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06.10.2023 | Eltern + Kind | Online-Artikel

Die ganze Familie im Blick

Depression beim Vater erhöht auch das Risiko fürs Kind

verfasst von: Dr. Nicola Zink

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Schon länger ist klar, dass Depressionen von Müttern ein wichtiger Risikofaktor für Depressionen beim Nachwuchs sind. Wie stark der Einfluss durch depressive Väter ist, wurde nun in einer australischen Studie untersucht.

Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels.

Väter werden zunehmend in die Betreuung ihrer Kinder einbezogen. Die Berücksichtigung väterlicher Depressionen könnte deshalb dazu beitragen, die psychische Gesundheit des Nachwuchses zu verbessern, so die Annahme eines Forscherteams um Berihun Dachew von der Curtin University im australischen Perth. Aus diesem Grund überprüften sie alle Beobachtungsstudien, die den Zusammenhang zwischen väterlicher Depression und dem Auftreten der Erkrankung beim Nachwuchs untersuchten. In ihr systematisches Review mit Metaanalyse nahmen die Wissenschaftler*innen und 16 Studien auf. Diese waren zwischen 2002 und 2021 publiziert und fast ausschließlich in westlichen Ländern durchgeführt worden.

Familienorientierter Ansatz bietet beste Unterstützung

Elf der 16 analysierten Studien berichteten über einen signifikanten positiven Zusammenhang zwischen väterlichen Depressionen und dem Risiko für Depressionen bei ihren Nachkommen. Das Depressionsrisiko bei Kindern, die einer väterlichen Depression ausgesetzt waren, war um 42% höher war als bei Kindern, deren Väter nicht unter Depressionen litten (Odds Ratio [OR]: 1,42). Die beobachtete Assoziation änderte sich nicht durch die Anpassung an Störfaktoren, einschließlich mütterlicher Depressionen, mütterlichem perinatalen Substanzmissbrauch, Alter der Eltern, Familieneinkommen, elterlicher Bildung und weiteren väterlichen psychiatrischen Störungen.

Das Risiko des Nachwuchses war höher, wenn er einer lebenslangen väterlichen Depression ausgesetzt war (OR: 1,58), als das für Kinder, die eine väterliche Depression lediglich während des postpartalen Zeitraums (OR: 1,05) oder der frühen Kindheit (OR: 1,22) miterlebten.

Dachew und seine Kolleg*innen betonen, dass der herkömmliche geschlechtsspezifische Ansatz, der sich auf die pränatale und postnatale psychische Gesundheit der Mutter und ihrer Kinder beschränkt, nicht genug sei: „Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, die psychische Gesundheit von Müttern und Vätern mit einem familienorientierten Ansatz anzugehen, um die negativen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und die kognitive Entwicklung der Nachkommen zu verringern.“

Zahlreiche Mechanismen verantwortlich

Die Ursachen, die dem Zusammenhang zwischen väterlicher und kindlicher Depression zugrunde liegen, sind noch unklar. Unter anderem spielen genetische und epigenetische Mechanismen eine Rolle. Eine Studie aus dem Jahr 2010 konnte zeigen, dass die Genetik für rund 40% des Risikos verantwortlich ist. Zudem können Depressionen die elterliche Sensibilität gegenüber dem Kind, die Sicherheit der Bindung und die elterliche Erziehung beeinträchtigen, was wiederum das Risiko für die Entwicklung einer Depression bei den Nachkommen erhöhen könnte.

Väterliche Depressionen wurden noch dazu mit einem erhöhten Konsum psychoaktiver Substanzen, einschließlich Alkohol und Drogen, in Verbindung gebracht. Der elterliche Substanzmissbrauch bzw. Drogenkonsum und die damit verbundenen negativen Auswirkungen auf die familiäre Situation, wie negativer Eltern-Kind-Interaktionen sowie Scheidungen bzw. Trennungen, haben nachteilige Folgen für die kognitive und psychologische Entwicklung der Kinder und können später die Wahrscheinlichkeit einer Depression erhöhen.

Als Manko für ihre Analyse sieht die Studiengruppe um Dachew die Tatsache, dass einige der eingeschlossenen Studien wichtige Störfaktoren nicht berücksichtigt hatten, unter anderem maternale Depressionen, Substanzmissbrauch, andere psychische oder somatische Erkrankungen, negative Erlebnisse während der Kindheit und sozioökonomische Faktoren.

Das Wichtigste in Kürze

Frage: Besteht eine Assoziation zwischen Depressionen von Vätern und späteren Depressionen der Nachkommen?

Antwort: Depressionen der Väter waren mit einem um 42% erhöhten Risiko für Depressionen bei ihren Kindern assoziiert.

Bedeutung: Während Schwangerschaft und früher Kindheit sollte nicht nur die Gesundheit von Mutter und Kind im Vordergrund stehen, sondern die der gesamten Familie.

Einschränkung: Einige wichtige Störfaktoren wurden von zahlreichen der analysierten Studien nicht berücksichtigt.

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Literatur

Dachew B et al. Paternal Depression and Risk of Depression Among Offspring: A Systematic Review and Meta-Analysis. JAMA Netw Open 2023;6(8):e2329159; https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2023.29159

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