Die Verwendung kleinvolumiger Blutentnahmeröhrchen in der Erwachsenen-Intensivmedizin trägt dazu bei, die Verschwendung von Patientenblut zu reduzieren und Blutprodukte für Transfusionen einzusparen. Ein international besetztes Experten-Panel konnte das anhand der Daten von knapp 30.000 Patientinnen und Patienten nachweisen und hat jetzt eine entsprechende Leitlinienempfehlung herausgegeben.
In der intensivmedizinischen Praxis wird täglich viel mehr Blut abgenommen als benötigt wird. Studiendaten zufolge werden über 90% des zu diagnostischen Zwecken gewonnenen Patientenbluts verworfen. Ein Mittel, um dieser Verschwendung entgegenzuwirken, ist der Einsatz kleinvolumiger Blutentnahmeröhrchen.
Um herauszufinden, was sich damit erreichen lässt, hat eine internationale Expertengruppe, das ICM-RPG(Intensiv Care Medicine Rapid Practice Guideline)-Team, eine umfangreiche Literaturrecherche durchgeführt. Auf der Grundlage von acht ausgewählten Studien, an denen insgesamt 29.121 Intensivpatienten und -patientinnen beteiligt waren, wurde die vorliegende Praxisleitlinie entwickelt.
Transfusionsrisiko reduziert
Demzufolge kann „mit mittelgradiger Evidenz der Einsatz kleinvolumiger anstelle von konventionellen Röhrchen bei erwachsenen Intensivpatienten empfohlen werden“, so Jeannie Callum von der Queen’s University im kanadischen Ontario und ihr Team. Die Ergebnisse belegen – allerdings mit gewissen Unschärfen –, dass sich damit sowohl das Transfusionsrisiko als auch die Zahl der für Transfusionen benötigten Erythrozytenkonzentrate (EK) reduzieren lässt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die gewonnenen Proben zu klein für die Analyse ausfielen, war mit 0,023% (ähnlich wie bei konventionellen Röhrchen) äußerst gering.
Pro 100 Patienten zehn Blutprodukte gespart
Ausgewertet wurden drei randomisierte kontrollierte Studien (RCT), vier Beobachtungsstudien und eine multizentrische Cluster-Studie (STRATUS, 27.411 Teilnehmende). In den RCT ging das Transfusionsrisiko relativ gesehen um median 42% zurück (absolut –5%), in der STRATUS-Studie um relative 3%. Letztere belegt mit mittelgradiger Evidenz, dass sich bei routinemäßiger Verwendung kleinvolumiger Röhrchen pro 100 Patienten zehn EK-Units einsparen lassen. Die hier verwendeten Größen reichten von 1,8 bis 3,5 ml (Standardröhrchen: 4,0 bis 6,0 ml).
Die Forschungsgruppe schreibt: „Obwohl der Unterschied im Transfusionsrisiko bezogen auf den Einzelfall gering erscheint, ist doch die Differenz bei der kumulativen Zahl der benötigten Blutprodukte auf Bevölkerungsebene erheblich.“ Zehn Einheiten weniger pro 100 Personen entsprächen fast 1.500 Einheiten eingesparte Blutprodukte in der gesamten STRATUS-Studie bei Verwendung kleinvolumiger statt herkömmlicher Blutentnahmeröhrchen.
Auch aus Sicht der Spendenden sei es von Vorteil zu wissen, dass ihr Blut wirklich Bedürftigen zugutekomme und nicht für eigentlich unnötige Transfusionen verschwendet werde. Von den Betroffenen bzw. ihren Angehörigen werde die Strategie bei entsprechender Aufklärung gut akzeptiert.
Relevante Hinweise auf Unterschiede in der Hämoglobinkonzentration gab es nicht. Mit hoher Gewissheit ließ sich feststellen, dass sich die Wahl der Entnahmeröhrchen nicht auf die Dauer des Intensivaufenthalts auswirkte. Nach dem Urteil der Leitlinienautorinnen und -autoren ist es außerdem unwahrscheinlich, dass dadurch die Mortalität in der ICU beeinflusst wird (mittlerer Evidenzgrad).
Positive Effekte überwiegen
Insgesamt hätten die erwünschten Effekte überwogen, fassen Callum und Mitforschende zusammen. Erfahrungen aus mehreren Ländern hätten gezeigt, dass sich die kleinen Röhrchen relativ unkompliziert in den Klinikalltag implementieren ließen, auch wenn man zunächst vielleicht mit höheren Kosten für die Umstellung rechnen müsse.
Die Forschungsgruppe rät, ICU-Teams dahingehend zu schulen, dass kleinere Röhrchen langsamer volllaufen und die Blutabnahme daher mehr Zeit benötigt. „Dieser zusätzliche Zeitaufwand wird aber durch den reduzierten Aufwand für spätere Transfusionen kompensiert.“
Quelle: Springer Medizin