Notfall & Hausarztmedizin 2009; 35(5): 225
DOI: 10.1055/s-0029-1225459
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Schweinegrippe – wie informiert man sich über eine neue Seuche?

Hagen Sandholzer
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Publication Date:
29 May 2009 (online)

Eigentlich wollte ich ja über die Schweinegrippe schreiben, aber bis das Editorial gedruckt ist, wäre dies wohl „Schnee von gestern“. Deswegen möchte ich Ihnen lieber ein paar Hinweise geben, wie man sich über ein neu auftretendes Gesundheitsproblem aktuell informieren kann. Wie machen es meine Patienten? Nun sie fragen erst einmal Freunde und Nachbarn und tauschen dabei auch das aus, was sie in den Medien mitbekommen haben. Wenn sie nicht weiter wissen, dann gehen sie zum Hausarzt und möchten von ihm etwas mehr wissen als sie über Bild, Focus und im Fernsehen erfahren haben.

Leider ist die Information zu so einem aktuellen Gesundheitsproblem wie zum Beispiel der Schweinegrippe in der ärztlichen Tages- und Wochenpresse meist schlechter als das, was auf den Homepages von Printmedien, Funk und Fernsehen abzurufen ist. Das liegt unter anderem daran, dass hier meist Medizinjournalisten sitzen, die Informationen aus zweiter Hand mit Allbekanntem und Altbekannten anreichern und nur selten, keinesfalls kontinuierlich an die wirklich neuen Nachrichten und die Experten ersten Ranges herankommen.

Will man seinem Patienten qualifizierte Informationen geben, die eben über das bereits Gelesene und Erfahrene hinausgehen, bleibt also nur wenig übrig. Da wäre zum einen das Gewicht Ihrer ärztlicher Erfahrung, auch die persönliche Kenntnis des Patienten. Schließlich hatten wir ja schon die aviäre Influenzakrise, in deren Folge beispielweise der Umsatz von Neuramidasehemmern kurzfristig um 256  % anstieg.

Spätestens seit damals kennen wir die Mechanismen der öffentlichen Diskussion: Die Staatsbürokraten reden alles klein, die Mietmäuler der Pharmaindustrie alles groß – so ist das eben. Der kluge Hausarzt wird also das Risikoprofil seines Patienten und dessen psychosoziale Bedürfnisse sowie die mikroökologische Situation vor Ort abwägen und eine individualisierte Beratung einschließlich aller unschädlichen Präventionsmaßnahmen anbieten. In Zeiten maximaler Unsicherheit, wie die Epidemie verlaufen wird, ist das keine schlechte Taktik.

Die zweite Strategie ist ein medizinischer Nachrichtendienst – neudeutsch News alert genannt. Allerdings gibt es in Deutschland keine guten, weswegen man mit Englisch zurechtkommen muss. Solche Dienste sind die beste Möglichkeit, hochqualifizierte, nur wenige Stunden alte, medizinische Informationen zu bekommen – keine Standardlösung, aber für den Interessierten hier 2 Adressen: „Journal watch“ (www.jwatch.org) beispielsweise ist nach Fachgebieten angeordnet. Jeweils die erste von 4–5 Nachrichten ist kostenlos, epidemiologische Informationen lassen sich aber immer ohne Gebühren abrufen. Kostenlose medizinische Meldungen bietet auch „Medscape“ (www.medscape.com). Hier stehen zudem aktuelle Videos mit Experteninterviews zu den jeweiligen Themen zum Download bereit – meines Erachtens die beste CME der Welt.

Zuletzt bleibt noch das große „World Wide Web“. Einen Internetführer zu den 50 häufigsten Hausarztproblemen, den „Praxistrainer Allgemeinmedizin“, hat zum Beispiel der Schattauer Verlag 2007 herausgegeben. Hier ist die Webseite des Robert-Koch-Instituts hervorgehoben (www.rki.de). Beim Robert-Koch-Institut findet der anglophobe Leser zwar erstklassige Informationen über alle Infektionskrankheiten und Impfungen, aber leider auch manches, was dem Hausarzt etwas praxisfern erscheint. Zuletzt noch mein „Favorit“ zur Schweinegrippe: Die Seite www.pandemicflu.gov des Centers of Disease Control der USA (CDC). Echt toll!

Prof. Dr. med. Hagen Sandholzer

Leipzig

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