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07.12.2022 | Politik | Nachrichten

Krankenhausreform

Lauterbach spricht von "Revolution" der Versorgung

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„Weniger Ökonomie, mehr Medizin“ –  Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat zusammen mit der beauftragten Regierungskommission Reformvorschläge für die Krankenhaus-Versorgung vorgestellt. Lauterbach spricht von einer „Revolution“ des Systems.

Die Regierungskommission zur Krankenhausversorgung und der Gesundheitsminister sehen "gravierende Probleme" bei den Krankenhäusern. Die derzeitige Situation in den Kinderkliniken sei exemplarisch für das, was das Krankenhaussystem erleide, erklärte Lauterbach am Dienstag. Als Hauptproblem haben der Minister und die Experten der Kommission die Finanzierung der Krankenhäuser über die Fallpauschalen ausgemacht. Das DRG-System unterstütze eine Tendenz zu billiger Medizin, so Lauterbach: „Die Krankenhäuser kommen durch dieses System in ein Hamsterrad. Sie müssen immer so billig wie möglich und so viel wie möglich behandeln.“ Obwohl seit Jahren bekannt, seien diese Probleme bisher nicht grundsätzlich angegangen worden.

Das soll sich mit den von der Regierungskommission erarbeiteten Vorschlägen ändern. Sie bilden laut Minister die Grundlage für die geplante große Krankenhausreform, die er als Schwerpunkt seiner weiteren Arbeit bezeichnete.

Vorschläge der Regierungskommission

Das von dem 17-köpfigen Expertenteam erarbeitete Krankenhauskonzept sieht vor, Kliniken künftig nach drei neuen Kriterien zu honorieren: Vorhalteleistungen, Versorgungsstufen und Leistungsgruppen. Das DRG-System wird entsprechend weiterentwickelt. Im Einzelnen empfiehlt die Regierungskommission folgende Schritte:

1. Vergütung von Vorhalteleistungen

Um wirtschaftlichen Druck von den Krankenhäusern zu nehmen, sollen Krankenhäuser künftig einen Festbetrag als Vorhaltekosten erhalten. Die Höhe ist abhängig von der Zuordnung eines Krankenhauses zu einer bestimmten Versorgungsstufe (s.u.). Damit werde auch die Bedeutung der Krankenhäuser für die Daseinsfürsorge unterstrichen, heißt es. Derzeit müssen Fixkosten – wie das Vorhalten von Personal, einer Notaufnahme oder notwendiger Medizintechnik – überwiegend über Fallpauschalen erwirtschaftet werden.

2. Definition von Krankenhaus-Versorgungsstufen (Leveln)

Künftig sollen Krankenhäuser in drei Level eingeordnet und entsprechend gefördert werden. Für jedes Level gelten dabei einheitliche Mindestvoraussetzungen:

  • I: Grundversorgung: Krankenhäuser für die medizinisch und pflegerische Basisversorgung, beispielsweise grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle.
  • II. Regel- und Schwerpunktversorgung: Krankenhäuser, die darüber hinaus weitere Leistungen anbieten.
  • II. Maximalversorgung: zum Beispiel Universitätskliniken.

Den Krankenhäusern der Grundversorgung (Level I) weist die Kommission eine besondere Bedeutung zu als Garanten für eine flächendeckende, wohnortnahe Versorgung. Sie sollen unterteilt werden in Häuser für die Notfallversorgung (Level I n) und solche, die integrierte ambulant-stationäre Versorgungsleistungen erbringen (Level I i).

Letztere sollen dazu beitragen, die Sektorengrenzen in der Versorgung zu überwinden. Nach dem Willen der Kommission können sie auch von qualifizierten Pflegekräften geleitet werden.  

3. Einführung von definierten Leistungsgruppen

Die bisher grobe Zuweisung von Fachabteilungen wie „Innere Medizin“ soll durch genauer definierte Leistungsgruppen z.B. „Kardiologie“ abgelöst werden. Derzeit behandeln Krankenhäuser aus Sicht der Expert*innen häufig auch ohne entsprechende personelle und technische Ausstattung Krankheitsbilder wie Herzinfarkte, Schlaganfälle oder onkologische Erkrankungen.

Künftig sollen Krankenhäuser nur Behandlungen abrechnen können, wenn ihnen die entsprechende Leistungsgruppe zugeteilt wurde. Diese Zuteilung wird an genau definierte Strukturvoraussetzungen geknüpft, auch um die Behandlungsqualität für die Patient*innen zu verbessern. 

"Ökonomie zu weit getrieben"

Lauterbach betonte: „Wir haben die Ökonomie zu weit getrieben. Eine gute Grundversorgung für jeden muss garantiert sein und Spezialeingriffe müssen auf besonders gut ausgestattete Kliniken konzentriert werden. Momentan werden zu oft Mittelmaß und Menge honoriert.“ Künftig sollten Qualität und Angemessenheit die einzigen Kriterien für gute Versorgung sein. Dafür müsse das Fallpauschalensystem überwunden werden.

Von der Überwindung des Fallpauschalensystems erhofft sich Lauterbach auch eine Verbesserung der Personalsituation in den Krankenhäusern: „Viele Pflegekräfte, aber auch viele Ärztinnen und Ärzte, verlassen die Krankenhäuser, weil sie diesen ökonomischen Druck nicht ertragen wollen.“

Die Krankenhauskommission leitet ihren Auftrag aus dem Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung ab und hat ihre Arbeit im Mai 2022 aufgenommen.  (ne)

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