Zeitschrift für Palliativmedizin 2024; 25(03): 143-158
DOI: 10.1055/a-2294-8652
CME-Weiterbildung

Notärztliche Einsätze in der ambulanten Palliativversorgung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen

Lioba Schmitz
1   Klinik für Kinder-Onkologie, -Hämatologie und Klinische Immunologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland
,
Laura Trocan
,
Oliver Dechert
,
Gisela Janßen
› Author Affiliations

Lebensverkürzende Erkrankungen bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen verbunden mit einer hohen Symptomlast sind selten. In aller Regel wünschen sich betroffene Familien, im häuslichen Umfeld verbleiben zu können. Trotz der immer häufigeren SAPV-Versorgung kann es bei fortgeschrittener Erkrankung oder in der Finalphase zu krisenhaften Ereignissen kommen, die notärztliche Einsätze auslösen. In diesen Situationen können die Erwartungen an das Notfallteam erheblich variieren.

Kernaussagen
  • Notfalleinsätze bei Kindern und Jugendlichen in palliativer Situation sind selten und bedürfen eines an das Stadium der Erkrankung und die Wünsche der Familie angepassten Verhaltens.

  • In der pädiatrischen Palliativversorgung stehen, anders als bei erwachsenen Palliativpatient*innen, Erkrankungen mit neurologischen Symptomen im Vordergrund.

  • Im Falle eines notärztlichen Einsatzes bei pädiatrischen Palliativpatient*innen in der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) ist ein Kontakt zum betreuenden Kinderpalliativteam empfehlenswert.

  • Eltern sind als gesetzliche Stellvertreter ihres nicht einwilligungsfähigen Kindes entscheidungsberechtigt.

  • Die schriftlich formulierte Vorausverfügung der Sorgeberechtigten für das minderjährige Kind ist, anders als eine Patient*innenverfügung, nicht gesetzlich bindend, gibt aber einen klaren Hinweis auf den Wunsch zum Behandlungsvorgehen.

  • Ein einsichts- und einwilligungsfähiger Minderjähriger ist aus ethischen Aspekten unbedingt zu hören, und seine Wünsche sind möglichst zu berücksichtigen. Die Rechtsgrundlage ist unklar.

  • Der nicht zum Körpergewicht passende Wirkstoffgehalt sowie fehlende Behandlungsstudien im Kindesalter können beim Einsatz handelsüblicher Medikamentenformulierungen in der pädiatrischen Palliativversorgung einen Off-Label Use erforderlich machen. Darüber sind Sorgeberechtigte aufzuklären.

  • Pulmonale Infektionen zählen neben Krampfanfällen zu den häufigsten akut auftretenden Komplikationen bei pädiatrischen Palliativpatient*innen mit nicht onkologischen Erkrankungen.

  • Die Behandlung von Schmerzen und Dyspnoe erfolgt im Kindes- und Jugendalter analog zu den Vorgaben bei Erwachsenen, jedoch in der Dosis gewichtsadaptiert. Junge Säuglinge bedürfen wegen eines möglicherweise verzögerten Abbaus von Opioiden und den in Anbetracht ihres Gewichtes vergleichsweise hohen Wirkstoffkonzentrationen in handelsüblichen Präparationen besonderer Aufmerksamkeit.

  • Der notärztliche Einsatz bei einem sterbenden Kind oder Jugendlichen stellt eine große Herausforderung für das gesamte Rettungsteam dar. Ein offenes Ohr für die Wünsche des/der Patient*in und der Angehörigen ist dabei ebenso zentral wie die gezielte Behandlung leidvoller Symptome. Für die Betroffenen gibt eine professionelle Sterbebegleitung Halt und kann dabei helfen, diese schwierige Situation auszuhalten.



Publication History

Article published online:
29 April 2024

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