Diabetologie und Stoffwechsel 2016; 11(01): 27
DOI: 10.1055/s-0036-1580099
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Referat – Erhöhen Gewichtsschwankungen das Risiko für Typ-2-Diabetes?

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Publication Date:
02 March 2016 (online)

Hintergrund: Bekanntermaßen sind Übergewicht, Adipositas und eine deutliche Gewichtszunahme mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung eines Diabetes mellitus assoziiert. Studienergebnisse zum Einfluss von häufigen Gewichtszu-/abnahmen waren aber bisher nicht eindeutig, auch weil die Definition der Gewichtsschwankungen nicht einheitlich war. Jasmine Neamat-Allah et al. liefern neue Daten dazu aus der deutschen Kohorte der EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition).

Methoden: Untersucht wurde der Effekt von Gewichtsschwankungen während des Erwachsenenalters auf die spätere Entwicklung eines Diabetes mellitus, wobei 2 Definitionen für die Gewichtsentwicklung zugrunde gelegt wurden:

  • A-priori-Definition der Gewichtsschwankung: jährliche Abnahme um ≥ 1,125 kg zwischen 2 aufeinanderfolgenden Erhebungen und anschließende Gewichtszunahme oder umgekehrt,

  • Funktionelle Analyse prinzipieller Komponenten (FCPA), die Gewichtsveränderungsmuster anhand der Body-Mass-Index (BMI)-Entwicklung detaillierter betrachtet.

Die deutsche EPIC-Kohorte umfasst 53 088 Teilnehmer aus den Regionen Heidelberg und Potsdam. Für die aktuelle Analyse wurden Patienten mit vorbestehendem Diabetes, Herzerkrankungen oder Krebserkrankungen ausgeschlossen. Ausgewertet wurden Gewichtsdaten (initial bei einer Untersuchung erhoben, danach selbstberichtet) von 643 Patienten, die einen Typ-2-Diabetes entwickelt hatten, und 44 420 Probanden ohne neu aufgetretenen Diabetes. Die mediane Beobachtungszeit lag bei 2,5 Jahren.

Ergebnisse: Im Vergleich zu einem stabil bleibenden Gewicht war die anfangs definierte Gewichtsschwankung mit einem erhöhten Risiko für einen Diabetes Typ 2 assoziiert (Hazard Ratio [HR] 1,36; 95 %-Konfidenzintervall [KI] 1,09–1,68). Dagegen ergab sich bei den Auswertungen auf Basis der FPCA-Definition unter Berücksichtigung der gesamten Gewichtsentwicklung über den Beobachtungszeitraum keine signifikante Assoziation (HR 1,19; 95 %-KI 0,89–1,60).

Subgruppenanalysen belegten aber eine Assoziation von Gewichtsschwankungen nach FPCA und einem erhöhten Risiko für Diabetes, wenn insgesamt über den Beobachtungszeitraum eine Gewichtszunahme zu beobachten war (HR 1,68; 95 %-KI 1,14–2,48). Betrachtete man Probanden mit einer Netto-Gewichtszunahme über die Zeit, so war die Risikoerhöhung für Diabetes derjenigen mit Gewichtsschwankungen nach der a-priori-Definition mit einer HR von 2,8 (95 %-KI 1,60–2,70) ausgeprägter als bei der FPCA-Definition (HR 1,20; 95 %-KI 0,95–1,51), bei einem Gewichtsverlust über den gesamten Zeitraum ließ sich in keinem Fall eine signifikante Assoziation von Gewichtsschwankungen und Diabetes-Risiko feststellen.

Folgerung: Insgesamt scheint ein Auf und Ab des Gewichts kein ausgeprägter unabhängiger Risikofaktor für Typ-2-Diabetes zu sein. Wenn allerdings die Waage auf längere Sicht immer mehr anzeigt, scheinen Gewichtsschwankungen doch mit einem steigenden Diabetes-Risiko assoziiert zu sein.

Friederike Klein, München