Psychiatr Prax 2011; 38(05): 261
DOI: 10.1055/s-0031-1283092
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Dr. Helmut Koester

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Publication Date:
01 July 2011 (online)

 
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Dr. Helmut Koester

Es gibt Menschen, die Großes geleistet haben und doch nie im Rampenlicht standen.

Helmut Koester, der am 25. März an seinem Geburts- und Schaffensort Düren kurz vor Vollendung seines 88. Lebensjahres gestorben ist, gehört zu diesen Menschen.

Beide Eltern waren Ärzte, der Vater schon in der damaligen Heil- und Pflegeanstalt Düren. 1967 wurde Helmut Koester, neben Caspar Kulenkampff, als Direktor in Düsseldorf tätig.

1970, dem Jahr in dem der Antrag zur Untersuchung der Lage der Psychiatrie in den Deutschen Bundestag eingebracht wurde, übernahm er die alleinige ärztliche Leitung des Dürener Landeskrankenhauses. Die räumliche und sanitäre Situation, die er dort antraf, war erschütternd. Zu diesem Zeitpunkt versorgten 10-12 Ärzte die knapp 1800 in Sälen bis zu 40 Personen untergebrachten Patienten. Nur vier von ihnen hatten Bewegungsfreiheit bis in die Stadt hinein.

Es gab keine Psychologen, keine Sozialarbeiter, keine Pädagogen.

Koester war bald einer der ersten Direktoren, der sich der psychiatrischen Reformbewegung der 70er-Jahre anschloss. Und er blieb, neben Alexander Veltin, noch einige Jahre ziemlich allein damit im Rheinland.

Unermüdlich hat er sich für eine Verbesserung der Behandlungsbedingungen für psychisch kranke Rechtsbrecher eingesetzt. Der Lohn seiner Insistenz war der 1986 eröffnete Neubau der forensischen Abteilung, bei der konzeptionell, wie architektonisch neue, bis heute weit über das Rheinland hinaus vorbildhafte Wege beschritten werden konnten. Auf der Lastseite stand die oft äußerst beschwerliche persönliche Verantwortung, die er immer wieder gerade in diesem Bereich zu tragen hatte.

Trotz seiner intensiven Einbindung in die therapeutische, wie administrative Alltagspraxis hat sich Dr. Koester in mehr als 50 Publikationen wissenschaftlich vor allem mit Untersuchungen zur Suizidalität und zur Rechtsstellung psychiatrischer Patienten auseinandergesetzt.

Und er gehörte 1974 auch zu den Mitbegründern dieser Zeitschrift.

"Die Beschäftigung mit unserer Geschichte und mit aktuellen Entwicklungen zeigt uns unmissverständlich auf, wie fragil, wie anfällig ein gesellschaftliches Gefüge werden kann, wenn demokratiefeindliches Gedankengut oder falsche Lehren die Oberhand gewinnen" schrieb Helmut Koester in einem Brief an seine ehemaligen Mitarbeiter kurz vor seinem Tod. "Erfahrungsgemäß sind es die Schwachen und die Kranken, die als erste darunter zu leiden haben. Wie schnell dann ihre Rechte infrage gestellt werden, ist beängstigend. Von daher sollten wir wachsam bleiben."

"Gehen Sie gegen die Missbräuche an, wo sie Ihnen begegnen, aber, gehen Sie dagegen an mit der Vernunft. Das ist ihre humanitäre Mission." Diese Worte richtete Joseph Guislain vor über 150 Jahren an seine Studenten. "Und begegnen sie ihnen mit Respekt und Anteilnahme" würde Helmut Koester ergänzt haben.

Und dies in der ihm eigenen gelassenen Eleganz und Freundlichkeit.

Ralf Seidel, Mönchengladbach
E-Mail: seidel-aprin@t-online.de