Dtsch Med Wochenschr 2002; 127(15): 785
DOI: 10.1055/s-2002-25014
Editorial
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Gallenwegsdiagnostik mit Kernspintomographie - nicht immer, aber immer öfter!

Magnetic resonance imaging of the biliary tract - not always, but ever more often, indicatedH. E. Adamek, J. F. Riemann
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Publication Date:
12 April 2002 (online)

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ist sicher eine der wichtigsten Entwicklungen in der medizinischen Diagnostik seit der Einführung der Röntgentechnik vor über 100 Jahren. Nachdem die Kernspintomographie in den Anfangsjahren ihren Schwerpunkt vor allem in der Neuroradiologie hatte, werden kernspintomographische Techniken nun in nahezu allen Körperregionen etabliert.

Das Prinzip der Magnetresonanz-Cholangiopankreatographie (MRCP) basiert auf dem Signal, das stehende Flüssigkeiten in T2-gewichteten Sequenzen erzeugen. Als Kontrast dienen umliegende solide Strukturen, Steine oder Blutgefäße, die in diesen Sequenzen nur ein sehr schwaches Signal aussenden. Eine ausreichende Bildqualität kann mit einer Reihe von Gerätetypen und Magnetstärken erreicht werden. Standard sind heute Tomographen mit einem modernen Mittelfeldsystem (1,0-1,5 Tesla).

In der aktuellen Untersuchung von Mussak und Mitarbeitern [4] wird der Stellenwert der MRC in der präoperativen Gallengangsdiagnostik vor laparoskopischer Cholecystektomie untersucht. Nach einer Basisdiagnostik (Labor und perkutaner Ultraschall) wurden 58 Patienten mit suspektem Gallengangsbefund in die Studie aufgenommen. Der MRC Befund wurde gegen eine endo-skopisch-retrograde Cholangiopankreatographie (ERCP) oder eine intraoperative Cholangiographie kontrolliert. In der Diagnose der Choledocholithiasis erreichte die MRCP bei diesem hoch-selektionierten Krankengut eine Sensitivität von 100 % und ist damit der Endosonographie (EUS) vergleichbar. Mit älteren Geräten wird diese Treffsicherheit manchmal nicht erreicht, dies gilt besonders für Steine, die kleiner als 6 mm sind [5]. Darüber hinaus gibt es eine Reihe von Befunden, die als Choledocholithiasis fehlinterpretiert werden können: Die rechte Leberarterie kann bei der Kreuzung des Gallengangs einen Füllungsdefekt vortäuschen; ein sehr tief abgehender Ductus cysticus kann über eine lange Strecke parallel zum Gallengang verlaufen und so eine Erweiterung implizieren; ein periampulläres Duodenaldivertikel kann zu einer Fehlinterpretation im Bereich des distalen Ductus choledochus führen; darüber hinaus können intraduktale Flüssigkeitsaussparungen durch Luft oder Koagel einem Stein ähneln.

Ein weiterer Nachteil der MRCP ist das Fehlen jeglicher therapeutischer Optionen [2]. Daher wird es zunehmend wichtig, durch Basisuntersuchungen (Labor, Ultraschall) die Weichen bezüglich der aufwendigeren Gallenwegsdiagnostik zu stellen. Dies haben die Autoren in einem diagnostischen Algorithmus aufgezeigt. Wenn im perkutanen Ultraschall die Verdachtsdiagnose einer Choledocholithiasis gestellt wird, ist auch im Zeitalter der Kernspintomographie die (therapeutische) ERCP vorzuziehen. Natürlich ist die MRCP immer dann Methode der Wahl, wenn die ERCP aus technischen oder anatomischen Gründen nicht gelingt [1]: Die diagnostische perkutan-transhepatische oder intravenöse Cholangiographie sollten der Vergangenheit angehören.

Neben diesen konsensfähigen Ergebnissen bleiben allerdings Fragen offen: Warum hat der initiale Ultraschall so viele wesentliche Befunde übersehen (z. B. drei Fälle mit Pankreaskopfvergrößerung und Malignomverdacht, die erst mittels Kernspintomographie diagnostiziert wurden)? Darüber hinaus führte der Untersucher selbst eine Propofol-Sedierung der Patienten während der ERCP durch und unterlief damit gegenwärtige Überlegungen zur Patientenüberwachung während endoskopischer Eingriffe, die - zusätzlich zum endoskopischen Untersucher - für die Sedoanalgesie mit Anästhetika wie Propofol einen in der Intensiv- und Notfallmedizin erfahrenen Arzt empfehlen, der nicht in den eigentlichen Untersuchungsablauf eingebunden und nur mit der Überwachung des Patienten betraut ist [3].

Literatur

  • 1 Adamek H E, Weitz M, Breer H. et al . Value of magnetic resonance cholangiopancreatography (MRCP) after unsuccessful ERCP.  Endoscopy. 1997;  29 741-744
  • 2 Adamek H E, Breer H, Karschkes T, Albert J, Riemann J F. Magnetic resonance imaging in gastroenterology: time to say good-bye to all that endoscopy?.  Endoscopy. 2000;  32 406-410
  • 3 Graber R G. Propofol in the endoscopy suite: an anesthesiologist’s perspective.  Gastrointest Endosc. 1999;  49 803-806
  • 4 Mussak T, Ladurner R, Rock C, Trupka A, Gross M. Stellenwert der MRC in der rationellen Diagnostik der Choledocholithiasis.  Dtsch Med Wochenschr. 2002;  127 786
  • 5 Zidi S H, Prat F, Le Guen O. et al . Use of magnetic resonance cholangiography in the diagnosis of choledocholithiasis: prospective comparison with a reference imaging method.  Gut. 1999;  44 118-122

Priv.-Doz. Dr. Henning E. Adamek
Prof. Dr. Jürgen F. Riemann

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