Lernziele

Nach der Lektüre dieses Beitrags ….

  • wissen Sie, welche Erreger nicht endemischer Lungeninfektionen Sie in Ihren differenzialdiagnostischen Überlegungen bei Patient*innen mit Reiseanamnese berücksichtigen müssen,

  • kennen Sie die wichtigsten Übertragungswege in Deutschland nicht endemischer Infektionen der Lunge,

  • sind Ihnen wichtige Maßnahmen zur Infektionsprävention bei in Deutschland nicht endemischen Infektionen der Lunge, die von Mensch zu Mensch übertragbar sind, bekannt,

  • verstehen Sie wesentliche diagnostische und therapeutische Möglichkeiten bei in Deutschland nicht endemischen Infektionen der Lunge.

Fallbeispiel.

Eine 28-jährige Patientin stellte sich wenige Tage nach ihrer Rückkehr von einer 4‑wöchigen Reise durch Thailand in der Regenzeit mit hohem Fieber und produktivem Husten vor. Zuletzt hatte sie im Nordosten des Landes an einer mehrtägigen Trekkingtour teilgenommen.

In der Röntgenaufnahme des Thorax imponierte ein pneumonisches Infiltrat des linken Oberlappens. Antibiotische Therapien mit Amoxicillin, gefolgt von Moxifloxacin bei Verdacht auf eine ambulant erworbene Pneumonie waren bereits erfolglos gewesen, sodass bei persistierender Symptomatik eine diagnostische Bronchoskopie erfolgte. Hier gelang der kulturelle Nachweis von Burkholderia (B.) pseudomallei. Ein in der Umfelddiagnostik detektierter Verhalt im rechten Leberlappen wurde CT-gestützt (CT: Computertomographie) punktiert, bei putridem Sekret erfolgte in gleicher Sitzung die Anlage einer Drainage. Auch im hier gewonnenen Material wurde kulturell B. pseudomallei nachgewiesen. Eine Antibiotikatherapie mit Ceftazidim wurde eingeleitet. Die Patientin entfieberte nach 8 Tagen, und die Drainage konnte entfernt werden. Nach insgesamt 4‑wöchiger Gabe von Ceftazidim erfolgte eine orale Therapie mit Cotrimoxazol für weitere 3 Monate bis zur Restitutio ad Integrum.

Hintergrund

Die Lunge ist aufgrund ihres direkten Kontakts mit der Umwelt gegenüber einer Vielzahl von Erregern exponiert. In Deutschland sind Infektionen durch respiratorische Viren wie Influenzavirus, SARS-CoV‑2 („severe acute respiratory syndrome coronavirus 2“), respiratorisches Synzytialvirus, Parainfluenzavirus, humanes Metapneumovirus, Adenovirus und Rhinoviren häufig. Meist rufen sie Infektionen der oberen Atemwege hervor.

Häufige bakterielle Erreger ambulant erworbener Pneumonien sind z. B. Streptococcus pneumoniae, Mycoplasma pneumoniae, Chlamydophila pneumoniae und Legionella spp.

Mykotische Lungenerkrankungen und parasitäre Lungeninfektionen treten in Deutschland bei immunkompetenten Personen selten auf.

Im Folgenden stehen nicht diese häufigen Erreger, die klinisch tätigen Kolleg*innen wohl vertraut sind, im Fokus, sondern in Deutschland nicht endemische Infektionen. Pulmonale Affektionen durch entsprechende Organismen sind in Deutschland selten. Die Kenntnis der im Folgenden beschriebenen Infektionskrankheiten erscheint jedoch wichtig, da jederzeit mit dem Auftreten einzelner Fälle in unserem Land gerechnet werden muss und sie mit erheblicher Morbidität und Mortalität assoziiert sein können. In Tab. 1 sind die wesentlichen Charakteristika der im vorliegenden Beitrag beschriebenen Erreger zusammengefasst.

Tab. 1 Seltene pulmonale Infektionen durch in Deutschland nicht endemische Erreger. (Adaptiert nach [1])

Seltene virale pulmonale Erkrankungen

Zoonotische Influenza

Wildlebende Wasservögel stellen das Reservoir aller bei Vögeln beschriebenen Influenza-A-Subtypen dar. Infektionen der Wasservögel verlaufen meist asymptomatisch. Bei Geflügelbeständen hingegen sind sie gefährlich, hier können sie Leistungseinbußen bei intensiver Haltung verursachen oder sich auch als klassische Geflügelpest mit hoher Kontagiosität und Letalität äußern.

Von epidemiologisch geringerer Bedeutung ist die Schweineinfluenza. Schweine haben in ihren Atemwegen sowohl Rezeptoren für aviäre als auch für humane Influenzaviren. Bei gleichzeitiger Infektion mit Viren verschiedener Spezies kann es zu einem Reassortment (Austausch von Gensegmenten) kommen, mit daraus resultierenden veränderten biologischen Eigenschaften.

Übertragung

Eine menschliche Infektion mit aviärer Influenza resultiert meist aus engem Kontakt zu infiziertem Geflügel bzw. dessen Ausscheidungen z. B. auf Geflügelmärkten. Kleine Cluster von Mensch-zu-Mensch-Übertragungen wurden beschrieben, vornehmlich bei engen Haushaltskontakten. Die im Vergleich zur saisonalen Influenza deutlich verminderte Ansteckungsgefahr resultiert aus der Tatsache, dass die Rezeptoren für die aviären Influenzaviren in den tiefen Atemwegen lokalisiert sind. Ausreichend erhitzte Geflügelprodukte stellen keine Infektionsgefahr dar.

Infektionen mit porziner Influenza werden bei engem Kontakt mit infizierten Schweinen übertragen. Auch hier sind Einzelfälle einer Mensch-zu-Mensch-Übertragung dokumentiert.

Merke

Menschliche Infektionen mit aviärer Influenza resultieren aus engem Kontakt zu Geflügel bzw. dessen Ausscheidungen. Mensch-zu-Mensch-Übertragungen sind selten.

Klinisches Bild

Während das klinische Bild einer porzinen Influenza dem einer saisonalen Influenza entspricht und daher hier nicht weiter besprochen werden soll, handelt es sich bei einer durch aviäre Influenzaviren verursachten humanen Erkrankung um eine potenziell schwere Infektion mit hoher Letalität. Nach einer Inkubationszeit von 1–5 Tagen kommt es zu Fieber, Husten und Atemnot, teilweise in Verbindung mit Kopf- und Gliederschmerzen. Gastrointestinale Symptome können begleitend vorhanden sein.

In einer retrospektiven Studie aus Vietnam zu 67 Patient*innen mit Infektion durch aviäre Influenza-A-H5N1-Viren waren Husten und Tachypnoe die häufigsten Symptome. Bei 84 % der Infizierten waren radiologisch pulmonale Infiltrate nachweisbar. Die Letalität betrug 39 %. Das mediane Alter der Verstorbenen war 18 Jahre [3].

Humane Infektionen mit dem aviären Influenza-A-H7N9-Virus wurden vornehmlich aus China bekannt. Eine retrospektive Studie an 111 Patient*innen zeigte häufige und schwere Komplikationen auf (Pneumonie bei 97 %, ARDS [„acute respiratory distress syndrom“] bei 71 %, Schock bei 26 % der Betroffenen; [4]).

Außer Influenza-A-H5- und -H7-Viren können weitere Erreger eine zoonotische Influenza bedingen, aber mit eher mildem Verlauf.

Merke

Die aviäre Influenza kann sich klinisch unter dem Bild einer schweren viralen Pneumonie manifestieren.

Maßnahmen

In Deutschland wurden bisher keine humanen Erkrankungen durch Influenza-A-H5N1- oder -H7N9-Virus bekannt. Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin und die Paul-Ehrlich-Gesellschaft formulierten Empfehlungen zu humanen Infektionen durch Influenza-A-H7N9-Virus [5]. Wesentlich ist die Infektionsprävention. Infizierte sollten isoliert werden und, wenn möglich, bei Kontakt mit nichtinfizierten Personen eine Mund-Nasen-Maske aufsetzen. Die persönliche Schutzausrüstung für Personal umfasst Schutzbrille, Atemschutz (FFP3 [FFP: „filtering face piece“] für aerosolgenerierende Maßnahmen, sonst FFP2), Schutzkittel und Einmalhandschuhe. Schon der Verdacht auf eine Erkrankung ist meldepflichtig.

Die Evidenz zur Wirksamkeit einer antiviralen Therapie ist limitiert. In der bereits genannten retrospektiven Studie aus Vietnam bei Infektionen durch Influenza-A-H5N1- überlebten 69 % der Patient*innen, die Oseltamivir erhalten hatten, im Vergleich zu 33 %, die nicht mit Oseltamivir behandelt worden waren [3]. In Anbetracht der meist schweren Erkrankung erscheint der Einsatz von Neuraminidasehemmern selbst dann indiziert, wenn die Therapie später als 48 h nach Symptombeginn eingeleitet wird. Das bereits in den USA zur Therapie der Influenza zugelassene Baloxavir zeigte in vitro eine gute Effektivität gegenüber verschiedenen aviären und porzinen Influenzaviren [6], sodass sich hier in Zukunft eine Behandlungsmöglichkeit ergeben könnte. Impfstoffe gegen Influenza-A-H5N1-Virus sind in Deutschland zugelassen und können z. B. bei beruflich exponiertem Personal in Speziallaboratorien eingesetzt werden. Bisher gibt es jedoch keine Impfempfehlung der STIKO (Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut).

MERS („middle east respiratory syndrome“)

Derzeit sind 7 humanpathogene Coronaviren (CoV) bekannt. Davon sind 4 weltweit verbreitet und stellen häufige Erreger akuter respiratorischer Erkrankungen dar. Im Folgenden konzentriert sich der Artikel auf das MERS-CoV, das 2012 erstmalig beschrieben wurde und bis zum 20.07.2020 zu 2519 Infektionen mit 866 Todesfällen führte (Mortalität 34 %). Über 80 % der Fälle wurden aus Saudi-Arabien berichtet [7].

Übertragung

Eine primäre Infektion kann aus Kontakt zu respiratorischen oder anderen Sekreten von infizierten Dromedaren resultieren [8]. Möglicherweise spielt auch der Konsum nichtpasteurisierter Milchprodukte eine Rolle. Bei vielen Primärfällen lässt sich jedoch kein Risikofaktor identifizieren. Ambulante Mensch-zu-Mensch-Übertragungen scheinen eine untergeordnete Rolle zu spielen, wohingegen mehrere nosokomiale Ausbrüche dokumentiert sind. Der größte Ausbruch ging von einem Patienten in Südkorea aus, mit 186 Sekundärfällen, davon allein 82 in der Notaufnahme [9].

Klinisches Bild

Die Inkubationszeit beträgt 2–14 Tage. Bei gesunden Menschen verläuft die Infektion oft asymptomatisch bis milde; schwere Manifestationen treten in erster Linie bei Patient*innen mit chronischen Vorerkrankungen auf. Milde Verläufe sind gekennzeichnet durch subfebrile Temperatur, ständig laufende Nase, Hals- und Muskelschmerzen. In schweren Fällen kann sich ein ARDS entwickeln, im Median 2 Tage nach der Krankenhausaufnahme. In schweren Fällen kann es auch zu extrapulmonalen Manifestationen wie Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö (ca.1/3 der Fälle) und akutem Nierenversagen (ca. 50 % der Fälle) kommen [8].

Merke

Schwere Infektionen mit MERS-CoV treten in erster Linie bei Patient*innen mit chronischen Vorerkrankungen auf.

Maßnahmen

Die initiale Verdachtsdiagnose ergibt sich aus dem klinischen Bild einer akuten Atemwegsinfektion in Kombination mit einem epidemiologischen Risiko. Verdachtsfälle müssen an das zuständige Gesundheitsamt gemeldet werden. Als Probenmaterial eignen sich insbesondere Sekrete aus den tiefen Atemwegen (Sputum, Trachealsekret, bronchoalveoläre Lavage [BAL]), da hier die Viruskonzentration am höchsten ist. Der Erregernachweis erfolgt mittels Polymerasekettenreaktion (PCR). In spezialisierten Laboratorien können spezifische Antikörper nachgewiesen werden, was in der Akutdiagnostik jedoch keine Rolle spielt.

Patient*innen müssen im Einzelzimmer isoliert werden und sollen bei Kontakt mit medizinischem Personal einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Vom Robert Koch-Institut (RKI) wurde ein Flussschema zur Abklärung von MERS-Verdachtsfällen erarbeitet, das in Abb. 1 adaptiert dargestellt ist [10].

Therapeutisch sind supportive Maßnahmen wichtig. In einer aktuell publizierten randomisierten plazebokontrollierten Studie konnte erstmalig eine Verringerung der 90 Tage-Mortalität durch eine antivirale Kombinationstherapie mit Betainterferon-1b und Lopinavir/Ritonavir gezeigt werden. Dieser Effekt zeigte sich insbesondere, wenn die Therapie innerhalb von 7 Tagen nach Symptombeginn begonnen wurde.

Abb. 1
figure 1

Flussschema zur Abklärung von MERS-Verdachtsfällen, MERS „middle east respiratory syndrome“. (Adaptiert nach [10])

Seltene bakterielle Erkrankungen der Lunge

Lungenpest

Entgegen der weitläufigen Annahme, dass das Krankheitsbild der Pest nur noch historisch relevant ist, ist die Erkrankung auf allen Kontinenten bis auf Australien/Ozeanien und Antarktis endemisch. Seit den 1990er Jahren traten die meisten Fälle in Afrika auf. Madagaskar, die Demokratische Republik Kongo und Peru sind die Länder mit den höchsten Erkrankungszahlen [11].

Übertragung

In Endemiegebieten gelten Nagetiere als wichtigstes Reservoir. Infizierte Flöhe dienen als Vektoren, die die Pest durch Bisse auf Tiere und Menschen übertragen. Neben der indirekten Übertragung durch Vektoren ist eine direkte Infektion durch inhalative, perkutane oder i.v. Exposition möglich. Von Mensch zu Mensch erfolgt die Übertragung durch Körperflüssigkeiten (z. B. Buboneneiter). Bei Ausbrüchen mit Lungenpest spielt die direkte Übertragung über Tröpfchen eine dominierende Rolle.

Klinisches Bild

Die klinischen Manifestationen der Pest sind vielgestaltig. Bei den meisten durch Flöhe übertragenen Pestfällen entwickeln die Betroffenen eine Beulenpest mit schmerzhafter Adenopathie und Fieber. Bei fehlender adäquater Therapie kann es zur hämatogenen Erregeraussaat kommen, mit sekundärer Sepsis, Meningitis oder Lungenpest. Die Lungenpest kann nach einer kurzen Inkubationszeit von wenigen Stunden bis zu 3 Tagen auch primär nach Inhalation von kontaminiertem Material (z. B. aerosolierte Exkremente von infizierten Nagetieren) oder von Sekreten von an Lungenpest Erkrankten entstehen.

Klinisch zeigen die Erkrankten Husten, Auswurf (der purulent oder blutig tingiert sein kann), Fieber, Thorax- und Kopfschmerzen. Bei fehlender adäquater Therapie verschlechtert sich der Zustand der Patient*innen rapide mit Dyspnoe, Tachypnoe, Hypoxie und Hämoptysen [12].

Merke

Unbehandelt hat die Lungenpest eine Mortalität von fast 100 %.

Maßnahmen

Bei Verdacht ist eine Isolation der Patient*innen erforderlich. Schutzmaßnahmen bei der Versorgung (Schutzkleidung, Schutzhandschuhe, Augen- und Gesichts‑, Atem- [FFP3] und Fußschutz) sind unverzichtbar. Das Labor muss vor dem Eintreffen von Proben informiert werden. Da resistente Stämme von Yersinia pestis beschrieben sind, sollte immer ein mikrobiologischer Nachweis mit Resistenztestung angestrebt werden.

Der STAKOB (Ständiger Arbeitskreis der Kompetenz- und Behandlungszentren für Krankheiten durch hochpathogene Erreger) veröffentlichte Therapieempfehlungen [13]. Die empfohlenen Antibiotika sind teilweise nicht zur Behandlung der Pest zugelassen, sodass ein off label use vorliegt, über den aufgeklärt werden muss. In Anbetracht der lebensbedrohlichen Erkrankung und der Möglichkeit des Vorliegens resistenter Erreger sollte primär eine Kombinationstherapie, bestehend aus einem Aminoglykosid und einem Fluorchinolon, verabreicht werden. Nach Exposition ist die Durchführung einer Postexpositionsprophylaxe möglich. Diese sollte am ehesten mit Ciprofloxacin oder Doxycyclin durchgeführt werden. Auch hier handelt es sich um einen off label use.

Yersinia pestis wird aufgrund seiner biologischen Eigenschaften (Stabilität, Infektiosität und Letalität), seiner weltweiten Verfügbarkeit sowie seiner Eignung zur Massenproduktion als ein mögliches Agens für bioterroristische Gefährdungen eingestuft ([12]; Tab. 2).

Tab. 2 Lungenpest, Therapie und Postexpositionsprophylaxe. (Nach [13])

Melioidose

Ätiologie und Epidemiologie

Die Melioidose wird durch das gramnegative Stäbchenbakterium Burkholderia pseudomallei hervorgerufen. In Endemiegebieten findet sich der Erreger im Boden und in oberflächlichen Wasseransammlungen. Die höchsten Erkrankungszahlen werden aus Südostasien, insbesondere aus Thailand, berichtet. Weitere Endemiegebiete betreffen das nördliche Territorium („Northern Territory“) von Australien und Länder in Südasien und Subsaharaafrika. Von einer hohen Dunkelziffer ist auszugehen [14]. Importierte Fälle nach Deutschland scheinen selten. Die Übersicht ist erschwert, da keine Meldepflicht besteht. Der Großteil aller dokumentierten Melioidosen wurde bei Reiserückkehrern aus Thailand beschrieben [15].

Übertragung

Infektionen entstehen durch Inokulation über Schleimhäute und Wunden sowie durch Ingestion oder Inhalation erregerhaltigen Materials. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch scheint ausgesprochen selten aufzutreten. Burkholderia pseudomallei besitzt die Fähigkeit, als fakultativ intrazellulärer Organismus in Phagozyten zu persistieren und ähnlich der Tuberkulose in ein latentes Infektionsstadium mit Reaktivierungspotenzial übergehen zu können.

Grunderkrankungen wie Diabetes mellitus, chronische Niereninsuffizienz oder chronische Lungenerkrankungen prädisponieren für eine manifeste Infektion mit B. pseudomallei [16].

Merke

Bestimmte Grunderkrankungen prädisponieren für eine manifeste Infektion mit B. pseudomallei.

Klinisches Bild

Die meisten Infektionen verlaufen vermutlich asymptomatisch. Bei einer symptomatischen Infektion liegt die Inkubationszeit bei wenigen Tagen bis zu 3 Wochen. Das klinische Bild kann von einem akut septischen bis zu einem chronisch schleichenden Verlauf reichen. Letzterer ist selten und geht mit einer protrahierten Symptomatik bestehend aus Fieber, Nachtschweiß und Gewichtsverlust einher. Reaktivierungen latenter Infektionen scheinen wenig vorzukommen. Am häufigsten präsentiert sich die Melioidose als Lungenentzündung, entweder als akut nekrotisierende oder subakut kavernöse Pneumonie (Abb. 2). Letztere stellt eine wichtige Differenzialdiagnose der Tuberkulose dar. Klinisch imponiert ein produktiver Husten, auch Hämoptysen sind möglich. Weitere mögliche Manifestationen sind lokalisierte Hautinfektionen sowie Bakteriämien (ggf. mit Ausbildung eines septischen Schocks), intraabdominelle Abszedierungen insbesondere in Leber und Milz und eine Dissemination in Knochen, Gelenke, Prostata, Parotis und das zentrale Nervensystem [17].

Abb. 2
figure 2

Röntgen- und Computertomographiebefund des Thorax bei pulmonaler Melioidose. (Aus [18]. Mit freundl. Genehmigung von Elsevier)

Maßnahmen

Die Diagnose wird durch den kulturellen Nachweis von B. pseudomallei aus Blut, Gewebe, Eiter, Atemwegssekreten oder Urin gestellt. Blutkulturen sollten stets abgenommen werden. Bei klinischem Verdacht auf Melioidose oder kulturellem Routinenachweis muss die weitere Diagnostik in einem Labor der Sicherheitsstufe 3 erfolgen. Die serologische Diagnostik ist bei Menschen aus Endemiegebieten nicht wegweisend, da hier hohe Raten an Seropositivität vorherrschen. Bei Reiserückkehrern kann der Nachweis spezifischer Antikörper jedoch als diagnostischer Baustein genutzt werden. Neben einer gründlichen klinischen Untersuchung müssen eine weiterführende Fokussuche mittels Computertomographie von Thorax, Abdomen und Becken sowie eine Magnetresonanztomographie des Kopfes erfolgen, um klinisch stumme Herde zu detektieren.

Bereits im Verdachtsfall sollte eine antimikrobielle Therapie nach Gewinnung von adäquaten Proben für die mikrobiologische Diagnostik begonnen werden. Die Therapie gliedert sich in eine i.v. Initialphase und eine daran anschließende orale Eradikationsphase. Für die 2‑ bis 8‑wöchige Initialphase kommen Ceftazidim und Carbapeneme zum Einsatz; Cotrimoxazol ist Mittel der Wahl für die 3‑ bis 6‑monatige Eradikationsphase. Typisch ist eine verzögerte, im Median nach 9 Tagen auftretende Entfieberung unter Therapie, die nicht zu einem frühzeitigen Wechsel des Antibiotikums Anlass geben sollte [16]. Schwere Verlaufsformen, die mit Mortalitätsraten von bis zu 40 % einhergehen, wurden insbesondere bei Individuen mit zugrundeliegenden Risikofaktoren beschrieben. Zügige Diagnosestellung, adäquate Therapie und moderne intensivmedizinische Maßnahmen senken die Mortalitätsrate unter 10 %. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen sind notwendig, um Rezidive frühzeitig zu erkennen.

Merke

Die Diagnose Melioidose wird durch den kulturellen Nachweis von B. pseudomallei gestellt.

Seltene Pilzinfektionen der Lunge

Bei therapierefraktärer Pneumonie bei entsprechender Reiseanamnese müssen die sog. endemischen Mykosen differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden. Der wichtigste Risikofaktor für deren Erwerb ist die Exposition in einem entsprechenden Endemiegebiet an Orten mit sehr hoher Erregerdichte. Die sog. endemischen Mykosen werden hervorgerufen durch obligat pathogene, dimorphe Pilze, deren Sporen inhaliert werden. Der folgende Abschnitt konzentriert sich auf die Histoplasmose, die Blastomykose und die Parakokzidioidomykose.

Merke

Der wichtigste Risikofaktor für den Erwerb einer sog. endemischen Mykose ist die Exposition in einem entsprechenden Endemiegebiet an Orten mit sehr hoher Erregerdichte.

Histoplasmose

Ätiologie und Epidemiologie

Die Histoplasmose ist in bestimmten Staaten der USA, Zentralamerika, Asien (Indien, China, Südostasien) und Afrika endemisch. Vereinzelt treten Fälle in Australien und Europa auf. Die Erkrankung wird durch Histoplasma capsulatum hervorgerufen, das in Assoziation mit Vögeln und Fledermäusen vorkommt. So sind Infektionen nach Inhalation infektiöser Partikel aus dem Erdreich beim Besuch von Höhlen mit Fledermäusen oder Aufenthalt in Geflügelställen beschrieben [19].

Klinisches Bild

Nach einer Inkubationszeit von 1–3 Wochen manifestiert sich die Erkrankung bei Immunkompetenten meist pulmonal. Das Erkrankungsspektrum besteht aus asymptomatischen bis hin zu fulminanten Verläufen mit diffuser bilateraler Pneumonie und ARDS. Extrapulmonale und disseminierte Verlaufsformen treten vorrangig bei Patient*innen mit Einschränkungen der zellvermittelten Abwehr auf. Bei entsprechender Reiseanamnese, Fieber und respiratorischen Symptomen sollte der Verdacht auf eine Histoplasmose erhoben werden.

Radiologisch präsentiert sich typischerweise das Bild einer Pneumonie, bei schwerer Erkrankung mit diffusen pulmonalen Infiltraten. Verkalkte pulmonale Noduli können persistieren [20].

Patient*innen mit pulmonalen Vorerkrankungen haben ein erhöhtes Risiko für einen chronischen Verlauf mit insbesondere apikal lokalisierten fibrosierenden Infiltraten und Kavernen mit schwieriger Abgrenzung zu einer Tuberkulose. Selten kann daraus eine fibrosierende Mediastinitis mit zum Teil schweren Auswirkungen auf die zentralen Atemwege, den Ösophagus und die mediastinalen großen Gefäße resultieren.

Maßnahmen

Zur Diagnosestellung erfolgen der mikroskopische und kulturelle Nachweis aus Sputum, BAL, Blut oder Knochenmark. Molekulare Techniken (z. B. PCR) können den Erregernachweis beschleunigen. Bei disseminierten Infektionen ist die Bestimmung des Histoplasmaantigens aus Urin sinnvoll. Spezifische Antikörper können 4–8 Wochen nach Symptombeginn nachgewiesen werden, allerdings kann die Serologie bei lokalisierten Infektionen oder bei Immunsuppression negativ sein [21].

Die Therapie der akuten Histoplasmose erfolgt in Abhängigkeit des Schweregrads als Initialtherapie mit liposomalem Amphotericin B für 1–2 Wochen. Bei Therapieansprechen ist eine Umstellung auf eine orale Anschlusstherapie mit Itraconazol je nach Schweregrad für beispielsweise 12 Wochen empfohlen. Während der Therapie mit Itraconazol sind das Interaktionspotenzial zu beachten sowie die regelmäßige Durchführung von Serumkonzentrationsbestimmungen empfohlen [22].

Blastomykose

Ätiologie und Epidemiologie

Blastomyces dermatitidis und Blastomyces gilchristii kommen v. a. auf feuchten, sauren Waldböden im mittleren Westen sowie im südöstlichen und südzentralen Nordamerika, in Südamerika, in Europa, Afrika und Asien vor. Sporadisch kommt es zu Ausbrüchen, z. B. durch kontaminiertes Nutzwasser.

Klinisches Bild

Die Inhalation der Sporen kann zu einer Lungenentzündung führen, die gelegentlich als systemische pyogranulomatöse Infektion verläuft. Die Inkubationszeit beträgt im Mittel 30–45 Tage.

Die klinische Symptomatik mit Fieber, produktivem Husten und Dyspnoe ist unspezifisch. Auch radiologisch präsentiert sich die Erkrankung vielfältig: neben alveolären bis miliaren Infiltraten, retikulonodulärer Zeichnung und „tree-in-bud signs“ sind Konsolidierungen und Kavitäten möglich [23].

Maßnahmen

Die Diagnose wird durch direkten mikroskopischen Erregernachweis, Kultur und/oder PCR aus BAL, bei extrapulmonalem Befall auch aus Biopsien, Liquor oder Urin gesichert. Antigennachweise und Serologie gelten als unzuverlässig [24].

Therapeutisch sind bei pulmonalem Befall die Antimykotika liposomales Amphotericin B für 1–2 Wochen mit anschließender oraler Verabreichung von Itraconazol für 6–12 Monate je nach Schweregrad indiziert [25].

Parakokzidioidomykose

Ätiologie und Epidemiologie

Die wichtigsten Erreger der Parakokzidioidomykose, Paracoccidioides brasiliensis und Paracoccidioides lutzii, kommen v. a. in Mittel- und Südamerika, insbesondere in Brasilien, Argentinien und Kolumbien vor. In Endemiegebieten sind 50–75 % der Bevölkerung infiziert. Allerdings entwickeln nur etwa 2 % nach längerer Exposition eine aktive chronische Erkrankung. Die Sporen befinden sich im Erdreich [26].

Klinisches Bild

Der Symptomkomplex aus Ulzerationen im Nasen-Rachen-Raum und respiratorischen Symptomen mit trockenem Husten und Dyspnoe bei langer Exposition kann wegweisend sein. Zusätzliche mögliche Manifestationsorte sind Haut, Lymphknoten und das zentrale Nervensystem. Nach Jahren können sich ein Emphysem und eine Lungenfibrose entwickeln.

Laborchemisch können eine Anämie sowie eine Eosinophilie auffallen. Radiologisch bestehen interstitielle und alveoläre bilaterale Infiltrate, teilweise einhergehend mit nodulären Konsolidierungen und Kavernen sowie emphysematisch-fibrotischen Veränderungen.

Maßnahmen

Der mikroskopische und der kulturelle Nachweis aus dem Sputum und der bronchoalveolären Lavage sind wegweisend. Spezifische Antikörper im Serum werden zur Diagnostik in spezialisierten Laboren eingesetzt.

Die Therapie besteht in Abhängigkeit des Schweregrads aus Itraconazol per os, bei schweren Verläufen wird liposomales Amphotericin B verabreicht. Die Gesamttherapiedauer beträgt mindestens 6–12 Monate [27].

Seltene parasitäre Erkrankungen der Lunge

Paragonimiasis

Ätiologie und Epidemiologie

Die Paragonimiasis wird durch den parasitären LungenegelParagonimus westermani verursacht. Die Übertragung erfolgt in aller Regel über den Verzehr kontaminierter roher Meeresfrüchte wie Schnecken oder Krustentiere, die als Zwischenwirt zählen. Der Mensch und Säugetiere stellen das wichtigste Reservoir für Paragonimus spp. dar. Diese Egel sind v. a. in Asien (China, Korea, Japan, Philippinen, Indien), Süd- und Mittelamerika sowie Afrika verbreitet [28].

Klinisches Bild

Nach einer Inkubationszeit von 2–6 Wochen tritt Fieber in Kombination mit Dyspnoe, pleuritischen Beschwerden und produktivem Husten mit gelblich-bräunlichem Auswurf auf. Begleitende Hämoptysen sind möglich. Laborchemisch ist eine Eosinophilie typisch. Das radiologische Bild ist mit lokalisierten passageren Infiltraten, Ringstrukturen und gelegentlichem Pleuraerguss bei akut Erkrankten eher unspezifisch. Bei chronischen Verläufen sind Bronchiektasen und abszessförmige Veränderungen möglich [29].

Maßnahmen

Die Diagnosestellung erfolgt auf Grundlage des direkten Erregernachweises durch mikroskopische Detektion der Eier in Sputum und Stuhl. Eine spezifische Antikörperdiagnostik im Serum steht in spezialisierten Laboratorien zur Verfügung.

Die Behandlung besteht aus einer 3‑tägigen oralen Therapie mit Praziquantel, wobei das hohe Interaktionspotenzial beachtet werden muss.

Merke

Der Verzehr roher Meeresfrüchte stellt in Endemiegebieten ein Risiko für die Übertragung von Paragonimus spp. dar.

Fazit für die Praxis

  • Eine detaillierte Anamnese mit Abfragen möglicher Expositionen ist für die Diagnosestellung seltener, in Deutschland nicht endemischer pulmonaler Infektionen wichtig.

  • Die Diagnose der beschriebenen Infektionen wird durch kulturelle bzw. molekulare Verfahren gestellt. Die Serologie spielt eine untergeordnete Rolle. Bei der Paragonimiasis ist eine Eosinophilie charakteristisch.

  • Die aviäre Influenza, MERS („middle east respiratory syndrome“) und Pest können nosokomial übertragen werden. Daher ist eine Isolierung der Patient*innen erforderlich.

  • Die Behandlung ist abhängig vom nachgewiesenen Erreger. Während bei der Pest und der aviären Influenza ein frühzeitiger Therapiebeginn unbedingt erforderlich ist, um Komplikationen und Tod zu vermeiden, handelt es sich bei der Melioidose und den beschriebenen Mykosen um Infektionen, die eine langwierige antiinfektive Therapie erfordern.