NOTARZT 2006; 22(6): 198-199
DOI: 10.1055/s-2006-939991
Fortbildung
Der toxikologische Notfall
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Hypertensive Krise mit Krampfanfall?

F.  Martens1
  • 1Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum, Klinik für Nephrologie und internistische Intensivmedizin (Direktor: Prof. Dr. Ulrich Frei), Berlin
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Publication Date:
29 November 2006 (online)

Fall 1

Alarm des Notarztes zum Stichwort plötzliche Bewusstlosigkeit in die Sanitätsstation des lokalen Flughafens. Dort liegt ein ca. 30-jähriger Mann auf einer Trage und reagiert auf Ansprache nur mit unverständlichen Äußerungen. Nach Angaben der anwesenden Polizeibeamten sei er, aus Frankfurt kommend, am Gepäckband plötzlich zusammengesackt und schließlich vom Rettungsdienst des Flughafens in die Sanitätsstelle gebracht worden. Die Untersuchung zeigt einen äußerlich unversehrten Mann mit tiefgebräunter Haut. Die physikalische Untersuchung von Herz, Lungen und Abdomen ergab keinen pathologischen Befund. Der Blutdruck wird mit 220/130 mm Hg bestimmt; die Herzfrequenz beträgt 120/min; die pulsoxymetrische Sättigung liegt bei 96 %. Der Notarzt vermutet eine hypertensive Krise und legt eine periphere Verweilkanüle, um Urapidil zu injizieren. Währenddessen erleidet der Patient einen tonisch-klonischen Krampfanfall, der nach etwa zwei Minuten spontan sistiert. Nach prophylaktischer Diazepamgabe und 25 mg Urapidil ergibt die erneute Blutdruckmessung 170/100 mm Hg. Anschließend erfolgt der Transport des immer noch bewusstseinsgetrübten Patienten in die nahe gelegene Universitätsklinik.

Die dort entnommenen Blutproben zeigen außer einem diskret erhöhten Laktat keine Auffälligkeiten; das Röntgenbild des Thorax wird als unauffällig befundet. Mithilfe eines CT des Kopfes wird eine intrakranielle Blutung ausgeschlossen. In der Zwischenzeit wird das Ergebnis einer toxikologischen Untersuchung bekannt, die Kokain nachweisen konnte. Unter dem Verdacht eines „body packer syndroms” wird schließlich eine Abdomenübersicht angefertigt, die zahlreiche, kontrastgebende Fremdkörper im Abdomen zeigt. Da die nachgewiesene Kokainkonzentration sehr hoch ist, wird eine Ruptur eines solchen Päckchens vermutet und schließlich durch die Chirurgen eine operative Entleerung des Darmes vorgenommen (nach [1]).

Literatur

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  • 8 Andrés M, Antonio L. Los síndromes de los body-packers y de los body-stuffers. Actitudes éticas y clínico-terapéuticas ante los transportadores corporales de drogas ilegales.  Enf Emerg. 2002;  4 (2) 70-74
  • 9 Wittau M, Weber D, Reher B, Link K H, Henne-Bruns D, Siech M. „Bodypacker” als chirurgischer Notfall - Wem gehört das Rauschgift?.  Chirurg. 2004;  75 436-441

Priv.-Doz. Dr. Frank Martens

Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow Klinikum · Klinik für Nephrologie und internistische Intensivmedizin

Augustenburger Platz 1

13353 Berlin

Email: frank.martens@charite.de

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