Prävalenz von Kindesmisshandlung und -vernachlässigung in Deutschland
Annäherung an ein Dunkelfeld
Abstract
Die Prävention von Vernachlässigung und Misshandlung wird seit einigen Jahren in Deutschland verstärkt diskutiert. Um mangels direkt aussagefähiger Daten auf nationaler Ebene indirekte Hinweise auf die Häufigkeit von Kindeswohlgefährdungen in Deutschland zu erhalten, wurden sowohl die öffentlich verfügbaren Statistiken als auch empirische Dunkelfeldstudien ausgewertet. Während sich die jährlich angezeigten Straftaten unterhalb der 1‰-Grenze bewegen, sprechen retrospektive Befragungen von Jugendlichen und Erwachsenen für Lebenszeitprävalenzen >10 %. Aus den verfügbaren Quellen ergeben sich keine gesicherten Erkenntnisse hinsichtlich Verbreitung und längsschnittlicher Entwicklung der verschiedenen Misshandlungsphänomene. Die Etablierung einer nationalen Strategie zur Erfassung der Prävalenzdaten wie in angloamerikanischen und anderen europäischen Ländern wäre daher sehr wünschenswert.
In recent years the prevention of child abuse and neglect (CAN) has become an issue of particular interest in Germany. Nevertheless, objective and representative prevalence rates of CAN are missing. Therefore official statistical data as well as scientific studies were reviewed and critically discussed in order to estimate the prevalence of CAN. Criminal records show incidences of less than 1‰ per year, whereas retrospective survey studies indicate a lifetime prevalence of >10 %. It is concluded that the existing statistical data are inadequate for objective conclusions about the prevalence of CAN and their longitudinal development. Thus it would be desirable to install a national strategy for data collection in Germany following the examples of Anglo-American and other European countries.
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