Gesundheitswesen 2007; 69(11): 585-592
DOI: 10.1055/s-2007-990307
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Patientenbefragungen als Bestandteil des Qualitätsmanagements in Arztpraxen: Entwicklung und Erprobung eines Instrumentes

Patient Surveys as an Element of Quality Management in Outpatient Care: Development and Assessment of a QuestionnaireA. Brinkmann 1 , P. Steffen 1 , H. Pfaff 1 , 2
  • 1Abteilung Medizinische Soziologie des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin, Medizinische Fakultät der Universität zu Köln
  • 2Zentrum für Versorgungsforschung Köln (ZVFK), Medizinische Fakultät der Universität zu Köln
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Publication Date:
14 December 2007 (online)

Zusammenfassung

Ziel: Das erste Ziel der vorliegenden Untersuchung bestand in der Entwicklung und Erprobung eines Patientenfragebogens für Patienten von niedergelassenen Haus- und Fachärzten, der alle gemäß dem aktuellen Forschungsstand relevanten Qualitätsdimensionen abbildet. Das zweite Ziel bestand in einer qualitativen Verfahrenserprobung, in der die Praktikabilität des Instrumentes sowie die Durchführbarkeit der Patientenbefragung im ärztlichen Praxisalltag bewertet werden sollte.

Methoden: Auf Basis des ursprünglich für den stationären Bereich entwickelten Kölner Patientenfragebogens (KPF) wurde eine Fragebogenvariante für den ambulanten Bereich erstellt (KPF-A: Kölner Patientenfragebogen-ambulant). Hierfür wurden Skalen aus dem KPF adaptiert sowie einige Items neu formuliert, um alle qualitätsrelevanten Aspekte abzudecken. Das Instrument wurde anhand der Daten einer bundesweiten Befragung von n=3188 Patienten niedergelassener Haus- und Fachärzte psychometrisch getestet. Die Verfahrensbewertung erfolgte mit Hilfe einer qualitativen Befragung der Ärzte bzw. des Praxispersonals.

Ergebnisse: Die aus dem KPF entnommenen Skalen lassen sich auch im Rahmen einer Erhebung an einem Patientenkollektiv aus dem ambulanten Sektor faktorenanalytisch nachweisen und zeigen gute psychometrische Kennwerte. Die neu entwickelten Items lassen sich faktorenanalytisch zu zwei Skalen verdichten („Fachkompetenz des Arztes” und „Praxisausstattung”). Für den Themenbereich „Praxispersonal und - organisation” lässt sich aufgrund der vorliegenden Daten noch keine eindeutige faktorielle Lösung zeigen. Die qualitative Verfahrenserprobung ergab, dass sich die Patientenbefragung gut in die täglichen Abläufe in den Praxen integrieren lässt. Von einigen Befragten wurde die Fragebogenlänge bemängelt sowie der Zeitpunkt, zu dem die Patienten den Fragebogen ausfüllen sollten (nach dem Arztkontakt vor dem Verlassen der Praxis). Der Fragebogen wurde aufgrund dieser Kritik so modifiziert, dass in zukünftigen Befragungen ein Einsatz sowohl vor als auch nach dem Arztgespräch möglich ist.

Fazit: Mit dem KPF-A liegt ein Instrument vor, mit dem die relevanten Qualitätsdimensionen der haus- und fachärztlichen Versorgung zuverlässig erfasst werden können. Die Ergebnisse der qualitativen Verfahrenserprobung zeigen zudem, dass sich eine Patientenbefragung mit dem Instrument ohne größere Probleme in den Praxisalltag integrieren lässt.

Abstract

Objective: The present study was designed to develop and assess a questionnaire measuring all relevant quality dimensions of general practice care from the patients' perspective. Furthermore, the study aimed to evaluate the implementation of a patient survey in outpatient care.

Methods: Based on the Kölner Patientenfragebogen (KPF) and by developing some additional new items, we created the new questionnaire KPF-A (Kölner Patientenfragebogen-ambulant) which covers all relevant aspects of outpatient care. The questionnaire was distributed to the patients of 41 GP's and specialists in ambulatory care from different regions of Germany. N=3188 patients were included in the sample. We used these data to assess some selected psychometric characteristics of the KPF-A. Factor analysis was used to examine the underlying factor structure. A qualitative study was conducted to evaluate the implementation of the patient survey. Therefore, all N=41 doctors involved were asked to complete five open questions concerning their experience.

Results: Most scales of the KPF-A showed good psychometric characteristics in the present study. Factor analysis revealed a two-factors solution for the new items representing the dimensions “professional competence” and “medical equipment”. We have not yet been able to find a sound factor solution for those items representing the dimension “Staff and Organisation”. The results of the qualitative study revealed a satisfying implementation of the patient survey in daily routine from the doctors' perspective. The length of the questionnaire was criticised by some participants. In the design of the study patients were supposed to fill in the questionnaires after consultation. This turned out to be difficult. We therefore modified the KPF-A so that patients can fill it in either before or after consultation.

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1 Eine ausführliche Darstellung des Transformationsprozederes findet sich bei Pühlhofer und Stoll [22].

Korrespondenzadresse

A. BrinkmannDipl.-Psych. 

Abteilung Medizinische Soziologie des Instituts und der Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin des Klinikums der Universität zu Köln

Joseph-Stelzmann-Str. 9

50924 Köln

Email: anne.brinkmann@uk-koeln.de

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