Intensivmedizin up2date 2009; 5(2): 73
DOI: 10.1055/s-0029-1214615
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ein Jahr „Aktion saubere Hände“

Petra  Gastmeier
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Publication Date:
11 May 2009 (online)

Bundesweit ist jährlich mit ca. 500 000 nosokomialen Infektionen zu rechnen, aufgrund der invasiven Maßnahmen und häufigen notwendigen Manipulation wird etwa ein Viertel davon auf den Intensivstationen hervorgerufen. Sie führen nicht nur zu zusätzlichem Leid für die Patienten, sondern auch zur Verlängerung der Verweildauer auf der Intensivstation von im Durchschnitt etwa 5 Tagen. Unter DRG-Bedingungen bedeutet das deutliche Verluste für die betroffenen Abteilungen. Einige amerikanische Krankenversicherungen sind inzwischen noch weitergegangen. Unter dem Motto „Pay for performance“ oder in diesem Falle eher „Nonpayment for nonperformance“ haben sie zum 1. Oktober 2008 eingeführt, dass Krankenhäuser bei Auftreten von nosokomialen Katheter-assoziierten Harnweginfektionen und Septikämien bzw. bei Wundinfektionen nach bestimmten elektiven Eingriffen für diese Patienten nicht mehr vergütet werden [1].

Natürlich sind nicht alle nosokomialen Infektionen vermeidbar, aber ein großer Teil schon. Die Erregerübertragung über die Hände spielt dabei eine wesentliche Rolle, und es ist inzwischen vielfach bewiesen, dass die konsequente Durchführung der Händedesinfektion Krankenhausinfektionen vermeiden kann und die Ausbreitung von multiresistenten Erregern verhindert.

Um die Aktivitäten zur Verbesserung der Händedesinfektion zu intensivieren, haben wir im Januar 2008 als „Nationales Referenzzentrum für die Surveillance von nosokomialen Infektionen“ gemeinsam mit dem „Aktionsbündnis Patientensicherheit“ und der „Gesellschaft für Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen“ die vom Bundesgesundheitsministerium unterstützte „Aktion saubere Hände“ gestartet (www.aktion-sauberehaende.de).

Offenbar haben viele Krankenhäuser nur auf einen solchen äußeren Anstoß gewartet, um selbst mehr zur Verbesserung der Händedesinfektion zu leisten. Inzwischen beteiligen sich bereits 513 Krankenhäuser an der Aktion, darunter 19 Universitätskliniken und 2 große deutsche Krankenhauskonzerne.

Ziel der bundesweiten Kampagne ist eine dauerhafte Senkung der nosokomialen Infektionen durch eine konsequente Verhaltensänderung in Bezug auf die Händedesinfektion. Auf vielen Intensivstationen wurden Beobachtungsstudien zur Compliance mit der Händedesinfektion durchgeführt und durch Rückkopplung der Ergebnisse eine intensive Diskussion über das Thema angeregt. Auch Verbrauchsdaten von alkoholischem Händedesinfektionsmittel bezogen auf einen Patiententag können wichtige Hinweise liefern. Nach den Daten von 2007 wurden auf den deutschen Intensivstationen im Median 68 ml alkoholisches Händedesinfektionsmittel pro Patiententag verbraucht (ca. 23 Händedesinfektionen pro Tag und Patient) (www.nrz-hygiene.de). Es bleibt abzuwarten, ob die Daten für 2008 eine Steigerung zeigen.

Literatur

  • 1 Graves N, McGowan Jr. J E. Nosocomial infections, the Deficit Reduction Act, and incentives for Hospitals.  JAMA. 2008;  300 577-1579

Prof. Dr. med. Petra Gastmeier

Institut für Hygiene und Umweltmedizin
Charité-Universitätsmedizin Berlin

Hindenburgdamm 27
12203 Berlin

Email: Petra.Gastmeier@charite.de

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