Hintergrund und Ausgangslage

„Palliativmedizin – auch im hohen Alter?“ titelten Sandgathe Husebø u. Husebø [24] vor 15 Jahren und führten zahlreiche Argumente ins Feld, die die Bedeutung von Palliative Care im Pflegeheim unterstreichen und bis heute nicht an Gültigkeit verloren haben: Pflegeheimbewohner sind zumeist komplex krank [20], viele von ihnen leiden an Demenz und können Schmerzen nur schwer artikulieren [19], weshalb Bewohner mit mittelgradiger bis schwerer kognitiver Beeinträchtigung ein erhöhtes Risiko einer schmerztherapeutischen Unterversorgung aufweisen [3]. Wissenslücken in Palliative Care bei Pflegekräften und Hausärzten (z. B. [13, 18, 23]) und deren wenig kontinuierliche Zusammenarbeit erschweren eine adäquate Schmerztherapie. Ergebnisse der SHELTER-Studie (Services and Health for Elderly in Long-Term Care [15]), die 3926 Pflegeheimbewohner aus 7 EU-Ländern (u. a. Deutschland) einschloss, deuten darauf hin, dass Defizite in der Diagnostik und Therapie von Schmerzen nach wie vor bestehen; das Schmerzmanagement von 20 bis 35 % der Pflegeheimbewohner ist als insuffizient einzustufen.

Das österreichische Konzept der Palliativversorgung ist europaweit beispielgebend und erfolgt idealerweise in einem abgestuften System [9]. Für jede Art der Grundversorgung (Krankenhäuser; Alten- und Pflegeheime; familiärer Bereich – zu Hause) gibt es sowohl unterstützende als auch betreuende Angebote. Im Krankenhausbereich sind es die Palliativkonsiliardienste bzw. Palliativstationen; in der Langzeitpflege die Hospizteams und mobilen Palliativteams bzw. stationäre Hospize; im familiären Bereich die mobilen Palliativteams bzw. Tageshospize [9]. In Kärnten kommt den mobilen Palliativteams bestehend aus Ärzten und Pflegekräften sowie Psychologen und Sozialarbeitern eine zentrale Bedeutung in der Palliativversorgung von Pflegeheimbewohnern zu [25]. Hospiz Österreich [10] hat Richtlinien entwickelt, wie über einen Organisationsentwicklungsprozess Hospiz und Palliative Care (HPC) in Alten- und Pflegeheimen integriert werden soll; entsprechende Modellprojekte wurden bereits umgesetzt, wobei im Bundesland Kärnten derzeit ein Modellprojekt läuft. Einer österreichweiten Bestandsaufnahme zu Hospiz- und Palliative Care in Alten- und Pflegeheimen (N = 284, 37 % Ausschöpfung) zufolge gibt es neben den Modellprojekten auch weitere Heime, die sich um die Integration von HPC bemühen [14]. Gleichzeitig muss aber festgehalten werden, dass noch viel Optimierungspotenzial gegeben ist. Beispielsweise wird bislang nur in wenigen Heimen mit Palliativmedizinern zusammengearbeitet; so verfügen 6 % der Heime über einen fest angestellten Palliativmediziner und 18 % über einen Palliativmediziner auf Konsiliarbasis [14]. Entsprechendes Wissen und Kompetenzen insbesondere beim Pflegepersonal, aber auch bei Hausärzten und Notärzten, sind eine weitere zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Implementierung von HPC im Pflegeheimbereich, die noch nicht ausreichend vorhanden zu sein scheint [11]. Inwiefern diese Voraussetzungen aufseiten des Pflegepersonals erfüllt sind, soll mit der vorliegenden Studie untersucht werden. Entsprechend wurden der Wissensstand und die spezifische Selbstwirksamkeitserwartung (SWE) von Pflegekräften in österreichischen Alten- und Pflegeheimen (Bundesland Kärnten) erhoben. Klinisches Fachwissen allein führt noch nicht zu entsprechendem Verhalten [22], zusätzlich muss auch die Überzeugung über die eigene Kompetenz gegeben sein (SWE). Wie von Bandura in seiner sozial-kognitiven Theorie postuliert, ist die Ausprägung der SWE eine Erklärung dafür, dass Personen trotz gleichen Wissens oder gleicher Fähigkeiten unterschiedlich mit Herausforderungen und Stressoren umgehen: „Perceived self-efficacy is not a measure of the skills one has but a belief about what one can do under different sets of conditions with whatever skills one possesses“ [1, S. 37]. Dabei ist jeweils die spezifische SWE ein besserer Prädiktor des Verhaltens als die allgemeine, da sich die SWE in Bezug auf verschiedene Lebensbereiche und Verhaltensweisen durchaus unterscheiden kann [1, 2]. In der vorliegenden Studie steht folglich die SWE bezogen auf den Umgang mit Palliativpatienten im Pflegeheim im Zentrum.

Effekte der Berufsgruppe (diplomiertes vs. nichtdiplomiertes Pflegepersonal) und der Berufserfahrung in der Geriatrie (weniger als 5 Jahre, 5–10 Jahre, mehr als 10 Jahre) wurden getestet. Aufgrund der deutlich längeren Ausbildung von diplomiertem Pflegepersonal würde man einen Wissensvorsprung und auch eine höhere SWE gegenüber nichtdiplomiertem Personal erwarten. Mit zunehmender Berufserfahrung sollte die SWE steigen, zumal direkte Erfahrungen eigener Kompetenz die stärkste Quelle der SWE darstellen [1, 2]. Darüber hinaus sollte der Zusammenhang zwischen Wissen und SWE geprüft werden.

Material und Methoden

Studiendesign und Methodik der Datenerhebung

Im Zuge der querschnittlich angelegten Untersuchung wurde Pflegepersonal aus 17 Pflegeheimen im Bundesland Kärnten unter kontrollierten Bedingungen im Zuge von Teamsitzungen und unter Testleitung einer geschulten Projektmitarbeiterin (von der Erstautorin geschulte Gesundheits- und Pflegemanagementstudentin) befragt. Die Teilnahme an der Befragung war freiwillig und die ausgefüllten Fragebögen konnten anonymisiert in vorbereitete Antwortboxen eingeworfen werden. Zum Einsatz kam dabei der Bonner Palliativwissenstest (BPW), der von Pfister et al. [22] speziell für Pflegeheimpersonal entwickelt wurde. Dieser Fragebogen umfasst 23 positiv und negativ gepolte Wissensfragen zum Thema Palliativversorgung im Pflegeheim (Wissensskala), die durch Addition der korrekten Antworten zu einem Skalenwert aufsummiert werden (möglicher Wertebereich 0 bis 23). Die Testautoren berichten eine interne Konsistenz von Cronbachs α = 0,71, in der vorliegenden Studie lag diese bei nur 0,53. Des Weiteren umfasst der BPW 15 Fragen mit 4‑stufigem Antwortformat (stimmt nicht, stimmt kaum, stimmt eher, stimmt) zur Messung der SWE in Bezug auf die Palliativversorgung von Pflegeheimbewohnern (SWE-Skala). Über Mittelwertsbildung wurde der Skalenwert der SWE-Skala gebildet, wodurch sich ein Wertebereich zwischen 1 und 4 ergibt. Es wird eine zufriedenstellende interne Konsistenz berichtet (Cronbachs α = 0,86), die auch in der vorliegenden Studie bestätigt wurde (Cronbachs α = 0,84). Außerdem wurden die Berufsgruppe (diplomiertes vs. nichtdiplomiertes Pflegepersonal) sowie die Berufserfahrung in der Altenpflege erfasst (weniger als 5 Jahre, 5–10 Jahre, mehr als 10 Jahre). Auf die Erhebung weiterer soziodemografischer Daten wurde zugunsten einer hohen Rücklaufquote verzichtet.

Stichprobe

Es liegen auswertbare Daten von 330 Pflegepersonen vor, was gemessen am Personalstand der 17 Heime einer Ausschöpfungsquote von 61 % entspricht (Range 21–89 %). Diese 17 von insgesamt 75 Heimen im Bundesland, die sich auf 8 von 10 Bezirken im Bundesland Kärnten und 10 Trägerorganisationen verteilen, sind freiwillige Teilnehmer eines Projekts zur Versorgungsoptimierung der Autoren; die Befragung fand vor Beginn der Maßnahmensetzung statt. Ein Drittel der Befragten (31 %) ist diplomiertes Pflegepersonal (also Pflegepersonen, die eine 3‑jährige Ausbildung an einer Schule für Gesundheits- und Krankenpflege absolviert haben), 63 % sind nichtdiplomiertes Pflegepersonal (51 % Pflegehelfer, 12 % Altenfachbetreuer) und 5 % der Befragten machten hierzu keine Angaben. Ein Drittel der Befragten (31 %) weist weniger als 5 Jahre Berufserfahrung in der Altenpflege auf, 29 % haben zwischen 5 und 10 Jahren Berufserfahrung und 35 % sind mit mehr als 10 Jahren Berufserfahrung sehr erfahren in der Pflege von alten Menschen (5 % machten keine Angaben zur Berufserfahrung). Der Anteil von Personen mit einer Berufserfahrung von mehr als 10 Jahren ist in der Gruppe der diplomierten Pflegekräfte mit 43 % größer als in der Gruppe der nichtdiplomierten Pflegekräfte mit 34 % (mittlere Berufserfahrung: 33 vs. 29 %, geringe Berufserfahrung: 24 vs. 37 %).

Methodik der Datenauswertung

Da bislang keine Hinweise zur Toleranz fehlender Werte zum BPW veröffentlicht wurden, wurde ein konservativer Zugang gewählt. Pro Skala wurde maximal ein fehlender Wert toleriert. Bei der Wissensskala wurden fehlende Werte als falsche Lösung gewertet, bei der SWE-Skala wurden fehlende Werte durch den personenspezifischen Mittelwert ersetzt. Die deskriptivstatistische und inferenzstatistische Datenauswertung erfolgte in SPSS. Die Verteilung der BPW-SWE-Skala ist deutlich rechtsschief, aber auch die Werte der BPW-Wissensskala weichen signifikant von der Normalverteilung ab (Shapiro-Wilk-Test jeweils p < 0,001). Die Effekte der Berufsgruppe wurden mittels t‑Tests für unabhängige Stichproben berechnet, da der t‑Test sehr robust gegenüber Verletzungen der Normalverteilungsannahme ist. Für die Analyse der Effekte der ordinalskalierten Variable Berufserfahrung wurde der Jonckheere-Terpstra-Test, ein parameterfreies Verfahren, eingesetzt. Zusammenhänge zwischen Wissen und Selbstwirksamkeitserwartung wurden mittels Pearson-Korrelation überprüft. Das α‑Niveau wurde auf 5 % festgelegt.

Ergebnisse

Wissen

Von den 23 Fragen der BPW-Wissensskala wurden im Mittel 12,31 Fragen (SD 3,144; 95 %-KI: 11,9–12,6) richtig beantwortet. Abb. 1 zeigt den Prozentsatz richtiger Antworten auf Einzelitemebene. Im Durchschnitt wurden demnach 53,0 % der Fragen korrekt beantwortet. Item 12 („Bewohnern mit lebensbedrohlichen Erkrankungen sollte immer die Wahrheit gesagt werden, damit sie sich auf ihren Tod vorbereiten können“) weist eine sehr hohe Itemschwierigkeit auf. Die Items 18 („Sichtbare Rituale und Verabschiedungen beim Tod eines Bewohners sollten vermieden werden, um keine Unruhe zu erzeugen.“), 5 („Adjuvante Therapien (z. B. physikalische Maßnahmen) sind für die Schmerzbehandlung wichtig.“) und 15 („Kommunikationsfähigkeit kann erlernt werden.“) wurden von mehr als 80 % der Befragten korrekt beantwortet.

Abb. 1
figure 1

Anteil richtig beantworteter Fragen der BPW-Wissensskala auf Einzelitemebene. Anmerkung: Items 1, 2, 3, 4, 6, 7, 8, 9, 10, 12, 14, 16, 17, 18, 19, 20 sind negativ gepolt (Ablehnung richtige Antwort)

Selbstwirksamkeitserwartung

Die SWE (BPW-SWE-Skala) ist sehr hoch ausgeprägt. Mit einem Mittelwert von M = 3,31 (SD = 0,414) liegt sie deutlich über dem theoretischen Skalenmittelwert. Abb. 2 zeigt die deskriptive Auswertung auf Einzelitemebene, wobei der prozentuale Anteil an Befragten mit hoher SWE (stimmt eher, stimmt) dargestellt ist. Die SWE war demnach in Bezug auf die Items 6 („Ich denke, dass ich fähig bin, eine Vermittlung an Hospizdienste zu organisieren.“) und 12 („Ich denke, dass ich fähig bin, den Bewohnern die möglichen Nebenwirkungen der verschriebenen Medikamente zu erläutern.“) vergleichsweise am geringsten ausgeprägt. Am höchsten war die SWE in Bezug auf die Minderung von Übelkeit ausgeprägt. Andererseits fühlen sich beispielsweise 80,5 % der Befragten in der Lage, einen Bewohner und seine Familie über die Palliativversorgung in der Einrichtung zu informieren.

Abb. 2
figure 2

Auswertung der Selbstwirksamkeitserwartungsskala (SWE) des Bonner Palliativwissenstests (BPW) auf Einzelitemebene

Effekte der Berufsgruppe

Effekte der Berufsgruppe konnten in Bezug auf das Wissen und die SWE nachgewiesen werden. Diplomierte Pflegepersonen konnten im Schnitt rund eineinhalb Fragen mehr richtig beantworten als nichtdiplomierte Pflegepersonen (t[256,834] = −4,893, p < 0,001; Abb. 3).

Abb. 3
figure 3

Wissen im Bonner Palliativwissenstest nach Berufsgruppe. M Mittelwert; SD Standardabweichung

Diplomierte Pflegepersonen wiesen eine signifikant höhere SWE auf als nichtdiplomierte Pflegepersonen (t[304] = −5,243, p < 0,001; Abb. 4).

Abb. 4
figure 4

Gesamtwert der Selbstwirksamkeitserwartung im Bonner Palliativwissenstest nach Berufsgruppe. M Mittelwert; SD Standardabweichung

Effekte der Berufserfahrung

Die Berufserfahrung hat keinen signifikanten Effekt auf das Wissen (z = 0,332; p = 0,740; Abb. 5).

Abb. 5
figure 5

Wissen im Bonner Palliativwissenstest nach Berufserfahrung

Mit zunehmender Berufserfahrung steigt jedoch die SWE (z = 3,254; p = 0,001; Abb. 6).

Abb. 6
figure 6

Selbstwirksamkeitserwartung im Bonner Palliativwissenstest nach Berufserfahrung

Korrelation von Wissen und SWE

Es zeigte sich kein Zusammenhang zwischen Wissen und Selbstwirksamkeitserwartung (r = −0,043). Auch wenn man die Korrelationen getrennt nach Berufsgruppe oder Berufserfahrung berechnet, bleibt der extrem geringe Zusammenhang aufrecht (zwischen r = 0,018 und r = −0,131).

Diskussion

In der vorliegenden Studie beantworteten die Pflegekräfte im Durchschnitt etwas mehr als die Hälfte der Wissensfragen korrekt. Der Wissenstand ist trotz Unterschieden in der Ausbildung [17] durchaus vergleichbar mit den Ergebnissen einer Befragung deutscher Altenpflegekräfte. So wurden in der vorliegenden Studie durchschnittlich 53,0 % der Fragen korrekt beantwortet, in einer Stichprobe deutscher Pflegekräfte aus dem Altenpflegebereich (n = 130) lag der Anteil bei 54,7 % [21], in einer Expertenstichprobe (n = 23, [21, 22]) bei 80,3 %. Item 12 („Bewohnern mit lebensbedrohlichen Erkrankungen sollte immer die Wahrheit gesagt werden, damit sie sich auf ihren Tod vorbereiten können.“) wies mit 18,8 % den geringsten Anteil korrekter Lösungen auf; mit einer Lösungswahrscheinlichkeit von 54,2 % war dieses Item auch in der Expertenstichprobe von Pfister et al. [21, 22] eines der schwierigsten. Diplomierte Pflegepersonen wiesen erwartungsgemäß ein signifikant höheres Wissen auf als nichtdiplomierte Pflegepersonen (vgl. [28]), wenngleich der Wissensvorsprung von im Schnitt eineinhalb Items eher gering ausfällt. Ein Effekt der Berufserfahrung auf das Wissen konnte jedoch nicht nachgewiesen werden.

Die SWE war in der vorliegenden Studie hoch ausgeprägt (deutlich über dem theoretischen Skalenmittelwert), wobei der SWE-Gesamtwert etwas höher im Vergleich zur deutschen Altenpflegestichprobe und deutlich unter jenem der Expertenstichprobe liegt [21, 22]. Auf Einzelitemebene sind jedoch Unterschiede zu erkennen. Die eigene Kompetenz zur Minderung von Übelkeit bei Bewohnern schätzten 98,2 % der Befragten der vorliegenden Studie als hoch oder eher hoch ein, während dieser Anteil in der Studie aus Deutschland lediglich bei 77,7 % lag. Auch in Bezug auf die Erfassung des Schmerzniveaus fühlten sich die Teilnehmer der vorliegenden Studie vergleichsweise kompetenter (96,4 % vs. 73,3 %). Die Einschätzung der eigenen Kompetenz in Bezug auf das Erläutern von Medikamentennebenwirkungen als hoch oder eher hoch liegt mit 62,1 % in einer ähnlichen Größenordnung wie in der deutschen Stichprobe. Nur 64 % der Befragten fühlten sich (eher) kompetent, eine Vermittlung an Hospizdienste zu organisieren, während dieser Anteil bei deutschen Altenpflegekräften mit 73,8 % höher war [21]. Diplomierte Pflegepersonen wiesen eine höhere SWE auf als nichtdiplomierte Pflegepersonen. Pflegepersonen mit längerer Berufserfahrung wiesen theoriekonform auch eine höhere SWE auf, während sich bei Pfister et al. [21] wider Erwarten eine negative Korrelation zwischen Berufserfahrung und Selbstwirksamkeitserwartung zeigte. Direkte Erfahrungen eigener Kompetenz stellen die stärkste Quelle der SWE dar [1, 2, 27], mit zunehmender Berufserfahrung in der Altenpflege ist auch von einer Zunahme solcher SWE-stärkenden Erfahrungen auszugehen (vgl. [7]).

Wissen und SWE waren in der vorliegenden Studie nicht miteinander assoziiert, was vor dem Hintergrund der sozial-kognitiven Theorie von Bandura nicht überraschend ist [1, 2]. So wiesen auch kanadische Pflegekräfte eine hohe Selbstwirksamkeit in Palliative Care auf trotz deutlicher Wissenslücken ([7], vgl. auch [21]). Einerseits stellt eine sehr hohe SWE ohne entsprechendes Wissen oder Kompetenzen zwar eine Überschätzung der eigenen Fähigkeiten dar [27], andererseits ist laut Bandura [1] gerade diese optimistisch erhöhte SWE durchaus von Vorteil, da sie dazu motiviert, (neue) Aufgaben in Angriff zu nehmen und Ziele mit Persistenz zu verfolgen. Diese Unterschiede in der SWE sind eine Erklärung dafür, dass Personen trotz gleichen Wissens oder gleicher Fähigkeiten unterschiedlich mit Herausforderungen und Stressoren umgehen. In einem Arbeitsumfeld wie der stationären Altenpflege, welches von Unsicherheit, Ungewissheit und zahlreichen Belastungen geprägt ist [6, 12], ist eine hohe Selbstwirksamkeit sicherlich eine notwendige Voraussetzung, um zu bestehen (vgl. dazu z. B. [26]).

Die Ergebnisse sprechen dafür, dass Maßnahmen zur Steigerung des Palliativwissens bei diplomiertem und nichtdiplomiertem Pflegepersonal in Alten- und Pflegeheimen erforderlich sind. Denn adäquates Wissen ist eine wichtige Voraussetzung für die angemessene Palliative-Care-Symptombehandlung [7], wodurch unter anderem belastende Krankenhaustransporte am Lebensende verhindert werden können [28]. Zur Umsetzung von HPC in Pflegeheimen liegen Richtlinien von Hospiz Österreich vor, die u. a. die (Weiter-)Entwicklung von Fort- und Weiterbildungsangeboten umfassen [10]. Diesen Richtlinien entsprechende Modellprojekte wurden bereits in mehreren Alten- und Pflegeheimen in Österreich umgesetzt [14]. Eine verstärkte Verankerung der Thematik Palliative Care in der Ausbildung von Pflegepersonen ist jedoch zusätzlich erforderlich [8, 18, 22]. Im Zuge der Implementierung etwaiger Maßnahmen zur Steigerung des Palliativwissens sind jedenfalls auch SWE-fördernde Elemente empfehlenswert, u. a. die Anerkennung bestehenden Wissens [7] und vor allem das Fördern von Erfolgserlebnissen [2]. Die vergleichsweise geringste SWE der Befragten in Bezug auf die Vermittlung zu Hospizdiensten spricht gerade vor dem Hintergrund des Modells der abgestuften Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich [9] und der zentralen Rolle der mobilen Palliativteams in Kärnten [25] für die Notwendigkeit von Interventionen. Womöglich sind aber auch Unterschiede im Wording – in Österreich spricht man von mobilen Palliativteams oder Hospizteams und nicht von Hospizdiensten – für diesen Befund (mit-)verantwortlich. Fortbildungen in Palliative Care sollten Idealerweise berufsgruppenübergreifend angelegt sein [4], zumal auch die adäquate Versorgung von geriatrischen Palliativpatienten ein Hand-in-Hand-Arbeiten (zumindest) von Pflege und Medizin erfordert [9, 15, 24]. Schmerzassessment bei Bewohnern mit eingeschränkter Auskunftsfähigkeit aufgrund von Demenz muss dabei einen Schwerpunkt darstellen, da diese besonders häufig schmerztherapeutisch unterversorgt sind [3]. Schulungen sollten sich nicht auf reine Wissensvermittlung beschränken, sondern reflexive Elemente und gemeinsame Diskussionen sollten dabei Raum haben [18].

Die vorliegende Studie ist nicht frei von Limitationen. Auch wenn die Beteiligung an der Befragung durchaus hoch war, so ist ein Selektionsbias nicht auszuschließen. Möglicherweise haben also Pflegepersonen mit höherem Wissen vermehrt an der Befragung teilgenommen, sodass das vorhandene Wissen überschätzt wird. Auch das Messinstrument selbst könnte eine Limitation darstellen, da es bislang nur an 2 Stichproben (n = 130 Altenpflegepersonen und n = 23 Experten, [21, 22]) erprobt wurde. Um Personenunterschiede abzubilden werden gemeinhin Items mit einer Schwierigkeit zwischen 20 und 80 % empfohlen, sodass einige Items des BPW möglicherweise zu leicht sind [5]. Die Dimensionalität wurde bislang nicht geprüft. Somit ist unklar, ob die additive Zusammenfassung zu einem Gesamtwert überhaupt zulässig ist [5]. Dennoch liefert die vorliegende Studie eine erste Evidenzbasis zu Wissen und SWE von Pflegekräften in der stationären Langzeitpflege in Österreich im Umgang mit Palliativpatienten. Künftige Studien sollten genauer analysieren, inwiefern palliativbezogenes Wissen und SWE tatsächlich entsprechend kompetentes pflegerisches Verhalten nach sich ziehen. Da Personen trotz geringem Wissen bisweilen eine hohe SWE aufweisen, stellt sich die Frage, inwiefern die Erfolgserlebnisse aus der Praxis – die stärkste Quelle der SWE – tatsächlich „echten“ Erfolgen guter Palliativpflege entsprechen oder nur eine (Fehl-)Beurteilung des eigenen Erfolgs aufgrund mangelnden Wissens darstellen. Dem geringen Wissensunterschied zwischen diplomiertem und nichtdiplomiertem Pflegepersonal bzw. den Ursachen hierfür sollte ebenfalls in weiteren Untersuchungen auf den Grund gegangen werden.

Fazit für die Praxis

Pflegekräften in Alten- und Pflegeheimen in Kärnten (Österreich) schätzten ihre Kompetenzen in der Palliative-Care-Versorgung hoch ein. Gleichzeitig sind ähnlich wie bei deutschen Pflegekräften [21, 22] deutliche Wissenslücken festzustellen. Es besteht demnach Handlungsbedarf in der Schulung von Pflegekräften im Pflegeheimbereich, da sie zunehmend mit Palliativpatienten konfrontiert sind. Schulungen sollten reflexive und diskursive Elemente enthalten [18] und die Schmerzerkennung bei Bewohnern mit Demenz berücksichtigen [3]. Eine verstärkte Zusammenarbeit von Pflegeheimen mit den in Kärnten bereits gut etablierten mobilen Palliativteams ist zu empfehlen, zumal aktuelle Befunde belegen, dass durch Palliative-Care-Konsile in Pflegeheimen belastende Krankenhaustransporte am Lebensende reduziert werden können [16]. Entsprechendes Wissen, Kompetenzen und SWE aufseiten des Pflegepersonals sind eine wichtige Grundvoraussetzung für die Implementierung von HPC in Pflegeheimen. Selbstverständlich müssen dabei auch auf Organisationsebene die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden (vgl. [10]). Fort- und Weiterbildungen für das diplomierte und nichtdiplomierte Pflegepersonal sind zwar eine notwendige Voraussetzung zur Verbesserung von Palliative Care in Pflegeheimen, jedoch kann eine nachhaltige Verankerung von HPC in Pflegeheimen nur gelingen, wenn durch entsprechende Prozesse der Organisationsentwicklung eine „Kultur des Lebens und Sterbens“ implementiert wird [9, 18, 23].