Sprache · Stimme · Gehör 2001; 25(4): 185-186
DOI: 10.1055/s-2001-20065
Nachruf

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Nachruf

Orbituary   1
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Publication Date:
11 February 2002 (online)

Am 30. 8. 2001 ist der Gründungsschriftleiter unserer Zeitschrift, Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Biesalski, in Mainz im 86. Lebensjahr verstorben.

Peter Biesalski, am 16. 12. 1915 in Berlin geboren, studierte von 1937 - 1942 Medizin in München, Berlin und Marburg. Nach Ende des Krieges, von 1946 - 1950, absolvierte er die Weiterbildung in der HNO-Heilkunde und anschließend die zusätzliche Weiterbildung in der Kinderheilkunde. 1956 habilitierte er sich mit einer Schrift über die „Pathogenese der Säuglingsotitis”. Von 1957 bis 1962 war er Oberarzt der Univ.-HNO-Klinik Mainz.

1962 wurde er zum Wissenschaftlichen Rat und Professor für Hör-, Stimm- und Sprachstörungen ernannt, 1966 zum Vorsteher einer neu gegründeten phoniatrischen Abteilung. 1969 erfolgte seine Berufung zum ordentlichen Professor und 1972 zum Direktor der Universitätsklinik für Kommunikationsstörungen in Mainz. Er war somit der erste Lehrstuhlinhaber und Direktor einer phoniatrisch-pädaudiologischen Universitätsklinik in der Bundesrepublik Deutschland.

Gleichzeitig war er Leiter der Logopädenschule Mainz. Er hat nicht nur viele LogopädInnen ausgebildet, sondern sich auch in den verschiedenen Gremien immer wieder für die berufspolitischen Belange dieses Berufsstandes eingesetzt.

Er war 1966 Mit-Gründer der Arbeitsgemeinschaft deutschsprachiger Phoniater, aus der einzelne nationale Fachgesellschaften hervorgegangen sind, u. a. auch die heutige Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie. Ebenso war Peter Biesalski 1972 Mit-Gründer der UEP, der Union Europäischer Phoniater. Er war nicht nur Präsident dieser Vereinigungen, sondern auch der Deutschen Gesellschaft für Sprach- und Stimmheilkunde und Mitglied im Board der IALP, der International Association of Logopedics and Phoniatrics.

Nach Inkrafttreten des Bundessozialhilfegesetzes übernahm er die Funktion eines Landesarztes für Hör- und Sprachgeschädigte, war Fortbildungsbeauftragter der Bezirksärztekammer, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz und von 1965 - 1979 Mitglied im Senat für ärztliche Fortbildung bei der Bundesärztekammer.

Als Wissenschaftler hat er ein beeindruckendes Lebenswerk mit weit über 100 Publikationen und vielen Beiträgen in Fach- und Lehrbüchern aufzuweisen.

Öffentliche Anerkennung und Auszeichnungen, nationale wie internationale Ehrungen, zahlreiche Ehren-Mitgliedschaften und schließlich die Ehrenpromotion reflektieren eine höchst eindrucksvolle Persönlichkeit und Lebensleistung.

Trotz der zahlreichen beruflichen Aktivitäten hat er, und dies ist sicherlich weniger bekannt, noch weitere ehrenamtliche Tätigkeiten ausgeübt: So war er als Mitglied des Mainzer Stadtrates von 1969 - 1974 kommunalpolitisch tätig und war Vorsitzender eines Kunstvereins.

Peter Biesalski war ein hochdynamischer, energiereicher und nie rastender Arzt und Wissenschaftler, der mit großer Leidenschaft die Entwicklung der Kommunikationsmedizin in Deutschland und zugleich auch in Europa vorangetrieben und entscheidend geprägt hat. Er war kein Mann, der sich versteckte, sondern ein Kämpfer in der Sache, der sich stets mit vollstem Engagement, Überzeugungskraft und ungewöhnlich rhetorischem Geschick engagiert einmischte, wenn es um sein Lebensziel, die adäquate Versorgung kommunikationsgestörter Patienten ging und um die Perspektive und Chancen vor allem für hörbehinderte Kinder, denen er sich als Pädaudiologe und Pädiater sein Leben lang in besonderer Weise verbunden fühlte.

Die Gründung und langjährige Schriftleiterschaft unserer Zeitschrift Sprache-Stimme-Gehör demonstriert in eindrucksvoller Weise sein Wirken. Er wollte von Beginn an eine Zeitschrift für Kommunikationsstörungen, so wie es auch in unserem Untertitel steht. Und von Anfang an stellte er hier das Anliegen und nicht berufspolitische Aspekte in den Vordergrund: Nur so konnte ein interdisziplinäres Forum für die verschiedenen Fachdisziplinen entstehen. Zusammen mit den Herausgebern hat er die Zeitschrift in guten wie in turbulenten Zeiten mit Kraft und Besonnenheit geführt. Dem Verlag war er ein immer fairer, vorantreibender Partner. Die Zusammenarbeit mit ihm war angenehm und geräuschlos. Alle, die ihn im Verlag kennen lernten, haben Prof. Biesalski als das empfunden, was man zu Zeiten einfach „einen Herrn” nannte. Der Verlag hat ihm - auch für Impulse zum Buchprogramm - viel zu danken.

Wir haben den Menschen Peter Biesalski verloren. Als Vermächtnis aber hat er uns den Reichtum seiner persönlichen Lebensleistung geschenkt, dessen wir uns zum Wohle kommunikationsgestörter Menschen werden würdig erweisen müssen.

M. Ptok im Namen von P. Eich (für den Verlag), C. Iven, G. Kittel, H. Neumann, H. Premm und M. Spiecker-Henke

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