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26.04.2024 | News Hebammen | Nachrichten

Aktuelle Studie

Diskriminierungsfälle im Hebammenwesen: Wer ist verantwortlich?

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Eine aktuelle Studie hat die Anlauf- und Beschwerdemöglichkeiten bei Diskriminierung im Gesundheitswesen untersucht und dabei unter anderem das Hebammenwesen genauer betrachtet. Das Ergebnis zeigt, dass im Bereich der Zuständigkeit bei Beschwerden dringender Handlungsbedarf besteht.

Wer im Gesundheitswesen diskriminiert wird, ist in Deutschland oft auf sich allein gestellt. Das belegt die im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes durchgeführte Studie „Diagnose Diskriminierung – Beratungs- und Beschwerdemöglichkeiten bei Diskriminierungserfahrungen im Gesundheitswesen“. „Überall, wo Menschen aufeinandertreffen, gibt es Diskriminierung. Im Gesundheitswesen wurde dieses Thema viel zu lange übersehen“, so Ferda Ataman am 22. April 2024 anlässlich der Übergabe der Studie an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in Berlin. 

Klare Beschwerdewege fehlen

Die Studie ging der Frage nach, was in den verschiedenen Bereichen des Gesundheitssystems passiert, wenn sich Menschen nach einer Diskriminierung an eine Anlaufstelle wenden möchten. Zur vertiefenden Analyse der Beschwerdemöglichkeiten wurde exemplarisch für die nicht verkammerten Gesundheitsberufe eine Fallstudie für einen Landesverband der Hebammen erstellt. Die Untersuchung zeigt: Obwohl die Berufsordnung für Hebammen in vielen Bundesländern einen expliziten Diskriminierungsschutz vorsieht, gibt es keine klaren Mechanismen, um Beschwerden oder Diskriminierungsvorfälle systematisch zu erfassen oder zu verfolgen.

Hebammenverbände vertreten die Interessen der Hebammen, sind jedoch keine konkreten Ansprechpartner*innen für Beschwerden oder Diskriminierungsfälle von Patient*innen. Lediglich für die von ihnen vertretenen Berufsgruppe gibt es Möglichkeiten zur Beschwerde. Stattdessen haben Gesundheitsämter die Berufsaufsicht über nicht verkammerte Gesundheitsberufe, einschließlich der Hebammen – diese sind jedoch primär auf die Kontrolle von Hygienevorschriften und Fortbildungsmaßnahmen ausgerichtet. Aufgrund der fehlenden Zuständigkeit für Diskriminierungsfälle verweist der befragte Hebammenverband Betroffene an Krankenkassen oder das Beschwerdemanagement der Krankenhäuser, was als unzureichend angesehen wird.

Proaktiv auf Schwangere und Mütter zugehen

Weil Frauen in der Zeit um Schwangerschaft und Geburt oft besonders vulnerabel sind und möglicherweise Hemmungen haben, sich aktiv zu beschweren, legen die Studienautor*innen nahe, aktiv auf betroffene Schwangere und Mütter zuzugehen. So wird beispielsweise vorgeschlagen, dass Frauen ein Recht auf ein Nachgespräch mit ihrer Hebamme nach der Geburt haben sollten. Zudem sollten Krankenhäuser spezifische Beschwerdeangebote im Bereich der Geburtshilfe einrichten, die systematisch und niedrigschwellig sind. Die Ergebnisse der Studie unterstreichen insgesamt die Notwendigkeit einer umfassenden professionellen Beratung, die Diskriminierungsfälle erkennt und Betroffene über ihre Rechte und Beschwerdemöglichkeiten aufklärt. (jr)

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Literatur

an der Heiden I (2024) Diagnose Diskriminierung Beratungs- und Beschwerdemöglichkeiten bei Diskriminierungserfahrungen im Gesundheitswesen Herausgegeben von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Berlin.