Nach einem termingerechten Blasensprung könnten bereits subfebrile Temperaturen (oral gemessen) mit einem erhöhten Risiko für Mutter und Kind einhergehen. Das legt eine Studie aus Israel mit Gebärenden nahe. Auf mütterlicher Seite kam es in solchen Fällen häufiger zu einem Kaiserschnitt, puerperaler Endometritis oder Wundinfektionen, die Kinder mussten häufiger intensiv behandelt werden.
Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.
Wenn eine Frau während des Geburtsvorgangs bei mehr als zwölf Stunden zurückliegendem Blasensprung (Rupture of Membranes, ROM) Fieber entwickelt, steigt das Risiko für eine Endometritis puerperalis, und zwar umso mehr, je mehr Zeit seit dem ROM vergangen ist. Allerdings wird immer noch diskutiert, ab welcher Körpertemperatur es kritisch wird.
Frauen mit subfebriler versus normaler Körpertemperatur
Ein Team des Galilee Medical Center in Nahariya (Israel) hat sich retrospektiv 1.796 Geburten vorgenommen, bei denen zwischen dem (termingerechten) Blasensprung und dem Einsetzen der Wehen mindestens zwölf Stunden lagen. Unterschieden wurden zwei Gruppen (nach oraler Fiebermessung):
- Frauen mit subfebriler Körpertemperatur (zwischen 37,5 °C und 37,9 °C) und
- Frauen mit normaler Temperatur (< 37,5 °C).
Raneen Abu Shqara und sein Team konnten zeigen, dass die Gruppe mit leicht erhöhter Temperatur und einer ROM zwischen 12 und 18 Stunden vor Einsetzen der Wehen (n = 48) signifikant häufiger
- einen Kaiserschnitt erhielt (29,2% gegenüber 13,3%),
- eine intrapartale Leukozytose aufwies (33,3% vs. 14,1%),
- an puerperaler Endometritis erkrankte (22,9% versus 1,3%) oder
- eine Wundinfektion entwickelte (21,4% vs. 1,2%).
Bei den neugeborenen Kindern dieser Frauen war das Risiko einer intensivmedizinischen Behandlung deutlich höher (12,5% vs. 2,5%).
Waren 18 Stunden oder mehr seit dem ROM vergangen, waren die Unterschiede zwischen Gebärenden mit subfebrilen (n = 77) und normalen Temperaturen (n = 1.032) noch größer:
- Kaiserschnittraten: 37,7% vs. 16,9%,
- intrapartale Leukozytose: 11,7% vs. 4,5%,
- Endometritishäufigkeit: 23,3% vs. 0,4%.
Außerdem kam es bei erhöhten Temperaturen und über 18-stündiger Dauer deutlich häufiger zu einem Geburtsstillstand, welcher in einen Kaiserschnitt mündete (62,1% gegenüber 40,2%). Die Mütter mussten dann im Schnitt um einen Tag länger in der Klinik bleiben und die Kinder hatten nicht nur ein höheres Risiko, auf die Intensivstation zu kommen, sondern entwickelten auch deutlich häufiger eine Neugeborenensepsis.
Puerperale Endometritis neunmal häufiger
In einer Multivariatenanalyse war bei subfebrilen gegenüber normalen Temperaturen die Wahrscheinlichkeit einer puerperalen Endometritis neunmal, einer Amniotomie viermal und eines Kaiserschnitts fünfeinhalbmal höher.
Tatsächlich fanden sich zwischen den postpartal untersuchten Eihäuten in der subfebrilen Gruppe auch deutlich häufiger Enterobacteriaceae.
Früher Marker für subklinische Infektion?
Wie Shqara und Mitforschende betonen, waren Frauen, die noch während der Geburt richtiges Fieber entwickelt hatten, von der Analyse ausgeschlossen. Dem Studienteam zufolge könnte bei Gebärenden mit subfebrilen intrapartalen Temperaturen eine subklinische Infektion vorliegen. Nichtfieberhafte Infektionen, so Shqara et al., seien in der Literatur teilweise mit schweren Verläufen assoziiert. Insbesondere eine erhöhte intrapartale Leukozytenrate könne möglicherweise frühzeitig eine Entzündung anzeigen, noch bevor Mutter oder Kind Symptome entwickelten.
Das Team plädiert dafür, bereits leichte Temperaturerhöhungen als Hinweis auf eine Infektion anzusehen, wenn sich nach dem Blasensprung über mehr als zwölf Stunden keine Wehen einstellen.
Temperatur besser rektal messen!
In einem Leserbrief weist eine Gruppe aus Kanada darauf hin, dass oral gemessene Temperaturen während des Geburtsvorgangs irreführend sein können. Diese lägen im Schnitt um 0,5 Grad und oft sogar mehr als ein Grad niedriger als rektal gemessene, so Andrew Kotaska und Lisa Avery von der Universität Manitoba: „Wir empfehlen die Messung übers Rektum immer dann, wenn die orale Temperatur der Gebärenden über 37,5 Grad liegt oder bei Mutter oder Kind eine Tachykardie besteht.“
Das Wichtigste in Kürze |
Frage: Welche Auswirkungen haben intrapartal (oral) gemessene subfebrile Temperaturen auf den Geburtsverlauf und die Gesundheit von Mutter und Kind? Antwort: Bei Gebärenden mit nur leicht erhöhter Körpertemperatur war die Wahrscheinlichkeit eines Kaiserschnitts fünfeinhalbmal höher und die einer puerperalen Endometritis neunmal höher als bei normaler Temperatur. Bedeutung: Subfebrile Temperaturen bei Gebärenden könnten bereits auf eine subklinische Infektion hindeuten. Daher sollte die Schwelle, ab der man von einer Infektion ausgehen sollte, möglicherweise niedriger gelegt werden. Einschränkung: Monozentrische Studie; retrospektiv, daher kein Rückschluss auf Kausalitäten möglich; relativ wenige Teilnehmerinnen mit subfebrilen Temperaturen; Geburten mit einer ROM < 12 Stunden nicht berücksichtigt. |