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10.10.2023 | News Hebammen | Nachrichten

Studium

Fachfremde Personen auf Professuren für Hebammenwissenschaft?

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Geburtshilfe, Prävention, Vor- und Nachbetreuung– die breite Expertise von Hebammen erfordert, dass auch an den Hochschulen Raum für die Weiterentwicklung der Hebammenwissenschaften geschaffen wird. Der Hebammenwissenschaftliche Fachbereichstag (HWFT) beklagt nun, dass diese Tatsache wohl nicht überall selbstverständlich ist.

Als Expert*innen für Gesundheitsförderung und Prävention tragen Hebammen maßgeblich zur Verbesserung der Mutter-Kind- und Familiengesundheit bei. Diese Expertise erfordert eine kontinuierliche Weiterentwicklung auf der Grundlage hebammenwissenschaftlicher Forschung und Lehre. Derzeit ist dieses hochschulische Selbstverständnis jedoch nicht an allen Hochschulstandorten mit einem Studium von Hebammen erkennbar. So wurden bereits verschiedene hebammenwissenschaftliche Professuren mit disziplinfremdem Personal unbefristet besetzt und darüber hinaus mit der Funktion der Studiengangs- oder Institutsleitung betraut. Damit werden tradierte Hierarchien aus Kliniken auf Hochschulen übertragen und die junge Disziplin Hebammenwissenschaft in ihrer Eigenständigkeit von Beginn an beschränkt und fremdbestimmt. Übergangslösungen wie Vertretungsprofessuren oder befristete Lösungen werden nicht gewählt, obgleich der Nachwuchsmangel bei Hebammenwissenschaftler*innen ein vorübergehendes Phänomen ist. Da fachfremde Berufungen auch in der Pflegewissenschaft ein bekanntes Problem sind, muss von einer schwerwiegenden systemischen Fehlsteuerung in der akademischen Entwicklung der Gesundheitsdisziplinen ausgegangen werden.

Jede fachfremde Besetzung hat langfristige negative Auswirkungen

Gemäß § 20 (2) des Hebammengesetzes darf die Studiengangsleitung nur von Personen ausgeübt werden, welche selbst über die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung nach § 1 Absatz 1 des Hebammengesetzes in der bis zum 31. Dezember 2019 geltenden Fassung verfügen. „Vor diesem Hintergrund fordert der Hebammenwissenschaftliche Fachbereichstag nachdrücklich eine Regelung, welche die Leitung im Studium von Hebammen nicht nur an das hebammenwissenschaftliche Fach, sondern explizit auch an die hochschulübliche wissenschaftliche, professorale Qualifikation bindet und damit die Besetzung hebammenwissenschaftlicher Professuren unmittelbar sicherstellt“, sagt Professorin Dr.in Melita Grieshop, Präsidentin des HWFT (Hebammenwissenschaftlicher Fachbereichstag) und Studiengangsleitung für das Studium von Hebammen an der Evangelischen Hochschule Berlin (EHB). Die zur Zeit zwar noch geringe, aber stetig steigende Anzahl akademisch qualifizierter und promovierter Hebammenwissenschaftler*innen in Deutschland wird sich in den nächsten Jahren aufgrund der Etablierung von Qualifizierungsprogrammen auf Master- und Promotionsniveau rasch und nachhaltig vergrößern. „Deshalb kann dies keinesfalls als Begründung dienen, die hebammenwissenschaftlich ausgeschriebenen Professuren fachfremd, beispielsweise durch Mediziner*innen, zu besetzten“, betont Melita Grieshop. Jede Fehlbesetzung hat erhebliche und langfristige negative Auswirkungen auf den Zugang zu Drittmitteln und damit auf die Machbarkeit der erforderlichen hebammenwissenschaftlichen Forschung mit gesundheitsfördernder und präventiver Ausrichtung.

Forderung des HWFT: Keine Besetzung mit Personen aus Nachbardisziplinen

Aus den aufgeführten Gründen lehnt der HWFT eine Besetzung hebammenwissenschaftlicher Professuren mit Personen aus Nachbardisziplinen ohne hebammenwissenschaftliche Qualifikation entschieden ab. Der HWFT fordert die Entscheidungsträger in Wissenschaft, Gesundheit und Politik sowie an den Hochschulen selbst auf, zeitnah die notwendigen und eigentlich hochschulüblichen Entwicklungsbedingungen in Forschung und Lehre, auch in der Hebammenwissenschaft, durch eine fachspezifische Personalbesetzung, insbesondere in hebammenwissenschaftlichen Leitungsfunktionen, sicherzustellen.

ehb.de

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Wir haben nachgefragt ...

Auch eine Umfrage unter den Follower*innen unseres Instagram-Kanals @springer_hebammen zeichnet ein klares Stimmungsbild: So findet die Mehrheit (68%) der 57 Teilnehmenden, dass die fachfremde Besetzung von hebammenwissenschaftlichen Professuren ein absolutes No-Go ist. Unter anderem leide dadurch die Qualität der Lehre und Expertise ginge verloren. Nur 7% stehen der Tatsache offen gegenüber. Ein Viertel der Befragten kann sich zumindest in Einzelfällen vorstellen, dass z.B. Mediziner*innen oder anderes Personal Lehrstühle in Hebammenstudiengängen übernehmen – etwa, wenn dies nur befristet geschieht.

 
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