe versorgt werden, und der gleichzeitige Fachkräftemangel in der Pflege sowie der drohende Mangel an Ärztinnen und Ärzten stellen eine große Herausforderung für die Versorgung von Menschen in Pflegeheimen dar. Die Qualifikation von Pflegefachkräften zu Medizinischen Fachpflegekräften (MFPs) kann eine Lösung sein, diese Herausforderungen zu meistern. Berufserfahrene und fachlich weitergebildete MFPs werden befähigt, ärztliche Tätigkeiten nach Delegation durchzuführen und die ärztliche und pflegerische Zusammenarbeit zu koordinieren. Dabei bilden sie einen Expertenpool mit unterschiedlichen fachlichen Schwerpunkten. Ziel ist die Reduktion unnötiger (not-)ärztlicher Besuche und ambulant-sensitiver Hospitalisierungen. Zudem soll auch die Attraktivität des Pflegeberufs durch höhere fachliche Expertise, mehr Verantwortung und damit auch weitere Karrieremöglichkeiten – ähnlich dem Meister im Handwerk – erhöht werden.
Ein weiterer Abschnitt bietet einen Überblick über die aktuellen Herausforderungen im Gesundheitswesen und die nationale Gesundheitsreform sowie die aktuelle Position der australischen Pflegeausbildung. Hierbei wird unter anderem erkannt, dass Australien jetzt und in Zukunft für nachhaltige, gut ausgebildete Pflegefachkräfte sorgen muss. Dies geschieht unter Berücksichtigung der ungünstigen Vorhersagen über einen beispiellosen Mangel an Pflegefachkräften, der sich voraussichtlich global auswirken wird (Triple Impact Report 2016). Ferner weist der Beitrag auf die Notwendigkeit von mehrstufigen Strategien für die Personalentwicklung hin, die angenommen und umgesetzt werden müssen, wenn dieses Ziel erreicht werden soll. Der Beitrag beschreibt mit einem Mentoring-Programm mit pensionierten Pflegefachkräften einen neuen Ansatz zur Unterstützung neuer Generationen von Pflegefachkräften.
Mit dem Hebammengesetz vom 01.01.2020 ist das primärqualifizierende Bachelor-Studium für alle zukünftigen Hebammen der Zugang zum Beruf. Ab 2022 werden Hebammen nicht mehr an Fachschulen ausgebildet. Es werden also zukünftig Hebammen mit unterschiedlichen Berufsabschlüssen tätig sein. Die Einrichtungen mit geburtshilflichen Abteilungen stehen vor der Herausforderung, klassisch ausgebildete Hebammen mit Fachschulabschluss und Berufsanfängerinnen mit Bachelor-Abschluss in einem Team zu beschäftigen. Diese weitreichenden Veränderungen gaben den Anstoß, an der DHBW Stuttgart den berufsintegrierenden Bachelor-Studiengang Angewandte Hebammenwissenschaft für beruflich qualifizierte Hebammen zu konzipieren. Die Entwicklung des Studiengangs wurde von 2014–2020 vom BMBF gefördert. Die erste Studierendenkohorte wurde 2017 immatrikuliert und steht kurz vor dem Abschluss. Der Kompetenzzuwachs, der sich im Verlauf des Studiums feststellen lässt, kommt nicht nur den Studentinnen selbst, sondern auch ihren Arbeitgebern und den betreuten Frauen und Familien zugute.
Andreas Haupt, Britta Wendelstein, John Daly, Debra Jackson, Andrea Bosch, Sonja Wangler, Cornelie Wolf, Anke Simon
6. Dream Team – Die Separation der Berufsgruppen und des Sektorendenkens sind endlich zu überwinden
Zusammenfassung
Die meisten OP-Projekte konzentrieren sich auf die strukturelle und prozessuale Organisation. Dabei entwickelt sich der Fokus weg vom eigentlichen Produktivitätsfaktor im OP: dem fachkompetenten, agilen und kommunikativen OP-Saalteam. Betont werden zunehmend saalfremde Steuerungsfunktionen wie die OP-Planung, die OP-Koordination und das OP-Management in Verbindung mit der prozessunterstützenden IT. Unser Ansatz der TeamProzessPerformance (TPP) zeigt, wie diese Ansätze mit der selbstorganisierenden Kraft der OP-Saalteams verbunden werden müssen, damit eine nachhaltige OP-Produktivität gesichert ist. Bei diesem Ansatz werden „weiche Kulturfaktoren“ wie Sinnstiftung, Führung und agile Teamorganisation mit „harten Prozessfaktoren“ verbunden. Die Optimierung der „harten“ Prozessfaktoren konnte über die Festlegung eines zentralen Trigger-Prozesses und das Messen von sogenannten Short-Cut-Prozesszielen im Saal in den Projekten bereits evaluiert werden. In der Zukunft müssen auch Soft Skills in den OP-Projekten genauer gemessen werden. Denn der generationale Wertewandel, der allgemeine Fachkräftemangel und die erodierende Arbeitszufriedenheit in vielen OPs fordern neue integrierte Entwicklungsansätze.
Der Beitrag setzt sich mit der Relevanz der berufsgruppenübergreifenden Zusammenarbeit für die Personalentwicklung im Gesundheitswesen auseinander. Dabei reflektiert der interprofessionelle Fokus das Problem, dass diese Zusammenarbeit in der Praxis nur mangelhaft entwickelt ist. Aus Sicht der Autor*innen steht die vorherrschende berufliche Segmentierung nicht nur mit Versorgungsdefiziten in Verbindung, sondern auch mit dem Fachkräftemangel im Gesundheitswesen. Eine Verbesserung der Situation setzt voraus, dass angehende Fachkräfte bereits in ihrer Ausbildung an die Zusammenarbeit im interprofessionellen Team herangeführt und mit den entsprechenden Kompetenzen ausgestattet werden. Am Beispiel der interprofessionellen Ausbildungsstation IPAPÄD in Freiburg werden hierzu Umsetzungserfahrungen geschildert und Entwicklungsperspektiven aufgezeigt.
Thomas Röhrßen, Klaus Wohlmeiner, Christine Straub, Sebastian Bode, Lukas Nock, Irina Cichon
7. Mutige Zukunft der Personalentwicklung im Gesundheitswesen
Zusammenfassung
Eine mutige und innovative Personalentwicklung ist das Gebot der Stunde. Das Gesundheitswesen wird zu einer der größten Wachstumsbranchen. Mittlerweile ist jeder achte Deutsche im Gesundheitswesen tätig. Die explosionsartige Ausbreitung der Digitalisierung wird in kürzester Zeit zu unglaublichen Datenmengen im Gesundheitswesen führen, die eine Reihe von Tätigkeiten ablösen und neue notwendig machen. Neben den technischen Kompetenzen sind vor allem die Soft Skills gefragt. Der größte Teil der Behandlungsfehler ist zurückzuführen auf fehlende Zusammenarbeit und fehlerhafte Kommunikation. Entsprechend bedarf es kommunikativer, beziehungsbasierter und interpersonaler Kompetenzen. Damit die beiden Berufsgruppen Pflege und Medizin zu echten interpersonalen Teamplayern werden, gilt es die unterschiedlichen Kommunikationslücken zu schließen, die beide mitbringen. Beiden fehlt eine entscheidende Kompetenz für die Zusammenarbeit, die jedoch trainierbar ist. Der emotionalen Intelligenz kommt zukünftig besondere Aufmerksamkeit zu, nicht nur bei den Führungskräften. Denn alles, was uns Computer abnehmen können, wird von diesem übernommen werden. Gefühlsarbeit bleibt also der humane Faktor, der noch unersetzbar ist. Die Globalisierung treibt nicht nur Veränderungen voran, sondern lässt auch Krisen größer werden. Somit werden Transitionsmanagement, Change Management und Krisenmanagement ein wichtiger Bestandteil der Führungsarbeit werden, die sowohl das Managen der Herausforderungen inkludiert als auch das emotional intelligente Führen von Mitarbeitern.
Renate Tewes
Backmatter
Metadaten
Titel
Innovative Personalentwicklung im In- und Ausland
herausgegeben von
Prof. Dr. Renate Tewes
U. Christiane Matzke
Copyright-Jahr
2021
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-62977-2
Print ISBN
978-3-662-62976-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-62977-2