Laryngorhinootologie 2000; 79(11): 680-681
DOI: 10.1055/s-2000-8298
HAUPTVORTRAG
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HNO-Endoskopie in der Praxis. Wie viel Hygiene muss sein?

H. K. Geiss
  • Heidelberg
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Publication Date:
31 December 2000 (online)

Im Rahmen der Qualitätssicherung in der Medizin sind in den letzten Jahren auch im Bereich der HNO-Heilkunde hygienische Fragestellungen in den Blickpunkt des Interesses gerückt. Galt bis dahin dieses Fachgebiet als wenig kritisch bei Problemen der Infektionsübertragung von Patient zu Behandler oder umgekehrt, so wurde nun immer mehr die Frage gestellt, ob nicht doch mehr Augenmerk auf die Infektionsprävention in der HNO-Heilkunde zu richten sei.

Hintergrund für diese Entwicklung ist zum einen das veränderte Patientengut mit der ständigen Zunahme Älterer, Schwerkranker und Immunkompromittierter. Zum anderen tragen die immer aufwändigeren und invasiven diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen zur Erhöhung des allgemeinen Infektionsrisikos bei. Beispiel hierfür ist die zunehmende Ausweitung bei der Inspektion „HNO-typischer” Körperhöhlen, wo die lange Zeit ausschließliche Verwendung starrer Endoskope durch den Einsatz flexibler Endoskope immer mehr ergänzt und z. T. verdrängt wird. Dabei waren anfangs viele, ähnlich wie in der gastroenterologischen Endoskopie, der Meinung, da primär keimbesiedelte Bereiche inspiziert bzw. beim Zugang zumindest passiert werden, spiele eine Keimübertragung von Patient zu Patient bei endoskopischen Eingriffen keine klinisch bedeutsame Rolle. Entsprechend geringe Bedeutung wurde der Wiederaufbereitung dieser Instrumente beigemessen. Mittlerweile hat, ausgehend von der Gastroenterologie, doch ein deutlicher Bewusstseinswandel stattgefunden, spätestens seitdem immer mehr Fälle nosokomialer Infektionen in Zusammenhang mit endoskopischen Eingriffen sowohl gastroenterologischer als auch bronchoskopischer Art publiziert wurden. Interessanterweise liegen Daten für den Bereich der endoskopischen Untersuchungen des Nasopharynx nicht vor, wobei es fahrlässig wäre, die Möglichkeit der Infektionsübertragung auszuschließen. Aus diesem Grund ist eine sachgerechte Desinfektion endoskopischer Instrumente nach jeder Anwendung am Patienten unverzichtbar.

Im Gegensatz zur gastroenterologischen Endoskopie, wo seit Jahren von Fachgesellschaften veröffentlichte Verfahren zur Wiederaufbereitung von endoskopischen Instrumentarien bestehen, existieren für den HNO-Bereich bislang keine offiziellen Empfehlungen. Lediglich die Arbeit von Tolsdorff aus dem Jahr 1993 befasst sich mit der „Reinigung und Desinfektion von Endoskopen in Praxis und Ambulanz” und empfiehlt für die Wiederaufbereitung nach der Grobreinigung durch mit Alkohol getränkte Kompressen das Einhängen des Endoskops in eine Desinfektionsmittellösung und nach der entsprechenden Einwirkzeit eine Nachspülung in Aqua destillata und Weghängen zum Abtrocknen in einen Leerbehälter. Dieser Vorschlag wurde auch von der Industrie aufgegriffen und so bietet z. B. ein Hersteller für seine Behandlungseinheiten eine so genannte „erweiterte Endoskopieeinheit” mit u. a. 4 Desinfektionsköchern an.

Dieses Verfahren ist aus hygienisch-mikrobiologischer Sicht in Bezug auf die Desinfektionsleistung sicherlich ausreichend, vorausgesetzt, es wird die richtige Konzentration des Desinfektionsmittels verwendet, die notwendige Einwirkzeit (in der Regel mindestens 15 min) eingehalten und die Standzeit der Desinfektionsmittellösung nicht bis zur Unwirksamkeit des Präparates überschritten.

Andererseits können bei diesem Verfahren einige Problempunkte nicht unberücksichtigt bleiben: Wie wird sichergestellt, dass die Einwirkungszeit auch tatsächlich eingehalten wird? Was geschieht, wenn aus Versehen das verschmutzte Instrument zuerst in die wässrige Lösung eingetaucht wird (was in der Hektik des Praxisbetriebes nach der Schilderung von Kollegen durchaus vorkommen kann)? Wie wird vermieden, dass die wässrige Lösung bakteriell kontaminiert und damit unbeabsichtigt zur Keimquelle wird? Außerdem sind aldehydische Instrumentendesinfektionsmittel allergen und es sollte unbedingt Haut- und Schleimhautkontakt vermieden werden.

All diese ungeklärten Fragen waren Anlass für eine kleine Gruppe von HNO-Ärzten und Hygienikern, ein praxisnahes Modell für die Wiederaufbereitung von optischen Instrumenten in der HNO-Heilkunde zu erarbeiten und in einem Praxisversuch zu überprüfen.

Unterschiede bei der Aufbereitung ergeben sich aus der Verwendung von Instrumenten mit oder ohne Kanal. Instrumente ohne Arbeitskanal können sicher manuell aufbereitet werden, während bei allen lumentragenden Instrumenten die manuelle Aufbereitung zwar prinzipiell möglich ist, aber ein standardisiertes Vorgehen (dies gilt insbesondere für größere flexible Endoskope) nur sehr schwer in der Praxis umsetzbar ist. Aus diesem Grund ist der maschinellen Aufbereitung der Instrumente mit Kanal unbedingt der Vorzug zu geben.

Aldehyde zeigen unter den Desinfektionsmitteln das breiteste antimikrobielle Wirkspektrum, sind aber aus toxikologischer Sicht als kritisch zu erachten, weshalb wir uns als umweltverträgliche Alternative für die Verwendung von Alkohol zur Desinfektion entschieden. Propanole, wie sie z. B. für die Haut- und Händedesinfektion verwendet werden, wirken bei einer Konzentration von 50- 60 % optimal bakterizid, sind aber nur eingeschränkt viruswirksam, während die beste viruzide Wirkung mit Ethanol in einer Konzentration von > 90 % erreicht wird, wobei allerdings die bakterizide Wirkung bei dieser hohen Konzentration deutlich reduziert ist. Aus diesem Grund wurde folgendes Vorgehen für die Desinfektion von starren und flexiblen Optiken ohne Arbeitskanal vorgeschlagen:

Nach Entfernen des Instrumentes aus dem Situs wird der Schaft mit einer mit Iso- oder n-Propanal satt getränkten Kompresse 2 - 3-mal abgewischt. Dieser Vorgang wird im zweiten Schritt mit einer frischen, nun mit Ethanol (95 %)-getränkten Kompresse wiederholt. Anschließend wird das Instrument ohne weiteres Nachwischen in einem Leerbehälter abgehängt.

Dieses Procedere wurde dann in einer multizentrischen Pilotstudie hinsichtlich seiner mikrobiologischen Wirksamkeit als Praxisversuch überprüft. Dabei zeigte sich in Vorversuchen, dass das zweimalige Abwischen mit unterschiedlichen Alkoholen nicht notwendig ist, sich zudem die Verwendung zweier unterschiedlicher Mittel als nicht praktikabel erwies, so dass für die Praxistests lediglich eine gründliche Desinfektion mit 80 % Ethanol mit der von Tolsdorff vorgeschlagenen aldehydischen Desinfektion verglichen wurde. Dabei ergab sich für die „Alkoholmethode” ein eindeutig besseres Ergebnis sowohl in Bezug auf die Anzahl der kontaminierten Instrumente als auch auf die gefundenen Keimzahlen. Obwohl Untersuchungen zum Virusnachweis nicht durchgeführt wurden, ist davon auszugehen, dass durch die eingesetzte Ethanolkonzentration eine ausreichend viruzide Wirkung erreicht werden kann.

Auf der Grundlage dieser Untersuchungen kann für die Desinfektion von starren und flexiblen optischen Instrumenten ohne Kanäle in der HNO-Heilkunde folgendes praxisgerechte Vorgehen empfohlen werden:

Nach Entfernen des Instrumentes aus dem Situs wird der Instrumentenschaft zwei- bis dreimal mit einer mit 80 vol%-Ethanollösung satt getränkten Kompresse abgewischt. Ohne weiteres Nachwischen wird das Instrument in einem trockenen Köcher abgehängt. Für die standardisierte, sachgerechte und sichere Aufbereitung von Instrumenten mit einem Insufflations- oder Arbeitskanal kommt nur die maschinelle Wiederaufbereitung in Betracht.

Literatur

  • 1 Geiss H K, Hörmann K. Hygiene in der HNO. Was ist nötig, was ist möglich?.  HNO. 1998;  46 695-698
  • 2 Hörmann K, Hirth K, Stasche N, Plinkert P K, Mersch-Sundermann V, Heeg P, Geiss H K. Pilotstudie zur Aufbereitung optischer Instrumente in der HNO. HNO 2000 (im Druck)
  • 3 Tolsdorff P. Reinigung und Desinfektion von Endoskopen in Praxis und Ambulanz.  Laryngo-Rhino-Otol. 1993;  72 467-472

Prof. Dr. Heinrich K.  Geiss

Sektion Infektiologie Hygiene-Institut der Universität Heidelberg

Im Neuenheimer Feld 324 69120 Heidelberg

Email: E-mail: heiko_geiss@med.uni-heidelberg.de

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