Die zukünftigen Herausforderungen an eine zentrale Notaufnahme werden sich veränderten Parametern anpassen. So werden sich die Kliniken mehr als in der Vergangenheit der Sicherstellung der Patientenversorgung je nach ihrem Versorgungsauftrag widmen müssen. Die abnehmende Versorgung durch niedergelassene Ärzte im Rahmen des KV-Versorgungsauftrags (KV: kassenvertragsärztlich), insbesondere in ländlichen Gebieten, wird in den Kliniken ein erhöhtes Patientenaufkommen zur Folge haben. Des Weiteren wird die Dichte der versorgenden Kliniken aufgrund ökonomischer Zwänge in den nächsten Jahren weiter abnehmen, sodass die Patienten, die einer klinischen Versorgung bedürfen, längere Rettungswege in Kauf nehmen müssen. Hieraus ergibt sich, dass Patienten öfter als bisher in einem zunehmend instabilen kritischen gesundheitlichen Zustand eingeliefert werden.

Erforderliche Umstrukturierungen

In einem Bericht der WHO (World Health Organization) über zentrale Notaufnahmen in der europäischen Krankenhauslandschaft wurden eine Neuorientierung und Umorganisation gefordert. Hierzu wurde u. a. aufgeführt, dass die zentralen Notaufnahmen in den europäischen Kliniken stark überfüllt seien und dort häufig Patienten behandelt werden würden, die vielleicht auch im KV-Bereich zu versorgen gewesen wären. Des Weiteren wurde darauf hingewiesen, dass es in der Versorgung von Vorteil ist, wenn der Patient, je nach seiner gesundheitlichen Störung früh von dem hierfür erforderlichen Spezialistenteam behandelt wird [2].

Um den zukünftigen Herausforderungen gerecht zu werden, müssen sowohl die Infrastruktur als auch die Behandlungsabläufe in einer zentralen Notaufnahme neu überdacht werden. Hierzu gehört z. B. die prioritätenorientierte Behandlung, der ein höherer Stellenwert als bisher zugeordnet werden muss. Des Weiteren ist eine hohe ärztliche Entscheidungskompetenz in Anwesenheit zu verpflichten. Hierdurch können verzögerte Behandlungsabläufe vermieden und die Verweildauern der Patienten in einer Notaufnahme möglichst kurz gehalten werden. Bei der Etablierung zentraler Notaufnahmen sind darüber hinaus die überregionalen Erfordernisse der Patientenversorgung zu berücksichtigen. So ist die Ausrichtung zentraler Notaufnahmen z. B. als interdisziplinäres notfallmedizinisches Kompetenzzentrum mit gleichzeitiger An- und Einbindung der präklinischen Rettungsmittel sinnvoll. Grundsätzlich ist eine hohe Auslastung der Vorhaltungsressourcen anzustreben, um auch den Betrieb einer zentralen Notaufnahme kostendeckend erhalten zu können.

Infrastruktur

Ziel einer optimierten Infrastruktur ist eine verzögerungsfreie Durchschleusung des Patienten durch die zentrale Notaufnahme bis hin zur definitiven Therapie. Um dies zu gewährleisten, sind zunächst strukturelle Voraussetzungen an die Erreichbarkeit sowie die Anfahrt und die Zugangswege einer Notaufnahme zu stellen. Hier haben sich z. B. getrennte Zugänge für liegend transportierte und für selbsteinweisende fußläufige Patienten bewährt. Ebenso müssen bestimmte Räumlichkeiten und qualifiziertes Personal vorgehalten werden.

Entsprechend der Behandlungsprioritäten lassen sich bei den Räumlichkeiten 3 Kategorien voneinander abgrenzen:

  • der Schockraum (Abb. 1), welcher Patienten mit vitaler Bedrohung vorbehalten bleiben sollte,

  • Behandlungsräume mit der Möglichkeit einer Überwachung und einer Applikation von Sauerstoff und

  • Behandlungsräume mit einer Basisausstattung.

Darüber hinaus sind spezielle Funktionsräume in einer Notaufnahme vorzuhalten, wie ein steriler Operationsbereich mit separater Patienten- und Mitarbeitereinschleusung sowie Räumlichkeiten für eine Sonographie, ein Gipsraum und weitere Untersuchungsmöglichkeiten für augenärztliche, für HNO-ärztliche und ggf. auch für gynäkologische Notfälle. Ebenso wichtig sind die unmittelbar zugängliche, Bild gebende Diagnostik sowie eine ausreichend groß dimensionierte Wartezone und weitere Räumlichkeiten für administratives Personal sowie Arbeitsmöglichkeiten für das ärztliche und pflegerische Personal.

Abb. 1
figure 1

Beispiel eines Schockraums zur gleichzeitigen Behandlung von 2 Patienten

Vorteilhaft ist sicherlich auch die Angliederung einer Aufnahmestation an die zentrale Notaufnahme. In einer derart erweiterten Notaufnahme können die Patienten je nach Dringlichkeit rasch durchgeschleust oder zur ggf. erforderlichen Überwachung stationär aufgenommen werden. Eine Aufnahmestation sollte allen Fachdisziplinen mit einem hohen Anteil von Notfallpatienten offengehalten werden und dem Charakter einer Intermediate-Care-Station entsprechen, um auch kurzfristig überwachungspflichtige Patienten behandeln zu können. Ob weitere elektiv durchzuführende chirurgische oder andere interventionelle therapeutische Maßnahmen der Notaufnahme angegliedert sind, muss im Einzelfall entschieden werden.

Was die unmittelbar baulichen Voraussetzungen betrifft, sind verschiedene Möglichkeiten denkbar. Grundsätzlich sollten die verschiedenen Patientenwege klar beschrieben sein und sich möglichst wenig kreuzen. Nicht zu vermeidende Überschneidungen wird es sicherlich im Bereich der Bildgebung und auch dem der Funktionseinheiten zur interventionellen Therapie geben. Ansonsten jedoch sollten die Wege des Patienten von Beginn an bis hin zur definitiven Versorgung klar ausgerichtet sein.

Behandlungsablauf

Auch bezüglich der Prozesse und Behandlungsabläufe innerhalb einer zentralen Notaufnahme sind neuere Erkenntnisse umzusetzen. So muss die Alarmierung über festgelegte Protokolle erfolgen, die mit den lokalen Rettungsdiensten und den Rettungsleitstellen abzustimmen sind. Die Behandlung als solche hat, wie oben angeführt, prioritätenorientiert zu erfolgen, hierzu können verschiedene Triagesysteme herangezogen werden. In bestimmten Bereichen gibt es darüber hinaus mittlerweile standardisierte und bewährte Behandlungsalgorithmen, die im Schockraum für die Versorgung von Schwerverletzten unumgänglich sind. Zu nennen ist hier z. B. das ATLS®-Konzept (ATLS „advanced trauma life support“), welches mittlerweile eine internationale Verbreiterung und hohe Anerkennung gefunden hat. Auch für den Massenanfall von Verletzten oder epidemische Infektionserkrankungen ist in einer zentralen Notaufnahme ein entsprechendes Konzept vorzuhalten.

Darüber hinaus müssen Regelungen getroffen werden, wie der weitere Transfer vonstatten geht sowohl intern als auch extern. Intern wird es sich in der Regel um den Operationsbereich, den intensivstationären Bereich oder aber die Aufnahme- oder Normalstation handeln. Externe Verlegungen hängen sehr vom Versorgungsauftrag der Klinik ab, kleinere Kliniken werden eher darauf angewiesen sein, Patienten nach auswärts zu verlegen, während maximal versorgende Kliniken eher Patienten von extern zu übernehmen haben. Hierfür sind entsprechende vertragliche Vereinbarungen zu treffen, die eine Kommunikation im konkreten Fall entsprechend erleichtern.

Zur unmittelbaren Triagierung eines jeden Notfallpatienten gibt es verschiedene Scoresysteme. Zu nennen sind hier

  • der Manchester-Triage-Score (MTS) [4],

  • der Canadien-Triage-and-Acuity-Score (CTAS),

  • der Emergency-Systeme-Index (ESI) und

  • der Australian-Triage-Score (ATS).

Allen gemeinsam ist, dass sie eine prioritätenorientierte Behandlung erlauben, was letzten Endes dazu führt, dass

  • Arbeitsabläufe besser gesteuert werden können,

  • eine hohe Behandlungsqualität erreicht und bewahrt wird,

  • die Dringlichkeit der Erkrankung sofort erkannt wird,

  • die Erstversorgung zeitnah eingeleitet wird,

  • Ressourcen der Räumlichkeiten besser genutzt werden und letzten Endes

  • gegenüber dem Patienten ein Vertrauen geschaffen wird und Ängste genommen werden.

Beispiele für den Australian-Triage-Score sowie für das Schockraumsystem unserer Klinik finden sich in Abb. 2 und Abb. 3.

Abb. 2
figure 2

Beispiel eines Notfall-Triage-Systems (modifizierter Australian-Triage-Score)

Abb. 3
figure 3

Beispiel eines klinikeigenen Schockraumablaufplans

In einem Konsenspapier [1] der an der Notfallbehandlung von Patienten im Wesentlichen beteiligten Fachgebiete wurde festgehalten, dass diese frühestmöglich fachspezifisch zu erfolgen hat und eine spezifische Facharztausbildung für die innerklinische Notfallmedizin nicht erforderlich ist, da die Notfallbehandlung innerhalb der Fachgebiete bereits Bestandteil der eigenen fachbezogenen Weiterbildung ist. Dennoch wird seitens der Fachgebiete zukünftig eine Art Mindestqualifikation für die ärztliche Tätigkeit in der Notaufnahme festzuschreiben sein, ebenso wie eine Zusatzqualifikation in Managementaufgaben für die leitende Position einer zentralen Notaufnahme.

Welchen Einfluss die Festlegung bestimmter Behandlungsalgorithmen haben kann, zeigt sich am Beispiel des ATLS®, welches im Wesentlichen für mehrfachverletzte Unfallopfer Anwendung findet. In einer Studie aus den Niederlanden konnte nachgewiesen werden, dass ein solches Konzept zu einer signifikanten Minderung der Mortalität innerhalb der ersten 60 min nach der Einlieferung der Patienten führt. Auf die Gesamtmortalität hat ein solcher Behandlungsalgorithmus ebenfalls einen vorteilhaften Effekt, jedoch ist dieser dann aufgrund der weiteren Einflussmöglichkeiten während des stationären Aufenthaltes nicht mehr signifikant [3].

Netzwerke

Um eine Versorgung von Patienten mit bestimmten gesundheitlichen Störungen auch in der Fläche sicherzustellen, ist eine Vernetzung entsprechender Kliniken sinnvoll. Als beispielhaft kann hier das TraumanetzwerkD der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) betrachtet werden, welches innerhalb der nächsten Jahre zu einer komplett flächendeckenden Versorgungsstruktur zur Behandlung von Unfallverletzten führen wird. Für die teilnehmenden Kliniken ergibt sich durch eine solche Vernetzung eine Sicherstellung der personellen, strukturellen und organisatorischen Voraussetzungen für die Patientenversorgung. In Abhängigkeit der regionalen Klinikstruktur kann sich aufgrund des Versorgungsauftrags auch eine Erweiterung der Versorgungspflichten im Rahmen der Zertifizierung ergeben. Hinzu kommt für die Klinik eine Ausrichtung an standardisierten Behandlungspfaden jeweils im aktuellen Abgleich mit evidenzbasierten Leitlinien der DGU. Auch ist die ärztliche Qualifikation durch die verpflichtende Teilnahme an speziellen Ausbildungsprogrammen, wie dem ATLS®, sichergestellt. Ebenfalls gewährleistet wird ein internes und externes Qualitätsmanagement durch das Traumaregister der DGU, welches das TraumanetzwerkD begleitet. Ein weiterer Vorteil einer derartigen Vernetzung ist die Einrichtung einer regionalen und überregionalen Kommunikationsplattform im Sinne einer Teleradiologie sowie eines gemeinsames Fort- und Weiterbildungscurriculums innerhalb des Netzwerks.

Resümee

Patientenströme und Patientensteuerung sind in Bezug auf die Notfallbehandlung effektiv in einer zentralen Notaufnahme, die durch eine entsprechende Aufnahmestation erweitert sein sollte, sicherzustellen. Sowohl die Qualität der Patientenversorgung als auch die Qualifizierung der Mitarbeiter lassen durch eine Zentralisierung der Notfallversorgung eine deutliche Optimierung erwarten.