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10.08.2023 | Nachhaltigkeit | Online-Artikel

Der Gesundheitssektor als Teil der Klimakrise

Eine nachhaltige Gesundheitsversorgung schützt nicht nur die Umwelt, sondern fördert auch langfristig die Gesundheit der Menschen. Nachhaltig bedeutet, die Gesundheitsversorgung so zu gestalten, dass sie den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden und dabei sowohl ökologische als auch soziale und ökonomische Aspekte zu berücksichtigen.

Was hat Nachhaltigkeit mit dem Gesundheitswesen zu tun?

Gesundheitsberufe sind für das Wohlergehen des Menschen verantwortlich. Parallel dazu ergibt sich die Überlegung, inwiefern diese auch für das Wohlergehen der Umwelt Verantwortung tragen. Die Auswirkungen des Gesundheitswesens auf die Klimakrise sind unbestreitbar:

  • 5,2% der CO2-Emissionen werden durch das Gesundheitssystem verursacht.
  • Weltweit ist das Gesundheitswesen für 4,4% der CO2-Emissionen verantwortlich. Mehr als die Emissionen der Schifffahrt oder des Flugverkehrs.
  • Jährlich fließen 107 Mio. Tonnen Ressourcen in den Gesundheitssektor, das sind 5% des deutschen Ressourcenverbrauchs.
  • Zudem produziert der Gesundheitssektor 4,8 Mio. Tonnen Abfall pro Jahr. Zum Vergleich: Ein Bundesbürger produziert durchschnittlich 1,3 kg Abfall pro Tag, ein Patient 6 kg.

Das Gesundheitssystem trägt nicht nur zum Klimawandel bei, sondern ist auch rückwirkend von ihm betroffen. Die Hitze schadet zunehmend unserer Gesundheit und führt zu schwerwiegenden Folgen bis hin zum Tod. Das vermehrte Auftreten von Naturkatastrophen erhöht die Zahl der zu versorgenden Menschen und bringt unser fragiles Gesundheitssystem an seine Grenzen. Hinzu kommen psychische Erkrankungen und die Zunahme von Krankheiten wie Allergien oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie die Ausbreitung von Infektionskrankheiten und die Folgen der zunehmenden Luftverschmutzung. Letztlich spürt das Pflegepersonal die Auswirkungen der Klimakrise direkt am Patienten.

Die Fakten zur Klimakrise sind zahlreich, sie sind für jeden abrufbar und nachprüfbar, auch kennen wir die Folgen unseres Handelns. Aber warum fällt es uns so schwer, unser Verhalten zu ändern? Die Probleme der Klimakrise sind vielschichtig und äußerst komplex, einzelne Bereiche können oft nicht isoliert oder nacheinander angegangen werden. Die ersten Schritte werden so oft anderen "zugeschoben".

Wie kann ein klimaneutrales Gesundheitswesen erreicht werden?

Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen ist keine optionale Ergänzung, sondern eine dringende Notwendigkeit. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Klimakrise ein multifaktorielles Problem ist, das vernetztes Handeln erfordert. Nachhaltigkeit sollte die Grundlage allen Handelns sein und vor allem sektorübergreifend gedacht werden. Die ersten Schritte müssen nicht immer die größten sein, auch kleine Veränderungen können zum Wandel beitragen. Einige Beispiele:

  • Nutzung erneuerbarer Energien und effizientes Energiemanagement
  • Installation von Bewegungsmeldern
  • Nachhaltige Beschaffung von Medikamenten, Geräten und Verbrauchsmaterialien
  • Umweltfreundliche Pflegeprodukte und deren ressourcenschonende Entsorgung
  • Korrekte Mülltrennung
  • Reinigung chirurgischer Instrumente und das Recycling von Narkosegasen
  • Vegetarische Küche und Kompostierung von Abfällen
  • Biodiverser Garten
  • Förderung der Work-Life-Balance und der Gesundheit des Personals
  • Entlastung durch Digitalisierung
  • Doppelseitiges Bedrucken von Papier

Es ist wichtig, das gesamte Personal einzubeziehen, zu schulen und für das Thema zu sensibilisieren. Gerade die Kommunikation mit den Mitarbeitenden ist essenziell, da diese Inputs zur Optimierung der Prozesse liefern können. Zudem kann das Pflegepersonal durch den engen Kontakt zum Patienten als Multiplikator fungieren und stellt somit eine Schlüsselfunktion dar.

Ernennen von Verantwortlichen

Die Gründung einer Stabsstelle für Nachhaltigkeit, eines Green Teams oder eines/einer Klimamanager*in ist für den Schritt in Richtung Klimaneutralität essenziell. Nachhaltiges Wirtschaften und Arbeiten gelingt nur im interprofessionellen Team und kann nicht von einer Person allein gedacht und getragen werden. Zudem muss Nachhaltigkeit immer wieder thematisiert und die Mitarbeitenden müssen kontinuierlich geschult werden, um gewohnte Arbeitsabläufe zu durchbrechen. Letztlich kann so auch eine Veränderung im privaten Bereich erreicht werden.

Reduzierung der Kohlenstoffemissionen

Alle Aktivitäten im Gesundheitswesen sind mit CO2-Emissionen verbunden, angefangen von der Energie, die in den Gebäuden verbraucht wird, über die Fahrzeuge, die für den Transport von Patienten und Personal eingesetzt werden, bis hin zu den Produkten und Dienstleistungen, die von den Einrichtungen in Anspruch genommen werden. Umso wichtiger ist es, beim Bau eines Krankenhauses darauf zu achten, das gesamte Personal einzubeziehen. So können neue Gewohnheiten gefördert werden, wie die Nutzung des Fahrrads statt des Autos, durch Ladestationen für Elektrofahrräder.

Durch die Berechnung des Kohlenstoffverbrauchs können relevante Schnittstellen identifiziert und Lösungen gefunden werden. Ein solcher strategischer Ansatz ermöglicht eine bessere Verteilung der Ressourcen und kann die Entwicklung politischer Maßnahmen erleichtern. Die Emissionen können in zwei Kategorien eingeteilt werden: kontrollierbare und beeinflussbare Emissionen. Die Emissionen aus Scope 1 und Scope 2 gelten als kontrollierbar, während die Emissionen aus Scope 3 ein geringeres Maß an Kontrolle und daher mehr Einflussnahme erfordern. Scope 3 Emissionen machen 71% des Gesamtfußabdrucks aus und umfassen beispielsweise pharmazeutische Produkte und Lebensmittel. Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, auch die Lieferketten der Produkte zu berücksichtigen.

Förderung der Gesundheitskompetenz

Durch die Förderung des Bewusstseins für einen gesunden Lebensstil und umweltbewusstes Handeln können Krankheiten vermieden und die Gesundheit der Bevölkerung langfristig verbessert werden. Die Gesundheitskompetenz des Einzelnen kann dazu beitragen, Gesundheitsrisiken zu erkennen und vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. Dies kann sich in einer geringeren Pflegebedürftigkeit und einer Entlastung der Krankenhäuser bemerkbar machen. Dazu gehört auch der verantwortungsvolle Umgang mit Arzneimitteln, wie das Beispiel Antibiotika-Resistenzen zeigt. So können globale gesundheitliche Risiken reduziert werden.

17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung

Die Agenda 2030 mit ihren 17 Zielen wurde 2015 auf dem Gipfeltreffen der Vereinten Nationen verabschiedet. Diese Ziele sind Teil einer globalen Agenda zur Förderung der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Nachhaltigkeit. Zu den Zielen gehören beispielsweise die weltweite Beseitigung aller Formen von Armut, die Gewährleistung gerechter und hochwertiger Bildung, die Förderung einer produktiven Vollbeschäftigung und menschenwürdiger Arbeit sowie die Gestaltung integrativer, sicherer, widerstandsfähiger Städte. Diese Ziele zeigen die Vielschichtigkeit des Begriffs Nachhaltigkeit. Häufig wird Nachhaltigkeit mit Verzicht oder dem Absenken von Standards assoziiert. Dabei muss klar sein: Es geht um Gerechtigkeit für alle! (LH)

Literatur

https://noharm-europe.org/sites/default/files/documents-files/7186/2022-08-HCWH-Europe-Designing-a-net-zero-roadmap-for-healthcare-web.pdf

https://www.bmz.de/de/service/lexikon/nachhaltigkeit-nachhaltige-entwicklung-14700#:~:text=Nachhaltigkeit%20oder%20nachhaltige%20Entwicklung%20bedeutet,zuk%C3%BCnftiger%20Generationen%20nicht%20eingeschr%C3%A4nkt%20werden.

https://www.nachhaltigkeit-wissen.de/klimawandel-im-gesundheitswesen/#:~:text=Das%20ist%20nur%20wenigen%20bekannt,die%20Schifffahrt%20(zwei%20Prozent).

https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/5750/publikationen/2021-01-25_texte_15-2021_ressourcenschonung_gesundheitssektor.pdf

https://www.pwc.de/de/gesundheitswesen-und-pharma/healthcare-barometer-2022-zum-schwerpunkt-klimawandel.html

https://www.bundesaerztekammer.de/themen/aerzte/klimawandel-und-gesundheit/co2-fussabdruck-gesundheitssektor#:~:text=Der%20Studie%20%22Health%20care%20climate,CO2%20%C3%84quivalent%2FJahr)%20verantwortlich.

https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/G/Gesundheit/Erklaerung_Klimapakt_Gesundheit_A4_barrierefrei.pdf

https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Antibiotikaresistenz/Grundwissen/Grundwissen_inhalt.html

https://www.rki.de/DE/Content/GesundAZ/K/Klimawandel_Gesundheit/Klimawandel_Gesundheit_inhalt.html

https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Artikel/Industrie/klimaschutz-abkommen-von-paris.html

https://www.bundesregierung.de/breg-de/schwerpunkte/klimaschutz/klimaschutzgesetz-2021-1913672

https://17ziele.de/info/was-sind-die-17-ziele.html#:~:text=Im%20Wesentlichen%20sollen%20die%2017,und%20Lebensweisen%20weltweit%20nachhaltig%20gestalten