Skip to main content

08.12.2023 | News Hebammen | Nachrichten

Aktualisiertes Protokoll

Wie Stillen bei Suchterkrankungen trotzdem funktionieren kann

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Weltweit hat der Konsum von legalen und illegalen Drogen zugenommen. Gerade beim Stillen können deshalb heikle Situationen entstehen. Ein aktualisiertes Protokoll der Academy of Breastfeeding Medicine hilft, Frauen mit Substanzkonsum evidenzbasiert zu unterstützen.

Die Entscheidung für oder gegen das Stillen ist ein wichtiger Aspekt in der Peripartalzeit. Wenn in dieser Situation ein Substanzmissbrauch bei Müttern besteht, gilt es, Vorteile und Risiken gegeneinander abzuwägen. Um medizinischen Fachpersonen eine individuelle Beratung zu erleichtern, hat die Academy of Breastfeeding Medicine (ABM) das Protokoll „Breastfeeding in the Setting of Substance Use and Substance Use Disorder“ aktualisiert.

Entscheidung in multidisziplinärem Team treffen

Mütter sollten zunächst beim Abpumpen von Milch und dem Aufbau der Milchproduktion unterstützt werden. Die Entscheidung, ab wann mit dem Stillen begonnen werden bzw. die abgepumpte Milch gefüttert werden kann, sollte in einem multidisziplinären Ansatz getroffen werden. Wenn eine stillende Frau nach der Geburt doch wieder Substanzen konsumiert, sollte sie zunächst darin unterstützt werden, ihre Milch abzupumpen und zu verwerfen, bis weitere Entscheidungen über das Stillen getroffen werden können.

Um das Risiko für das Kind einzuschätzen, wird unter anderem die relative kindliche Dosis (RID) herangezogen. Diese hängt von mehreren Faktoren ab: Menge und Pharmakologie der Substanz, Übergang in die Muttermilch, Magenresorption und Metabolismus des Säuglings sowie die Schwangerschaftswoche, in der das Kind geboren wurde bzw. das Alter des Kindes. Substanzen mit RID-Werten <10% gelten im Allgemeinen als sicher; Substanzen mit RID-Werten von >25% sollten bei stillenden Müttern vermieden werden.

Von Alkohol bis Cannabis: Spezifische Empfehlungen für jede Substanz

Weltweit ist Alkohol die am häufigsten missbräuchlich konsumierte Substanz unter Frauen. Mit einer RID von 16% geht die Substanz leicht in die Muttermilch über. Darüber hinaus wird die Produktion der Hormone Oxytocin und Prolaktin gehemmt, was die Milchbildung verringert. Bei Kindern wurde Schläfrigkeit sowie verändertes Schlaf- und Fütterungsverhalten um die Zeit des Alkoholkonsums beobachtet. Gelegentlicher geringer Alkoholkonsum gilt weiterhin als vertretbar, insbesondere wenn nach dem Konsum circa zwei Stunden Stillpause eingehalten werden.

Nikotin hat eine lange Halbwertszeit und ist noch fünf bis zehn Stunden nach dem Rauchen einer Zigarette in der Muttermilch nachweisbar. Bei Säuglingen kann es zu Nebenwirkungen wie reduziertem Appetit, Tachykardie und beeinträchtigtem Schlaf kommen. Auch sekundär exponierte Babys haben ein höheres Risiko für Infekte sowie Allergien und für plötzlichen Kindstod. Es gilt allerdings weiterhin die Empfehlung, bei rauchenden Müttern das Stillen der Ernährung mit Formula vorzuziehen.

Bei Opioiden wie Morphin oder Tramadol gilt eine Einnahme über einen kurzen Zeitraum (3–5 Tage) mit einer RID von 1–5% als gut mit dem Stillen vereinbar. Zu beachten ist jedoch die Tagesdosis. Bei einer längerfristigen Einnahme (>5 Tage) erhöhen sich die Risiken. Zum Beispiel fällt es der Mutter dann schwerer, die Signale des Säuglings richtig zu interpretieren und auf sie einzugehen.

Cannabis kann die Zusammensetzung der Muttermilch beeinflussen, indem es Immunglobuline verringert und den Laktosespiegel erhöht. Jedoch gibt es nur begrenzte Daten über die akuten oder langfristigen Auswirkungen der Cannabisexposition über die Muttermilch auf Säuglinge. Es ist trotzdem ratsam, während Schwangerschaft und Stillzeit auf den Cannabiskonsum zu verzichten, um potenzielle Risiken für die Gesundheit von Mutter und Kind zu minimieren.

stillen-institut.com

print
DRUCKEN