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06.02.2024 | News Hebammen | Nachrichten

„Jeder Fall ist einer zu viel!“

Gemeinsam gegen weibliche Genitalverstümmelung

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Am 6. Februar war der Internationale Tag gegen weibliche Genitalverstümmelung. 200 Millionen Frauen und Mädchen weltweit sind betroffen – auch in Deutschland ist das Problem präsent.

Weltweit sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 200 Millionen Frauen und Mädchen von weiblicher Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation, FGM) betroffen. Die Praktik umfasst verschiedene Eingriffe, die darauf abzielen, die äußeren weiblichen Genitalien teilweise oder vollständig zu entfernen und sie dabei zu verletzen – meist noch im Kindesalter. Schätzungen gehen von rund 100.000 Fällen in Deutschland aus, wobei etwa 17.000 Mädchen einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind. Anlässlich des Internationalen Tages gegen weibliche Genitalverstümmelung machen Organisationen, Politiker*innen und Aktivist*innen bundesweit auf die Problematik aufmerksam.

Akteure vernetzen – Prävention stärken

Beschnittene Mädchen und junge Frauen stünden in Deutschland gleich vor mehreren Herausforderungen, sagt Edell Otieno-Okoth, Referentin bei Plan International Deutschland für das Thema weibliche Genitalverstümmelung: „Gerade die Jüngeren werden bei uns in Schule und Ausbildung mit ihrem Anderssein konfrontiert. In ihren Familien wiederum ist die Praktik der weiblichen Genitalverstümmelung ein Tabuthema. Viele wissen nicht, wem sie sich anvertrauen können.“ Die Gefahr sei groß, dass sie in einer Lebensphase, in der die eigene Sexualität zunehmend Bedeutung gewinne, mit ihren Schmerzen und Ängsten allein bleiben. Deshalb sei es wichtig, ihnen zu vermitteln, dass es in Deutschland Beratung und Unterstützung für Betroffene gebe, so Otieno-Okoth.

Leider fehle vielen Hebammen, Kinderärzt*innen, Lehrer*innen und Sozialarbeiter*innen in Deutschland das nötige Wissen über die folgenschwere Praktik und den Umgang mit den Betroffenen. „Das Thema weibliche Genitalverstümmelung muss darum schon in der Ausbildung aller Fachkräfte im Gesundheits- und Sozialbereich auf den Lehrplan“, fordert Otieno-Okoth. Mit der besonderen Situation von betroffenen Mädchen und jungen Frauen in Deutschland beschäftigte sich deshalb ein digitaler Fachaustausch, den Plan International am 5. Februar ausgerichtet hat. Zu Gast waren unter anderem die Hebamme Sabine Kroh sowie die Aktivistin Ntailan Lolkoki, die selbst von FGM betroffen ist.

Grüne fordern konsequentes Vorgehen

Denise Loop (Bündnis 90/Die Grünen) betont, dass mehr getan werden müsse, um FGM zu verhindern. Neben einer verstärkten Aufklärungsarbeit in Schulen, medizinischen Einrichtungen und Behörden sei eine konsequente Strafverfolgung notwendig. Auch Susanne Menge (Bündnis 90/Die Grünen) forderte mehr Präventionsarbeit. Zwar unterstütze die Bundesregierung das gemeinsame Programm des UN-Bevölkerungsfonds und UNICEF zur Prävention von FGM bei Mädchen und Frauen, doch müssten im Sinne einer feministischen Außen- und Entwicklungspolitik lokale und von FGM-Überlebenden geführte Organisationen noch stärker gefördert werden: „Denn sie kennen die Herausforderungen, die die Überlebenden tagtäglich bewältigen müssen.“

Projekt gegen Genitalverstümmelung in Brandenburg

Ein Beispiel für ein von Betroffenen geleitetes Projekt gibt es in Brandenburg. Auch hier leben Frauen, die Genitalverstümmelung erlitten haben oder davon bedroht sind. Das Projekt „Stop FGM/C“ des Vereins „United Action Women and Girls e. V.“ lebt vom Engagement der aus Kenia stammenden Mitbegründerin Fadumo Musa Afrah und bringt Betroffene und verschiedene Akteure zusammen. Dabei werden verschiedene Berufsgruppen, Behörden und Politik sensibilisiert und geschützte Räume für betroffene Frauen geschaffen. Oberstes Ziel ist es, Mädchen und junge Frauen vor Genitalverstümmelung zu schützen: „Jeder Fall von weiblicher Genitalverstümmelung ist einer zu viel, denn sie trifft Mädchen in sehr jungen Jahren und begleitet sie ein Leben lang“, so Dr. Antje Töpfer, Staatssekretärin im Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg. (jr)

plan.de/weibliche-genitalverstuemmelung

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Sabine Kroh ist sowohl im Einsatz mit Ärzte ohne Grenzen als auch in Berliner Kreißsälen schon genitalverstümmelten Frauen begegnet. Neben ihrer Hebammenarbeit setzt sie sich auch für eine entsprechende Sensibilisierung in der Geburtshilfe ein.

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