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12.01.2024 | News Hebammen | Nachrichten

Schwangere sensibilisieren

Plötzlich nachlassende Kindsbewegungen immer ernst nehmen!

verfasst von: Dr. Dagmar Kraus

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Mit einer unauffälligen Kontrollsonografie im dritten Trimester können Nabelschnurkomplikationen leider nicht komplett ausgeschlossen werden. Das Nachlassen der Kindesbewegung kann aber ein Indiz dafür sein; so wie bei einer 28-jährigen Schwangeren aus Toronto, die glücklicherweise nicht lange wartete.

Wie wichtig es ist, dass Schwangere im letzten Trimenon sorgfältig auf die Kindsbewegung achten und Auffälligkeiten umgehend kontrollieren lassen, zeigt der Fall einer jungen Schwangeren aus Kanada. Die 28-jährige Frau hatte mit 35 + 5 Schwangerschaftswochen die Notfallambulanz der gynäkologischen Universitätsklinik in Toronto aufgesucht, weil in den letzten zwölf Stunden die Bewegungen ihres Kindes deutlich weniger geworden waren.

Die Frau gab an, wegen eines vorbestehenden Typ-2-Diabetes sowie einer Hypothyreose Insulin zu spritzen und Thyroxin zu substituieren. Da im Laufe der Schwangerschaft eine intrahepatische Cholestase dazu kam, nahm sie zusätzlich Ursodesoxycholsäure ein. Jede Erkrankung war gut eingestellt, der Insulinbedarf nicht gesunken. Der Gallensäure-Serumspiegel lag bei 22 µmol/l (als erhöht gelten Werte > 10 µmol/l, Konzentrationen > 40 µmol/l als gefährlich). Eine Woche zuvor war eine Kontrollsonografie durchgeführt worden. Dabei zeigte sich das Kind in Beckenendlage mit einem dem Gestationsalter entsprechenden Wachstum. Die Dopplersonografie der Umbilikalarterie war unauffällig wie auch die Volumenmessung des Fruchtwassers. Das biophysikalische Profil war mit acht von acht Punkten bewertet worden.

Der Non-Stresstest lässt nichts Gutes erahnen

In der Notfallambulanz waren die Vitalwerte der Frau unauffällig, nicht so die des Feten. Der Non-Stresstest offenbarte eine reduzierte Herzfrequenzvariabilität verbunden mit einer längeren Phase (> 60 Sekunden) mit sehr niedriger Herzfrequenz (bis zu 90 Schläge pro Minute). Dieser Befund allein hätte schon eine umgehende Entbindung gerechtfertigt, wie das Autorenteam um den Gynäkologen Zachary Ferraro von der Universität in Toronto betonte. Dennoch entschieden sich die behandelnden Ärztinnen und Ärzte für eine Sonografie, die die Beckenendlage bestätigte und einen biophysikalischen Status von vier von acht Punkten ergab. Zudem waren deutliche Abweichungen in der Dopplersonografie zu beobachten: ein diastolischer Null-Fluss in der Umbilikalarterie, eine Umverteilung des Blutflusses in die mittlere Zerebralarterie (Pulsatilitätsindex 1,01) sowie eine für das Gestationsalter deutlich erhöhte systolische Flussgeschwindigkeit (88 cm/s; in der 35 SSW normal < 70 cm/s).

Noch rechtzeitig eingegriffen

Da alle Befunde für eine unzureichende Blutversorgung des Fetus sprachen, entschloss man sich für eine sofortige Sectio. Die Nabelschnur war bei der Entwicklung des Kindes viermal um dessen rechten Knöchel gewickelt und einmal um dessen Hals. Nach anfänglichen Adaptationsschwierigkeiten erholte sich das Neugeborene rasch (Apgar-Score: 3 nach 1 Minute, 9 nach 5 Minuten). Mutter und Kind konnten bald nach Entbindung entlassen werden. Komplikationen traten im weiteren Verlauf nicht auf.

Ferraro und Kollegen erinnern anhand dieses Beispiels an die Bedeutung nachlassender Kindsbewegungen. „Da ein effektives Screening auf Nabelschnurprobleme mit dem Ultraschall nicht möglich ist, müssen sich Mediziner und Schwangere auf das Zählen der Kindsbewegung verlassen“, so die Experten. Gemäß den Empfehlungen der kanadischen Gesellschaft für Geburtshilfe und Gynäkologie sollten Schwangere, die weniger als sechs Bewegungen innerhalb von zwei Stunden wahrnehmen, ärztlichen Rat einholen.

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Literatur

Ferraro Z M et al. Cord entrapment in a footling breech presentation with decreased fetal movements. CMJA 2023; https://doi.org/10.1503/cmaj.221264

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