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22.03.2024 | Nachhaltigkeit | Online-Artikel

Klimawandel

Wer stillt, schützt die Umwelt

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Stillen leistet einen aktiven Beitrag zum Umweltschutz. Dagegen erhöhen die Produktion, der Vertrieb sowie die Zubereitung von künstlicher Säuglingsnahrung die Treibhausgas-Emissionen deutlich. Das macht das Europäische Institut für Stillen und Laktation in einer Zusammenfassung von aktuellen Studien deutlich.

Dass Stillen nicht nur Auswirkungen auf Mütter, Kinder und Familien hat, sondern auch auf die gesamte Gesellschaft, ist bereits seit längerem bekannt. Mehr und mehr gerät zudem die Bedeutung des Stillens als Umweltschutzfaktor im Rahmen des Klimawandels in den Fokus der Forschung. Das Europäische Institut für Stillen und Laktation hat aktuelle Studienergebnisse zusammengefasst.

38% höherer CO2-Ausstoß durch Formulanahrung

Norwegische Forschende untersuchten bereits im Jahr 2022 die unterschiedlichen Auswirkungen auf die Umwelt, wenn vier Monate lang ausschließlich gestillt wurde im Vergleich zu einer ausschließlichen Gabe von künstlicher Säuglingsnahrung. Es wurde dabei nicht nur der Effekt auf den CO2-Fußabdruck bestimmt, sondern auch die Auswirkungen auf die Bodenversauerung, das Algenwachstum und den Flächen-/Landverbrauch. Einbezogen wurde die gesamte Produktionskette – vom Transport der Rohmilch über die Verarbeitung und den Verkauf bis zur Zubereitung und der Reinigung von Flaschen und Saugern.

Es zeigte sich, dass die Fütterung von Säuglingsnahrung zu einem 38% höheren CO2-Ausstoß, einer 72% höheren Bodenbelastung, einer 35–59% höheren Belastung von Gewässern und Meeren sowie einem 53% höheren Landverbrauch führt als ausschließliches Stillen. Die Wissenschaftler*innen gaben allerdings zu bedenken, dass die Ernährungsweise der Mutter die Umweltbelastung durch das Stillen zusätzlich beeinflusst.

Berechnungstool macht Auswirkungen des Stillens greifbar

Ein Artikel vom Juni 2023, der von einem internationalen Team aus Australien, Großbritannien und Vietnam erstellt wurde, beschäftigt sich mit der Entwicklung eines Berechnungs-Tools. Mit dessen Hilfe sollen die Auswirkungen des Stillens auf die Treibhausgas-Reduktion anschaulich dargestellt werden. Das Tool versteht sich dabei auch als emanzipatorisch-feministisch, da der bedeutsame Beitrag von Frauen für eine gesunde, nachhaltige und umweltschonende Ernährung sichtbar gemacht wird.

Die Autor*innen der Studie beschreiben, dass weltweit Systeme etabliert werden, mit denen der Ausstoß von CO2 auf industrieller und privater Ebene kompensiert wird (z.B. Zertifikatehandel, Ausgleichszahlung bei Flügen). Gemeinsam ist ihnen, dass sie Projekte fördern, die zum Beispiel fossile Energien durch erneuerbare Energien ersetzen oder die Aufforstung erhöhen. Für den Bereich der Ernährung gibt es jedoch bisher kaum Konzepte, dabei würde etwa die Umstellung auf pflanzenbasierte, fleisch- und milchproduktarme Kost den CO2-Ausstoß weltweit deutlich verringern. Auch Stillen statt der Gabe von Formulanahrung gehört in dieses Feld. Die Forschenden fordern die Politik auf, Stillen als aktiven Beitrag zur Senkung der Treibhausgas-Emissionen einzubeziehen und entsprechende Stillförderprogramme zu entwickeln.

Mehr Müll, hoher Energieverbrauch und Rodung großer Flächen

In einer indischen Studie wird übersichtlich zusammengefasst, was bisher zu den Auswirkungen von künstlicher Säuglingsernährung auf Umwelt und Klimawandel bekannt ist: Das Verpackungsmaterial, die Flaschen sowie die Sauger tragen zu einer enormen Müllproduktion bei. Dies geschieht nicht zuletzt auch dadurch, dass diese Gegenstände oft als Einmalprodukte konzipiert sind. Um die Nahrung zu produzieren und zuzubereiten, ist ein hoher Energieverbrauch nötig, auch werden mehr Treibhausgase ausgestoßen. Kritische Einflussfaktoren sind dabei zum Beispiel beheizte Ställe, Transportwege und die Pasteurisierung. Zudem werden in diesem Zusammenhang auch eine Vielzahl von Chemikalien wie Dünger, Pestizide und Tiermedikamente sowie Plastik eingesetzt. Für die Land- und Viehwirtschaft werden nicht zuletzt große Flächen gerodet, was nicht nur direkt den CO2-Ausstoß erhöht, sondern unter anderem auch zu Bodenerosion, Wasserverschmutzung, Artensterben führt.

Stillen-institut.com

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Literatur

Andresen, E.C.; Hjelkrem, A.-G.R.; Bakken, A.K.; Andersen, L.F. Environmental Impact of Feeding with Infant Formula in Comparison with Breastfeeding. Int. J. Environ. Res. Public Health 2022, 19, 6397. https://doi.org/10.3390/ijerph19116397

Mohapatra I, Samantaray S R (September 24, 2023) Breastfeeding and Environmental Consciousness: A Narrative Review of Environmental Implications and Potential Contributions to Reduce Waste and Energy Consumption. Cureus 15(9): e45878. doi:10.7759/cureus.45878

Smith JP, Borg B, Iellamo A, Nguyen TT and Mathisen R (2023) Innovative financing for a gender-equitable first-food system to mitigate greenhouse gas impacts of commercial milk formula: investing in breastfeeding as a carbon offset. Front. Sustain. Food Syst. 7:1155279. doi: 10.3389/fsufs.2023.1155279

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