Die Pflege hat gestreikt und auch wir Hebammen waren wieder mit dabei. Dieses Mal war ich vom Streik ganz anders betroffen - als Patientin. In meiner Brust schlugen deshalb zwei Herzen: Die Hebamme in mir schloss sich den Streikenden an. Als Patientin, die drei Wochen auf eine Operation warten musste und unter der teils unsanften Behandlung in der Klinik litt, schimpfte ich leise vor mich hin. Welcher der beiden Teile der größere ist? Ich kann es nicht sagen. Nach dieser Erfahrung ist mir aber klar: Nur weil man im Gesundheitssystem arbeitet, bedeutet das nicht, dass man sich gut in Patient*innen hineinversetzten kann. Ich bin ich dankbar in einem Land zu leben, in dem jeder Zugang zu medizinischer Versorgung hat, auch wenn wir gern an allem herumnörgeln. Aber dennoch kommt das System mit vielen Mängeln daher, unter denen sowohl Patient*innen als auch Mitarbeitende leiden. Zu oft scheint einzig der Profit zu zählen - paradoxerweise nicht der Mensch. Für mich bedeutet das: Ich werde weiter für die Belange der im Gesundheitssystem Tätigen einstehen. Aber ich werde auch bei meinen Frauen noch besser hinschauen, zuhören, fragen, mir Zeit nehmen - und sicher nie wieder mit einem Krankenbett auf dem Weg aus dem OP gegen die Wand stoßen.
23.01.2024 | Hebammenkolumne | Online-Artikel
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