physioscience 2013; 9(1): 39-40
DOI: 10.1055/s-0032-1330683
Veranstaltungsberichte
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

7. Clinical Research Forum in der Reha Rheinfelden, Schweiz

M. Trippolini
,
C. Schuster
,
A. Henneke
,
M. Verra
Further Information

Publication History

Publication Date:
26 February 2013 (online)

Let’s share! Wie organisiere ich eine (inter)nationale Forschungskooperation?

Die Initiatoren des 7. Clinical Research Forums (CRF), Maurizio Trippolini und Martin Verra, luden dieses Jahr nach Rheinfelden. Gemeinsam mit Dr. Corina Schuster, Leiterin der wissenschaftlichen Abteilung der Reha Rheinfelden, wurde ein spannendes Programm mit 3 Impulsreferaten und 2 Workshops am Nachmittag angeboten ([Abb. 1]).

Zoom Image
Abb. 1 Organisatoren und Referenten (v.l.n.r.): Dr. Oliver Amft, Prof. Kenneth Hunt, Dr. Verena Klamroth-Marganska, Dr. Corina Schuster (Organisation), Maurizio Trippolini (Initiator), Martin Verra (Initiator).

Den Eröffnungsvortrag hielt Dr. Oliver Amft, Ingenieur für Elektrotechnik und Leiter des ACTlab der TU Eindhoven (NL). Er zeigte anhand des Forschungsprojekts ICareNet, welche Herausforderungen bei der Beantragung von EU-Forschungsgeldern stellen. Neben einer sehr großen Anzahl von einzureichenden Dokumenten und 3 Beurteilungsstufen zeigte er in eindrücklicher Weise auf, welcher Aufwand im Vorfeld einer Studie betrieben werden muss. Das geschieht mit dem Bewusstsein, dass es bei über 95 000 Anträgen und einer Erfolgsquote von 20 % nur sehr ungewiss ist, ob überhaupt eine Unterstützung möglich ist. Er wies wiederholt darauf hin, dass man Abläufe, Formalitäten und die bürokratische Sprache – auch EU-Slang genannt – genau kennen muss, um Erfolgschancen zu haben. Sogenannte National Contact Points in den jeweiligen Ländern informieren über Ausschreibung von weiten EU-Forschungsthemen und -programmen. Außerdem sollte man für eine Kooperation die beteiligten Partner gut kennen, um gemeinsame internationale Projekte durchzuführen.

Dr. med. Verena Klamroth-Marganska stellte ein nationales Forschungsprojekt über robotergestützte Therapie bei Schlaganfallpatienten vor. Sie ist Ärztin am Institut für Robotik und Intelligente Systeme der ETH Zürich. Bei dieser randomisiert-kontrollierten Multicenter-Studie wurde konventionelle Physio- oder Ergotherapie mit einem robotergestützten Armtraining verglichen. Die Herausforderungen waren zahlreich: Es galt, die beteiligten Forschungspartner zu koordinieren, damit diese sich an das Studienprotokoll halten, und die Rekrutierung der Patienten voranzutreiben. Weiterhin mussten die unabhängig durchgeführten Patienten-Assessments und die Datenerfassung überwacht werden. Sie betonte auch die Empfehlung, mit zuverlässigen Partnern zusammenzuarbeiten. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist es, wenn die Mitarbeiter in den einzelnen Zentren Erfahrung in der klinischen Forschung haben. Sie wies darauf hin, dass in der Schweiz die meisten Forschungsgelder über den Schweizer Nationalfonds (SNF) und die Kommission für Technik und Innovation (KTI) vergeben werden. Diese beiden Institutionen weisen eine höhere Erfolgsquote der bewilligten Forschungsanträge als 20 % auf EU-Ebene auf.

Prof. Kenneth Hunt, Leiter des Instituts für Rehabilitation und Leistungstechnologie der Berner Fachhochschule (BFH), stellte verschiedene Projekte seiner langjährigen Forschungstätigkeit vor. Er berichtete von seinen Forschungserfahrungen aus der Automobilindustrie, verschiedenen Rehabilitationskliniken und der Entwicklung eines Sitzdreirads für querschnittgelähmte Patienten. Prof. Hunt zeigte auf, welcher großen Anstrengungen es bedarf, gemeinsam mit Spezialisten aus sehr unterschiedlichen Berufsgruppen einen Prototyp bis zur Marktreife zu bringen. Er betonte, dass Forschung nach außen sichtbar bzw. greifbar sein sollte. So hatte er z. B. er ein Festival für Sitzdreiräder lanciert, an dem jeder Interessierte teilnehmen konnte.

Nach einem gemeinsamen Mittagessen und ausreichend Zeit für das Netzwerken standen am Nachmittag 2 erlebnisreiche Workshops auf dem Programm. Andrea Henneke, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Reha Rheinfelden, zeigte eine Test- und Therapiesequenz an einem robotergestützten Gerät. Es war beeindruckend, wie motiviert und flink ein hemiplegischer Patient seinen Arm in der virtuellen Umgebung bewegte. Laut dessen Aussagen hatte bei ihm das robotergestützte Arm- und Handtraining auch einen positiven Einfluss auf das Gehen. Trotz all der Technik ist nach wie vor spezialisiertes Fachwissen und therapeutische Erfahrung nötig, um Patienten mit Therapierobotern zu behandeln. Andrea Henneke erläuterte die zahlreichen Herausforderungen, die bei der Therapie mit Robotern und der Durchführung einer klinischen Studie auftreten können. Sie betonte im Einklang mit den Sprechern am Vormittag, wie wichtig ein früher Einbezug des Studienortes in die Studienplanung und eine intensive Schulung der Mitarbeitenden sind.

Oliver Stoller, Mitarbeiter des Instituts für Rehabilitation und Leistungstechnologie der BFH, untersuchte in seiner Studie den Effekt von roboterunterstütztem Gehtraining auf die aerobe Kapazität. Bei einem Kurzvortrag erfuhren die Teilnehmer des Workshops zuerst die theoretischen Hintergründe der Studie und die damit zusammenhängenden technischen Herausforderungen. Dabei wurde hervorgehoben, wie wichtig für ein solches Projekt das intensive Zusammenspiel verschiedener Disziplinen (Therapeuten, Ingenieuren) und der Patienten ist. Anschließend demonstrierte eine eindrückliche Vorführung die genaue Vorgehensweise. Die sichtlich angestrengte Probandin (Mitarbeiterin der Forschungsgruppe) zeigte, wie sie anhand der Informationen am Bildschirm die Intensität anpassen musste, um die geforderte Leistung zu erreichen.

Insgesamt müssen während einer (inter)nationalen Forschungskooperation sehr viele Faktoren zusammenspielen, damit das gemeinsame Projekt gelingt: Man sollte mit den Kooperationspartnern bereits vertraut sein, sich auf routinierte forschungserfahrene Partner stützen können und die wissenschaftliche Partnerschaft auch frühzeitig schriftlich besiegeln. Das 7. CRF war gemeinsam mit den Gastgebern aus Rheinfelden ein gelungener Anlass zum Kennenlernen und für regen Informationsaustausch, fern des sonst üblichen Stresses bei Kongressen.

Das rege Interesse der Teilnehmer bei der Vorstellung der Themen für die 8. Ausgabe des CRF bestätigte die eingeschlagene Richtung der Initiatoren. Es wird voraussichtlich im November 2013 zum Thema Klinische Forschung in einer Privatpraxis? im Inselspital Bern (Schweiz) stattfinden. Das CRF bleibt ein spannender und vielbeachteter Netzwerkanlass nicht nur für Forschungsinteressierte.

Aktuelle Informationen über das CRF und die Stiftung Physiotherapie-Wissenschaften unter: www.physiotherapie-wissenschaften.ch/crf/index.html.

Das Clinical Research Forum (CRF) wurde 2005 von Maurizio Trippolini und Martin Verra initiiert. Sein Ziel besteht darin, die Netzwerkbildung unter forschenden Physio- und Ergotherapeuten zu fördern und die Weiterentwicklung der klinisch orientierten und angewandten Forschung zu unterstützen.

Beim CRF sollen Informationen und Ideen ausgetauscht und eine Umgebung kreiert werden, in der Innovation entstehen kann. Dies versteht sich als Ergänzung zu den Fachkongressen.

Das CRF wird jedes Jahr im Herbst an einem anderen Ort ausgetragen (Rehaklinik, Akutspital, akademische Institution). Die Organisation übernehmen die Initiatoren in Zusammenarbeit mit dem Partner am jeweiligen Austragungsort. Das CRF ist eine Veranstaltung der Stiftung Physiotherapie-Wissenschaften (www.physiotherapie-wissenschaften.ch). Die Stiftung unterstützt die klinische Forschung in der Physiotherapie und fördert die wissenschaftliche Laufbahn angehender Doktoranden mit der Vergabe eines PhD-Grant.