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01.11.2022 | Onkologie | Online-Artikel

Mangelernährung und Gewichtsverlust

Kachexie: Ernährungstherapie mit Training kombinieren

verfasst von: Dr. Silke Wedekind

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Symptome einer Mangelernährung zeigen sich oft schon länger vor der Krebsdiagnose. Um einem Muskelmasseverlust vorzubeugen bzw. wieder Muskelmasse aufzubauen, muss eine Ernährungstherapie mit körperlichem Training kombiniert werden.

Mangelernährung und ein Abbau von Fett- und Muskelmasse, die sogenannte Tumorkachexie, sind häufig eine Folge von Krebserkrankungen und für den klinischen Verlauf hochrelevant: „Ein tumorbedingter Gewichtsverlust führt bei den Betroffenen nicht nur zu einer beeinträchtigten Lebensqualität, sondern ist auch prognostisch relevant und mit einer erhöhten Mortalität verbunden“, berichtete Dr. Jann Arends, vom Universitätsklinikum Freiburg auf der DGHO-Jahrestagung. 

Die Prävalenz der Mangelernährung ist von der Tumorentität abhängig. Unter den Patienten mit Krebserkrankungen des oberen Magen-Darm-Trakts sind mehr als die Hälfte betroffen, aber auch bei Menschen mit Kopf-Hals-Tumoren, Lungentumoren, hämatologischen Malignomen und Kolorektalkarzinomen kommt Mangelernährung in der Regel bei mehr als 30 % der Fälle vor [1].

Eine Mangelernährung kann in praktisch jedem Erkrankungsstadium auftreten, bei vielen Krebspatientinnen und -patienten beginnt sie aber oft schon Monate, bevor die Diagnose gestellt wird. Der Gewichtsverlust ist meist auf eine unzureichende Energiezufuhr zurückzuführen. Einerseits erschweren Begleitsymptome des Tumors wie Dysgeusie, Schmerzen, Fatigue, Inappetenz und die Nebenwirkungen der onkologischen Therapie eine ausreichende Nahrungszufuhr. Andererseits rufen die Tumoren selbst chronische Entzündungen hervor, die insgesamt zu einer katabolen Stoffwechsellage beitragen. „Im Ergebnis kommt es zu einem überproportionalen Verlust an Körperzellmasse, und vor allem zu einem Verlust an Muskelmasse und -kraft“, so Arends.

Mangelernährung in jedem Stadium

Eine entsprechende Sarkopenie wird bei 40–45 % der Tumorpatienten beobachtet [2]. „Sie ist mit einem signifikant reduzierten Überleben (p < 0,001), tumorspezifischen Überleben (p < 0,001) und krankheitsfreiem Überleben (p = 0,014) assoziiert“, ergänzte der Onkologe [3]. Die Therapie einer Mangelernährung bzw. Tumorkachexie müsse daher so frühzeitig wie möglich und multimodal in Angriff genommen werden, um den Muskelabbau zu bremsen und Therapieverträglichkeit, -erfolg und Prognose zu verbessern, so Arends. 

Erhöhte Proteinzufuhr erforderlich

Professor Dejan Reljic, Uniklinikum Erlangen, machte deutlich, dass der durch eine verstärkte Proteolyse und anabole Resistenz bei Menschen mit Tumoren verursachte Muskelmasseverlust eine erhöhte Proteinzufuhr erfordern. „Gewählt werden sollten Nahrungsmittel mit hoher Proteinqualität, bevorzugt aus tierischen Quellen“, so der Sportmediziner.

Als zweiten, ebenso wichtigen Aspekt für den Erhalt der Muskelmasse und der Leistungsfähigkeit nannte er die körperliche Aktivität im Rahmen einer multimodalen Tumortherapie. „Seit Anfang der 2000er-Jahre wurden über 1.000 randomisierte klinische Studien zu den Effekten von Sport und Bewegung in der Onkologie durchgeführt. Sie zeigen konsistent, dass ein Aufbau von Muskelmasse bei Tumorerkrankungen möglich ist, dass es nur sehr wenige Kontraindikationen für die sportliche Aktivität gibt, und dass die Sporttherapie zudem einen positiven Effekt auf die Fatigue und Lebensqualität hat“, informierte Reljic.

basierend auf: Wissenschaftliches Symposium „Ernährungsmedizin im Fokus", DGHO-Jahrestagung 2022, 7.-10. Oktober 2022 in Wien

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