Psychother Psychosom Med Psychol 2004; 54(3/4): 123
DOI: 10.1055/s-2003-814836
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

A Science which Hesitates to Forget its Founders is Lost?

A Science which Hesitates to Forget its Founders is Lost?Bernhard  Strauß
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Publication Date:
23 March 2004 (online)

Der im Titel genannte Satz des Philosophen und Mathematikers Alfred North Whitehead wurde innerhalb unserer Disziplinen häufiger zitiert, speziell im Zusammenhang mit der Frage des Verhältnisses der Psychoanalyse zur Wissenschaft (z. B. [1]). Gemeint ist damit zweifellos nicht die Person der Gründer, gemeint ist eher, dass gewinnbringende wissenschaftliche Entwicklungen sich nur dann ergeben können, wenn alte Auffassungen auch verlassen und revidiert werden.

Die Zeitschrift PPmP ist in erster Linie ein Forum für die Präsentation von aktuellen Originalarbeiten aus den Fächern Psychosomatik, Medizinische Psychologie und Psychotherapie, welche die Fortentwicklung der Fächer dokumentieren sollen. Gelegentlich werden Übersichtsarbeiten veröffentlicht (so in dieser Ausgabe zur Fibromyalgie und zur Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung [ADHS]).

Darüber hinaus gibt es aber - vielleicht von vielen Leserinnen und Lesern unbemerkt - eine heimliche Reihe von Beiträgen, die sich mit verdienten Persönlichkeiten aus dem Bereich der Psychotherapie und der psychosomatischen Medizin befassen, diese porträtieren und auf diese Weise deren Beitrag zu unseren Disziplinen würdigen.

Der Anfang dieser Reihe wurde vor einigen Jahren mit einem Interview mit Walter Bräutigam gemacht [2], in dem dieser u. a. der analytischen Psychotherapie wünscht, dass sie am Leben bleibt, indem sie sich verändert (siehe Whitehead!). Die Reihe wurde fortgesetzt mit einem Gespräch mit Herbert Weiner [3] und einer Porträtskizze Thure von Uexkülls [4].

In der vorliegenden Ausgabe nun berichtet Franz Caspar über eine Begegnung mit Hans H. Strupp, einem der Großen der Psychotherapieforschung, Ehrendoktor der Universität Ulm und Mentor einer der produktivsten Arbeitsgruppen in der Psychotherapieforschung an der Vanderbilt Universität in Nashville (Tennessee). Bei seinem letzten Besuch in Deutschland, als er 1999 anlässlich der Tagung „Eigenes und Fremdes - Psychotherapie in Zeiten der Veränderung” in Weimar sprach, richtete er einen „zeitgemäßen Blick auf die psychodynamische Psychotherapie und deren Zukunft” [5]. Eines seiner Desiderate war, dass die Personen, die wirklich Psychotherapie brauchen, anders als bisher, die Chance bekommen sollten, diese auch in Anspruch zu nehmen. Die psychodynamische Psychotherapie - so Strupp - sollte nicht länger als Form der „Nacherziehung” verstanden werden, sondern als „Service”, bei dem aber nie aus den Augen verloren werden sollte, dass psychotherapeutisches Handeln sowohl „Technologie” als auch menschliche Beziehung sei. Strupp ist ein gutes Beispiel für einen Wissenschaftler, der zwar in den Traditionen der Gründer seiner Disziplinen verhaftet ist, dennoch aber innovative Entwicklungen angestoßen hat, die das Profil der (psychodynamischen) Psychotherapie neu geformt haben.

Die Zeitschrift wird auch in Zukunft versuchen, die Gründer(innen) und Neugründer(innen) unserer Disziplinen am Leben zu erhalten und zu würdigen. Beiträge über/mit Horst-Eberhard Richter und Gerhard Klumbies sind in Vorbereitung.

Literatur

  • 1 Meyer A E. Psychoanalyse als Wissenschaft: Eine Dauerkrise. In: Tress W (Hrsg) Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Deutschland. Göttingen; Vandenhoeck & Ruprecht 1992: 95-110
  • 2 Speidel H. Fragen an Prof. Dr. Walter Bräutigam.  Psychother Psych Med. 2000;  50 346-350
  • 3 Rad M von. Prof. Dr. Dr. h. c. Herbert Weiner im Gespräch.  Psychother Psych Med. 2001;  51 42-47
  • 4 Storkebaum S. Spurensucher - Thure von Uexküll - Eine Portraitskizze.  Psychother Psych Med. 2001;  51 123-133
  • 5 Strupp H H. Ein zeitgemäßer Blick auf die psychodynamische Psychotherapie und deren Zukunft. In: Strauß B, Geyer M (Hrsg) Psychotherapie in Zeiten der Veränderung. Wiesbaden; Westdeutscher Verlag 2000: 330-346

Prof. Dr. phil. Bernhard Strauss,Dipl.-Psych. 

Institut für Medizinische Psychologie · Klinikum der Friedrich-Schiller-Universität

Stoystraße 3

07740 Jena

Email: bernhard.strauss@med.uni-jena.de

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