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23.10.2023 | News Hebammen | Online-Artikel

Funktionelle Störungen

Ist das normal? Veränderungen des Stuhlgangs im ersten Lebensjahr

verfasst von: Dr. Nicola Zink

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Ein häufiger Grund für den Besuch beim Kinderarzt bzw. bei der Kinderärztin sind Auffälligkeiten bei den Stuhlgewohnheiten von Säuglingen und Kleinkindern. Im ersten Lebensjahr kommt es zu erheblichen Veränderungen der Stuhlfrequenz und -konsistenz, die Forschende aus Schweden nun genauer beschrieben haben.

Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Eine normale Darmfunktion kann sich unter gesunden Säuglingen sehr stark unterscheiden. Zusätzlich treten häufig funktionelle gastrointestinale Störungen („functional gastrointestinal disorder“, FGID) ohne organische Ursache auf, die bei den meisten Säuglingen mit gastrointestinalen Symptomen vorliegen. Um die unterschiedlichen Stuhlgewohnheiten genauer zu charakterisieren, haben schwedische Pädiaterinnen und Pädiater um Cathrine Gatzinsky von der Sahlgrenska Academy der Universität Göteborg eine prospektive Beobachtungsstudie mit einer Geburtenkohorte von 122 gesunden Säuglingen ins Leben gerufen.

Dafür wurden die Eltern der Kinder zwei Wochen nach der Geburt sowie nach zwei, sechs und zwölf Monaten telefonisch und per Fragebogen interviewt. Zeitweise führten die Eltern auch ein Stuhl-Tagebuch. Wenn Probleme beim Stuhlgang auftraten, wandten sich die Eltern an das Studienzentrum und wurden teilweise auch einbestellt, um der Ursache auf den Grund zu gehen. Die Kinder werden insgesamt sechs Jahre lang begleitet, nun liegen die Ergebnisse des ersten Lebensjahres vor.

Bei allen Kindern ging die Stuhlfrequenz von durchschnittlich 5,1 Stuhlgängen pro Tag im Alter von zwei Wochen auf 2,0 pro Tag nach zwölf Monaten zurück. Der deutlichste Rückgang war in den ersten sechs Lebensmonaten zu beobachten. Bei allen Kindern veränderte sich die Stuhlkonsistenz während dieser Zeit von überwiegend flüssig und weich in den ersten zwei Monaten zu harten oder sehr harten Stühlen nach einem Jahr.

Einfluss des Stillens

Der Anteil der ausschließlich gestillten Säuglinge machte in der untersuchten Kohorte im Alter von zwei Wochen 47,6% aus und bei zwei Monate alten Kindern 49,6%. Babys, die ausschließlich mit Formula gefüttert wurden, hatten im Alter von zwei Wochen häufiger harten oder sehr harten Stuhl und setzten im Alter von zwei Wochen und zwei Monaten weniger häufig Stuhl ab als Säuglinge, die ausschließlich bzw. unter anderem gestillt wurden. 

Dagegen hatten Säuglinge, die nur Muttermilch erhielten, nach zwei Monaten häufiger einen weicheren Stuhl als Säuglinge mit Formulafütterung – wenn auch nicht statistisch signifikant. Kinder, die sowohl Mutter- als auch Formula-Milch verabreicht bekamen, lagen dazwischen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass Muttermilch, auch wenn sie nur in kleinen Mengen gefüttert wird, Säuglinge davor schützt, harten Stuhl zu bekommen“, so das Fazit von Gatzinsky und ihrem Team.

Kein Unterschied war dagegen hinsichtlich der Häufigkeit des Stillens oder der Säuglingsnahrung zwischen Kindern mit oder ohne FGID (funktionelle Obstipation, Säuglingskoliken und Dyschezie) zu beobachten. Stillen im Alter von zwei Wochen verringerte jedoch die Wahrscheinlichkeit, eine funktionelle Obstipation während des ersten Lebensjahres zu entwickeln.

Funktionelle Störungen: Kolik, Obstipation, Dyschezie

Insgesamt litten 42% der Säuglinge im ersten Lebensjahr mindestens an einer funktionellen Obstipation, an Säuglingskoliken und/oder Dyschezie. Bei 24,3% der Säuglinge im Alter von zwei Wochen lag mindestens eine FGID vor und ging auf 11,8% im Alter von sechs Monaten zurück. Säuglingskoliken wurden bei 4,9% im Alter von zwei Wochen und bei 3,4% mit zwei Monaten festgestellt. Die niedrigen Werte lassen sich laut den Autorinnen und Autoren um Gatzinsky damit erklären, dass Säuglingskoliken am häufigsten um Woche sechs zu beobachten seien, dieser Zeitpunkt in ihren Messungen jedoch nicht berücksichtigt worden sei.

Eine Dyschezie wurde bei 22,1% nach zwei Wochen, bei 17,9% nach zwei Monaten und bei 3,9% nach sechs Monaten registriert. Eine funktionelle Obstipation lag bei 2,6%, 7,5% bzw. 14,3% im Alter von zwei, sechs bzw. zwölf Monaten vor.

Die univariate logistische Regression zeigte, dass die verschiedenen Entbindungsarten (vaginal, elektiv oder per Notkaiserschnitt) die Wahrscheinlichkeit, funktionelle Obstipation, Säuglingskoliken und Dyschezie zu entwickeln, nicht erhöhten. Außerdem waren keine Unterschiede in der Häufigkeit oder Konsistenz des Stuhls zwischen Kindern mit oder ohne FGID zu beobachten. Es konnte belegt werden, dass ein hoher Prozentsatz an flüssigem Stuhl im Alter von zwei Wochen die Wahrscheinlichkeit, zu irgendeinem Zeitpunkt im ersten Lebensjahr eine funktionelle Obstipation zu entwickeln, verringert.

„Die Studie zeigt, dass die untersuchten FGID relativ häufig sind und das Wohlbefinden des Kindes im ersten Lebensjahr beeinträchtigen“, schreiben die Studienautorinnen und -autoren. Die funktionellen gastrointestinalen Diagnosen seien auch mit einem höheren Bedarf an medizinischer Versorgung und einer geringeren Gewichtszunahme der Säuglinge verbunden. Zusätzlich zeigten die Ergebnisse erneut, wie wichtig es sei, Mütter vom Stillen zu überzeugen.

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Wie verhalten sich Stuhlfrequenz und -beschaffenheit im ersten Lebensjahr und wie häufig sind funktionelle gastrointestinale Störungen (FGID) wie funktionelle Obstipation?

Antwort: Stuhlfrequenz und -konsistenz unterliegen starken Veränderungen. FGID waren mit 42% häufig. Stillen und weicherer Stuhl im Alter von zwei Wochen verringerten die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer funktionellen Obstipation.

Bedeutung: Auch bei gesunden und zum Termin geborenen Säuglingen kommen funktionelle Störungen des Gastrointestinaltrakts häufig vor.

Einschränkung: Kleine Anzahl an Kindern; nicht immer wurden die Rom-IV-Kriterien für FGID angewendet; Verwendung nicht validierter Fragebögen.

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Literatur

Gatzinsky C et al. Bowel Habits in Healthy Infants and the Prevalence of Functional Constipation, Infant Colic and Infant Dyschezia. Acta Pediatr 2013; https://doi.org/10.1111/apa.16736

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