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16.02.2023 | News Hebammen | Nachrichten

Schüttelpuppe hilft bei der Aufklärung von Eltern

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Eine der Herausforderungen bei zu früh oder krank geborenen Kindern kann darin bestehen, dass sie häufig und lange schreien und mitunter schwer zu beruhigen sind. Damit Eltern lernen, in diesen Stresssituationen nicht überzureagieren, werden sie an der Uniklink Dresden entsprechend geschult. Dabei wird nun auch eine gespendete Simulationspuppe eingesetzt.

© Holger Ostermeyer / Universitätsklinikum Carl Gustav Carus DresdenDiplom-Psychologin Josephin Jahnke vom FamilieNetz schult eine Mutter mithilfe der Schüttelpuppe.
© Holger Ostermeyer / Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Dank der Initiative #SchüttelMichNicht der Babylotsen der Charité – Universitätsmedizin Berlin und dem German Council of Shopping Places (GCSP) kann das Perinatalzentrum des Universitäts-Kinder-Frauenzentrums am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden mit einer gespendeten Simulationspuppe die lebensbedrohlichen Folgen des heftigen Schüttelns von Neugeborenen anschaulich demonstrieren: Beim Schütteln schleudert der Kopf unkontrolliert hin und her, denn der Säugling kann – wegen seiner schwachen Nackenmuskulatur – den Kopf noch nicht allein halten. Die gewaltsamen Bewegungen führen dazu, dass das Gehirn im Schädel hin- und hergeworfen wird. Dabei können Nervenbahnen und Blutgefäße reißen. Rein äußerlich sind diese Verletzungen oft nicht sichtbar.

Das Modellbaby mit seinem durchsichtigen Kopf führt dem Betrachter aber anschaulich vor Augen, wie schnell das Hirn des Babys Schaden nehmen kann. Wird die Puppe aktiviert, beginnt sie zu schreien. Durch Schütteln wird sie wieder deaktiviert – zeitgleich leuchten dann LED-Lampen im Kopf des Modells auf und visualisieren so die durch das Schütteln entstandenen Hirnschäden. „Die Simulationspuppe ist in diesem Rahmen ein praxisnahes Mittel, das die Eltern befähigen kann, auch in Stresssituationen richtig zu agieren.“ erklärt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Dresdner Uniklinikums.

Jährlich bis zu 200 Babys betroffen

„Keine Mutter, kein Vater will seinem Baby schaden. Und doch passiert das immer wieder“, sagt Diplom-Psychologin Josephin Jahnke. Sie arbeitet im FamilieNetz, einem Versorgungsbereich, der in der Universitäts-Kinderklinik insbesondere für die psychosoziale und spezielle pflegerische Begleitung von Familien zu früh oder krank Neugeborener zuständig ist. Dabei bereitet sie die Familien auch auf die Grenzsituation vor, wenn sich ein Kind über eine lange Zeit nicht beruhigen lässt. In solchen Fällen die Nerven zu verlieren, sei nichts Außergewöhnliches. „Wir schätzen, dass in Deutschland jedes Jahr bis zu 200 Kinder aufgrund eines Schütteltraumas in eine Klinik gebracht werden. Die Dunkelziffer liegt vermutlich doppelt so hoch. Zwischen 10 und 30% davon überleben die dabei entstandenen Hirnverletzungen nicht“, so Dr. Christian Karpinski von der Klinik für Kinderchirurgie, der zugleich zur Leitung der Kinderschutzgruppe am Universitätsklinikum gehört. 50 bis 70% der Babys, die mit Schütteltrauma in Kliniken gebracht werden, erleiden schwerste bleibende körperliche und geistige Beeinträchtigungen. Das sind Krampfanfälle, Erblindungen, Sprachstörungen, Lernschwierigkeiten oder Entwicklungsverzögerungen. Lediglich 10 bis 20% der Säuglinge überleben ein Schütteltrauma ohne bleibende Schäden.

Kontrollverlust verhindern – Unterstützungsangebote nutzen

Anhaltendes, unstillbares Schreien kann bei den Betreuungspersonen zu starker Erschöpfung und Gefühlen der Hilfslosigkeit, aber auch zu Ärger und Wut führen. Diese Anspannung überträgt sich auf das Kind. Zudem können die vielen verschiedenen Beruhigungsversuche zu einer weiteren Überreizung des Kindes führen: Es entsteht ein Teufelskreis und die Beziehung zwischen Säugling und Bezugsperson ist zunehmend gestört. Deshalb sollten sich Eltern, die vom Schreien ihres Kindes stark verunsichert sind, sich erschöpft fühlen und infolgedessen ihrem Kind gegenüber negative Gefühle empfinden, frühzeitig professionelle Hilfe suchen. Hierfür stehen kinderärztliche Praxen, sogenannte Schreiambulanzen oder Familien- und Erziehungsberatungsstellen zur Verfügung. Die Stadt Dresden selbst unterhält die (Schrei-)Babysprechstunde; am Universitätsklinikum sind beispielsweise das FamilieNetz in der Nachsorge und das Sozialpädiatrische Zentrum der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin oder die Mutter-Kind-Ambulanz der Klinik und Poliklinik für Psychotherapie und Psychosomatik zuständig. Einen Überblick über entsprechende Beratungsangebote in Deutschland wird unter elternsein.info zur Verfügung gestellt. (jr)

ukdd.de

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