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24.01.2024 | News Hebammen | Nachrichten

Widersprüchliche Ergebnisse aus zwei Kohorten

Gestationshypertonie durch Energy-Drinks?

verfasst von: Dr. Elke Oberhofer

Bei Konsum von Energy-Drinks hatten Teilnehmerinnen der Nursesˈ Health Study 3 ein erhöhtes Risko, im Fall einer Schwangerschaft einen Gestationshypertonus zu entwickeln. In einer anderen Kohorte (Growing Up Today Study) ließ sich dieser Zusammenhang dagegen nicht nachweisen. Hinweise auf weitere Schwangerschaftskomplikationen ergaben sich in keiner der Studien. Das Autorenteam empfiehlt dennoch, mit dem Konsum vorsichtig zu sein.

Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Energy-Drinks enthalten neben Koffein eine Reihe weiterer Substanzen (u. a. Taurin, Guarana), die potenziell Folgen für die Gesundheit haben können. Belegt sind kurzfristige Blutdruckerhöhungen, darüber hinaus wurden in Querschnittstudien Assoziationen mit Stress, Ängsten und Depressionen sowie Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Fatigue gezeigt.

Welche längerfristigen Auswirkungen der Konsum von Energy-Drinks im Fall einer Schwangerschaft hat, war Gegenstand einer prospektiven Kohortenstudie aus den USA. Die Teilnehmerinnen stammten zum einen aus der Nursesˈ Health Study 3 (NHS3; n = 3045) und zum anderen aus der Growing Up Today Study (GUTS; n = 1691). Der Getränkekonsum und der Schwangerschaftsstatus inklusive eventuellen Komplikationen wurden in der GUTS-Gruppe in zeitlich getrennten Fragebögen erhoben, in der NHS3-Gruppe erhielten Frauen, bei denen eine Schwangerschaft eingetreten war, zusätzliche Fragebögen zu Komplikationen.

Konsum insgesamt moderat

Von den NHS3-Teilnehmerinnen hatten 283 (9%) Energy-Drinks zu sich genommen, und zwar im Median 0,2 Drinks pro Tag. In der GUTS-Gruppe waren es 230 Konsumentinnen (14%) mit median einem halben Drink pro Tag.

In der NHS3-Gruppe war es über den gesamten Beobachtungszeitraum in 4110 Fällen zu einer Schwangerschaft gekommen, und zwar median 25 Monate nach Erhebung der Trinkgewohnheiten, in der GUTS-Gruppe in 3194 Fällen (nach median 22 Monaten).  

Risiko um relative 65% erhöht

Wie das Forschungsteam um Ming Ding von der Universität North Carolina in Chapel Hill berichtet, zeigte sich bei den Energy-Drink-Konsumentinnen aus der NHS3-Studie ein um 65% höheres Risiko, einen Schwangerschaftshypertonus zu entwickeln, als bei Nichtkonsumentinnen, und zwar nach Adjustierung für demografische und Lifestyle-Faktoren. In der GUTS-Gruppe dagegen ließ sich kein solcher Zusammenhang nachweisen. Die Rate der Gestationshypertonien lag in den beiden Studien bei insgesamt 5% (NHS3) bzw. 4% (GUTS). In NHS3 waren die Frauen zum Zeitpunkt der Schwangerschaft median 30 Jahre alt und hatten einen Ausgangs-BMI von median 24,7 kg/m2. In GUTS dagegen waren die werdenden Mütter deutlich jünger, mit knapp 26 Jahren im Median, und der BMI vor der Schwangerschaft war niedriger (median 23,6 kg/m2).

Kein Zusammenhang mit weiteren Komplikationen

Auf den Verlauf der Schwangerschaft und die Gesundheit der Foeten schien der Energy-Drink-Konsum allerdings keinen nennenswerten Einfluss zu haben. So ließen sich weder in der einen noch in der anderen Studie signifikante Assoziationen mit Komplikationen wie Früh- oder Fehlgeburt sowie Präeklampsien nachweisen. Auch ein Gestationsdiabetes trat bei den Energy-Drink-Konsumentinnen in beiden Studien nicht signifikant häufiger auf.

Wenn man die beiden Studien zusammen auswertete (gepoolte Analyse), kam man nach Adjustierung auf ein um 60% höheres Risiko für einen Gestationshypertonus bei den Schwangeren, die Energy-Drinks zu sich genommen hatten. Auch hier fand sich jedoch kein nennenswerter Zusammenhang mit den genannten Schwangerschaftskomplikationen, weder einzeln noch zusammengefasst in einem gemeinsamen Endpunkt. Was Ding und ihrem Team auffiel, war jedoch, dass bei älteren Teilnehmerinnen Energy-Drinks stärker mit hypertensiven Störungen assoziiert waren als bei jüngeren.

Energy-Drinks nach der 20. Woche: kein signifikanter Effekt

Überraschend war ein weiterer Zusammenhang: Die NHS3-Teilnehmerinnen hatten nicht nur vor, sondern auch während der Schwangerschaft einen Ernährungsfragebogen vorgelegt bekommen, in dem nach dem aktuellen Energy-Drink-Konsum in der 20. bis 25. Gestationswoche gefragt wurde. Dieser war in den insgesamt 4559 ausgewerteten Schwangerschaften nicht signifikant mit Komplikationen assoziiert (adjustierte Analyse).

Die abweichenden Ergebnisse in den beiden Studien und auch der insgesamt recht gemäßigte Konsum bei den Teilnehmerinnen sind den Autorinnen zufolge Anlass, die Studie mit Vorsicht zu interpretieren. Nach Ding und ihrem Team könnte unter anderem das höhere Alter der Schwangeren in NHS3 die Ergebnisse beeinflusst haben. Ob die Gefahr eines Gestationshypertonus bei älteren Frauen steige, müsse aber noch untersucht werden.

Vorsicht bei geplanter Schwangerschaft

Dennoch mahnt das Team, bei geplanter Schwangerschaft mit Energy-Drinks vorsichtig zu sein, auch angesichts der bisherigen Studienlage: So habe eine Metaanalyse mit über 300 Beteiligten gezeigt, dass der akute Konsum eine Erhöhung des systolischen Blutdrucks um 4,4 mmHg und des diastolischen Blutdrucks um 2,7 mmHg bewirkt hatte. Hinzu kämen nun die aktuellen Daten, aus denen hervorgehe, dass schon ein gelegentlicher Konsum von Energy-Drinks vor der Schwangerschaft mit einem Gestationshypertonus assoziiert sein könnte. Ob an dem erhöhten Risiko wirklich etwas dran sei, müssten nun weitere Studien klären.

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Konsum von Energy-Drinks und Schwangerschaftskomplikationen?

Antwort: Bei der Auswertung von zwei Kohortenstudien (Nursesˈ Health Study 3 und Growing Up Today Study) kommt ein US-Team zu unterschiedlichen Ergebnissen: In NHS3 ließ sich ein signifikant höheres Risiko eines Gestationshypertonus bei Konsumentinnen von Energy-Drinks nachweisen, in GUTS dagegen nicht. In der gepoolten Analyse blieb eine signifikante Assoziation bestehen. Auf andere Schwangerschaftskomplikationen hatte der Konsum dagegen in beiden Studien keine Auswirkungen.

Bedeutung: Obwohl die Ergebnisse uneindeutig sind, rät das Team Frauen im gebärfähigen Alter, beim Konsum von Energy-Drinks vorsichtig zu sein.

Einschränkung: Kohortenstudie; der Konsum von Energy-Drinks wurde vor Bekanntwerden der Schwangerschaft erfasst; Konsumrate gering, ebenso wie die Menge der konsumierten Drinks.

Literatur

Literatur

Ding M et al. Intake of Energy Drinks Before and During Pregnancy and Adverse Pregnancy Outcomes. JAMA Network Open 2023;6(11):e2344023. https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2023.44023