Zusammenfassung
Die Anerkennung der Strafbarkeit einer Tat bedeutet die Anerkennung, dass Unrecht geschehen ist. Ein Opfer hat nicht Pech gehabt; es ist nicht von einem herunterfallenden Ast getroffen worden. Ein Opfer hat nicht nur Schaden erlitten, sondern ihm ist Unrecht geschehen. Das Interesse des Opfers an der Bestätigung dieses Unrechts und das Interesse der Öffentlichkeit, dass festgestellt wird, dass eine Norm verletzt wurde, und dass diese Norm trotz dieser Verletzung gilt, konvergieren. Hieraus ergibt sich der Zusammenklang von Opferinteressen und öffentlichen Interessen. Opferinteressen finden aber dort ihre Grenze, wo das öffentliche Interesse an der Objektivität der Strafverfahren und an der Angemessenheit der Kompensationen mit den Wünschen der Opfer kollidiert. Die individuelle Sicht des Opfers auf die Tat muss in das Strafverfahren eingebracht werden. Ein Schritt in diese Richtung ist die vom Weißen Ring immer wieder geforderte und nun eingetretene Neuregelung des Adhäsionsverfahrens, durch die in Zukunft Schmerzensgeldansprüche des Opfers im Strafverfahren gegen den Täter mitentschieden werden müssen.
Abstract
The recognition than an offence is punishable means recognition that something wrong has occurred. A victim was not unlucky, he has not been hit by a falling branch of a tree. A victim has not only suffered injury, but something wrongful has occurred. The interests of the victim in the confirmation of this injustice, and public interest confirming that a rule has been broken and that the rule is valid despite the fact that it has been broken, are convergent. This results in harmonisation between the interests of the victim and the public interest. The interests of the victim are, however, limited to the point where public interest in the objectivity of the penal procedure and the appropriateness of the compensation collide with the wishes of the victim. The victim’s subjective view of the crime must be included in the criminal procedure. One step in this direction which has always been demanded by the “White Ring”, is the newly introduced ruling of an adhesion procedure, whereby in the future the decision on compensation for the injuries suffered by the victim must be included in the criminal proceedings against the offender.
Notes
Einige der in diesem Vortrag nur angesprochenen Themen werden in diesem Buch ausführlicher erörtert.
Oder (unschuldig) Angeklagte — oder überführte Täter.
Zum Thema Rache/Strafe/Opferinteressen etc. s. Hassmer u. Reemtsma [1].
Für Juristen vom Fach ein Hinweis: theoretisch von hoher Bedeutung für die Zurechnungsproblematik und die Lehre vom Rechtsgut.
Und der leider auch in dem erwähnten Buch [1] nicht so pointiert worden ist. Man denkt eben weiter.
Literatur
Hassmer W, Reemtsma JP (2002) Verbrechensopfer. Gesetz und Gerechtigkeit. Beck, München
Interessenkonflikt:
Keine Angaben
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Ansprache zur Feier des 25. Jahrestages der Gründung des „Weißen Rings“ (Hamburg).
Da die Ansprache nur teilweise vor- und zu großen Teilen frei anhand von Stichworten formuliert wurde, handelt es sich bei dem vorliegenden Text um ein nachträgliches Ausfüllen der Lücken zwischen den Vortragsnotizen. Dieser Text umfasst etwa die Hälfte des gesprochenen, enthält aber alle wesentlichen Gedanken und Argumente.
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Reemtsma, J.P. Was sind eigentlich Opferinteressen?. Rechtsmedizin 15, 86–91 (2005). https://doi.org/10.1007/s00194-005-0311-9
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DOI: https://doi.org/10.1007/s00194-005-0311-9