Rehabilitation (Stuttg) 2007; 46(5): 257
DOI: 10.1055/s-2007-991137
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Berufliche Integration - ein Kernziel der Rehabilitation

Occupational Integration - A Focus of Rehabilitation
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Publication Date:
23 October 2007 (online)

Übergeordnetes Ziel der medizinischen und beruflichen Rehabilitation ist die Förderung von Selbstbestimmung und gleichberechtigter Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und die Vermeidung von gesundheitsbedingten Benachteiligungen (SGB IX). Ein wesentliches Teilziel von Leistungen zur Teilhabe stellt der Erhalt oder die Wiederherstellung der beruflichen Integration dar, über die häufig erst eine selbstbestimmte und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe gesichert oder erreicht werden kann. Nicht zuletzt aus diesem Grund sind neben der medizinischen Rehabilitation auch berufsfördernde Leistungen bzw. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben traditioneller Bestandteil des Leistungsspektrums der Rehabilitationsträger und wichtiger Gegenstand der Rehabilitationspolitik. Gegenwärtige Herausforderungen und Perspektiven der beruflichen Rehabilitation einschließlich des Stellenwerts der Forschung wurden in dieser Zeitschrift ausführlich beschrieben (vgl. [1]).

Die berufliche Integration und deren Gefährdung bzw. Beeinträchtigung ist einerseits Grundlage von sozialmedizinischen Entscheidungen in Antragsverfahren. Andererseits stellt sie zugleich ein Kriterium für den Erfolg von medizinischen Rehabilitationsleistungen dar, zumeist mit der Fragestellung, ob und inwieweit sich die Leistungsfähigkeit im Beruf verbessert oder zumindest stabilisiert hat. In der beruflichen Rehabilitation ist der Eingliederungserhalt bzw. die Wiedereingliederung im Erwerbsleben noch unmittelbarer Gegenstand von Leistungsentscheidungen, da die Maßnahmen direkt auf berufliche Kompetenzen und Fähigkeiten abzielen. Wie Erfahrungen zeigen und auch aus Studien bekannt ist, wird der Erfolg von berufsfördernden Maßnahmen wesentlich von der konkreten Arbeitsmarktsituation des Rehabilitanden beeinflusst (Umweltfaktoren). Eine aktuelle Evaluations- und Kohortenstudie zeigt aber auch auf (vgl. Köster et al. [2] in diesem Heft), dass der Erfolg der beruflichen Rehabilitation darüber hinaus auch wesentlich von subjektiven Faktoren mitbestimmt wird. Neben der Arbeitsmarktsituation am Wohnort des Rehabilitanden haben u. a. auch die individuelle Einschätzung der Bewältigungsfähigkeit (Kontrollüberzeugung als personale Gesundheitsressource) sowie auch die wahrgenommene soziale Unterstützung erhebliche prognostische Bedeutung. Gerade diese Merkmale könnten als Ansatzpunkte der Weiterentwicklung von Konzepten der beruflichen Rehabilitation dienen, indem besondere unterstützende und fördernde Maßnahmen entwickelt und schon frühzeitig zu Beginn der Rehabilitation gezielt eingesetzt werden.

Neben den berufsfördernden Leistungen (Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben) ist die medizinisch-berufliche Rehabilitation (MBR, Phase II) als wichtiges Beispiel für erwerbsbezogene Teilhabeleistungen in besonderen Einrichtungen für Patienten mit schweren und/oder Mehrfachbehinderungen zu erwähnen. Daneben wurde in den letzten Jahren zunehmend versucht, die medizinische Rehabilitation generell durch eine stärkere Ausrichtung auf arbeitsplatz- und berufsbezogene Probleme noch effektiver zu gestalten und die Maßnahmen unmittelbarer an der konkreten beruflichen Integration auszurichten. Diese speziellen, als medizinisch-beruflich orientierte Maßnahmen (MBO) bezeichneten Bausteine innerhalb der medizinischen Leistungen verstärken die Teilhabeorientierung der Rehabilitation. Auch dazu wurden in dieser Zeitschrift bereits Studienergebnisse vorgestellt (vgl. [3]). Da nicht alle Patienten in der medizinischen Rehabilitation dieser besonderen Maßnahmen bedürfen, setzen wir in der aktuellen Ausgabe die Diskussion mit der Vorstellung eines empirisch getesteten Instruments zur Feststellung des Bedarfs fort (vgl. [4]). Das vorgestellte Screeninginstrument SIMBO ermöglicht den gezielten und bedarfsorientierten Einsatz berufsbezogener Maßnahmen und dient damit zugleich dem effektiven Einsatz von finanziellen Ressourcen.

Neben weiteren Beiträgen enthält dieses Heft auch eine ausführliche rechtssystematische Abhandlung zur geriatrischen Rehabilitation - ein wichtiges Entwicklungsfeld der Rehabilitation - sowie auch Anmerkungen zur Gesundheitsreform 2007.

Ihre Schriftleitung

Literatur

  • 1 Schmidt 1  C, Froböse 1  I, Schian 1  H-M. Berufliche Rehabilitation in Bewe-gung - Herausforderungen und Perspektiven.  Rehabilitation. 2006;  45 194-202
  • 2 Köster T, Fehr M, Slesina W. Zur Eingliederung von Rehabilitanden in das Erwerbsleben nach Umschulung in einem Berufsförderungswerk - ein Prognosemodell.  Rehabilitation. 2007;  46 258-265
  • 3 Streibelt M, Hansmeier T, Müller-Fahrnow W. Effekte berufsbezogener Behandlungselemente in der orthopädischen Rehabilitation der Rentenversicherung - Ergebnisse einer randomisierten Verlaufsstudie.  Rehabilitation. 2006;  45 161-171
  • 4 Streibelt M, Gerwinn H, Hansmeier Th, Thren K, Müller-Fahrnow W. SIMBO: Ein Screening-Instrument zur Feststellung des Bedarfs an Medizinisch-Beruflich Orientierten Maßnahmen in der medizinischen Rehabilitation - Analysen zur konkurrenten und prognostischen Validität.  Rehabilitation. 2007;  46 266-275
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