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18.04.2024 | Rahmenbedingungen | Nachrichten

DKG-Umfrage

Pflegekräfte immer häufiger von Gewalt betroffen 

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Die Zahl der gewalttätigen Übergriffe auf Krankenhaus-Beschäftige ist in den vergangenen fünf Jahren deutlich gestiegen. Besonders häufig sind Pflegekräfte betroffen. Die Folge: Nicht selten kündigen Betroffene nach solchen Erlebnissen.

Security Personal überwältigt aggressiven Mann © sturti / Getty Images / iStockSicherheitskraft hält einen aggressiven Mann zurück - Alltag in vielen deutschen Krankenhäusern (Symbolbild).
© sturti / Getty Images / iStock

Gewalt gegen Pflegekräfte und Ärzte in Krankenhäusern wird zu einem wachsenden Problem: In einer im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) durchgeführten repräsentativen Umfrage gaben 73 Prozent der Krankenhäuser an, dass die Zahl der Übergriffe auf Mitarbeitende in den vergangenen fünf Jahren zugenommen hat. Davon sahen 20 Prozent einen deutlichen Anstieg von Übergriffen. 53 Prozent beobachteten eine mäßige Zunahme. Dagegen gaben nur vier Prozent der Krankenhäuser an, die Gewalt gegen Beschäftigte sei zurückgegangen. 

„Allgemeiner Respektverlust gegenüber Krankenhauspersonal“ 

Die Befragung zeigt auch – die Berufsgruppe Pflege ist durch Patientenübergriffe besonders gefährdet: So gaben 80 Prozent der Kliniken an, bei ihnen sei weit überwiegend der Pflegedienst von Gewalt betroffen. Als besonders belasteter Bereich gelten dabei in jedem zweiten Krankenhaus die Notaufnahmen.  

Als eine der Hauptursachen für Gewalt sehen fast drei Viertel (73%) der Kliniken einen „allgemeinen Respektverlust gegenüber Krankenhauspersonal“. Nur „zustandsabhängige“ Faktoren wie Alkoholeinfluss oder Schmerzen (77%) wurden häufiger genannt. Auch Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern, wie z.B. Demenz und Schizophrenie, spielen bei diesen Ereignissen (69 %) eine Rolle. Zu lange Wartezeiten nennen 40 Prozent der befragten Krankenhäuser als Ursachen für körperliche oder verbale Gewalt.

Gewalterlebnisse haben einschneidende Folgen

Die Konsequenzen aus solchen Übergriffen sind erheblich: In jeder dritten Klinik baten Mitarbeiter nach Übergriffen auf ihre Person um eine interne Versetzung, in jedem fünften Haus haben Beschäftigte aus diesem Grund sogar gekündigt. 
Fast drei Viertel der Krankenhäuser berichten von gelegentlichen und 14 Prozent von häufigen merklichen psychischen Belastungen betroffener Pflegekräfte und Ärzte. Diese äußern sich z.B. durch Schock, Angstgefühle, Niedergeschlagenheit. Nur 13 Prozent der Krankenhäuser konnten keine solchen Veränderungen bei Mitarbeitern nach Übergriffen feststellen. 

Um Mitarbeitende vor Übergriffen zu schützen, setzen die Krankenhäuser auf unterschiedliche Maßnahmen: So erhalten auf 65 Prozent der besonders betroffenen Stationen die Mitarbeitenden Deeskalationstrainings. Bauliche und technische Maßnahmen, wie Zutrittskontrollen oder Videoüberwachung, gibt es in 64 Prozent der Häuser. Rund 60 Prozent haben klinikinterne Handlungsempfehlungen zum Umgang mit aggressiven Patienten oder körperlichen und verbalen Übergriffen erarbeitet und in fast jedem vierten Haus gibt es einen Sicherheitsdienst.  

Wurden Mitarbeiter bereits Opfer von Patientenübergriffen, bieten 58 Prozent der Krankenhäuser ihnen psychologische Unterstützung an, jedes zweite Haus verfügt über spezielle Nachsorge- und Hilfsangebote.

Gewalt nicht hinnehmen 

Wie die Deutsche Krankenhausgesellschaft betont, ist bei den ermittelten Daten von einer erheblichen Dunkelziffer auszugehen. So erfassten von den befragten Krankenhäuser nur 28 Prozent standardmäßig verbale und 69 Prozent körperliche Übergriffe auf Mitarbeiter. Vor allem kleinere Übergriffe würden vielfach nicht angezeigt und als „zur Tätigkeit gehörende Normalität“ betrachtet, heißt es. 
Die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der DKG, Professorin Henriette Neumeyer, stellte klar: „Gewalt gegen Krankenhausbeschäftigte ist inakzeptabel. Gesellschaftliche Schieflagen dürfen nicht auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Notaufnahmen und Stationen abgewälzt werden. Selbstverteidigungskurse für Pflegekräfte, Videoüberwachung in Krankenhausfluren oder abgeschottete Sicherheitsbereiche dürfen nicht als neue oder gar hinzunehmende Normalität akzeptiert werden.“ 

Vor dem Hintergrund der Umfrageergebnisse fordert die DKG die „konsequente Verfolgung der Straftaten und vor allem eine gesellschaftliche Debatte und politisches Handeln über zunehmende Gewalt, soziale Schieflagen und sinkende Hemmschwellen“. Auch Strafverschärfungen für Übergriffe gegenüber Krankenhausbeschäftigten – analog zu den Verschärfungen bei Angriffen gegen Rettungskräfte – seien eine Option.

An der Befragung durch das Deutsche Krankenhausinstitut (DKI) hatten zwischen dem 8. und 11. April 2024 bundesweit 250 Allgemeinkrankenhäuser ab 100 Betten teilgenommen. (ne)

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